TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/25 90/04/0146

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Veröffentlicht am 25.09.1990
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Index

50/01 Gewerbeordnung;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;
95/06 Ziviltechniker;

Norm

AlVG 1977;
GewO 1973 §25 Z1;
ZivTG §7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. März 1990, Zl. 337.663/1-IX/1/90, betreffend Verweigerung der Befugnis eines Architekten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. März 1990 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der Befugnis eines Architekten vom 18. April 1988 gemäß § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 des Ziviltechnikergesetzes abgewiesen. Zur Begründung führte der Bundesminister im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe unter anderem als Praxis die Zeiten vom 1. Jänner 1987 bis 31. Mai 1988 ganztägig und vom 1. August 1988 bis 31. August 1989 ganztägig bei Architekt A geltend gemacht. Den diesbezüglichen Zeugnissen vom 31. Mai 1988 und vom 14. September 1989 zufolge sei der Beschwerdeführer in die Kanzlei des Architekten A eingetreten und als Dienstnehmer in diesen Zeiten mit mehreren Projekten fast ausschließlich mit Bauleitungsaufgaben beschäftigt gewesen. Die Richtigkeit dieser Angaben sei von Architekt A an Eides statt bestätigt worden. Laut Sozialversicherungsbestätigung vom 5. Oktober 1989 habe der Beschwerdeführer während nachfolgender Zeiten Arbeitslosengeld-Notstandshilfe bezogen: 13. Jänner 1987 bis 1. Juni 1987; 11. Juni 1987 bis 9. Dezember 1987;

21. Jänner 1988 bis 3. März 1988; 7. März 1988 bis 20. Juli 1988; 22. Juli 1988 bis 8. Februar 1989. Diese Zeiten deckten sich weitgehend mit der als Praxis geltend gemachten Zeit bei Architekt A. Aus diesem Grund sei der Dienstgeber des Beschwerdeführers um Mitteilung ersucht worden, ob er im Hinblick auf die obigen Ausführungen seine eidesstattlichen Angaben bezüglich der von ihm bestätigten Praxiszeiten aufrecht erhalte. Mit Schreiben vom 19. Dezember 1989 habe daraufhin Architekt A mitgeteilt, daß er die von ihm unterfertigten Praxiszeugnisse des Dipl.-Ing. B bestätige. Die Anfrage nach den an den Beschwerdeführer bezahlten Honoraren habe Architekt A mißverständlich bzw. nicht beantwortet. Mit diesem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Zuge des Parteiengehörs konfrontiert habe der Beschwerdeführer folgendes ausgeführt:

"Die von Ihnen amtswegig eingeholte Sozialversicherungsbestätigung, daß ich, in den von Ihnen im Schreiben vom 22. 1. 1990 erwähnten Zeiträumen, arbeitslos gemeldet war, ist richtig. Da ich aber während dieser Zeit als Dienstnehmer - freier Mitarbeiter bei Arch. D.I. A beschäftigt war, ergibt sich, daß ich Arbeitslosengeld und Notstandshilfe ungerechtfertigter Weise bezogen habe. Daraus ergibt sich aber, daß die ausgestellten Praxiszeugnisse von Arch. D.I. A der Wahrheit entsprechen, wie sie dem Brief von Arch. D.I. A an Sie vom 19. 12. 1989 entnehmen können."

Nach den übereinstimmenden Angaben sowohl des Beschwerdeführers als auch seines Arbeitgebers sei der Beschwerdeführer als Dienstnehmer beschäftigt gewesen. Demzufolge werde zur Bestimmung des Mindest-Bruttomonatsgehaltes des Beschwerdeführers in der Zeit, für die er arbeitslos gemeldet war, der zwischen der Bundesingenieurkammer und der Gewerkschaft der Privatangestellten abgeschlossene Kollektivvertrag als Richtlinie herangezogen, welcher ab 1. Jänner 1987 einen Mindestbruttomonatsbezug von S 14.400,-- vorsehe. Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1988 sei dieser Betrag um 3 % angehoben worden. Gemäß § 15 Abs. 1 Ziviltechnikergesetz werde die Befugnis eines Ziviltechnikers über Ansuchen vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nach Anhörung der Ingenieurkammer und des Landeshauptmannes für einen bestimmten Sitz der Kanzlei verliehen. Gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. sei zur Erlangung einer Befugnis unter anderem die für die Ausübung der Befugnis erforderliche Zuverlässigkeit aufzuweisen. Die Annahme der mangelnden Zuverlässigkeit sei dann gerechtfertigt, wenn Handlungen oder Unterlassungen einer Person so beschaffen seien, daß das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild erwarten lasse, die betreffend Person werde bei der Ausübung der beabsichtigten Tätigkeit gegen die im Zusammenhang (mit der Befugnis) zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen. Im Hinblick auf die Befugnis eines Architekten, die unter anderem zur Erstellung von Gutachten berechtige, insbesondere jedoch im Hinblick auf die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Ziviltechnikergesetz, der zufolge Ziviltechniker unter anderem zur Errichtung von Urkunden berechtigt seien, die öffentlichen Urkunden sind, rechtfertige das Verhalten des Beschwerdeführers, daß er durch Jahre hindurch Arbeitslosengeld und Notstandshilfe ungerechtfertigt bezogen habe, die Annahme der mangelnden Zuverlässigkeit. Der Bundesminister habe sich bei dieser Beurteilung auch von den übrigen Bestimmungen des Berufsrechtes der Ziviltechniker leiten lassen, insbesondere von den auf Grund des § 30 des Ingenieurkammergesetzes erlassenen Standesregeln, die dem Ziviltechniker auferlegen, sich innerhalb und außerhalb seines Berufes der Achtung und des Vertrauens der Öffentlichkeit würdig zu erweisen. Der wissentliche unberechtigte Bezug von Sozialleistungen sei zweifellos geeignet, dieses Vertrauen zu erschüttern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Erteilung der angestrebten Befugnis verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt er vor, das gesamte Verfahren habe keinen Hinweis darauf gegeben, daß er sich bereits bei Bezug des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe einer allfälligen Unrechtmäßigkeit bewußt gewesen sei. Es verhalte sich vielmehr so, daß ihm dieser Umstand erst im Zuge dieses Verfahrens bewußt geworden sei und er nunmehr um Bekanntgabe der als Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe bezogenen Beträge ersucht habe, um diese zurückbezahlen zu können. Im übrigen handle es sich hiebei um auf Unwissenheit basierendes Versehen, welches keinesfalls derart schwerwiegend sei, die Annahme einer mangelnden Zuverlässigkeit seiner Person zu rechtfertigen. Auch könne aus diesem Vorfall keinesfalls der Schluß gezogen werden, daß das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild erwarten lasse, er würde seine zukünftige Tätigkeit nicht ordnungsgemäß ausführen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde die Voraussetzungen für die Verleihung der Befugnis eines Architekten als erfüllt ansehen müssen, zumal das dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemachte Verhalten in keinem Zusammenhang mit seiner beruflichen Zuverlässigkeit stehe und keinesfalls das Gewicht habe bzw. die Annahme der mangelnden Zuverlässigkeit oder daß er sich innerhalb und außerhalb seines Berufes der Achtung und des Vertrauens der Öffentlichkeit nicht würdig erweisen könnte, zu rechtfertigen. Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde die Feststellung über das kollektivvertragliche Mindestgehalt ohne weitere Erhebungen bzw. ohne ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme hiezu zu geben, getroffen habe.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Wie die belangte Behörde bereits zutreffend ausführte, ist gemäß § 7 Abs. 1 Ziviltechnikergesetz zur Erlangung einer Befugnis unter anderem die für die Ausübung der Befugnis erforderliche Zuverlässigkeit aufzuweisen.

Die Annahme der mangelnden Zuverlässigkeit ist dann gerechtfertigt, wenn Handlungen oder Unterlassungen einer Person so beschaffen sind, daß das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild erwarten läßt, die betreffende Person werde bei der Ausübung der beabsichtigten Tätigkeit gegen die im Zusammenhang damit zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1978, Slg. N.F. Nr. 9607/A).

Der Beschwerdeführer gab nun bereits im Rahmen des Verwaltungsverfahrens ausdrücklich zu, in den in Rede stehenden Zeiträumen Arbeitslosengeld und Notstandshilfe ungerechtfertigterweise bezogen zu haben. Die belangte Behörde hatte im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer Universitätsstudien absolvierte, den akademischen Grad eines Diplomingenieurs erwarb und - wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt - seit dem Jahr 1977 im Berufsleben stand, keinen Anlaß, anzunehmen, dem Beschwerdeführer sei die Unrechtmäßigkeit des in Rede stehenden Arbeitslosengeld- und Notstandshilfebezuges verborgen geblieben, zumal der Beschwerdeführer derartiges im Zuges des Verwaltungsverfahrens auch niemals behauptete. Auf das erstmals in der Beschwerde erstattete diesbezügliche Vorbringen ist im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zufolge § 41 Abs. 1 VwGG geltende Neuerungsverbot nicht weiter einzugehen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag vielmehr im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt der Rechtsansicht der belangten Behörde, in der Handlungsweise des Beschwerdeführers liege ein Verhalten, das ein Persönlichkeitsbild zeige, welches nicht erwarten lasse, der Beschwerdeführer werde bei Ausübung der von ihm angestrebten Tätigkeit eines Ziviltechnikers nicht gegen die im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen, nicht entgegenzutreten.

Mit seiner Verfahrensrüge vermag der Beschwerdeführer schon deshalb eine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil die Frage, welches Entgelt der Beschwerdeführer in den fraglichen Zeiträumen tatsächlich bezog, im Hinblick darauf, daß auch der Beschwerdeführer nicht in Zweifel zieht, das in Rede stehende Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe zu Unrecht empfangen zu haben, auf die von der belangten Behörde zu treffende Entscheidung ohne Einfluß war.

Die Beschwerde erweist sich somit als nicht berechtigt, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990040146.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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