TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/27 89/16/0216

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Veröffentlicht am 27.09.1990
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
22/03 Außerstreitverfahren;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

ABGB §533;
ABGB §736;
ABGB §738;
ABGB §741;
ABGB §760;
ABGB §768;
ABGB §769;
ABGB §770;
AußStrG §130;
BAO §21;
ErbStG §1 Abs1 Z1;
ErbStG §12 Abs1 Z1;
ErbStG §2 Abs1 Z1;
ErbStG §2 Abs1 Z4;
ErbStG §2 Abs2 Z4;
ErbStG §2;
ErbStG §3;
ErbStG §4;

Beachte

Besprechung in: ÖStZ 1992, 52;

Betreff

BW gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. Oktober 1989, Zl. GA 11 - 2080/88, betreffend Erbschaftssteuer

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Die Mutter der Beschwerdeführerin war Maria Z., eine vollbürtige Schwester des Johann A. (in der Folge: Erblasser), gewesen. Er hatte aus der ersten Ehe seines Vaters einen halbbürtigen Bruder, der zwei Kinder hatte, und zwar Josef und Maria A.

In seinem eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testament vom 2. August 1974 hatte der Erblasser seine Ehegattin und seine (vollbürtige?) Schwester Leopoldine G. je zu gleichen Teilen zu seinen "Haupt"erben eingesetzt, und zwar mit dem Zusatz: "Alle anderen Verwandten schließe ich von jeder Erbschaft von mir aus."

Nachdem der Erblasser Witwer geworden und Leopoldine G. am 3. Jänner 1984 gestorben war, hatte ihn am 4. Juni 1984 der Tod ereilt.

Das Bezirksgericht Hietzing (in der Folge: BG) hatte mit Beschluß vom 3. Dezember 1984 die von der Beschwerdeführerin (mit der Behauptung, einzige gesetzliche Erbin zu sein) auf Grund des Gesetzes abgegebene unbedingte Erbserklärung (gemäß § 122 AußStrG) angenommen und (im Hinblick auf den oben angeführten Zusatz in dem erwähnten Testament) die betreffenden Gerichtsakten der Finanzprokuratur (zur Wahrung allfälliger Ansprüche des Staates - Heimfallsrecht nach § 760 ABGB) zur Einsichtnahme übermittelt.

Mit Schriftsatz vom 4. März 1986 hatte die Beschwerdeführerin gegenüber dem BG u.a. erklärt, wenn durch entsprechende Urkunden die Abstammung des Josef A. und der Maria A. nachgewiesen sei, dann seien sie je zu einem Achtel zu Erben und die Beschwerdeführerin zu drei Viertel zur Erbin berufen.

Mit Beschluß vom 30. April 1985 hatte das BG die bedingte Erbserklärung des Josef A. und der Maria A. (gemäß § 122 AußStrG) angenommen, gleichzeitig aber das Erbrecht beider soeben Genannter sowie das der Beschwerdeführerin nicht als ausgewiesen erkannt und die "Erb-Ansprecher" auf den Rechtsweg verwiesen.

Nachdem die Finanzprokuratur am 3. Februar 1986 mit Maria A. und am 6. Februar 1986 mit Josef A. je ein Übereinkommen geschlossen hatte, wonach ihnen je ein Abfindungsbetrag von S 40.000,-- für den Fall, daß Heimfälligkeit des betreffenden Nachlasses eintrete, zugesagt worden war, hatte das BG diese Übereinkommen mit Beschluß vom 24. April 1986 abhandlungsbehördlich genehmigt.

In der Rechtssache der Beschwerdeführerin als Klägerin gegen die durch den bestellten Verlassenschaftskurator vertretene Verlassenschaft nach dem Erblasser und - nach Beitritt - die (offensichtlich durch die) Finanzprokuratur (vertretene Republik Österreich), AZ. 1 C 4/87 des BG, war am 2. März 1987 folgender Vergleich geschlossen worden:

1. Die Beschwerdeführerin hatte sich damit einverstanden erklärt, daß die Verlassenschaft nach dem Erblasser heimfällig erklärt und dem Staate übergeben werde. Dafür hatte sich die Republik Österreich verpflichtet, nach Rechtskraft des betreffenden Heimfallsbeschlusses der Beschwerdeführerin drei Achtel des Heimfallsbetrages in nachstehender Weise herauszugeben:

Mit Ausnahme einer Liegenschaft samt Inventar werde der übrige Nachlaß veräußert.

Von den Verkaufserlösen und den allenfalls aufgelaufenen Zinsen seit Todestag des Erblassers seien alle Nachlaßpassiva, Begräbnis- und Verfahrenskosten abzudecken. Der Rest und die Liegenschaft samt Inventar (anzusetzen mit dem Schätzwert von S 265.915,--) stelle insgesamt den Heimfallsbetrag dar, von dem die Beschwerdeführerin drei Achtel erhalte. Die Begleichung dieses Drei-Achtel-Anteiles des Heimfallsbetrages erfolge durch Übertragung der Liegenschaft samt Inventar mit dem genannten Schätzwert in das Eigentum der Beschwerdeführerin und der Mehrbetrag auf den vereinbarten Anteil werde der Beschwerdeführerin bar bezahlt.

2.

...

3.

Der zum 1. Jänner 1983 festgestellte Einheitswert der Liegenschaft betrage S 52.000,--.

              4.              Die auf die Zuwendung an die Beschwerdeführerin entfallenden Steuern und Abgaben seien von ihr zu entrichten.

...

Mit Beschluß vom 16. März 1987 hatte das BG diesen Vergleich abhandlungsbehördlich genehmigt. Mit - rechtskräftig gewordenem - Beschluß des BG vom 20. Jänner 1988 war u.a. 5.) der betreffende Gerichtskommissär abhandlungsbehördlich angewiesen worden, der Beschwerdeführerin den - abgesehen von der erwähnten Liegenschaft samt Inventar - Betrag von S 1,458.978,23 zu überweisen, und 6.) der reine Nachlaß auf Grund des Antrages der Finanzprokuratur dem Staat übergeben und der betreffende Gerichtskommissär angewiesen worden, den heimfällig gewordenen Betrag von S 2,798.022,22 ... zu überweisen.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (in der Folge: FA) setzte mit Bescheid vom 18. Juli 1988 gegenüber der Beschwerdeführerin für den betreffenden Erwerb von Todes wegen Erbschaftssteuer mit einem Betrag von S 314.648,-- fest. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ging es von dem Bargeldbetrag in Höhe von S 1,458.978,23 aus, zählte diesen dem Einheitswert der Liegenschaft in Höhe von S 52.000,-- hinzu und zog von der Summe die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführerin in Höhe von S 198.270,-- ab. Von dem so errechneten Betrag zog das FA den Steuerfreibetrag gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 ErbStG in Höhe von S 6.000,-- ab und gelangte so zu dem nach § 28 ErbStG gerundeten Betrag von S 1,306.700,--. Davon rechnete es unter Bedachtnahme auf § 7 Abs. 1 IV Z. 1 ErbStG gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG 24 v.H. (S 313.608,--) und zählte zu diesem Betrag noch auf Grund des § 8 Abs. 4 ErbStG von dem angeführten Einheitswert der Liegenschaft 2 v.H. (S 1.040,--) hinzu.

Die gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid rechtzeitig eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (in der Folge: belangte Behörde) mit der im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Berufungsentscheidung als unbegründet ab. Dies nach kurzer Darstellung des Sachverhaltes und des Verwaltungsgeschehens im wesentlichen unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 2 Abs. 2 Z. 4, 12 Abs. 1 Z. 1 lit. f und 18 ErbStG mit folgender Begründung:

In ihrer Berufung bringe die Beschwerdeführerin vor, sie habe als Abfindung nicht einen bestimmten Geldbetrag, sondern drei Achtel des Nachlasses in natura erhalten. Der Erbschaftssteuerbemessung seien daher drei Achtel des Nachlasses - bewertet zum Stichtag Todestag, zugrunde zu legen. Die im Jahre 1987 erzielten höheren Verkaufserlöse seien unmaßgeblich.

Zu diesem Vorbringen führte die belangte Behörde aus:

Das Berufungsvorbringen erweise sich im Hinblick auf den oben wiedergegebenen Wortlaut des Vergleiches als unzutreffend. Danach habe nicht die Republik Österreich etwa das Erbrecht der Beschwerdeführerin, vielmehr habe diese das Heimfallsrecht der Republik Österreich anerkannt. Es sei sohin davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin auf ihre Ansprüche aus dem gesetzlichen Erbrechtstitel verzichtet und hiefür eine finanzielle Abfindung erhalten habe. Daher sei der Tatbestand des § 2 Abs. 2 Z. 4 ErbStG verwirklicht. Die Beschwerdeführerin habe sohin mit abhandlungsbehördlicher Genehmigung des Vergleiches vom 2. März 1987 einen Geldbetrag und eine Liegenschaft erhalten, die zum Stichtag 2. März 1987 nach den Vorschriften des BewG zu bewerten gewesen seien.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und (oder) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Gerichts- und Verwaltungsakten mit der von der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift vor. In dieser wird die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde behauptet die Beschwerdeführerin, sie habe sich zu drei Viertel des Nachlasses als Erbin erklärt. Diese Erbserklärung sei vom Gericht angenommen worden. Sie habe auf ihr Erbrecht nicht verzichtet. Wenn die belangte Behörde daher von einem Erbverzicht, einer Ausschlagung des Erbrechtes und einer dafür erhaltenen Abfindung ausgehe, dann lege sie ihrer Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde, der nicht gegeben sei und zum Inhalt der Akten im Widerspruch stehe. Sehe man diese Ausführungen der belangten Behörde nicht als Sachverhaltsfeststellung, sondern als rechtliche Beurteilung des abgeschlossenen Vergleiches an, dann liege wohl nicht die geltend gemachte Aktenwidrigkeit, dafür aber eine unrichtige rechtliche Beurteilung, eine Rechtswidrigkeit (des Inhaltes) vor.

Zunächst scheint die Beschwerdeführerin - ganz abgesehen von der Frage, ob (und welche) Beschlüsse des Verlassenschaftsabhandlungsgerichtes für das Erbschaftsteuerfestsetzungsverfahren bindend sind oder nicht - folgendes zu übersehen:

Jede in der vorgeschriebenen Form abgegebene Erbserklärung ist vom Gericht anzunehmen, sofern nicht von vornherein feststeht, daß dem Antretenden auf keinen Fall eingeantwortet werden kann (siehe z.B. die von Köhler, Das Verfahren außer Streitsachen4, Wien 1981, zu § 122 AußStrG unter Nr. 2. zitierte Entscheidung des OGH). Da unter Enterbung im Sinn der §§ 768 ff ABGB bzw. im technischen Sinn die gänzliche oder teilweise Entziehung des Pflichtteiles durch letztwillige Verfügung zu verstehen ist (siehe z.B. Welser in Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Band2, Wien 1990, Rz 1 vor § 768, und Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, Band II8, Wien 1988, S. 376) und Geschwister des Erblassers niemals pflichtteilsberechtigt sind (siehe z.B. Welser, a.a.O.. Rz 2 zu §§ 762-764, und Koziol-Welser, a.a.O., S. 365), konnte der Erblasser mit dem oben erwähnten Zusatz in seinem Testament u.a. auch die Beschwerdeführerin, auf die sich ein letztwillig verfügter Ausschluß u.a. der Geschwister des Erblassers auch im Sinn der Entscheidung des OGH vom 11. November 1931, SZ 13/239, erstreckt, im untechnischen Sinn "enterben" bzw. u.a. auch ihr das gesetzliche Erbrecht entziehen, ohne an die Voraussetzungen der §§ 768 ff ABGB gebunden zu sein (siehe z.B. die Entscheidungen des OGH vom 13. April 1899, GlUNF Nr. 580, vom 11. November 1931, SZ 13/239, vom 29. August 1969, EvBl. Nr. 55/1970, S. 95, und vom 9. September 1970, SZ 43/148, sowie Welser, a.a.O., Rz 1 vor § 768 ABGB, und Koziol-Welser, a.a.O., S. 376).

Das Heimfallsrecht ist kein gesetzliches Erbrecht; vielmehr wird im Sinn des § 130 AußStrG der vom Gericht als erblos erklärte Nachlaß dem Fiskus (auf Antrag) übergeben. Weder ist von ihm eine Erbserklärung abzugeben, noch findet eine Einantwortung statt (siehe z.B. das in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis vom 19. Mai 1988, Zl. 87/16/0080, ÖStZB 23/1988, S. 536, mit weiterem Hinweis).

Nun bestimmte die - durchaus im Einklang mit den Entscheidungen des OGH vom 10. Juni 1863, GlU Nr. 1747, und vom 26. September 1882, GlU Nr. 9103, stehende - Vorgangsweise des BG in bezug auf die Finanzprokuratur und diese selbst die Beschwerdeführerin offensichtlich dazu, eine weitere Überprüfung, ob der Erblasser auch für den Fall des Todes seiner Ehegattin und der Leopoldine G. vor seinem Ableben u.a. der Beschwerdeführerin ihr gesetzliches Erbrecht entziehen wollte oder nicht (siehe zur Auslegung letztwilliger Erklärungen z.B. das Erkenntnis vom 16. November 1989, Zl. 88/16/0141), als zu beschwerlich und/oder zu riskant zu unterlassen.

§ 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG, wonach als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches gilt, gründet die Steuerpflicht nicht auf wirtschaftliche Gegebenheiten, sondern knüpft an einen durch das Zivilrecht geregelten Tatbestand an (siehe z.B. das Erkenntnis vom 3. September 1987, Zlen. 86/16/0116, 0117, ÖStZB 7/1988, S. 183, mit weiterem Hinweis).

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 ErbStG entsteht zwar die Erbschaftsteuerschuld nicht erst mit dem Erwerb des Eigentums an bestimmten zum Nachlaß gehörenden Gegenständen, sondern - abgesehen z.B. von der anschließend zu behandelnden Ausnahme - grundsätzlich schon durch den mit dem Tod des Erblassers eintretenden Anfall an den Bedachten, sofern er vom Anfall durch Abgabe der Erbserklärung Gebrauch macht. Gegenstand der Erbschaftsteuer ist nämlich letztlich der Vermögensvorteil, den jemand mit dem Tod eines anderen erwirbt (siehe z.B. das Erkenntnis vom 3. September 1987,

Zlen. 86/16/0165, 0166, ÖStZB 7/1988, S. 186, mit weiterem Hinweis).

Diese Rechtsprechung geht aber davon aus, daß die Berufung des Erben - zumindest letztlich - unbestritten blieb (siehe z. B. das Erkenntnis vom 24. Juni 1970, Zl. 1780/69, ÖStZB 1/2/1971, S. 18). Im vorliegenden Fall wurde die Erbserklärung der Beschwerdeführerin zwar vom BG angenommen, aber ausdrücklich mit Bedachtnahme auf die keineswegs geringe Wahrscheinlichkeit des Heimfalles gemäß § 760 ABGB (zur nicht einhellig gelösten Frage der Möglichkeit einer Einflußnahme der Finanzprokuratur auf das Verlassenschaftsabhandlungsverfahren siehe z.B. Welser, a.a.O., Rz 5 zu § 760). Auch unter Berücksichtigung, daß die Finanzprokuratur rite keine Erbserklärung abgegeben hatte, erscheint dem Verwaltungsgerichtshof der hier in Rede stehende Fall doch dem - auch von der Beschwerde betonten - wahren wirtschaftlichen Gehalt nach mit dem Fall der Abgabe widerstreitender Erbserklärungen vergleichbar.

Gewiß knüpfen auch die Tatbestände des ErbStG in der Hauptsache an die äußere zivilrechtliche bzw. formalrechtliche Gestaltung an und leiten daraus abgabenrechtliche Folgen ab, weshalb bei solchen Tatbeständen schon aus dem Tatbestandsmerkmal heraus bei der Beantwortung der Frage, ob der Sachverhalt unter die Norm subsumiert werden kann oder nicht, die entsprechende formalrechtliche Beurteilung geboten und nur in diesem tatbestandsmäßig vorgegebenen Rahmen für die wirtschaftliche Betrachtungsweise Raum gegeben ist (siehe z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 12. Dezember 1985, Zl. 83/16/0178, Slg. Nr. 6058/F, mit weiterem Hinweis). In dem zuletzt zitierten - einen Fall des § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG und damit einen des § 3 Z. 2 GrEStG 1955 betreffenden - Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof aber u.a. auch ausdrücklich dargetan, daß § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG den Grundtatbestand und § 2 Abs. 2 Z. 4 ErbStG den Auffangtatbestand darstellt, durch den eine Umgehung vermieden werden soll.

Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 4 ErbStG gilt nämlich auch als vom Erblasser zugewendet, was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses von dritter Seite gewährt wird.

Durchaus in Einklang mit dem zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates kommt der wie im Fall der Abgabe widerstreitender Erbserklärungen (siehe z.B. die Erkenntnisse vom 26. Oktober 1964, Zl. 1136/64, Slg. Nr. 3165/F, und vom 19. September 1968, Zl. 1624/67, Slg. Nr. 3781/F) auch im vorliegenden Fall als zulässig anzusehende - durchaus ernst gemeinte (siehe z.B. Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, Band II2, Wien 1988, S. 61 Mitte) - Vergleich im wirtschaftlichen Ergebnis einer Ausschlagung der Erbschaft gleich, wobei es unerheblich ist, ob das Erbrecht der Beschwerdeführerin der Sache nach zu Recht oder nur vermeintlich bestand.

Gemäß § 18 ErbStG ist für die Wertermittlung, soweit in diesem Gesetze nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend.

Nach § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. f ErbStG entsteht die Steuerschuld aber im Falle des § 2 Abs. 2 Z. 4 ErbStG mit dem Zeitpunkt des Verzichtes oder der Ausschlagung.

Die Beschwerdeführerin übersieht nicht nur, daß in ihrem ausdrücklichen Einverständnis mit dem hier in Rede stehenden Heimfall zumindest schlüssig (§ 863 ABGB) eine unechte Erschaftsausschlagung im Sinn der zuletzt angeführten Rechtsprechung zu erblicken ist, sondern auch, daß es bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach dem ErbStG auf den Erwerb im Sinne des § 8 Abs. 1 ErbStG ankommt und nicht auf den Wert des Streitgegenstandes, über den der Vergleich geschlossen wurde.

Schließlich kann der dem Erkenntnis vom 19. Mai 1988, Zl. 86/16/0203, ÖStZB 20/1988, S. 455, zugrundegelegene Fall - entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung - nicht mit dem nunmehrigen verglichen werden, weil das damalige Testament zwölf echte Erbseinsetzungen enthalten hatte, damals unbestrittene Erbserklärungen abgegeben worden waren und auf Grund der Teilungsanordnung des Erblassers sein Haus zu verkaufen und der Erlös unter den Erben zu teilen war.

Aus den dargelegten Erwägungen ist die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989160216.X00

Im RIS seit

27.09.1990

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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