TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/20 90/07/0042

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Veröffentlicht am 20.09.1990
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §111 Abs4;

Betreff

Öffentlich-rechtliche Weggenossenschaft S gegen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom 26. Jänner 1990, Zl. 410.933/06-IB/89, betreffend Parteistellung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Jahre 1984 suchten die Bewilligungswerber Dipl.Ing. EW und Dipl.Ing. ER (in der Folge kurz: BW) beim Landeshauptmann von Steiermark (LH) um wasserrechtliche Bewilligung für das von ihnen projektierte Kleinkraftwerk S-Bach an. Dem folgenden Bewilligungsverfahren wurde die Beschwerdeführerin nicht als Partei zugezogen; sie hat sich jedoch in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 1985 zu Wort gemeldet und ausgeführt, daß die Errichtung und der Betrieb der geplanten Wasserkraftanlage die Benützung eines von ihr betreuten Interessentenweges erforderlich mache, weshalb die BW mit der Beschwerdeführerin ein gesondertes Übereinkommen schließen müßten. Zu einem solchen Übereinkommen ist es in der Folge nach der Aktenlage nicht gekommen.

Mit Bescheid vom 20. Dezember 1985 erteilte der LH den BW unter zahlreichen Auflagen und Bedingungen die beantragte wasserrechtliche Bewilligung. Die in der Begründung dieses Bescheides kommentarlos wiedergegebene Äußerung der Beschwerdeführerin wurde im Spruch nicht behandelt; der Spruch enthält nur unter dem Abschnitt "Dienstbarkeiten" die Feststellung gemäß § 111 Abs. 4 WRG 1959, "daß mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die im Befund näher beschriebenen geringfügigen Grundinanspruchnahmen die erforderlichen Dienstbarkeiten im Sinne des § 63 lit. b WRG 1959 als eingeräumt anzusehen" seien.

Dieser Bewilligungsbescheid wurde der Beschwerdeführerin nicht zugestellt. Dennoch hat die Beschwerdeführerin - neben anderen Berufungswerbern - dagegen Berufung erhoben. In diesem Rechtsmittel führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, sie könne mangels näherer Unterlagen nicht beurteilen, ob und welche Dienstbarkeiten zu ihren Lasten eingeräumt worden seien. Jedenfalls hätten solche Dienstbarkeiten den BW nicht eingeräumt werden dürfen, weil sie nicht beantragt worden seien und dafür auf Grund der von der Beschwerdeführerin abgegebenen Erklärung auch kein Anlaß bestanden habe. Die Einräumung einer Dienstbarkeit zu Lasten der Beschwerdeführerin sei deshalb unzulässig und könne der Beschwerdeführerin nicht zugemutet werden. Die BW hätten allerdings im Wege der Besitzstörung Arbeiten an der von der Beschwerdeführerin betreuten Wegstrecke vorgenommen.

Die belangte Behörde führte über die Berufungen gegen den Bewilligungsbescheid des LH vom 20. Dezember 1985 ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch, zog diesem jedoch die Beschwerdeführerin nicht als Partei zu.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. Jänner 1990 hat die belangte Behörde in Spruchpunkt I die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 AVG 1950 zurückgewiesen. Aus Anlaß einer anderen Berufung wurde der Bewilligungsbescheid in einigen Punkten abgeändert bzw. ergänzt; insbesondere wurden den BW weitere Auflagen vorgeschrieben. Zur Berufung der Beschwerdeführerin wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei weder Grundeigentümerin an berührten Grundstücken noch Inhaberin sonstiger wasserrechtlich geschützter Rechte. Ihr komme somit Parteistellung und Rechtsmittelbefugnis nicht zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich "in ihren Rechten" verletzt; den Beschwerdeausführungen ist zu entnehmen, daß sich die Beschwerdeführerin insbesondere durch die Verneinung ihrer Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren verletzt erachtet, weil sie zur Erhaltung der im Bereich der projektierten Wasserkraftanlage befindlichen Wege verpflichtet sei und diese Wege durch die BW erheblich in Anspruch genommen würden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 in der im angefochtenen Bescheid angewendeten Fassung vor der WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252/1990 (nur diese Gesetzesstelle kommt für eine allfällige Parteistellung der Beschwerdeführerin in Betracht), sind Parteien diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fichereiberechtigten (§ 15 Abs. 1).

Gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959 sind als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

Im Beschwerdefall ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin und aus den vorgelegten Akten mit Sicherheit, daß die Beschwerdeführerin ihre behauptete Parteistellung weder als Inhaberin von Rechten gemäß 12 Abs. 2 WRG 1959 noch als Fischereiberechtigte im Sinne des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 geltend macht. Zu prüfen bleibt daher nur, ob der Beschwerdeführerin im abgeführten Bewilligungsverfahren Parteistellung deshalb zugekommen ist, weil sie zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollte. Eine solche Verpflichtung erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß den BW Dienstbarkeiten bzw. Benutzungsrechte an jenen Wegen im Bereich der projektierten Kraftwerksanlage zuerkannt worden wären, an welchen die Beschwerdeführerin die Erhaltungspflicht treffe.

Eine Prüfung des Bewilligungsbescheides in der durch den angefochtenen Bescheid modifizierten Form ergibt indes, daß damit den BW gegenüber der Beschwerdeführerin keine Rechte eingeräumt worden sind. Die Benutzung bestimmter Wege für die Errichtung und den Betrieb ihrer Kraftwerksanlage ist den BW durch den angefochtenen Bewilligungsbescheid nicht gestattet worden. Insbesondere kann diesem Bescheid nicht entnommen werden, daß damit den BW Dienstbarkeiten gegenüber der beschwerdeführenden Weggenossenschaft zuerkannt worden wären. Auch die durch den angefochtenen Bescheid bestätigte Einräumung erforderlicher Dienstbarkeiten gemäß § 111 Abs. 4 WRG 1959 richtete sich keinesfalls gegen die Beschwerdeführerin; denn eine derartige Einräumung von Dienstbarkeiten konnte sich nur gegen dem Verfahren als Parteien beigezogene Personen richten und kann überdies nach dem Wortlaut des § 111 Abs. 4 WRG 1959 nur gegen eine Person erfolgen, deren Grund in einem unerheblichen Ausmaß in Anspruch genommen wird und die als Grundeigentümer keine Einwendung erhoben hat. Die Beschwerdeführerin behauptet aber gar nicht, selbst Eigentümer des angeblich von den BW in Anspruch genommenen Grundes zu sein. Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit nicht zu erkennen, daß und inwieweit den BW eine Inanspruchnahme von Grund der Beschwerdeführerin bewilligt worden wäre. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin durch den Bewilligungsbescheid zu keiner Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet worden ist. Fehlte es der Beschwerdeführerin somit tatsächlich an der Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren, dann war sie auch nicht berechtigt, mit ihrer Beschwerde inhaltliche Einwendungen gegen die den BW erteilte Bewilligung und insbesondere gegen die im angefochtenen Bescheid diesbezüglich vorgenommenen Modifikationen geltend zu machen.

Der Vollständigkeit halber ist noch zu ergänzen, daß den BW durch den angefochtenen Bescheid auch keine die Beschwerdeführerin zu einer Duldung oder Unterlassung verpflichtenden Rechte im Sinne des § 62 WRG 1959 eingeräumt worden sind. Inwieweit sich solche Rechte unmittelbar aus dem Gesetz (§ 72 WRG 1959) ergeben, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Bewilligungsverfahrens.

Die belangte Behörde hat daher die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt, wenn sie im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführerin im durchgeführten wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung nicht zukam. Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990070042.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.09.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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