TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/26 90/02/0059

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Veröffentlicht am 26.09.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
EGVG Art9 Abs1 Z1;
VStG §45;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

N gegen Wiener Landesregierung vom 7. Februar 1990, Zl. MA 70-11/466/89/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.590,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1989, Zl. 88/02/0176, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde ein Bescheid der belangten Behörde vom 11. August 1988 betreffend Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer neuerlich einer Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 für schuldig erkannt. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt, mitgeteilt, daß sie von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand nimmt, und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Vorerkenntnis vom 22. Februar 1989 wurde hinsichtlich der Behauptung des Beschwerdeführers, die Tatzeit sei unrichtig angegeben, weil sich die in Rede stehende Fahrt des Beschwerdeführers am Tatort um ungefähr eine Stunde früher ereignet hätte, ausgeführt, daß die in freier Beweiswürdigung gewonnene Feststellung der Tatzeit mit 14.20 Uhr des Tages der Tat nicht mit einer vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit belastet sei. Die belangte Behörde habe auf Grund der ihr bei Erlassung des damals angefochtenen Bescheides vorliegenden Beweise in schlüssiger Weise von dieser Tatzeit ausgehen können.

Gegen den Beschwerdeführer wurden im Zusammenhang mit anderen Vorfällen im Anschluß an die in Rede stehende, den Gegenstand des Vorerkenntnisses vom 22. Februar 1989 und des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildende Fahrt weitere Verwaltungsstrafverfahren geführt. Eines dieser Verwaltungsstrafverfahren - wegen Übertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG 1950 - wurde von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien mit Bescheid vom 21. November 1988 gemäß § 45 Abs. 1 lit. a VStG 1950 eingestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß in einer der Behörde vorliegenden Aufzeichnung der Funkstelle der Bundespolizeidirektion Wien u.a. davon die Rede sei, daß sich der Beschwerdeführer laut Angaben der Besatzung eines näher bezeichneten Streifenwagens, zu der auch der Meldungsleger zählte, um 14.00 Uhr geweigert habe, den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Fahrzeug auszufolgen. Dieser Umstand in Verbindung mit den übrigen Beweisergebnissen mache es unmöglich, "mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Sicherheit" als erwiesen anzunehmen, daß die Übertretung des EGVG 1950 (erst) um 14.45 Uhr des Tages der Tat, wie es die Erstbehörde angenommen habe, erfolgt sei.

Der Beschwerdeführer hat in einer im fortgesetzten (Berufungs-)Verfahren gegenüber der belangten Behörde abgegebenen Stellungnahme darauf hingewiesen. Er hat ausgeführt, daß dieser Umstand bei Erlassung des Berufungsbescheides im zweiten Rechtsgang zu berücksichtigen sein werde, und die Beischaffung des Aktes der Sicherheitsdirektion beantragt.

Die belangte Behörde ist auf diesen Antrag nicht eingegangen. Sie hat ihre Annahme betreffend die Tatzeit lediglich in der - vom Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis vom 22. Februar 1989 als schlüssig erkannten - Weise begründet. Auf das neue Vorbringen des Beschwerdeführers ist sie nicht eingegangen. Die Unterlassung einer entsprechenden Begründung stellt einen Verfahrensmangel dar, dem die zur Aufhebung führende Wesentlichkeit schon deswegen nicht abgesprochen werden kann, weil das Vorbringen des Beschwerdeführers einen Umstand betrifft, der - zwar in einem anderen Verwaltungsstrafverfahren und für eine andere Behörde - zur Einstellung des Verfahrens geführt hat. Auch wenn keine Bindung der belangten Behörde an diesen Ausspruch besteht, so hätte sie zu begründen gehabt, aus welchen Gründen sie die Frage nach der richtigen Tatzeit im Schuldspruch entsprechend anders beantwortet.

Auch der angefochtene Bescheid leidet an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990020059.X00

Im RIS seit

26.09.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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