TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/20 86/07/0096

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.1990
beobachten
merken

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §138 Abs1 lita;

Betreff

Marktgemeinde L gegen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom 20. März 1986, Zl. 510.368/01-I 5/85, betreffend wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich als Wasserrechtsbehörde erster Instanz vom 15. März 1984 wurde der Beschwerdeführerin gemäß §§ 99 und 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 aufgetragen, das auf den Grundstücken 913/2 und 913/7 KG L konsenslos deponierte Müllmaterial innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen und auf eine hiefür wasserrechtlich bewilligte Deponie zu verbringen.

Aufgrund der dagegen gerichteten Berufung der Beschwerdeführerin änderte hierauf der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 20. März 1986 gemäß § 66 AVG 1950 den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, daß der Bescheidspruch auf den Entfernungsauftrag eingeschränkt, der Verbringungsauftrag hingegen gestrichen wurde; im übrigen gab die Rechtsmittelbehörde der Berufung nicht Folge. Begründend wurde dazu unter Hinweis auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ausgeführt, im Beschwerdefall sei davon auszugehen, daß Müllablagerungen regelmäßig mit einer Einwirkung durch ausgewaschene oder ausgelaugte Stoffe auf Gewässer verbunden seien. Da es sich demnach bei einer Müllablagerung um ein Vorhaben handle, welches regelmäßig zu einer Grundwasserverunreinigung führe, sei eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht einer solchen Deponie anzunehmen. Dies treffe jedenfalls dort zu, wo eine unmittelbare Versickerung im Fall durchlässiger Deponieböden stattfinde. Wie sich nun den gutachtlichen Ausführungen des von der Berufungsbehörde beigezogenen wasserbautechnischen Amtssachverständigen, welche der Beschwerdeführerin in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden seien, entnehmen lasse, befänden sich die gegenständlichen Ablagerungen von insgesamt rund 80.000 m3 Hausmüll, Sperrmüll, Bauschutt und Aushubmaterial in einer ehemaligen Schottergrube, deren Sohle wesentlich unter dem höchsten Grundwasserspiegel liege und keine Sohlabdichtung aufweise. Darüber hinaus befinde sich die besagte Mülldeponie innerhalb jenes Gebietes, für das mit Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft eine wasserwirtschaftliche Rahmenverfügung für das M erlassen worden sei. Darin werde das Grundwasservorkommen im M der Wasserversorgung und der Bewässerung gewidmet, wobei insbesondere darauf zu achten sei, daß das Grundwasser, seiner Menge und Beschaffenheit nach, dem Widmungszweck dauernd erhalten bleibe. Weiters werde im Gutachten hervorgehoben, daß durch die gegenwärtige Situation eine Gefährdung des Grundwassers durch Sickerwässer aus der Mülldeponie gegeben sei. Hiezu komme, daß die Sohle der Mülldeponie in den Grundwasserschwankungsbereich hineinrage. Daraus ergebe sich zwangsläufig, daß im Beschwerdefall von einer Bewilligungspflicht gemäß § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 auszugehen sei, weil diese Deponie weder nach unten gegen das Grundwasser noch nach oben gegen Niederschlagswässer abgedichtet sei. Dies bedeute aber weiters, daß die erstinstanzliche Behörde zu Recht den wasserpolizeilichen Auftrag gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 habe erlassen dürfen, da eine wasserrechtliche Genehmigung hiefür nicht erwirkt worden sei. Der Auftrag "... die Ablagerungen auf eine hiefür wasserrechtlich bewilligte Deponie zu verbringen" stehe aber mit der Bestimmung des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 in Widerspruch, so daß der angefochtene Bescheid diesbezüglich abzuändern gewesen sei, und dieser Satzteil spruchmäßig zu entfallen gehabt habe. Hinsichtlich der Einwendungen der Beschwerdeführerin sei im einzelnen festzustellen, daß der Verfahrensgrundsatz, wonach die Verwaltungsbehörde von Amts wegen vorzugehen habe, die Partei nicht von der Verpflichtung entheben könne, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. Die Beschwerdeführerin sei daher ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, wenn sie sowohl in der Berufung als auch in ihrer Stellungnahme zum Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen zwar Beweise hinsichtlich bereits vor 1934 durchgeführter Ablagerungen in Aussicht gestellt, diese aber nicht zur Vorlage gebracht habe, obwohl sie hiefür zwei Jahre Zeit gehabt habe. Es könne daher eine Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehörs nicht darin erblickt werden, daß nunmehr die Entscheidung aufgrund des bisherigen Verfahrensergebnisses erfolge. Was die Einwendung der Beschwerdeführerin betreffe, sie wäre innerhalb eines Jahres nicht in der Lage, die wirtschaftlichen Voraussetzungen und praktische Durchführung der ihr im Bescheid auferlegten Maßnahmen zu bewältigen, sei darauf hinzuweisen, daß bei der Beurteilung der Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit derartiger behördlicher Aufträge nur objektive Gesichtspunkte maßgebend sein könnten, es auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Verpflichteten aber dabei nicht ankomme. Da die Beschwerdeführerin ab Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides am 15. März 1984 bis ein Jahr nach Rechtskraft des Berufungsbescheides, dies sei etwa März 1987, immerhin drei Jahre zur Erfüllung der ihr auferlegten Maßnahmen zur Verfügung stünden, sei der Auftrag vom objektiven Standpunkt aus als durchaus zumutbar anzusehen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß es sich bei den Ablagerungen ausschließlich um Bauschutt und Aushubmaterial handle, werde durch das Beweismaterial widerlegt; die Beschwerdeführerin habe in keiner Weise dargestellt, welche gewässerbeeinträchtigenden Stoffe tatsächlich in der gegenständlichen Deponie enthalten seien. Zusammenfassend lasse sich somit feststellen, daß aufgrund des schlüssigen Gutachtens des wasserbautechnischen Amtssachverständigen hier zweifellos eine konsenslose Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 gegeben sei, welcher Umstand auch dadurch unterstrichen werde, daß die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 12. September 1984 hinsichtlich der gegenständlichen Deponie ein Sanierungsprojekt zwecks Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung beim Landeshauptmann eingebracht habe. Die hier vorgelegten Wasseruntersuchungsbefunde betreffend die Wasserversorgungsanlage "A" würden im Bewilligungsverfahren miteinzubeziehen sein. Bei dieser Sach- und Rechtslage sei der Auftrag zur Entfernung des konsenslos deponierten Müllmaterials daher jedenfalls gerechtfertigt.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben des ihr erteilten wasserpolizeilichen Auftrages verletzt erachtet.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der

sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatz derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert - von dieser Voraussetzung wurde im Beschwerdefall ausgegangen - oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten unter anderem (lit. a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen.

Die Beschwerdeführerin meint nun zunächst, daß es sich bei der in Rede stehenden Ablagerung um eine ehemalige Schottergrube handle, die bereits vor 1934 als Mülldeponie verwendet worden sei, so daß deren spätere Weiterbenützung nicht als eigenmächtig vorgenommene Neuerung gelten könne; diesbezügliche Beweisangebote habe die belangte Behörde nicht beachtet. Dieses Vorbringen kann die Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg führen, weil gemäß § 142 Abs. 1 WRG 1959 nach den bisher geltenden Gesetzen nicht bewilligungsbedürftige, aufgrund der dafür in Betracht kommenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes aber bewilligungspflichtige Wasserbenutzungen nur dann weiterhin ausgeübt werden dürfen, wenn ihre fehlende Eintragung ins Wasserbuch binnen Jahresfrist ab 1. Mai 1959 beantragt worden ist (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juli 1988, Zl. 84/07/0181). Daß dieser Voraussetzung im vorliegenden Fall entsprochen worden wäre, wird auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde des weiteren vor, sie sei nicht auf den Einwand der Beschwerdeführerin eingegangen, daß der Grundwasserspiegel im fraglichen Bereich in den letzten Jahren wesentlich abgesunken sei. Demgegenüber hat jedoch der wasserbautechnische Amtssachverständige im Berufungsverfahren unter anderem erklärt, für eine Beeinträchtigung des Grundwassers durch die betroffene Mülldeponie sei die Tatsache des Hineinragens der Deponiesohle in den Grundwasserschwankungsbereich nicht als Voraussetzung, sondern als erschwerender Umstand zu bewerten, da schon das Eindringen von Deponiesickerwässern in den Untergrund, wogegen auch künstliche Abdichtungen keine absolute Gewähr böten, bereits die Verunreinigung des Grundwassers bewirke. Die von der Beschwerdeführerin genannte Frage ist daher durchaus behandelt und beantwortet worden.

Die Beschwerdeführerin meint ferner, bei den Ablagerungen habe es sich lediglich um Bauschutt und Aushubmaterial gehandelt, da es bis zum Jahr 1972 im Gemeindebereich keine geoordnte Müllabfuhr gegeben habe und Hausmüll bis dahin auf den häuslichen Miststätten abgelagert sowie von dort auf die Felder aufgebracht worden sei. Abgesehen davon aber, daß die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung noch selbst von einer "Umlagerung von ca. 80.000 m3 Schuttmaterial UND MÜLL" gesprochen hat, stellt das Vorbringen, es könne in der Vergangenheit - zumal diese bis in die Zeit vor 1934 zurückreichen soll - an dem Ablagerungsplatz keinen Hausmüll gegeben haben, weil dieser letztlich auf die Felder verbracht worden sei, keinen Beweis dafür dar, daß sich unter dem Bauschutt und Aushubmaterial nicht auch, wie es im Gutachten heißt, Hausmüll und Sperrmüll befinden. Daß die diesbezüglichen Verfahrensergebnisse unwiderlegt geblieben sind, ist bereits im angefochtenen Bescheid festgestellt worden. Auch daß eine Probeentnahme aus einem nahegelegenen Brunnen keine Grundwasserverunreinigung ergeben hat, ist noch nicht beruhigend, widerlegt also die Annahme nicht, daß bei der gegebenen Sachlage mit einer Grundwasserverunreinigung zu rechnen sei.

Was schließlich den Räumungsauftrag und die damit zusammenhängenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten für die Beschwerdeführerin anlangt, sind die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid zu bestätigen, wonach es in diesem Zusammenhang auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nicht ankommt, sondern nur objektive Gesichtspunkte maßgebend sind (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1983, Zlen. 83/07/0011, 83/07/0012, und die dort angegebene Rechtsprechung). Auch die gesetzte Frist von insgesamt drei Jahren (seit Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides) ist im angefochtenen Bescheid gerechtfertigt worden; die Beschwerdeführerin hat die diesbezügliche Bemerkung im Sachverständigengutachten, auf die sie sich bezieht, offenbar mißverstanden, denn die Behörde hat sich gerade auch an jenen Ausführungen orientiert.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1986070096.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten