TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/27 90/16/0046

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Veröffentlicht am 27.09.1990
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
35/02 Zollgesetz;

Norm

BAO §280;
FinStrG §35 Abs1;
ZollG 1955 §174 Abs3 litd;
ZollG 1955 §29 Abs1 idF 1987/663 ;
ZollG 1955 §34 Abs1;
ZollG 1955 §36;
ZollG 1955 §37;
ZollG 1955 §67 Abs1 liti;

Beachte

Besprechung in:ÖStZB 1991, 142;

Betreff

VW gegen Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 22. Jänner 1990, GZ. 7/2/W-16/1/-89, betreffend Einforderung kraft Gesetzes entstandener Eingangsabgaben für einen Pelzmantel

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte das Hauptzollamt Klagenfurt mit Bescheid vom 31. August 1988 ausgesprochen, daß für die Beschwerdeführerin hinsichtlich eines Waschbärpelzmantels gemäß § 174 Abs. 3 lit. d iVm § 3 Abs. 2 des Zollgesetzes 1955, BGBl. Nr. 129 (ZollG), die Eingangsabgabenschuld in der Gesamthöhe von 9.127 S kraft Gesetzes entstanden sei, was zuzüglich 2 % Säumniszuschlag in Höhe von 183 S insgesamt 9.310 S ergebe. Nach der Begründung des Bescheides habe die Beschwerdeführerin bei ihrer Einreise nach Österreich im September oder Oktober 1985 den streitverfangenen Pelzmantel als eingangsabgabenfreies Reisegut iSd § 34 Abs. 1 ZollG eingeführt, diesen jedoch (nach Beendigung der Reise) im Zollgebiet bei ihrer Freundin EK in A zurückgelassen. Hiedurch habe die Beschwerdeführerin die ihr auferlegte Verpflichtung zur Verwendung einer zollfrei abgefertigten Ware zu einem bestimmten Zweck (Verwendung während und Rückbringung ins Ausland bei Beendigung der Reise) nicht erfüllt, weshalb die Zollschuld hinsichtlich des unerhoben gebliebenen Eingangsabgabenbetrages kraft Gesetzes entstanden sei.

Die Finanzlandesdirektion für Kärnten als Abgabenbehörde zweiter Instanz gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 22. Jänner 1990 der Berufung der Beschwerdeführerin, in der sie die Vorschreibung des obgenannten Abgabenbetrages als rechtswidrig bezeichnete, weil von ihr EK nur die Sachinhabung, keineswegs jedoch das Recht zum Gebrauch (Tragen) des Pelzmantels eingeräumt worden sei und überdies auch noch die Befreiungsbestimmungen der §§ 36, 37 ZollG (Zollfreiheit für Übersiedlungs- und Ausstattungsgut) zum Tragen kämen, keine Folge. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens, soweit für die Beschwerde von Relevanz, ausgeführt, die entscheidende Frage sei zunächst die, ob die im Anschluß an die Einbringung des streitverfangenen Pelzmantels erfolgte Überlassung an eine im Zollgebiet wohnhafte Person im Rahmen der zollfreien Abfertigung gemäß § 34 Abs. 1 erster Satz ZollG zulässig sei oder nicht. Wenn die Beschwerdeführerin meine, im Falle der bloßen Sachinnehabung sei eine bestimmungswidrige Verwendung iSd § 174 Abs. 3 lit. d ZollG nicht zu erblicken, so übersehe sie dabei, daß nach dem Wortlaut der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen die Qualifikation einer Ware als Reisegut nicht abstrakt, sondern im konkreten Zusammenhang mit der Reise zu beurteilen sei. "Vorübergehend" für den persönlichen Gebrauch "während der Reise" bedeute nur den Zeitraum zwischen einer bestimmten Ein- und der darauffolgenden Ausreise. Aus dem bereits zitierten Tatbestandsmerkmal "während der Reise" und dem Tatbestandsmerkmal des zweiten Satzes des § 34 Abs. 1 ZollG "Zweck der Reise" sowie "Dauer der Reisebewegung" ergebe sich sohin, daß die zollfreie Einbringung an konkrete Bedingungen geknüpft sei. Die gemäß § 34 Abs. 1 erster Satz ZollG rechtserhebliche Tatsache der "vorübergehenden Einbringung" für den persönlichen Gebrauch "während der Reise" sei somit jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die eingeführte Ware nach Beendigung der Reise (arg.: "vorübergehende Einbringung") indes in Österreich belassen werde, um - unbeschadet der Wiederausreise des gemäß der bezogenen Rechtsvorschrift Begünstigten - zunächst im Zollgebiet zu verbleiben. Das Zutreffen dieses Sachverhaltsmerkmales habe von der Abgabenbehörde erster Rechtsstufe in nicht rechtswidriger Weise als erwiesen angenommen werden können. Angesichts der - in der Folge wörtlich wiedergegebenen - Sachverhaltsdarstellungen der EK vom 16. Mai 1988 und der Beschwerdeführerin vom 19. April 1988 erscheine die dem erstinstanzlichen Bescheid zugrundeliegende Feststellung, die Beschwerdeführerin sei ihrer aus der zollfreien Abfertigung in weiterer Folge resultierenden Verpflichtung zur Wiederausfuhr des streitverfangenen Pelzmantels (nach Beendigung der Reise) nicht nachgekommen, zutreffend. Jedenfalls sei die belangte Behörde, welche in der Folge die Voraussetzungen einer Zollfreiheit im Grunde der §§ 36, 37 ZollG (als Übersiedlungs- bzw. als Ausstattungsgut) verneinte, der Auffassung, daß in Ansehung des bei der Einbringung tatsächlich verfolgten Zweckes, nämlich den Mantel in Österreich reparieren zu lassen, wobei eine Antragstellung zur Vormerkung unterblieben sei, die Voraussetzungen für die Eingangsabgabenfreiheit des streitverfangenen Pelzmantels nicht erfüllt seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der an Stelle der belangten Behörde in das Verfahren eingetretene Bundesminister für Finanzen erstattete eine Gegenschrift, in der er die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem Vorbringen in dem Recht verletzt, die vorgeschriebenen Eingangsabgaben nicht entrichten zu müssen. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes trägt sie unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, der Ansicht der belangten Behörde stehe die Bestimmung des § 34 Abs. 1 ZollG gegenüber, welche die Voraus- und Nachsendung von Waren zu den im Gesetz genannten Voraussetzungen ausdrücklich vorsehe. Gerade um solche Voraus- und Nachsendungen habe es sich im Beschwerdefall gehandelt, weil die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Einreise im September/Oktober 1985 ihren späteren Ehegatten schon gekannt habe und deshalb sehr oft nach Österreich ein- und aus Österreich ausgereist sei. Da die Beschwerdeführerin im fraglichen Zeitraum ein Kind erwartet habe, sei es ihr überdies und gerade aus diesem Grunde nicht zumutbar gewesen, den Pelzmantel bei den häufigen Ein- und Ausreisen ständig mitzuführen. Bezogen auf den Beschwerdefall seien daher die wiederholten Reisen insoweit als eine Reise anzusehen, bei der die im Zollausland wohnhafte Beschwerdeführerin für die Dauer der Reisebewegung für einen persönlichen Gebrauchsgegenstand die Zollfreiheit genieße und folglich eine Zollschuld gemäß § 174 Abs. 3 lit. d ZollG nicht entstehen könne. Eine bestimmungswidrige Verwendung iSd § 174 Abs. 3 lit. d ZollG liege jedenfalls dann nicht vor, wenn der Dritte kein Gebrauchsrecht an der Ware erlange. Führt der Reisende im Zuge des Zustandekommens einer Ehe bei seinen häufigen Reisen nach Österreich einen persönlichen Gebrauchsgegenstand nicht ständig aus und wieder ein, so könne darin erst recht keine bestimmungswidrige Verwendung iSd § 174 Abs. 3 lit. d ZollG gesehen werden, zumal die Beschwerdeführerin EK nur die bloße Sachinhabung eingeräumt habe.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1 ZollG ist in der Einfuhr Zollfreiheit zu gewähren für Waren, die im Zollausland wohnhafte Reisende zum eigenen Verbrauch oder vorübergehend zu ihrem persönlichen Gebrauch oder zur Ausübung ihres Berufes während der Reise in das Zollgebiet einbringen oder die ihnen zu diesen Zwecken voraus- oder nachgesandt werden. Das Reisegut muß nicht gebraucht, jedoch dem Stande und den persönlichen Verhältnissen des Reisenden angemessen sein, ferner nach Menge, Art und Beschaffenheit dem Zweck der Reise und der Dauer der Reisebewegung entsprechen.

Die Zollfreiheit der von Personen im Reiseverkehr mitgeführten und nach § 34 Abs. 1 ZollG zollfreien Waren, die gemäß § 172 Abs. 1 zweiter Satz ZollG überdies von der Stellungspflicht (§ 48 Abs. 1 ZollG) ausgenommen sind, tritt gemäß § 29 Abs. 1 erster Satz leg. cit. kraft Gesetzes ein.

Diese Eingangsabgabenfreiheit geht von der Erwägung aus, daß der moderne Zoll kein Passierzoll, sondern ein Wirtschaftszoll ist, es sich bei den den Reisenden in bestimmten Mengen eingeräumten Eingangsabgabenfreiheiten (vgl. § 34 Abs. 3 und 6 ZollG) um einen vom Zolltarif freien Raum handelt, auf den der Gesetzgeber seinen Abgabenanspruch von vornherein nicht erstrecken will und darf ("res extra commercium" bzw. "res extra teloneum"). Diese Regelung der Eingangsabgabenfreiheit im Reiseverkehr hat neben dem Ziel, den Gedanken des Wirtschaftszolls zu verwirklichen, den Sinn, den Reiseverkehr, d.h. die Begegnung von Menschen über die Grenzen hinweg, zu erleichtern, ihn von bürokratischen Einschränkungen freizuhalten und den Verkehr über die Grenze flüssig zu gestalten.

Gemäß dem zur Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides erhobenen § 174 Abs. 3 lit. d ZollG idF vor der Novelle BGBl. Nr. 663/1987, entstand die Zollschuld kraft Gesetzes u.a. für den, der eine ihm nach den §§ 14 Abs. 1, 30 bis 40 und 44 auferlegte Verpflichtung zur Verwendung der zollbegünstigten Waren zu einem bestimmten Zweck nicht erfüllte, hinsichtlich des unerhoben gebliebenen Zollbetrages.

Wenn nach den §§ 30 bis 40 ZollG die Zollfreiheit an eine bestimmte Verwendungspflicht der Ware geknüpft ist, so war diese nach § 29 Abs. 1 lit. c ZollG in der obzitierten Fassung u. a. als erfüllt anzusehen, wenn die Ware während eines Jahres nach der zollamtlichen Abfertigung zum freien Verkehr entsprechend der Zweckbestimmung verwendet worden ist.

Die Eingangsabgabenbefreiung nach § 34 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 2 ZollG wird unter der Bedingung gewährt, daß die das Reisegut bildenden Gegenstände von im Zollausland wohnhaften Reisenden vorübergehend zu ihrem persönlichen Gebrauch während der Reise in das Zollgebiet eingebracht werden.

"Vorübergehend" für den persönlichen Gebrauch "während der Reise" bedeutet nur den Zeitraum zwischen einer BESTIMMTEN Ein- und der darauffolgenden Ausreise (VwSlg. 3374/F und 5715/F).

Diese Tatbestandsmerkmale treffen bei dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt schon deshalb nicht zu, weil der streitverfangene Pelzmantel unbestrittenermaßen in der Zeit von September/Oktober 1985 bis zu seiner am 8. April 1988 bei der Freundin der Beschwerdeführerin, EK, erfolgten Beschlagnahme, sohin länger als zweieinhalb Jahre, im Zollgebiet belassen worden war. Damit wurde das Ziel der bedingten Zollfreiheit, der vorübergehende, eigene Gebrauch des Reiseguts durch den Reisenden im Zollgebiet, verfehlt. Eine derart lange, über drei Wintersaisonen währende Verwahrung eines teuren Pelzmantels bei einer Freundin im Zollgebiet (objektiver Umstand) stellt nach dem oben wiedergegebenen Befreiungsziel des Zollrechts keine der Zweckbestimmung des § 34 Abs. 1 ZollG entsprechende Verwendung (Gebrauch) iSd § 174 Abs. 3 lit. d ZollG dar und bestimmt das weitere Schicksal der nur bedingt eingeräumten Zollfreiheit. Denn durch das Entstehen der Zollschuld kraft Gesetzes - also ohne weiteren Rechtsakt - soll erreicht werden, daß - wie oben dargelegt - die zunächst bei der Einreise ex lege eintretende Eingangsabgabenfreiheit dann rückgängig gemacht wird, wenn die Verwendung (der Gebrauch) einer zollfreien Ware nicht der Begünstigung (dem Normzweck) entspricht.

Dazu kommt noch, daß die belangte Behörde in Übereinstimmung mit den Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer "eidesstättigen Erklärung" vom 19. April 1988 und jener ihrer Freundin EK vom 16. Mai 1988 die in der Beschwerde unbekämpfte Feststellung traf, der streitverfangene Pelzmantel sei von der Beschwerdeführerin keineswegs zu ihrem vorübergehenden persönlichen Gebrauch während des Zeitraumes zwischen einer bestimmten Ein- und der darauffolgenden Ausreise, sondern einzig und allein zum Zwecke seiner Ausbesserung in das Zollgebiet eingebracht worden. Durch diese von der Beschwerdeführerin nicht bestrittene und auf ihren eigenen Aussagen beruhende Feststellung ist aber bereits dargetan, daß für den streitverfangenen Pelzmantel die zollgesetzliche Stellungs- und Erklärungspflicht bestand (vgl. im Zusammenhang die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 1985, Zl. 84/16/0241, und vom 19. Februar 1987, Zl. 85/16/0074). Eine über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Interpretation des § 34 Abs. 1 ZollG - in dem Sinne etwa, daß der streitverfangene Pelzmantel, der im Herbst 1985 unbestrittenermaßen von der Beschwerdeführerin ausschließlich zum Zwecke seiner Ausbesserung ins Zollgebiet gebracht worden war, auch ihrem zum persönlichen Gebrauch während der konkreten Reise dienenden Reisegut zuzurechnen sei - verbietet sich schon deshalb, weil sonst § 67 Abs. 1 lit. i ZollG seine Bedeutung verlieren würde. Sieht doch diese Bestimmung ausdrücklich den Eingangsvormerkverkehr für Waren zur Ausbesserung vor. Ohne sichtbaren Grund kann dem Gesetzgeber nicht zugemutet werden, daß er überflüssige Bestimmungen normiert.

Feststellungen darüber, daß EK den streitverfangenen Pelzmantel im Zollgebiet tatsächlich im Zollgebiet durch Tragen gebraucht hätte und darin eine bestimmungswidrige Verwendung iSd § 174 Abs. 3 lit. d ZollG gelegen sei, hat die belangte Behörde, welchen Umstand der an Stelle der belangten Behörde ins Verfahren eingetretene Bundesminister für Finanzen mit seinen diesbezüglichen Ausführungen verkennt, nicht getroffen.

Bei dieser Sachlage ist es daher, welchen Umstand wiederum die Beschwerdeführerin verkennt, ohne rechtliche Relevanz, ob der Genannten von der Beschwerdeführerin ein Gebrauchsrecht eingeräumt wurde oder nicht.

Solcherart war es bei der wiedergegebenen Sach- und Rechtslage der belangten Behörde nicht als Verletzung des Gesetzes anzulasten, wenn sie die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung der "bestimmungswidrigen Verwendung" iSd § 174 Abs. 3 lit. d ZollG als gegeben annahm.

Damit erweist sich die diesbezügliche Rechtsrüge der Beschwerdeführerin als unbegründet. In Hinsicht darauf war es schon aus diesem Grunde entbehrlich, auf deren Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe es verabsäumt, die konkreten Umstände, insbesondere die vorgebrachte Häufigkeit der Reisebewegungen der Beschwerdeführerin bis zu ihrer am 10. Jänner 1987 erfolgten Eheschließung und auch in weiterer Folge besonders darzulegen, einzugehen.

Berechtigung kommt indes der Beschwerde im Ergebnis aus folgenden, von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemachten Gründen, hinsichtlich der Versagung der im Berufungsschriftsatz erstmals beantragten Zollfreiheit für den streitverfangenen Pelzmantel als Übersiedlungsgut bzw. als Ausstattungsgut zu.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz ZollG idF der Novelle BGBl. Nr. 663/1987 wird die Zollfreiheit nur auf Antrag gewährt. Zuständig sind, sieht man von den im § 29 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. taxativ aufgezählten Fällen ab, alle Zollämter. Da bei Zutreffen der in den §§ 36, 37 ZollG normierten Voraussetzungen auf die Zollfreiheit ein Rechtsanspruch besteht, darf, solange der Abgabenbehörde erster Rechtsstufe ein derartiger noch unerledigter Zollbefreiungsantrag vorliegt, die von dieser Behörde verfügte Zollfestsetzung im Rechtsmittelverfahren nicht bestätigt werden. Denn die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat gemäß § 280 BAO bei ihrer Entscheidung auf im Laufe des Berufungsverfahrens zur Kenntnis gelangtes neues Vorbringen - in entsprechender Würdigung (Beweiswürdigung, rechtliche Würdigung) - "Bedacht zu nehmen", also zu berücksichtigen. Es ist ihr aber rechtens verwehrt, im Berufungsverfahren über eine erstinstanzliche Zollfestsetzung ohne Bedachtnahme darauf zu entscheiden, daß der Abgabenbehörde erster Rechtsstufe erst im Berufungsschriftsatz gestellte Anträge auf Zollbefreiung nach den §§ 36, 37 ZollG vorlagen. Über derartige Anträge hat die Abgabenbehörde erster Instanz zu entscheiden (vgl. im Zusammenhang das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Oktober 1988, Zl. 88/16/0138).

Da die belangte Behörde die Rechtslage insoweit verkannte, war der angefochtene Bescheid, durch welchen die Beschwerdeführerin im Beschwerdepunkt in ihren Rechten verletzt wurde, weil im Zeitpunkt der angefochtenen Berufungsentscheidung Anträge auf Zollbefreiung nach den §§ 36, 37 ZollG vorlagen, wegen Untrennbarkeit des Abspruches zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung selbst konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat erfolgen.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Das Mehrbegehren ist abzuweisen, weil neben dem für Schriftsatzaufwand allein vorgesehenen PAUSCHbetrag ein Zuspruch für Umsatzsteuer im Gesetz nicht vorgesehen ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990160046.X00

Im RIS seit

27.09.1990

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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