TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/28 90/17/0164

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Veröffentlicht am 28.09.1990
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Index

L37014 Getränkeabgabe Speiseeissteuer Oberösterreich;
30/01 Finanzverfassung;

Norm

F-VG 1948 §8 Abs6;
GdGetränkesteuerG OÖ §1;
GdGetränkesteuerG OÖ §4 Abs1 idF 1988/022;
GdGetränkesteuerGNov OÖ 1988 Art2;

Betreff

A gegen Oberösterreichische Landesregierung betreffend Getränkesteuer (Die einzelnen Beschwerdefälle sowie die mitbeteiligten Gemeinden sind in der Kategorie BEACHTE näher beschrieben)

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 16.560,--, der mitbeteiligten Stadt Steyr Aufwendungen in der Höhe von S 30.330,-- und der mitbeteiligten Stadt Wels Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Bei der Erklärung der Getränkesteuer für die in den Filialen der beschwerdeführenden Partei verkauften Getränke brachte diese den auf den Wert der mitverkauften Verpackung entfallenden Anteil vom Entgelt in Abzug und errechnete die Getränkesteuer von dem in dieser Weise verminderten Entgeltbetrag. Dieser Rechtsstandpunkt wurde von den mitbeteiligten Gemeinden nicht geteilt.

Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinden wurde vielmehr für die oben genannten Bemessungszeiträume Getränkesteuer auch vom Wert der mitverkauften Getränkeverpackungen bemessen. Die entsprechenden Beträge wurden der beschwerdeführenden Partei zur Nachzahlung vorgeschrieben.

Die beschwerdeführende Partei erhob jeweils Vorstellung.

1.2. Mit den angefochtenen Bescheiden wies die Oberösterreichische Landesregierung diese Vorstellungen ab. Dies mit der sinngemäß gleichlautenden Begründung, gemäß § 4 Abs. 1 des Gemeinde-Getränkesteuergesetzes, LGBl. für Oberösterreich Nr. 15/1949 (im folgenden: OÖ Gd-GetrStG) in der Fassung der Gemeinde-Getränkesteuergesetznovelle 1988, LGBl. Nr. 22 (im folgenden: Oö Gd-GetrStGNov 1988), gelte als steuerpflichtiges Entgelt das dem Letztverbraucher in Rechnung gestellte Entgelt einschließlich des Wertes der mitverkauften Verpackung und Trinkhalme. Diese Bestimmung sei auf alle Sachverhalt anzuwenden, für die Verjährung gemäß § 152 OÖ LAO noch nicht eingetreten sei. Mit der Oö Gd-GetrStGNov 1988 habe der Oberösterreichische Landesgesetzgeber Getränkeverpackungen in die Bemessungsgrundlage der Getränkesteuer miteinbezogen. Die österreichische Verfassungsrechtsordnung kenne kein allgemeines Rückwirkungsverbot. Die genannte, rückwirkend in Geltung gesetzte Regelung, die offenbar verfassungskonform sei, müsse von der Behörde angewendet werden.

1.3. Gegen die angefochtenen Bescheide wurde zunächst der Verfassungsgerichtshof von der beschwerdeführenden Partei mit Beschwerde angerufen. Die Beschwerden wurden - teils nach Abweisung, teils nach Ablehnung ihrer Behandlung - dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.4. Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß der Bemessung der Getränkesteuer nur das dem Letztverbraucher für das Getränk in Rechnung gestellte Entgelt zugrundegelegt und der auf die mitverkaufte Verpackung entfallende Entgeltanteil aus der Bemessungsgrundlage ausgeschieden werde.

Die Frage der Verjährung, so bringt die beschwerdeführende Partei weiter vor, hätte einer Erörterung bedurft. Es hätte in einem Zwischenverfahren oder durch Erlassung eines Feststellungsbescheides als Vorfrage festgestellt werden müssen, ob und inwieweit im konkreten Falle Verjährung noch nicht eingetreten sei. Darüberhinaus müsse die Anordnung der rückwirkenden Anwendung einer Gesetzesnorm klar und ausdrücklich erfolgen und dürfe dem Gleichheitsgebot nicht widersprechen. Nach Art. II der OÖ Gd-GetrStGNov 1988 sei aber die geänderte Gesetzesbestimmung "nicht ohne weiteres rückwirkend bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder bei Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes anwendbar, sondern nur dann und insoweit als 'Verjährung noch nicht eingetreten ist'". Wenn demnach die belangte Behörde auf Grund der Novelle in unmittelbarer Anwendung der mit 1. April 1988 in Kraft getretenen Änderung des § 4 OÖ Gd-GetrStG eine Einbeziehung des auf die Verpackung entfallenden Entgeltteiles in die Bemessungsgrundlage billige, liege Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor. Auch hätte geprüft werden müssen, ob es sich um Wegwerfverpackungen oder unselbständige Gebrauchs- oder Verwendungsgegenstände gehandelt habe.

1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten, einschließlich der Verordnungsakten über die Ausschreibung von Getränkesteuer in den mitbeteiligten Gemeinden, vor und erstattete je eine Gegenschrift. Auch die mitbeteiligten Städte Steyr und Wels sowie die Stadtgemeinde Traun erstatteten Gegenschriften, in denen die beiden erstgenannten Städte Kostenersatzanträge stellten.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:

2.1. § 4 Abs. 1 zweiter und dritter Satz Oö Gd-GetrStG in der Fassung der Oö Gd-GetrStGNov 1988, lauten:

"Als steuerpflichtiges Entgelt gilt das dem Letztverbraucher in Rechnung gestellte Entgelt einschließlich des Wertes der mitverkauften Verpackung und Trinkhalme sowie der üblichen Beigaben, die herkömmlicherweise im Preis für das Getränk mitenthalten sind (z.B. Zucker und Milch im Kaffee, Zitrone im Tee usw.). Zum Entgelt gehört nicht die Umsatzsteuer, die Abgabe von alkoholischen Getränken, das Bedienungsgeld und die Gemeinde-Getränkesteuer."

Gemäß Art. II dieser Novelle tritt diese mit dem auf die Kundmachung im Landesgesetzblatt folgenden Monatsersten in Kraft. Die vorhin zitierte Bestimmung "ist jedoch auf alle Sachverhalte anzuwenden, für die Verjährung gemäß § 152 der O.ö. Landesabgabenordnung noch nicht eingetreten ist". Die Novelle 1988 ist am 1. April 1988 in Kraft getreten.

2.2.1. Die belangte Behörde hat für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Vorstellungsbescheide in ihren Gegenschriften nachstehende Argumente ins Treffen geführt:

"Durch die Gemeinde-Getränkesteuergesetznovelle 1988, LGBl. Nr. 22, wurde in die Bemessungsgrundlage neben dem Wert des Getränkes auch der Wert der Verpackung miteinbezogen. Dies bedeutet nach h. Ansicht, daß sich die Beschlüsse der Gemeinden auf Festsetzung der Getränkesteuer bei gesetzeskonformer Betrachtungsweise in gleicher Weise auf den gesetzlich umschriebenen Umfang der Bemessungsgrundlage (Getränkewert einschließlich Verpackungswert) beziehen. Dies wird insbesondere in jenen Fällen deutlich, in denen die Gemeinden in ihren Beschlüssen keine näheren Bestimmungen über die Bemessungsgrundlage erlassen, sondern lediglich im Rahmen des Voranschlages (§ 76 Abs. 4 O.ö. Gemeindeordnung 1979, LGBl. Nr. 119) die Höhe der Getränkesteuer festsetzen.

Der von der Gemeinde festgesetzte Prozentsatz bezieht sich daher auf den gesetzlich geregelten Entgeltsbegriff als Besteuerungsgrundlage. Zwischen jenen Fällen, in denen die Gemeinden nur den Steuerpozentsatz festsetzen und jenen, in denen im Gemeinderatsbeschluß in Wiederholung des Gesetzeswortlautes die Bemessungsgrundlage definiert wird, darf es nach h. Ansicht keinen Unterschied geben, weil solchen den Gesetzeswortlaut lediglich wiederholenden Verordnungsbestimmungen keine eigenständige normative Wirkung zukommt. Es ist somit davon auszugehen, daß der Beschluß des Gemeinderates auf Einhebung der Getränkesteuer stets auf jene Bemessungsgrundlage zu beziehen ist, wie sie das Gesetz beschreibt.

Zur Frage der rückwirkenden Besteuerung ist anzumerken, daß eine Rückwirkung von Verordnungen insoweit zulässig ist, als dies durch ein besonderes Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Eine solche Rückwirkung ist durch das O.ö. Gemeinde-Getränkesteuergesetz in der Fassung vom 28. Jänner 1988, LGBl. Nr. 22/1988, vorgesehen.

Hingegen erweist sich ein ausdrücklicher Gemeinderatsbeschluß hinsichtlich der Einhebung der Steuer auf Speieeis und Bier deshalb als notwendig, weil sich die Einhebung einer Steuer auf Speiseeis und Bier nicht auf § 1 des Gemeinde-Getränkesteuergesetzes stützt, vielmehr werden die Gemeinden auf Grund des § 15 Abs. 3 Finanzausgleichsgesetz 1985 (jetzt 1989) ermächtigt, durch Beschluß der Gemeindevertretung diese Abgaben vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben. Wenn hingegen die Gemeinden im Rahmen der Beschlußfassung des Voranschlages die Steuerhebesätze beschließen, ist die Gemeinde-Getränkesteuer in Höhe von 10 % des Entgeltes für die Getränke einzuheben und es ist von diesem Beschluß auch die Einhebung auf die Verpackung erfaßt, weil die Verpackung durch die Novelle 1988 zur Steuerbemessungsgrundlage gehört und somit Teil des steuerpflichtigen Entgelts ist.

Die Beschlüsse der Gemeinden auf Festsetzung der Getränkesteuer, welchen der Rechtscharakter von Rechtsverordnungen zukommt, beziehen sich, wie schon erwähnt, auf die gesamte Bemessungsgrundlage und nicht etwa auf einzelne Komponenten. Wenn nun die Bemessungsgrundlage durch Änderung des Gemeinde-Getränkesteuergesetzes ausgeweitet wird, so ist von einer solchen Ausweitung offenbar auch der entsprechende Gemeinderatsbeschluß miterfaßt, weil sich nach h. Ansicht aus der gesetzlichen Kompetenznorm eine materiell-rechtliche Bindung der Verordnung ergibt. Durch die Gemeinde-Getränkesteuergesetznovelle 1988 wurde die Bemessungsgrundlage auf den Wert der Verpackung ausgedehnt; somit ist auch den Beschlüssen der Gemeinden auf Festsetzung der Getränkesteuer eine solche inhaltliche Ausdehnung beizumessen. Durch die erfolgte Rückwirkung dieser Novelle kommt diesen Beschlüssen der Gemeinden in Bezug auf die Bemessungsgrundlage ebenso eine Rückwirkung zu. Daß diese Rückwirkung verfassungsrechtlich zulässig ist, hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. März 1990, G 283/89-13 bis G 309/89-18 ausgesprochen."

2.2.2. Daß die von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung unzutreffend ist und die Oö Gd-GetrStGNov 1988 hinsichtlich des neuen Abgabentatbestandes, sowohl was die Regelung für die Zukunft als auch die Erfassung von in der Vergangenheit verwirklichten Sachverhalten anlangt, für den Abgabepflichtigen nicht unmittelbar verbindlich und für die Vollziehung durch individuelle Verwaltungsakte nicht unmittelbar anwendbar ist, sondern die neue Abgabe der Ausschreibung durch Verordnung der hebeberechtigten Gemeinde bedarf, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 90/17/0162 und Folgezahlen, ausgesprochen und begründet.

2.3. Die vorliegenden Beschwerdefälle unterscheiden sich jedoch von den dem eben genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Fällen dadurch, daß die hier mitbeteiligten Gemeinden Verordnungen auf dem Boden und entsprechend der Oö Gd-GetrStGNov 1988 erlassen haben. Nach den Verordnungsakten sind sämtliche dieser Verordnungen im Jahr 1988 in Kraft getreten.

Daraus folgt, daß für sämtliche von den gegenständlichen Abgabenbescheiden betroffenen Bemessungszeiträume (der älteste herangezogene Zeitraum ist das Jahr 1983) im maßgebenden Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnungen im Jahr 1988 nach der Berechnungsregel des § 152 Oö LAO Verjährung noch nicht eingetreten gewesen wäre, wenn der neue Steuertatbestand betreits für das Jahr 1983 in Kraft gestanden wäre. Zur näheren Begründung dieses Ergebnisses sowie zur Widerlegung des sonstigen Beschwerdevorbringens wird unter Bezugnahme auf § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1990, Zl. 90/17/0220, dem eine durch die Linzer Getränkesteuerverordnung aus 1988 gedeckte Getränkesteuervorschreibung für die Jahre 1983 bis 1988 zugrunde lag und das sich mit dem völlig gleichartigen Beschwerdevorbringen der auch nunmehr beschwerdeführenden Partei auseinanderzusetzen hatte, verwiesen.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4, 5 und 7 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst, BGBl. Nr. 206/1989.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990170164.X00

Im RIS seit

15.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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