TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/2 90/11/0140

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Veröffentlicht am 02.10.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §38;
AVG §69 Abs1 litc;
KFG 1967 §73;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des W gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 31. Jänner 1990, Zl. 420.702/1-IV/2/90, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens in Angelegenheit Kraftfahrwesen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Oktober 1989, Zl. 89/11/0131, wurde die gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. März 1989, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers, erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Im Hinblick darauf, daß dieser auf mangelnde Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers gegründeten Entziehungsmaßnahme u.a. eine am 26. Juni 1987 begangene Übertretung nach (§ 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit) § 5 Abs. 1 StVO 1960 zugrunde lag und der diesbezüglich im Verwaltungsstrafverfahren ergangene Bescheid der Wiener Landesregierung vom 29. November 1988 mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0020, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde, begehrte der Beschwerdeführer mit Antrag vom 25. August 1989 die Wiederaufnahme des Entziehungsverfahrens. Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 31. Jänner 1990 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 12. Juni 1990, B 396/90, nach Ablehnung ihrer Behandlung abgetretene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 69 Abs. 1 lit. c AVG 1950 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

Die Frage, ob der Beschwerdeführer (auch) am 26. Juni 1987 eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat, stellte bei Erlassung des Entziehungsbescheides vom 15. März 1989 eine Vorfrage gemäß § 38 AVG 1950 dar, die - wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 17. Oktober 1989 ausgesprochen hat - für den Landeshauptmann von Wien auf Grund des vorangegangenen rechtskräftigen Strafbescheides vom 29. November 1988 bindend gelöst war. Mit der Aufhebung des Strafbescheides mit Erkenntnis vom 7. Juli 1989 wurde - entgegen der offenbaren Ansicht des Beschwerdeführers - diese Vorfrage, unabhängig von der Begründung des Erkenntnisses, nicht im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. c AVG 1950 "von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden", sondern nur der Strafbescheid aus dem Rechtsbestand beseitigt, und es oblag daraufhin dem Landeshauptmann von Wien als der hiefür zuständigen Behörde, in der betreffenden Angelegenheit neuerlich über die Strafberufung des Beschwerdeführers (wenn auch nunmehr unter Beachtung der Bestimmung des § 63 Abs. 1 VwGG) zu entscheiden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in gleichartigen Fällen nicht, und zwar auch nicht in den in der Beschwerde zitierten Erkenntnissen vom 27. Februar 1980, Zlen. 3007, 3068/79, und vom 16. Juni 1987, Zl. 87/11/0113, zum Ausdruck gebracht, daß der betreffende Wiederaufnahmsgrund schon unmittelbar auf Grund des aufhebenden Erkenntnisses und nicht erst auf Grund des dadurch notwendig werdenden, ihm nachfolgenden Verwaltungsaktes der hiefür zuständigen Behörde gegeben sei. Auch in dem die gegenständliche Entziehungsmaßnahme betreffenden Erkenntnis vom 17. Oktober 1989 hat der Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang bei einleitender Wiedergabe seiner Judikatur lediglich bemerkt, daß bei Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Entziehungsbescheides allenfalls nach dessen Erlassung eintretende Änderungen, wie die Aufhebung des im Verwaltungsstrafverfahren ergangenen, die Vorfrage lösenden Berufungsbescheides, keine Berücksichtigung finden können, sondern nur in einem späteren Wiederaufnahmeverfahren gemäß § 69 Abs. 1 lit. c AVG 1950 von Bedeutung sein könnten; dahingehend, daß bereits die bloße Aufhebung des Strafbescheides einen geeigneten Wiederaufnahmsgrund bildet, wurde darin keine Aussage getroffen.

Wie aus der Beschwerde weiters hervorgeht, hat auch die Wiener Landesregierung in der Folge auf Grund des aufhebenden Erkenntnisses vom 29. November 1988 mit Ersatzbescheid vom 17. August 1989 das Verwaltungsstrafverfahren mit der Begründung, es sei Verfolgungsverjährung eingetreten, gemäß § 45 Abs. 1 lit. c VStG 1950 eingestellt. Damit ist aber für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, weil auf diese Weise über die genannte Vorfrage gar keine Entscheidung getroffen wurde und demnach auch keine anderslautende Vorfragenentscheidung im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. c AVG 1950 vorliegt (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1987, Slg. Nr. 12555/A, und sein Erkenntnis vom 17. Jänner 1989, Zl. 88/11/0261). Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens auf Grund eines Umstandes, der die Verfolgung ausschließt, bedeutete nicht, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Übertretung nicht begangen hat. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt zwar nicht, daß dieses Ergebnis vom Standpunkt des Rechtsschutzbedürfnisses her höchst unbefriedigend ist; doch läge es am Gesetzgeber, die bestehende Rechtslage - der zufolge im Katalog der Wiederaufnahmsgründe gemäß § 69 Abs. 1 AVG 1950 der bloße Wegfall einer die Behörde bindenden Vorfragenentscheidung (ohne daß darin schon eine anderslautende Entscheidung liegt) nicht enthalten ist - zu ändern.

Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990110140.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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