TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/25 90/07/0100

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Veröffentlicht am 25.09.1990
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Index

L66508 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Vorarlberg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
80/06 Bodenreform;

Norm

FlVfGG §15;
FlVfGG §36;
FlVfLG Vlbg 1979 §31;
FlVfLG Vlbg 1979 §35 Abs1;
Satzung AgrG Alpgemeinschaft Golm;
VwRallg;

Betreff

EW gegen Landesagrarsenat beim Amt der Vorarlberger Landesregierung vom 1. August 1989, Zl. LAS-210-301, betreffend Übertragung von Weiderechten (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft Gdm Golm).

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 27. Februar 1989 teilte der für die Abhandlung der Verlassenschaft nach der am 1. Oktober 1988 verstorbenen M bestellte Gerichtskommissär der Agrarbezirksbehörde Bregenz mit, die Erblasserin habe zwei Weiderechte an der nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Agrargemeinschaft hinterlassen, von denen eines an die Beschwerdeführerin übergegangen sei. Hierauf stellte die genannte Agrarbezirksbehörde mit Bescheid vom 7. April 1989 gemäß § 35 Abs. 1 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes - FlVG, LGBl. Nr. 2/1979, unter Hinweis auf § 4 Abs. 2 der Satzung der Mitbeteiligten fest, daß die Übertragung des Weiderechtes den Satzungsbestimmungen nicht entspreche, weil die Beschwerdeführerin ihren ordentlichen Wohnsitz nicht in Vorarlberg, sondern im Ausland habe.

Mit Erkenntnis vom 1. August 1989 wies sodann der Landesagrarsenat beim Amt der Vorarlberger Landesregierung die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 1 AgrVG 1950) in Verbindung mit § 35 Abs. 1 FlVG ab. Begründend wurde ausgeführt, die Mitbeteiligte sei eine regulierte Agrargemeinschaft, deren Satzung mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Bregenz vom 11. April 1969 und vom 1. September 1980 genehmigt worden sei. § 4 Abs. 2 der Satzung bestimme, daß im Erbfall der Erwerb von Weiderechten durch Nachkommen in der geraden Linie und bis zum zweiten Grad der Seitenlinie unbeschränkt möglich sei, wenn die Nachkommen in Vorarlberg den ordentlichen Wohnsitz hätten. Andere Erben könnten Weiderechte nur erwerben, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 erfüllten. § 4 Abs. 1 der Satzung sehe vor, daß Weiderechte durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden nur solche Personen erwerben könnten, die im Gebiet der Gemeinden S, T, V und B eine Landwirtschaft betrieben. Die Beschwerdeführerin sei wohl eine Tochter der Erblasserin. Sie wohne aber mit ihrer Familie in der Bundesrepublik Deutschland und könne daher die nach den Satzungen für den Erwerb von Weiderechten erforderlichen Voraussetzungen nicht erbringen. Zwar habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß sie in den Pfingstferien ihren Zweitwohnsitz in S oder T anmelden werde. Vom Marktgemeindeamt S sei über Anfrage inzwischen auch mitgeteilt worden, daß die Beschwerdeführerin am 26. Mai 1989 einen Wohnsitz in S angemeldet habe. Dieser Umstand besage aber lediglich, daß sie allenfalls melderechtlichen Vorschriften nachgekommen sei und bedeute noch keineswegs, daß sie dort auch ihren ordentlichen Wohnsitz begründet habe. Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens habe die Beschwerdeführerin vielmehr weiterhin mit ihrem Gatten und ihren Kindern ihren ordentlichen Wohnsitz im Ausland. Sie erfülle damit jedenfalls derzeit nicht die nach den Satzungen für den Erwerb von Weiderechten erforderlichen Voraussetzungen. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringe, sie werde mit ihrem Gatten F als neue Heimat auswählen, sobald ihre erwachsenen Kinder den Familienverband verlassen hätten, so sei dazu zu bemerken, daß allenfalls in der Zukunft eintretende Änderungen im maßgeblichen Sachverhalt im Rahmen dieses Verfahrens nicht berücksichtigt werden könnten. Die in der Berufung enthaltenen Ausführungen zielten im übrigen zum Teil auf eine Änderung der nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht mehr zeitgemäßen Satzungsbestimmungen ab. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens könne jedoch nicht eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit der rechtskräftig genehmigten Satzung sein, sondern lediglich die Beurteilung, ob die beabsichtigte Weiderechtsübertragung den derzeit in Geltung stehenden Satzungen entspreche. Nach der zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage habe der Berufung jedenfalls kein Erfolg beschieden sein können.

Dieses Erkenntnis bekämpfte die Beschwerdeführerin zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde jedoch mit Beschluß vom 11. Juni 1990, B 1104/89, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor diesem Gerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, wobei sie sich nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht auf agrarbehördliche Anerkennung des bezeichneten Anteilsrechtserwerbes verletzt erachtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin stellt das Fehlen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 der Satzung der Mitbeteiligten in bezug auf den in Rede stehenden Erwerb nicht in Abrede. Sie hält jedoch diese Vorschrift für eine nicht durch das Gesetz gedeckte (Verordnungs-)Bestimmung und wirft der Behörde vor, nicht untersucht zu haben, ob die Mutter der Beschwerdeführerin seinerzeit bei der Beschlußfassung über die Satzung anwesend gewesen sei und ob sie für oder gegen diese gestimmt habe.

Die Beschwerdeführerin hat ihre die Satzung betreffenden Ausführungen bereits in dem für den Verfassungsgerichtshof bestimmten Beschwerdeteil an jenen Bedenken ausgerichtet, die den Verwaltungsgerichtshof in dem mit Erkenntnis vom 10. April 1990, Zl. 86/07/0014, abgeschlossenen Beschwerdeverfahren zu einem Antrag auf Aufhebung einer ähnlichen Satzungsbestimmung für eine Übertragung von Weiderechten an einer Vorarlberger Agrargemeinschaft veranlaßt haben. Dieser Antrag ist jedoch vom Verfassungsgerichtshof mit dem in seinem nunmehrigen Ablehnungsbeschluß zur Begründung der geringen Erfolgsaussicht der vorliegenden Beschwerde erwähnten Beschluß vom 28. Februar 1990, V 214/88, unter Verneinung der Verordnungsqualität der von einer Agrargemeinschaft nach den Vorschriften des FlVG aufgestellten Satzungen zurückgewiesen worden. Von insofern gleichen rechtlichen Voraussetzungen ist auch im vorliegenden Beschwerdefall auszugehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner in seinem Erkenntnis vom 10. April 1990 die Frage, ob die betreffende Partei bzw. ihr Rechtsvorgänger bei der Beschlußfassung über die Satzung anwesend war - dasselbe gilt für das mögliche Abstimmungsverhalten -, für den Fall eingetretener Rechtskraft der Satzungsgenehmigung für unmaßgeblich erklärt. Wie in jenem ist auch im vorliegenden Beschwerdefall der die Genehmigung der Satzung mit der nach wie vor in Geltung stehenden Bestimmung des § 4 enthaltende Regulierungsbescheid der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin zugestellt worden und ihr gegenüber rechtskräftig.

Unter den gegebenen Voraussetzungen war daher die vorliegende Beschwerde - deren Inhalt erkennen ließ, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht stattgefunden hat - gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990070100.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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