TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/20 89/06/0165

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Veröffentlicht am 20.09.1990
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 lita idF 1987/067;
BauO Stmk 1968 §69 Abs1;
BauO Stmk 1968 §69 Abs2;
BauO Stmk 1968 §69 Abs3;
BauO Stmk 1968 §69 Abs4;
BauO Stmk 1968 §70a idF 1989/014;
BauO Stmk 1968 §73 Abs1;
BauO Stmk 1968 §73 Abs2;
BauRallg;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

S gegen Steiermärkische Landesregierung vom 26. Juli 1989, Zl. 03-12 Schu 34-89/I, betreffend unbefugte Bauführung, Verfügung der Baueinstellung und Erlassung eines Benützungsverbotes nach der Steiermärkischen Bauordnung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister)

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich auf die Erlassung eines Benützungsverbotes bezieht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte bei der mitbeteiligten Gemeinde am 13. Februar 1987 die Erteilung einer Widmungsbewilligung und einer Baubewilligung zwecks "Errichtung bzw. Aufstellung einer Zelthalle" auf einem Teil der Liegenschaft EZ 272 der Katastralgemeinde A. Diesem Ansuchen lag u.a. ein "Befund über die wiederkehrende Überprüfung einer Zeltanlage" und zwar für eine "transportable Stahlrohr-Zelthalle" vom 18. März 1986 bei (ein Bauplan ist in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthalten).

Mit Schreiben vom 15. Jänner 1988 teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer mit, daß der Gemeinderat mit Beschluß vom 11. Dezember 1987 seine Absicht erklärt habe, für das Gesamtareal (in welchem sich auch die gegenständliche Liegenschaft befindet) einen Bebauungsplan aufzustellen und sich die Baubehörde daher vorerst nicht in der Lage sehe, eine Widmungs- oder Baubewilligung erteilen zu können, da das Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungskonzeptes Voraussetzung für ein derartiges Verfahren sei. Das Ansuchen werde daher bis zum Vorliegen dieses rechtswirksamen Bebauungskonzeptes zurückgestellt und nach Vorliegen desselben eine Entscheidung getroffen.

Am 3. Oktober 1988 erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde einen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Gemäß § 73 Abs. 2 der Stmk. Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 in der Fassung LGBl. Nr.: 80/1985, wird für die unbefugte, konsenslos betriebene Bauführung auf dem Grundstück Nr. 272, KG. A, Schottergrube, Liegenschaftseigentümer B, Baugesellschaft mbH., Konsenswerber S in Form eines Sandstrahlreinigungsunternehmens die sofortige Baueinstellung verfügt. Während der Dauer der aufrechten Baueinstellung sind alle im Zusammenhang mit dem Sandstrahlunternehmen anfallenden Arbeiten zu unterlassen. Die mobile Zelthalle ist innerhalb von vier Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides, samt den dazugehörigen Anlageteilen zu entfernen."

In der Begründung dieses Bescheides führte die Baubehörde erster Instanz unter Hinweis auf das (unerledigte) Bewilligungsansuchen des Beschwerdeführers, ihr Schreiben vom 15. Jänner 1988 und das hg. Erkenntnis vom 12. September 1961, Zlen. 263, 264, folgendes aus:

"Seitens der von möglichen Rückwirkungen betroffenen Anrainerschaft wird zudem Klage geführt, daß der Konsenswerber speziell an Sonntagen Arbeiten durchführt, wodurch die Nachbarschaft nicht nur in der Sonntagsruhe gestört wird, sondern die Baubehörde auch ein wesentliches Merkmal für die im Widmungsverfahren mit zu entscheidende Lärmfrage erblickt. Es war daher wie im Spruche ersichtlich zu entscheiden."

Eine weitere Begründung enthält der Bescheid nicht.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er rügt darin, daß es unzulässig sei, wenn die belangte Behörde, obgleich sie mit der Entscheidung über den von ihm gestellten Widmungs- und Baubewilligungsantrag säumig sei, den Abbruch der Zelthalle verfüge, daß eine mobile Zelthalle nach der Steiermärkischen Bauordnung kein bewilligungspflichtiges Bauwerk darstelle und die Gemeinde nicht berechtigt sei, dem Beschwerdeführer während der Dauer der Baueinstellung die Unterlassung aller Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem (von ihm betriebenen) Sandstrahlunternehmen vorzuschreiben. Zu letzerem sei lediglich die Gewerbebehörde zuständig, diese habe aber dem Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Bescheid vom 14. Oktober 1987 die Bewilligung zum Betrieb des Sandstrahlunternehmens erteilt. Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügte der Beschwerdeführer, daß die Baubehörde zu der in seiner Rechtsrüge als maßgebend bezeichneten Rechtslage keine (rechtlich gebotenen) Ermittlungen angestellt habe.

Mit Bescheid vom 17. Februar 1989 hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., dem Beschwerdeführer sei zur Kenntnis gebracht worden, daß vor Rechtskraft der Baubewilligung gemäß § 73 der Steiermärkischen Bauordnung (in der Folge BO) keine Baumaßnahmen ausgeführt werden dürften. Der Beschwerdeführer habe gegen die Mitteilung des Bürgermeisters, sein Ansuchen bis zur Erstellung eines Bebauungsplanes zurückzustellen, keinen Einwand erhoben. Nach einer näheren Darlegung der Umstände, aus denen sich die Baubehörde erster Instanz zu diesem Schritt veranlaßt gesehen habe, sowie von (durch eine Reihe von rechtlichen Hinweisen und Zitaten unterbrochenen) Ausführungen, den Übergang der Entscheidungspflicht im Devolutionsfalle und die Vollstreckung baupolizeilicher Beseitigungsaufträge betreffend, verneine die Berufungsbehörde das Vorliegen von Verfahrensmängeln. In Entgegnung auf die in der Berufung erhobene Rechtsrüge wies die Berufungsbehörde darauf hin, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Beseitigungsauftrag gemäß § 73 der Stmk BO auch bei Anhängigkeit eines Baubewilligungsverfahrens zulässig sei, er jedoch erst nach Abschluß des Baubewilligungsverfahrens vollstreckt werden dürfe, was ohnehin nicht beantragt worden sei. Der Ausgang des Bauverfahrens werde (offenbar gemeint: durch den Beseitigungsauftrag) in keiner Weise präjudiziert. "Gemäß § 57 Abs. 1 lit. i und h BO" sei die Bewilligungspflicht für die mobile Zelthalle zu bejahen. Da der Baubehörde gemäß § 69 BO auch die "Festlegung der Benützbarkeit" eines Bauwerkes obliege, diese jedoch in Ermangelung einer Baubewilligung auszuschließen sei, habe die Behörde berechtigterweise auch das Benützen eines konsenslos errichteten Bauwerkes untersagt und nicht etwa (nur) eine gewerbliche Tätigkeit.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, worin er im wesentlichen das Berufungsvorbringen, nunmehr allerdings bezogen auf den Berufungsbescheid, wiederholte. Darüberhinaus rügte der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs, die darin liege, daß er "im Zuge der Erlassung des Bescheides über die Berufung nicht einvernommen" worden sei und ihm auch "die der Behörde vorliegenden Unterlagen" nicht zur Kenntnis gebracht worden seien. Der Beseitigungsauftrag und die Untersagung der Arbeiten in der nicht aus dem Verschulden des Beschwerdeführers nicht genehmigten Zelthalle seien daher unzulässig.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. In rechtlicher Hinsicht vertritt die belangte Behörde die - von der Berufungsbehörde abweichende - Rechtsauffassung, die Zelthalle sei nicht nach § 57 Abs. 1 lit. i bzw. h sondern nach § 57 Abs. 1 lit. a BO bewilligungspflichtig. Die Untersagung von Arbeiten sei als eine der Baubehörde obliegende Konkretisierung des (gesetzlichen) Benützungsverbotes zulässig. Die gewerbebehördliche Bewilligung könne eine Bau- und Benützungsbewiligung nicht ersetzen. Durch die Untersagung der Benützung der Zelthalle, was ja nichts anderes als die Untersagung der Arbeiten im Zusammenhang mit der Sandstrahlreinigungsanlage bedeuten könne, würden die Kompetenzen der Baubehörde nicht überschritten. Eine Verletzung des Parteiengehörs liege nicht vor, da der Beschwerdeführer in der Berufung ja die Möglichkeit gehabt habe, seinen Standpunkt darzulegen und im Berufungsverfahren keine neuen Beweise erhoben worden seien. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne ein Beseitigungsauftrag gemäß § 73 BO auch während der Anhängigkeit eines Baubewilligungsverfahrens erlassen werden, jedoch dürfe der Auftrag erst nach Abschluß des Baubewilligungsverfahrens vollstreckt werden. Auch die Baueinstellung sei im Hinblick auf die Möglichkeit, daß die Zelthalle durch wahlweise seitliche Anbauten und Zusatzelemente jederzeit verschiedene Aufbaugrößen erreichen könne, von den Baubehörden zu Recht verfügt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Den folgenden Ausführungen sei zunächst vorausgeschickt, daß der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde erster Instanz drei Absprüche in einem Bescheidspruch zusammengefaßt hat, nämlich, 1. die Verfügung der Baueinstellung, 2. das Verbot der weiteren Verrichtung betrieblicher Arbeiten im Sandstrahlunternehmen des Beschwerdeführers und 3. den Auftrag zur Beseitigung der mobilen Zelthalle. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, daß es sich bei diesen drei Absprüchen um trennbare, d.h. um solche Absprüche handelt, von denen jeder für sich allein und unabhängig von den jeweils beiden anderen Absprüchen bestehen kann. Dies ist insoweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung, als der Beschwerdeführer zwar in seinen Rechtsmitteln wie auch in der Beschwerde umfassende, d.h. auf die Beseitigung des gesamten jeweiligen Bescheidspruches abzielende Anträge gestellt, sich jedoch in der Begründung mit keinem Wort gegen die Baueinstellungsverfügung gewendet oder in diesem Zusammenhang Behauptungen aufgestellt hat, die einer Rechtsrüge gleichkämen. Auch in der Beschwerde beschränkt sich der Beschwerdeführer darauf, gegen die Untersagung betrieblicher Arbeiten und gegen den Beseitigungsauftrag Stellung zu beziehen. Eine Erörterung der Rechtmäßigkeit des Abspruches über die Baueinstellung, insbesondere dahin, ob die Voraussetzungen für die Verfügung einer Baueinstellung (nämlich das Andauern von Bauarbeiten) vorlagen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/06/0040, BauSlg. 735) muß daher unterbleiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 1968, Zl. 1058/68).

Hinsichtlich des BESEITIGUNGSAUFTRAGES betreffend das "mobile Zelt" wendet sich der Beschwerdeführer - wie auch schon im Verwaltungsverfahren -einerseits lediglich gegen die Annahme einer Baubewilligungspflicht des Zeltes, andererseits gegen die Zulässigkeit dieses Abspruches in Anbetracht des vom Beschwerdeführer eingebrachten und in jenem Zeitpunkt noch unerledigten Baubewilligungsantrages.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte jedoch - ungeachtet dessen, daß in der Beschwerde eine diesbezügliche Rüge nicht erhoben wurde - zunächst in die Prüfung der Frage einzutreten, ob ihm die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in diesem Beschwerdepunkt anhand des von der Behörde festgestellten Sachverhaltes überhaupt möglich ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich wesentliche Mängel des Verwaltungsverfahrens auch ohne Antrag in der Beschwerde wahrzunehmen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Februar 1948, Slg. 321/A und vom 5. April 1965, Slg. 6649/A). Ein wesentlicher Mangel des Verwaltungsverfahrens kann insbesondere in einer Begründungslücke liegen, welche eine Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Gesetzmäßigkeit nicht zuläßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Jänner 1952, Slg. 2407/A uva. sowie die bei DOLP, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 601, wiedergegebene Rechtsprechung). Eine Beurteilung der Frage, ob der gegenständliche Zeltbau im Sinne des § 57 Abs. 1 lit. a BO (und nur diese Bestimmung kommt - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - in Betracht) einer Bewilligung der Baubehörde bedarf, setzt zumindest Tatsachenfeststellungen über Bauausführung und - vor allem - die Ausmaße des Zeltbaues voraus, wird doch unter einem Bau (nur) eine solche Anlage verstanden, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und wegen dieser Beschaffenheit geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren (vgl. die bei HAUER, Steiermärkisches Baurecht unter Nr. 1 ff zu § 57 BO zitierte Rechtsprechung). Weder der Begründung des angefochtenen Bescheides noch den Bescheiden der Baubehörden erster und zweiter Instanz sind auch nur andeutungsweise Feststellungen in diesem Zusammenhang zu entnehmen, wenn man davon absieht, daß die Behörden offenkundig von der Existenz einer im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden "mobilen Zelthalle" auf der Liegenschaft EZ 272 der Katastralgemeinde Seiersberg ausgehen. Die wiederholten Bezugnahmen des Beschwerdeführers auf sein Baubewilligungsansuchen lassen jedoch zweifelsfrei erkennen, daß es sich dabei offenbar um jene Zelthalle handelt, hinsichtlich welcher der Beschwerdeführer ein Ansuchen um eine Baubewilligung gestellt hat, dessen Nichterledigung er - in seinen gegen den Beseitigungsauftrag eingebrachten Rechtsmitteln - wiederholt rügte. Den Beilagen, die der Beschwerdeführer seinem Baubewilligungsansuchen beigeschlossen hat, ist zu entnehmen, daß die transportable Stahlrohr-Zelthalle ein Ausmaß von etwa 48 x 12 m und eine Höhe zwischen 2,4 (an den Rändern) und 5,5 m (in der Mitte) aufweist. Von diesem Zeltbau gehen offenkundig auch die Verwaltungsbehörden aus. In Ermangelung eines davon abweichenden Beschwerdevorbringens legt der Verwaltungsgerichtshof daher den folgenden Erwägungen die Existenz einer solchen Zelthalle zugrunde.

§ 57 Abs. 1 lit. a BO in der hier noch anzuwendenden Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 67/1987, d.h. VOR Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989 (vgl. Art. II Abs. 2 dieser Novelle) lautet:

"§ 57

Bewilligungspflicht

(1) Einer Bewilligung der Baubehörde bedürfen Gebäude, Bauwerke und Anlagen (§ 25 Abs. 3 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974) wie

a) Neubauten oder Bauten, bei denen nach Abtragung oder Zerstörung eines bestehenden Baues dessen Grund- und Kellermauern ganz oder teilweise wiederverwendet werden;

Entgegen den Beschwerdeausführungen ist eine Zelthalle im Ausmaß von 48 x 12 m und einer Höhe bis zu 5,5 m eine bauliche Anlage, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist und die - bei ordnungsgemäßer Ausführung nach den Regeln der technischen Wissenschaft - in eine gewisse Verbindung zum Boden gebracht wird. Dies zeigen nicht zuletzt auch die vom Beschwerdeführer im Baubewilligungsverfahren vorgelegten umfangreichen Berechnungen zur Statik dieser Zelthalle. Die jederzeitige Demontierbarkeit und Transportabilität steht der Annahme der Bewilligungspflicht nicht entgegen, wenn an dem in der Rechtsprechung für wesentlich gehaltenen Erfordernis der kipp- und sturmsicheren Aufstellung - wie hier - nicht zu zweifeln ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1979, Slg. 9772/A). Die auf § 73 Abs. 2 BO idF vor der Bauordnungsnovelle 1988 gestützte Verfügung der Beseitigung konsensloser Bauten (nunmehr § 70 a BO) wird durch den Antrag auf Erteilung der Widmungs- und Baubewilligung weder gehindert, noch ist auf die Frage einer allfälligen Bewilligungsfähigkeit der Bauführung dabei Bedacht zu nehmen (vgl. die bei HAUER, aaO, § 70a BO, S. 232, Nr. 12 zitierte Judikatur).

Es ist daher für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ohne Bedeutung, ob und wann der Beschwerdeführer einen Antrag auf Bau- bzw. Widmungsbewilligung hinsichtlich dieser Zelthalle gestellt hat, sodaß alle sich auf diesen Umstand beziehenden Beschwerdeausführungen unerörtert bleiben können.

Auch der weitere Beschwerdevorwurf, die Behörden des Verwaltungsverfahrens (vor allem die Berufungsbehörde) hätten das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör verletzt, besteht nicht zu Recht. Die Behauptung, der Beschwerdeführer habe nie die Möglichkeit gehabt, sich im Verfahren zu äußern, wird durch das umfangreiche Vorbringen des Beschwerdeführers in seinen Rechtsmittelschriften widerlegt. Eine Verletzung des Parteiengehörs könnte nur darin gelegen sein, daß der Beschwerdeführer keine Gelegenheit gehabt hätte, zu dem für die Entscheidung der Behörde maßgebenden Sachverhalt Stellung zu nehmen. Dies war in Ansehung des Berufungsverfahrens und des Vorstellungsverfahrens schon deshalb nicht der Fall, weil die jeweiligen Behörden ihrer Entscheidung keine anderen Tatsachen zugrunde gelegt haben als die Baubehörde erster Instanz. Es war daher entbehrlich, den Beschwerdeführer im Rechtsmittelverfahren über sein Rechtsmittelvorbringen hinaus gesondert zur Abgabe von Äußerungen zum Inhalt der Verwaltungsakten aufzufordern, zumal ihm seit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides alle für die Sache bedeutsamen Sachverhaltselemente bekannt gewesen sind.

Hingegen ist die Beschwerde insoweit begründet, als in ihr die Auffassung vertreten wird, die Behörde sei nicht berechtigt gewesen, die Einstellung aller im Sandstrahlunternehmen des Beschwerdeführers anfallenden Arbeiten zu verfügen: Während die Baubehörde erster Instanz in ihrer (eingangs wiedergegebenen) Begründung, das Recht zu diesem Abspruch offenbar daraus ableitet, daß sie im Widmungsverfahren auf die Nutzungsart der umgebenden Grundstücke zwecks Vermeidung der Ansiedlung besonders lärmerregender Betriebe Bedacht zu nehmen hätte, stützen die Berufungsbehörde und die belangte Behörde dieses Verbot als bescheidmäßiges Benützungsverbot auf den Umstand, daß eine Benützungsbewilligung im Sinne des § 69 BO nicht vorliege und schon aus diesem Grund der bescheidmäßige Ausspruch eines Benützungsverbotes als Konkretisierung des gesetzlichen Benützungsverbotes zulässig sei.

§ 69 BO in der Fassung vor dem Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle 1988, LGBl. Nr. 14/1989, lautet:

"§ 69

Endbeschau und Benützungsbewilligung

(1) Der Bauwerber hat die Vollendung der Bauausführung der Baubehörde anzuzeigen und um die Endbeschau anzusuchen. Stimmt die Bausführung mit den genehmigten Bauplänen nicht zur Gänze überein (§ 67), sind Ausführungspläne in zweifacher Ausfertigung dem Ansuchen anzuschließen.

(2) Bei der Endbeschau ist zu untersuchen, ob der Bau mit der Baubewilligung übereinstimmt und ob bei der Bauausführung die baurechtlichen Vorschriften eingehalten wurden. Hiebei ist über die vorschriftsmäßige Ausführung der Rauchfänge und Abgasfänge eine Bescheinigung des Rauchfangkehrermeisters, über die vorschriftsmäßige Ausführung der Elektroinstallation, eine Bescheinigung eines befugten Elektroinstallateurs vorzulegen.

(3) Aufgrund der Endbeschau hat die Baubehörde mit schriftlichem Bescheid darüber zu entscheiden, ob und von welchem Zeitpunkt an der Bau benützt werden darf. Die Behebung geringfügiger Mängel kann in der Benützungsbewilligung aufgetragen werden. Vorläufige Benützungsbewilligungen können auch vor der Endbeschau für den Bau oder für Teile desselben befristet erteilt werden.

(4) Mit der Benützungsbewilligung ist dem Bauwerber, sofern Ausführungspläne vorzulegen waren, eine mit dem Genehmigungsvermerk versehene Ausfertigung derselben auszufolgen."

Aus diesen Vorschriften läßt sich im Zusammenhang mit der Strafbestimmung des § 73 Abs. 1 BO zwar ein gesetzliches Verbot der Benützung eines Baues vor Erteilung einer Benützungsbewilligung ableiten; ihre Anwendung setzt jedoch zumindest das Vorliegen einer Baubewilligung voraus, anhand derer die konsensgemäße Ausführung des Baues (als einzig denkbarer Gegenstand eines solchen Benützungsbewilligungsverfahrens) einer Überprüfung unterzogen werden könnte. Ohne eine solche Baubewilligung errichtete Bauten sind zwar einem Beseitigungsauftrag im Sinne des § 73 Abs. 2 BO, nicht aber einem bescheidmäßigen Benützungsverbot zugänglich (vgl. das zur Oberösterreichischen Bauordnung ergangene Erkenntnis vom 28. Jänner 1986, Zl. 85/05/0158, BauSlg. 622, aber auch die aufgrund des selben Rechtsgedankens die Strafbarkeit der BENÜTZUNG eines ohne Baubewilligung errichteten Baues verneinenden Erkenntnisse vom 22. September 1983, Zl. 83/06/0103, BauSlg. 105 zur Steiermärkischen und vom 17. September 1985, Zl. 85/05/0082, BauSlg. 496 zur Oberösterreichischen Bauordnung). Die Berufungsbehörde hätte daher aufgrund der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung das bescheidmäßig verhängte Verbot zur Durchführung betrieblicher Arbeiten gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 beheben müssen. Dadurch, daß die belangte Behörde diese Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides nicht wahrgenommen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet; dieser war daher in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, im übrigen aber war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6 Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 Inhalt der Berufungsentscheidung Parteiengehör Rechtsmittelverfahren Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989060165.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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