TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/25 88/04/0223

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Veröffentlicht am 25.09.1990
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Index

58/03 Sicherung der Energieversorgung;

Norm

EBMG 1982 §5 Abs2;
EBMG 1982 §5 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam , über die Beschwerde der N-GesmbH in X, vertreten durch Dr. Y, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. August 1988, Zl. 551.184/143-VIII/1/88, betreffend Genehmigung nach dem § 5 Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.440,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. August 1988 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. Oktober 1987 auf Erteilung einer Genehmigung nach § 5 des Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetzes 1982, BGBl. Nr. 546 (im folgenden kurz: EBMG), abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei eine Einvernahme des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin sowie mehrerer Zeugen, die vom Geschäftsführer der Antragstellerin als Vertragspartner der Gesellschafter der Antragstellerin (N-AG und NM-GesmbH) genannt worden seien, durchgeführt und folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt worden: Die Beschwerdeführerin stehe je zur Hälfte im Eigentum der N-AG und der NM-GesmbH. Die Antragstellerin habe ihren Unternehmenssitz in X. Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin sei die Übernahme der Erfüllung im Sinne des EBMG der Verpflichtung zur Haltung von Notstandsreserven, welche den Importeuren von Erdöl und Erdölprodukten nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auferlegt werde. Die Tätigkeit der Gesellschaft sei nicht auf Gewinn gerichtet. Das Stammkapital der Beschwerdeführerin betrage S 500.000,--. Die Antragstellerin besitze gegenwärtig keine Lagereinrichtungen, die es ihr ermöglichen würden, ihre Aufgaben gemäß § 5 EMBG zu erfüllen. Laut Aussage des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin bestehe für den Fall einer Genehmigung gemäß § 5 EBMG seitens der antragstellenden Gesellschaft die Absicht, durch Abschluß eines unkündbaren Bestandvertrages für die Dauer von zehn Jahren Lagereinrichtungen von einem ihrer Gesellschafter anzumieten. Dieser Sachverhalt ergebe sich aus dem dem Antrag beigeschlossenen Handelsregisterauszug und dem Vorbringen des Geschäftsführers der Antragstellerin im Zuge seiner mündlichen Parteieneinvernahme. Zur "inneren Einrichtung" im Sinne des § 5 Abs. 2 EBMG zählten insbesondere technisch-bauliche Voraussetzungen, vor allem hinsichtlich der Lagerkapazität (allenfalls auch Ausbaumöglichkeiten) und der technischen Eignung der Lager. Eine "ordnungsgemäße Haltung von Pflichtnotstandsreserven" sei nur dann gewährleistet, wenn sichergestellt sei, daß die Lagereinrichtungen für den Lagerhalter dauernd verfügbar und die Notstandsreserven für die Behörde im Krisenfall jederzeit beim Lagerhalter greifbar seien. Dies habe jedoch zur Voraussetzung, daß die Lagerbehälter im Eigentum des Lagerhalters stünden. Das ergebe sich bereits aus den zu § 5 Abs. 5 des Ausschußberichtes zum EBMG, Nr. 213 der Beilagen zur XIV. GP, enthaltenen Ausführungen. Danach gehe der Ausschuß davon aus, daß bei Bemessung des Höchsttarifes für die Haltung von Pflichtnotstandsreserven durch die Lagerhalter insbesondere auf die Annuitäten für Investitionen in Grundstücken und Lagereinrichtungen Bedacht zu nehmen sei. Daraus sei zu ersehen, daß der Gesetzgeber vom Eigentum an den Lagerbehältern ausgegangen sei. Die bloße Absicht zur Anmietung von Lagerkapazitäten könne zur Ausübung der Tätigkeit als Lagerhalter nicht als ausreichend angesehen werden. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß ein Gesellschafter der Antragstellerin, nämlich die NM-GesmbH, Eigentümer von Lagerbehältern sei, die nach den Ausführungen des Geschäftsführers der Antragstellerin von der Antragstellerin angemietet werden sollten. Wie nämlich die Antragstellerin auch in ihrem Schriftsatz vom 30. Juni 1988 ausgeführt habe, handle es sich bei der NM-GesmbH um eine selbständige juristische Person, die von ihren Gesellschaftern zu unterscheiden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, der Beschwerde keine Folge zu geben:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem ihr

"a)

durch §§ 37, 39 und 56 AVG 1950 gewährleisteten Recht, daß ein Ermittlungsverfahren nach den Grundsätzen der Amtswegigkeit, materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs durchgeführt wird,

b)

durch § 45 Abs. 2 AVG 1950 gewährleisteten Recht, daß die Behörde zwar nach freier Überzeugung, jedoch unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht,

c)

durch § 45 Abs. 3 AVG 1950 gewährleisteten Recht, daß den Parteien Gelegenheit zu geben ist, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen,

d)

durch § 5 Abs. 2 EMBG gewährleisteten Recht, daß die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, der Österreichische Arbeiterkammertag und der Österreichische Gewerkschaftsbund vor der Entscheidung zu hören sind und die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit als Lagerhalter, der die Vorratspflicht für Dritte übernehmen will, zu erteilen ist, wenn der Lagerhalter nach Sachkenntnis und innerer Einrichtung die Gewähr für eine ordnungsgemäße Haltung von Pflichtnotstandsreserven nach diesem Bundesgesetz bietet,"

verletzt.

Die Beschwerdeführerin bringt in Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, im Bericht des Handelsausschusses über die Regierungsvorlage des EMBG (213 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XIV. GP) werde zu § 5 EBMG insbesondere ausgeführt, daß damit vor allem eine Erleichterung für kleinere Importeure und eine Sicherung der Wettbewerbsneutralität beabsichtigt sei. Im Lichte dieses Rechtsmaterials sei die Rechtslage zu sehen. Die im § 5 Abs. 2 EMBG als Voraussetzung für die Genehmigung der Lagerhaltung geforderte "Sachkenntnis" sei bei juristischen Personen an dem oder den für sie handelnden Organ(en) zu messen. Der alleinige Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei gleichzeitig auch Vorstand bzw. Geschäftsführer der N-AG und der NM-GesmbH, das seien die Gesellschafter der Beschwerdeführerin. Es sei offenkundig, daß der Geschäftsführer, der die N Firmengruppe seit Jahrzehnten leite, eine ganz exzellente Sachkenntnis besitze. Es sei daher davon auszugehen, daß die Sachkenntnis als Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung nach § 5 Abs. 2 EBMG vorliege. Unter "innerer Einrichtung" im Sinne des § 5 Abs. 2 EBMG seien jene organisatorischen Voraussetzungen im weitesten Sinn zu verstehen, die "eine ordnungsgemäße Haltung von Pflichtnotstandsreserven" gewährleisten. Keinesfalls werde vorausgesetzt, daß die Lagerbehälter im Eigentum des Lagerhalters stünden. Es bleibe dem Lagerhalter überlassen, in welcher Rechtsform er sich die Verfügung über die Lagereinrichtungen verschaffe. Dies müsse umsomehr gelten, als gemäß § 5 Abs. 7 EBMG dem Lagerhalter die Übernahme der Vorratspflicht jederzeit wieder untersagt werden könne, wenn er seine Pflichten nach diesem Bundesgesetz nicht gehörig erfülle oder die Voraussetzungen zur Genehmigung gemäß § 5 Abs. 2 EBMG entfallen. Überdies sei zu bedenken, daß ein Lagerhalter sich vor der Erteilung der Genehmigung gemäß § 5 Abs. 2 EBMG Lagereinrichtungen anschaffen müßte, obwohl er noch gar nicht wisse, ob ihm die beantragte Genehmigung überhaupt erteilt werde und in welchem Ausmaß er die Lagereinrichtungen dann nach Maßgabe des Geschäftsumfanges überhaupt benötige. Unter diesem Gesichtspunkt müsse der Begriff "innere Einrichtung" in prospektiver Betrachtungsweise ausgelegt werden. Es müsse im Zeitpunkt der Entscheidung über einen gemäß § 5 Abs. 2 EBMG gestellten Genehmigungsantrag berechtigter Grund zur Annahme sein, daß der Genehmigungswerber nach Erteilung der Genehmigung über ausreichende Lagerbehälter verfügen könne, um den Bedarf befriedigen zu können, von dem er ja im vorhinein noch nicht wisse, in welchem Ausmaß ein solcher tatsächlich entstehe. Im vorliegenden Fall bedeute dies, wenn die Lagerbehälter im Eigentum der ebenfalls zur N Firmengruppe gehörenden Gesellschafter der Beschwerdeführerin stünden und diese Lagerbehälter nach Erteilung der Genehmigung gemäß § 5 Abs. 2 EBMG an die Beschwerdeführerin langfristig (zehn Jahre) und unkündbar vermietet werden sollten, dann bestehe kein vernünftiger Grund zur Annahme, daß dies nicht der Fall sein werde, wenn der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, der gleichzeitig der Vorstand der N-AG und Geschäftsführer der NM-GesmbH sei, dies beabsichtige und erkläre. Dazu komme noch, daß die vorgelegten Verträge mit der K-Öl-GesmbH vom 28. Jänner 1988, der Heizwerke L-GesmbH vom 18. Februar 1982 und 27. Jänner 1988 und der E vom 14. April 1988 sowie die prinzipielle Bereitschaft der F-Elektrizitäts-GesmbH auch weiterhin die Haltung von Pflichtnostandsreserven zu übernehmen, die Gewähr für eine ordnungsgemäße Haltung von Pflichtnotstandsreserven im Sinne des § 5 Abs. 2 EBMG bieten. Weiters habe die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchgeführt, der Beschwerdeführerin jedoch kein Parteiengehör gewährt. Die belangte Behörde habe auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens im Hinblick auf ihre unrichtige Rechtsansicht keine Tatsachenfeststellungen getroffen, wie sie im Sinne des § 5 Abs. 2 EBMG von Relevanz seien. Dies gelte insbesondere für das Ausmaß, in dem der Beschwerdeführerin in Zukunft tatsächlich Lagerkapazitäten zur Verfügung stehen würden. Schließlich seien gemäß § 5 Abs. 2 letzter Satz EBMG vor Erteilung der Genehmigung die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, der Österreichische Arbeiterkammertag und der Österreichische Gewerkschaftsbund zu hören. Die belangte Behörde habe diese im Gesetz vorgesehene Anhörung jedoch nicht durchgeführt.

Gemäß § 5 Abs. 1 EBMG kann die Vorratspflicht nach Maßgabe der Abs. 2 bis 7 von Lagerhaltern mit befreiender Wirkung für den Vorratspflichtigen ganz oder teilweise übernommen werden.

Gemäß § 5 Abs. 2 EBMG bedürfen Lagerhalter, die die Vorratspflicht für Dritte übernehmen wollen, zur Ausübung dieser Tätigkeit einer Genehmigung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (vgl. Art. II Z. 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 652/1987). Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Lagerhalter nach Sachkenntnis und innerer Einrichtung die Gewähr für eine ordnungsgemäße Haltung von Pflichtnotstandsreserven nach diesem Bundesgesetz bietet. Vor Erteilung der Genehmigung sind die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, der Österreichische Arbeiterkammertag und der Österreichische Gewerkschaftsbund zu hören.

Nach seinem diesbezüglich klaren Wortlaut bezieht sich der § 5 Abs. 2 EBMG - als Genehmigungsvoraussetzung - nicht auf das Eigentum oder sonstige dingliche oder obligatorische Rechte des Lagerhalters an den Behältern, in denen Erdöl oder Erdölprodukte als Pflichtnotstandsreserven gehalten werden (vgl. diesbezüglich auch die zu § 4 EBMG ergangenen hg. Erkenntnisse vom 16. Jänner 1981, Slg. N. F. Nr. 10.339/A, und vom 30. Jänner 1981, Zl. 78/04/1653).

In welcher Form "der Lagerhalter nach Sachkenntnis und innerer Einrichtung die Gewähr für eine ordnungsgemäße Haltung von Pflichtnostandsreserven" zu bieten hat, bestimmt das Gesetz nicht. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher die Rechtsansicht der belangten Behörde nicht zu teilen, wenn im angefochtenen Bescheid - allein - vom Behältereigentum des Lagerhalters als Gewähr für eine ordnungsgemäße Haltung von Pflichtnotstandsreserven ausgegangen wird. In diesem Sinne stimmt der Verwaltungsgerichtshof mit dem Beschwerdevorbringen überein, daß es dem Lagerhalter überlassen bleibe, in welcher Rechtsform er sich die Verfügung über die Lagereinrichtungen verschaffe. Letzteres gilt freilich nur insoweit, als der Normzweck der Gewähr für eine ordnungsgemäße Haltung von Pflichtnotstandsreserven gewahrt bleibt.

An dieser Beurteilung vermag auch der Hinweis im angefochtenen Bescheid auf die Verordnungsermächtigung des § 5 Abs. 5 EBMG und auf den darauf bezugnehmenden Bericht des Handelsausschusses (213 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XIV. GP) nichts zu ändern. Dies schon deshalb, weil der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen vermag, daß aus beispielhaften und notwendigerweise an Durchschnittsbetrachtungen orientierten Kostengesichtspunkten des historischen Gesetzgebers hinsichtlich der Gestaltung eines Höchsttarifes (für die Übernahme der Vorratspflicht) auf den Ausschluß der wirtschaftlichen Gestaltungsfreiheit - hier bezogen auf Lagereinrichtungen - geschlossen werden kann.

Da die belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen bedurfte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988040223.X00

Im RIS seit

18.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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