TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/20 90/06/0051

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Veröffentlicht am 20.09.1990
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Index

L85007 Straßen Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §44 Abs1;
AVG §59 Abs1;
LStG Tir 1989 §68 Abs3;
LStG Tir 1989 §70 Abs2 lita;
LStG Tir 1989 §70;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des H gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. Dezember 1989, Zl. IIb1-L-1690/5-1989, betreffend Enteignung nach dem Tiroler Straßengesetz (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Innsbruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei beantragte mit Schreiben vom 5. Juni 1984 die Erteilung der Baubewilligung für den geplanten Ausbau der Wegparzelle GP. 787, KG S entsprechend dem rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 24/t vom 24. August 1977, der eine grundsätzliche Verbreiterung des Weges auf 3,50 m und zusätzlich die Anlage einer Wendeplatte im Knickpunkt dieser einspurigen Straße vorsehe, sowie nach rechtskräftigem Abschluß des Baubewilligungsverfahrens die Durchführung des Grundeinlösungsverfahrens nach dem Tiroler Straßengesetz. Mit Bescheid vom 3. Jänner 1985 erteilte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck gemäß § 50 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 1/1951, in der Fassung LGBl. Nr. 10/1970, die beantragte Baubewilligung.

Mit Bescheid vom 29. Mai 1985 wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Innsbruck die dagegen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers ab.

Eine gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde des Beschwerdeführers wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. April 1988, Zl. 85/06/0125, als unbegründet ab. Hierauf wiederholte die mitbeteiligte Stadtgemeinde mit Schreiben vom 6. September 1988 den Antrag auf Einleitung des Grundeinlösungsverfahrens. Am 17. Jänner 1989 wurde eine Verhandlung durchgeführt, in deren Verlauf sich zunächst eine Einigung mit den betroffenen Grundeigentümern abzeichnete. Da diese Einigung in der Folge jedoch nicht zustandekam und mit 1. April 1989 das Tiroler Straßengesetz, LGBl. Nr. 13/1989, in Kraft trat, das gemäß § 75 Abs. 1 lit. c eine ausschließliche Zuständigkeit der Landesregierung als Enteignungsbehörde vorsieht, stellte die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom 17. Juli 1989 an die Tiroler Landesregierung das Ersuchen, das Enteignungsverfahren weiterzuführen. Am 31. Oktober 1989 wurde eine Verhandlung durchgeführt, an der auch der Vertreter des Beschwerdeführers teilnahm. Der Niederschrift über diese Verhandlung ist zu entnehmen, daß sich der Beschwerdeführer, der Miteigentümer des von der Enteignung betroffenen Grundstückes Nr. 539, EZ. 87, KG S ist, sowie die übrigen Miteigentümer dieses Grundstückes gegen die Enteignung aussprachen und geltend machten, daß auch die Höhe der Entschädigung nicht den tatsächlichen Werten entspreche. Der ursprünglichen Vereinbarung hätten die Miteigentümer deshalb nicht mehr zugestimmt, weil in Erfahrung gebracht worden sei, daß dadurch einer Nachbarin die Möglichkeit zur Errichtung von Garagen in der Böschungsfläche der Umkehrschleife geboten werden sollte. Die Aufnahme der Verhandlungsschrift erfolgte auf Schallträger. Dem Beschwerdeführer wurde zuhanden seines ausgewiesenen Vertreters eine Ausfertigung der Verhandlungsschrift zur Kenntnisnahme und allfälligen Äußerung hinsichtlich einer unrichtigen Wiedergabe der auf Schallträger aufgenommenen Verhandlungsschrift übermittelt. Mit Schreiben vom 27. November 1989 wies der Vertreter des Beschwerdeführers darauf hin, daß die Verhandlungsschrift auf Seite 4, letzter Absatz, eine fehlerhafte und dadurch sinnstörende Wiedergabe der Äußerung des Vertreters aufweise, weil zwischen "ursprünglich und Vereinbarung" das Wort "geplanten" fehle.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 29. Dezember 1989 wurde gemäß § 70 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 13/1989, (TStG) vom Grundstück Nr. 539 in EZ 87 der KG S die Teilfläche 2 laut Teilungsplan (Lageplan) des Stadtbauamtes Innsbruck vom 30. April 1984, V Zl. 1 Nr. 17/84, dauernd lastenfrei zugunsten der mitbeteiligten Partei enteignet. Gemäß § 70 Abs. 2 lit. e TStG wurde festgestellt, daß die im Grundbuch der KG S in EZ 87 unter COZ 1, 2 und 12 aufscheinenden Rechte, soweit sie sich auf den Enteignungsgegenstand beziehen, erlöschen. Gemäß § 70 Abs. 2 lit. d TStG wurde die zustehende Vergütung mit S 1.130,-- je m2 festgesetzt. Der Antrag auf vorübergehende Beanspruchung von Grundflächen aus den Grundstücken Nr. 539, 534, 535 sowie den Bauparzellen 46, 45 und 47 blieb nach Punkt II des Spruches des angefochtenen Bescheides einer gesonderten Entscheidung vorbehalten.

In ihrer Bescheidbegründung führte die Behörde im wesentlichen aus, die übermittelten Planunterlagen wiesen insoweit Widersprüche auf, als sich der Enteignungsgegenstand unklar abgrenzen ließe. Auf Grund des vorliegenden Teilungsplanes des Stadtbauamtes Innsbruck vom 30. April 1984,V Zl. 1 Nr. 17/84, sei lediglich die Enteignung einer Teilfläche von 127 m2 (Teilfläche 2) aus Grundstück Nr. 539 in EZ 87, KG S, vorgesehen. In der mündlichen Verhandlung vom 31. November 1989 (richtig: 31. Oktober 1989) sei von diesem Enteignungsgegenstand ausgegangen worden. In diesem Umfang sei auch in der Natur ausgepflockt worden. Wie bereits in der Verhandlung festgestellt, habe sich an Ort und Stelle mangels Auspflockung in der Natur nicht ermitteln lassen, in welchem Ausmaß vorübergehend Grundflächen für Bauzwecke in Anspruch genommen werden sollen. Es seien auch geringe dauernde Abtretungen aus den EZ 256, 227 und EZ 88 vorgesehen. Da aber Mängel hinsichtlich der vorübergehend in Anspruch genommenen und der dauernd in Anspruch zu nehmenden Grundstücke vorlägen und diese auch nicht in der Natur für die Verhandlung ausgepflockt gewesen seien, sehe sich die Behörde veranlaßt, die Erledigung des diesbezüglichen unklaren Antrages einer eigenen Entscheidung vorzubehalten.

Auf Grund der rechtskräftigen Straßenbaubewilligung stehe außer Zweifel, daß für den eindeutigen vorliegenden Enteignungsantrag bezüglich der Teilfläche 2 des Teilungsausweises ein Bedarf für die Enteignung im Sinne des § 62 Abs. 2 TStG gegeben sei. Der Enteignungsgegenstand überschreite auch nicht den durch die Straßenbaubewilligung vorgezeichneten Umfang. Der Beschwerdeführer und die Miteigentümer hätten sich in der mündlichen Verhandlung grundsätzlich gegen die Enteignung ausgesprochen. Der Einwand sei rechtlich unbegründet und finde im Gesetz keine Deckung. Zum Schreiben des Vertreters des Beschwerdeführers vom 27. November 1989 betreffend Protokollberichtigung wurde ausgeführt, daß der Entfall des Wortes "geplanten" auf einem Irrtum beruhe. Weitere Ausführungen folgten zur Höhe der festgesetzten Vergütung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich (nach den Beschwerdeausführungen allerdings nur im Ausspruch über die Enteignung und nicht auch über den Vergütungsanspruch) die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 3 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 13/1989, hat der Enteigner die von der Enteignung betroffenen Grundflächen spätestens am dritten Tag vor der mündlichen Verhandlung in der Natur in geeigneter Weise zu kennzeichnen. § 70 des Tiroler Straßengesetzes lautet:

"§ 70

Enteignungsbescheid

(1) Die Behörde hat über einen Enteignungsantrag mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden.

(2) Wird dem Enteignungsantrag stattgegeben, so hat der Enteignungsbescheid jedenfalls zu enthalten:

a) eine genaue Beschreibung des Vorhabens, dessen Verwirklichung die Enteignung dient;

b) bei einer Enteignung für Vorhaben, die nicht einer Straßenbaubewilligung bedürfen, eine angemessene Frist für die Ausführung des Vorhabens;

c)

die genaue Bezeichnung des Gegenstandes der Enteignung;

d)

die Festsetzung der den Enteigneten bzw. den Nebenberechtigten zustehenden Vergütung, sofern nicht ein zulässiges Übereinkommen zwischen dem Enteigner und den Enteigneten bzw. den Nebenberechtigten über die Vergütung vorliegt;

              e)              bei einer Enteignung durch Einräumung des Eigentums an einem Grundstück die Feststellung, welche Rechte nach § 71 Abs. 4 erlöschen.

(3) Die nach Abs. 2 lit. b festzusetzende Frist darf fünf Jahre nicht übersteigen. Sie ist auf Antrag des Straßenverwalters um höchstens drei Jahre zu verlängern, wenn die Ausführung des Vorhabens ohne Verschulden des Straßenverwalters verzögert wurde."

Der Beschwerdeführer behauptet die Widersprüchlichkeit der dem Enteignungsverfahren zugrundliegenden Planunterlagen sowie eine nicht bzw. nur unzureichend vorgenommene Auspflockung der enteigneten bzw. der vorübergehend beanspruchten Flächen während der Verhandlung vom 31. Oktober 1989. Wohl findet sich in der Niederschrift über diese Verhandlung die Feststellung des Verhandlungsleiters, daß "die vorübergehend in Anspruch genommenen Grundflächen in der Natur nicht ausgesteckt und auch in den Planunterlagen nicht ersichtlich sind". Daraus kann aber nicht geschlossen werden, daß auch jene Flächen, die Gegenstand der Enteignung sind, in der Natur nicht ausreichend durch Pflöcke gekennzeichnet gewesen wären. In der Beschwerde wird auch gar nicht konkret behauptet, daß sich die Auspflockung auf andere als die tatsächlich enteigneten 127 m2 bezogen hätten. Ausdrücklich wird in der Beschwerde zugestanden, daß eine Auspflockung erfolgt sei. Weiters wird in der Beschwerde gerügt, der Enteigner sei in der Verhandlung vom 31. Oktober 1989 nicht in der Lage gewesen, seine Auspflockung als solche der abzutretenden Flächen oder als solche vorübergehend beanspruchter Flächen oder als Auspflockung von auf Verlangen einzulösender Restflächen zu bezeichnen. Der Niederschrift sei darüber nichts zu entnehmen. Dem Vertreter des Beschwerdeführers wurde die Niederschrift dieser Verhandlung zur Kenntnisnahme und allfälligen Äußerung übermittelt. In seinem Schreiben vom 27. November 1989 hat der Vertreter des Beschwerdeführers aber nicht behauptet, daß die Niederschrift unvollständig sei, oder den Verlauf der Verhandlung unrichtig wiedergebe. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß auch in der Beschwerde nicht konkret behauptet wird, die ausgepflockte Fläche sei nicht die enteignete Fläche im Ausmaß von 127 m2 gewesen, vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Feststellung des angefochtenen Bescheides, es sei im Umfang der Teilfläche 2 des Teilungsplanes des Stadtbauamtes vom 30. April 1984, V Zl. 1 Nr. 17/84, auch in der Natur ausgepflockt gewesen, keine Rechtswidrigkeit zu erkennen.

Daß die mit dem angefochtenen Bescheid enteignete Teilfläche von 127 m2 zur Durchführung des mit rechtskräftigem Baubewilligungsbescheid vom 29. Mai 1985 genehmigten Straßenbauprojektes nicht erforderlich sei, wurde in der Beschwerde nicht einmal behauptet. Ein derartiges Vorbringen fände in den vorgelegten Planunterlagen auch keine Deckung.

Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides aufgezeigten Widersprüche und Unklarheiten bezogen sich lediglich auf die vorübergehend beanspruchten Flächen, und auf die geringen dauernd in Anspruch zu nehmenden Grundstücke aus den EZ 256, 227 und EZ 88. Weder hinsichtlich der zuletzt genannten Einlagezahlen noch hinsichtlich der vorübergehend in Anspruch zu nehmenden Grundstücke erfolgte durch den angefochtenen Bescheid eine Enteignung. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die dem angefochtenen Bescheid erkennbar zugrundeliegende Annahme, bei der Enteignung verschiedener Grundstücke bzw. Teilflächen handle es sich um einen teilbaren Verhandlungsgegenstand im Sinne des § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG 1950 keine Bedenken (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 20. September 1989, Zl. 89/03/0128-0139). Dadurch, daß die vorübergehend beanspruchten, sowie die geringen dauernd in Anspruch zu nehmenden Flächen aus dem Verfahren ausgeklammert wurden, kann daher der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt sein. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers läßt sich auch aus § 70 Abs. 2 lit. a des Tiroler Straßengesetzes nicht ableiten, daß eine "Teilentscheidung" nicht in Frage käme. Allenfalls wäre bei nicht fristgerechter Durchführung des Vorhabens, dessen Verwirklichung die Enteignung dienen soll, eine Rückübereignung gemäß § 73 des Tiroler Straßengesetzes zu beantragen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990060051.X00

Im RIS seit

20.09.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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