TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/9 90/11/0098

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Veröffentlicht am 09.10.1990
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §64 Abs5;
KFG 1967 §64 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des S gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 7. März 1990, Zl. I/7-St-S-89187, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Versagung einer österreichischen Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 7. März 1990 wurde

1. der Antrag des Beschwerdeführers vom 20. November 1989 auf "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich des Antrages auf Ausstellung einer österreichischen Lenkerberechtigung" gemäß § 71 AVG 1950 zurückgewiesen und 2. der Antrag des Beschwerdeführers vom 5. September 1989 auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung auf Grund seiner tschechoslowakischen Lenkerberechtigung (für Kfz der Gruppe B) gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

ZUM ANTRAG AUF WIEDEREINSETZUNG IN DEN VORIGEN STAND:

Die belangte Behörde begründete die Zurückweisung dieses Antrages damit, daß § 64 Abs. 6 KFG 1967 eine Frist für die Stellung eines Antrages nicht vorsehe. Der Beschwerdeführer könne daher eine Antragsfrist gar nicht versäumt haben. Da es demnach der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht bedürfe, sei der darauf abzielende Antrag unzulässig.

Die Beschwerde läßt nicht erkennen, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer der Ansicht ist, ein Antrag nach § 64 Abs. 6 KFG 1967 sei innerhalb einer bestimmten Frist einzubringen. Den weitwendigen Beschwerdeausführungen ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer aus der Begründung des (seinen Antrag vom 5. September 1989 abweisenden) Bescheides der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 7. November 1989 den Schluß gezogen hat, er habe seinen Antrag verspätet, weil erst nach Ablauf eines Jahres ab Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich (mit 20. Juni 1988, dem Tag seiner Einreise als politischer Flüchtling nach Österreich), eingebracht. In dieser Ansicht bestärkt wurde er durch den Bescheid der Erstbehörde vom 12. Februar 1990, mit dem sein Antrag auf Wiedereinsetzung mit der Begründung zurückgewiesen wurde, die sich aus § 64 Abs. 5 und 6 KFG 1967 ergebende Einjahresfrist zur Stellung eines Antrages gemäß § 64 Abs. 6 leg. cit. sei keine verfahrensrechtliche, sondern eine materiell-rechtliche Frist; außerdem habe der Beschwerdeführer den Antrag auf Wiedereinsetzung verspätet gestellt.

Gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist.

Gemäß § 64 Abs. 6 ist Besitzern einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung auf Antrag insoweit ohne Ermittlungsverfahren eine Lenkerberechtigung mit dem gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, als auf Grund der Vorschriften des Staates, in dem die ausländische Lenkerberechtigung erteilt wurde, bei der Erteilung einer Lenkerberechtigung auf Grund einer österreichischen Lenkerberechtigung von der Feststellung der im Abs. 2 angeführten Voraussetzungen abzusehen ist. Diesem Antrag darf nur stattgegeben werden, wenn der Antragsteller seit länger als sechs Monaten seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat und glaubhaft macht, daß er auf Grund der im Ausland erteilten Lenkerberechtigung seit mindestens einem Jahr Kraftfahrzeuge der Gruppe gelenkt hat, für die die Lenkerberechtigung erteilt wurde, und wenn bei ihm keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit (§ 66), der geistigen und körperlichen Eignung und der fachlichen Befähigung bestehen.

Aus diesen Bestimmungen läßt sich eine Frist, innerhalb deren ein Antrag auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung auf Grund einer im Ausland erteilten gestellt werden müßte, nicht ableiten. Daher ist ein solcher erst nach Ablauf der Einjahresfrist des § 64 Abs. 5 KFG 1967 gestellter Antrag nicht etwa wegen Fristversäumung zurückzuweisen; eine andere, hier nicht zu erörternde Frage ist, ob und unter welchen Voraussetzungen ein allenfalls erst geraume Zeit später gestellter Antrag Aussicht auf Erfolg hat.

Da das Gesetz eine Frist für die Stellung eines Antrages gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 nicht vorsieht, hat die belangte Behörde zu Recht die Zulässigkeit des Antrages auf Wiedereinsetzung verneint, setzt doch die Anwendung des Rechtsinstitutes der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist (§ 71 Abs. 1 erster Fall AVG 1950) begriffsnotwendig die Versäumung einer Frist voraus. Den diesbezüglichen Verfahrensrügen kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, weil sie von der - wie dargetan unzutreffenden - Annahme der Versäumung einer Frist ausgehen.

ZUR VERSAGUNG EINER ÖSTERREICHISCHEN LENKERBERECHTIGUNG:

Diese Entscheidung begründete die belangte Behörde damit, daß der Beschwerdeführer nicht einmal die Behauptung aufgestellt, geschweige denn glaubhaft gemacht habe, auf Grund seiner tschechoslowakischen Lenkerberechtigung seit mindestens einem Jahr Kraftfahrzeuge der Gruppe B gelenkt zu haben.

Der Beschwerdeführer meint, er habe bereits in seiner Berufung vom 20. November 1989 die Rechtsansicht vertreten, es genüge ein Lenken von Kraftfahrzeugen im Ausland auf Grund der ausländischen Lenkerberechtigung, eine inländische Fahrpraxis sei nicht erforderlich, und er habe damit auch das Vorliegen einer ausreichenden ausländischen Fahrpraxis "schlüssig zum Ausdruck gebracht". Die Behörden hätten ihm kein Parteiengehör gewährt und es unterlassen, das Ermittlungsergebnis zu ergänzen und die notwendigen Tatsachenfeststellungen zu treffen. Die Erstbehörde habe ihre Manuduktionspflicht verletzt, indem sie den (damals noch unvertretenen) rechtsunkundigen und der deutschen Sprache nur mangelhaft mächtigen Beschwerdeführer nicht zur entsprechenden Ergänzung seines Antrages aufgefordert habe.

Der Beschwerdeführer ist damit nur insofern im Recht, als es im gegebenen Zusammenhang nicht darauf ankommt, ob das gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 glaubhaft zu machende Lenken von Kraftfahrzeugen im In- oder im Ausland erfolgt ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1985, Zl. 83/11/0163). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß aber das glaubhaft zu machende Lenken von Kraftfahrzeugen im Zeitraum eines Jahres rückgerechnet vom Zeitpunkt der Antragstellung liegen, und sind weiter zurückliegende Lenkzeiten nicht zu berücksichtigen. Das glaubhaft gemachte Lenken muß berechtigterweise erfolgt sein. Schließlich ist ein bloß gelegentliches Lenken nicht als ausreichend anzusehen (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 16. Oktober 1985, Zl. 83/11/0163, Rechtssätze daraus in Slg. Nr. 11912/A, und vom 23. Jänner 1987, Zl. 86/11/0080).

Der Beschwerdeführer hat, wie die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der Aktenlage festgestellt hat, nicht einmal behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht, auf Grund seiner tschechoslowakischen Lenkerberechtigung im Jahr vor der Antragstellung Kraftfahrzeuge der Gruppe B gelenkt zu haben. Selbst in seiner Berufung findet sich kein diesbezügliches konkretes Vorbringen, obwohl der Beschwerdeführer zu dieser Zeit bereits anwaltlich vertreten war und sein Antrag von der Erstbehörde mit der Begründung abgewiesen worden war, der Beschwerdeführer habe zwar eine Bestätigung über den Besitz einer tschechoslowakischen Lenkerberechtigung beigebracht, jedoch keinen Nachweis über eine entsprechende Fahrpraxis vorgelegt. Mit dem Vorbringen, er habe in seiner Berufung vom 20. Oktober 1989 "schlüssig behauptet", auf Grund seiner tschechoslowakischen Lenkerberechtigung KFZ im Ausland in ausreichendem Ausmaße gelenkt zu haben, meint der Beschwerdeführer offenbar eine vor seiner Einreise nach Österreich gelegene Fahrpraxis. Sie ist aber im Lichte der dargelegten Rechtslage unbeachtlich. In Anbetracht des gänzlichen Fehlens eines konkreten Vorbringens über eine im Jahr vor der Antragstellung erworbene Fahrpraxis des Beschwerdeführers auf Grund seiner ausländischen Lenkerberechtigung hat die belangte Behörde den Antrag vom 5. September 1989 zu Recht abgewiesen. Im Hinblick auf dieses Ergebnis erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den Verfahrensrügen des Beschwerdeführers.

Die Beschwerde erweist sich zur Gänze als unbegründet und ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990110098.X00

Im RIS seit

19.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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