TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/18 90/16/0047

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Veröffentlicht am 18.10.1990
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;
98/01 Wohnbauförderung;

Norm

ABGB §7;
B-VG Art116 Abs2;
B-VG Art17;
GGG 1984 §1 Abs1;
GGG 1984 §10 Z2;
WFG 1968 §35 Abs3;
WFG 1984 §10 Abs5;
WFG 1984 §53 Abs3;

Betreff

Stadtgemeinde A gegen Präsidenten des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 1. März 1989, Zl. Jv 6226 - 33a/88, betreffend Gerichtsgebühren

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten ergibt sich - in Übereinstimmung mit dem gemäß § 28 Abs. 1 Z. 3 VwGG in der Beschwerde dargestellten Sachverhalt - im wesentlichen folgendes:

Die beschwerdeführende Gemeinde (in der Folge: Beschwerdeführerin) hatte ihre Liegenschaft ... mit dem Baurecht für eine gemeinnützige Bau- und Wohnungsgenossenschaft (in der Folge: Bauberechtigte) belastet.

Laut "Schuldschein" vom 31. August/27. September 1988 hatte die Beschwerdeführerin der Bauberechtigten ein Darlehen in Geld zur Errichtung von 114 Wohneinheiten auf der erwähnten Liegenschaft gegeben.

Für die Errichtung dieser Wohneinheiten lag lediglich ein Finanzierungsplan der Beschwerdeführerin vor, weshalb es auch keine schriftliche Zusicherung der zuständigen Landesregierung (im Sinn des § 28 Abs. 4 WFG 1968 bzw. des § 41 Abs. 1 WFG 1984) gab und gibt.

Am 3. Oktober 1988 langte beim zuständigen Bezirksgericht (in der Folge: BG) der Antrag der Beschwerdeführerin vom 29. September 1988 ein, für die erwähnte Darlehensforderung in der betreffenden Baurechtseinlage das Pfandrecht einzuverleiben.

Mit Beschluß des BG vom 4. Oktober 1988 war dieses Gesuch bewilligt und die beantragte Eintragung am 5. Oktober 1988 in der Baurechtseinlage vollzogen worden.

Im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren - der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluß vom 26. September 1989, B 525/89-3, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten - ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (im Sinn der belangten Behörde) für die hier in Rede stehende Grundbuchseintragung Gerichtsgebühren gemäß TP 9 C. lit. b) Z. 4 des nach § 1 Abs. 1 GGG einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs zu entrichten sind oder (wie die Beschwerdeführerin vermeint) auf Grund der in der Folge zur erörternden Befreiungsbestimmungen nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf Grund des § 60 Abs. 8 erster Halbsatz WFG 1984 (auch unter Bedachtnahme auf Art. II Abs. 1 Z. 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1987, BGBl. Nr. 640) sind Bauvorhaben, für die eine schriftliche Zusicherung gemäß § 28 Abs. 4 WFG 1968 vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes - das ist nach § 60 Abs. 1 WFG 1984 der 1. Jänner 1985 - erteilt wurde, die Vorschriften des WFG 1968 weiterhin anzuwenden.

Bereits mangels einer derartigen Zusicherung kommt im vorliegenden Fall eine Gerichtsgebührenbefreiung auf Grund des § 35 Abs. 3 WFG 1968 nicht in Betracht.

Die Beschwerdeführerin, die für die hier in Rede stehende Grundbuchseintragung Gebührenfreiheit unter Hinweis auf § 53 Abs. 2 WFG 1984 in Anspruch nahm, übersah, daß nach dieser Gesetzesstelle nur eine Befreiung von den Stempel- und Rechtsgebühren vorgesehen ist. Gemäß der für den vorliegenden Fall im wesentlichen im Verhältnis zu § 35 Abs. 3 WFG 1968 gleichlautend formulierten Bestimmung des § 53 Abs. 3 WFG 1984 (in der hier maßgebenden Fassung vor Art. II lit. a des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1990, BGBl. Nr. 460) sind zwar "... die grundbücherlichen Eintragungen zur pfandrechtlichen Sicherstellung von Darlehen und Krediten, die zur Finanzierung der nach diesem Bundesgesetz geförderten Bauvorhaben erforderlich sind," von den Gerichtsgebühren befreit. Damit ist aber für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts gewonnen, weil in ihrem Fall das Tatbestandsmerkmal "zur Finanzierung der nach diesem Bundesgesetz geförderten Bauvorhaben" nicht verwirklicht ist. Nicht nur auf Grund des klaren Wortlautes des § 1 Abs. 1 erster Halbsatz WFG 1984, sondern auch nach Wortlaut und Sinn aller anderen Bestimmungen des WFG 1984 über die u.a. IN DER GEWÄHRUNG VON DARLEHEN BESTEHENDEN FÖRDERUNG des Wohnbaues ergibt sich nämlich, daß die Länder (und nicht die GemeindenÜ) ihn auf diese Art zu FÖRDERN haben.

Die Beschwerdeführerin stützte sich erstmals in ihrem Berichtigungsantrag - grundsätzlich noch rechtzeitig (siehe z. B. das in gleicher Weise wie die in der Folge zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführte Erkenntnis vom 8. Februar 1990, Zl. 89/16/0006, mit weiterem Hinweis) - auch auf § 10 Abs. 5 WFG 1984 (Abs. 1 bis 4 dieses Paragraphen entfielen durch Z. 1 des V. Abschnittes des Bundesgesetzes vom 24. November 1987, BGBl. Nr. 607), weil sie die Auffassung vertrat und vertritt, danach sei sie berechtigt und verpflichtet, anstelle des Landes den Wohnbau durch Darlehen zu fördern.

Nun soll nach § 10 Abs. 5 WFG 1984 Gemeinden die Errichtung GEFÖRDERTER WOHNUNGEN insbesondere dadurch unterstützen, daß sie Baugrundstücke preisgünstig an Förderungswerber verkaufen oder das Baurecht an Baugrundstücken gegen Entrichtung eines niedrigen Bauzinses einräumen oder zu den Aufschließungskosten oder Anliegerleistungen beitragen. Diese Angelegenheiten der Gemeinde sind solche des eigenen Wirkungsbereiches.

Schon der klare Wortlaut dieser Bestimmung läßt eine Auslegung im Sinn der Beschwerdeführerin nicht zu, weil diese UNTERSTÜTZUNG nicht mit der FÖRDERUNG des Wohnbaues durch Darlehen verwechselt werden kann und darf.

Diese Förderung zählt daher weder zu den Aufgaben einer Gemeinde, die der Hoheitsverwaltung zuzurechnen sind, noch kann die Darlehenshingabe einer Gemeinde zur Förderung des Wohnbaues jenem - dem öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis zuzurechnenden - Teil der Privatwirtschaftsverwaltung zugerechnet werden, der in Ausführung einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgt (siehe zu diesem Teil der Privatwirtschaftsverwaltung z.B. das Erkenntnis vom 18. April 1990, Zl. 89/16/0154, mit weiterem Hinweis).

Die Beschwerdeführerin scheint bei ihrer - unzutreffenden - Auslegung des § 10 Abs. 5 WFG 1984 schließlich noch folgendes zu übersehen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. das Erkenntnis vom 8. März 1990, Zl. 89/16/0117, mit weiterem Hinweis) knüpft die Gerichtsgebührenpflicht bewußt an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Es geht auch nicht an, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen.

Auf Grund vorstehender Ausführungen kommt hier auch eine Anwendung des § 10 Z. 2 GGG - danach sind u.a. Gemeinden im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises von der Zahlung der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit - nicht in Betracht.

Die vorliegende Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG durch den nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990160047.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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