TE Vwgh Beschluss 1990/10/18 AW 90/04/0085

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Veröffentlicht am 18.10.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §13;
GewO 1973 §87 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des

N der gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 31. Juli 1990, Zl. 312.674/6-III/4/90, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigungen, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 31. Juli 1990 wurden dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigungen für "den Landmaschinenverleih und den Landesproduktenhandel im Standort R 33 gemäß den §§ 13 Abs. 3 und 4 und 87 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1973 entzogen". Zur Begründung wurde - neben Darstellung der Rechtslage - ausgeführt, mit den Beschlüssen 2Nc 361/85, 2Nc 253/86, 492/86, 226 und 227/87 sowie 198/88 des Kreisgerichtes Z seien Anträge, über das Vermögen des Beschwerdeführers den Konkurs zu eröffnen, mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden. Wohl im Sinne einer Verursachung der für seine Insolvenz kausalen wirtschaftlichen Notlage durch strafgesetzwidrige Handlungen Dritter habe der Beschwerdeführer vorgebracht, im Jahre 1978 sei sein Anwesen infolge Heuselbstentzündung zur Gänze niedergebrannt. Der Schaden habe 3 bis 3,3 Mio Schilling betragen. Ein Sachverständiger habe jedoch die Brandursache nicht feststellen können, weil die Brandstelle noch zu heiß gewesen sei und Trümmer "kreuz und quer gelegen" seien. In weiterer Folge sei der Beschwerdeführer vom Kriminalbeamten "durch gesetzwidrige Handlungen" zu einem Geständnis verhalten und auf Grund dieses Umstandes unschuldig verurteilt worden; der Beschwerdeführer spiele hier offensichtlich auf seine Verurteilung durch das Kreisgericht Z vom 12. März 1979, Zl. 12 Vr 1.107/78, HV 36/78, wegen Übertretung des § 169 Abs. 1 sowie § 15 in Verbindung mit §§ 146 und 147 Abs. 3 StGB an. Da das gegenständliche Gewerbeentziehungsverfahren jedoch "auf die Insolvenztatbestände des § 13 Abs. 3 und 4 GewO 1973 und nicht die Straftatbestände des § 13 Abs. 1 leg. cit. gestützt" sei, könne diese Vorstrafe des Beschwerdeführers (sowie die weiteren) im gegebenen Zusammenhang außer Betracht bleiben. Eine im Sinne des § 13 Abs. 3 letzter Halbsatz GewO 1973 qualifizierte Verursachung seiner Insolvenz durch strafgesetzwidrige Handlungen Dritter vermöge der Beschwerdeführer durch dieses Vorbringen jedoch nicht darzutun:

Zunächst sei festzuhalten, daß der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben (wegen Brandstiftung) rechtskräftig verurteilt worden sei; es handle sich somit im gegenständlichen Fall nicht um die strafgesetzwidrige Handlung eines Dritten. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde in diesem Zusammenhang jedenfalls an die Tatsachenfeststellungen des Strafgerichtes, das den Beschwerdeführer als Täter angesehen habe, gebunden sei, gehe auch das nunmehrige Vorbringen, es habe sich um Heuselbstentzündung gehandelt, ins Leere, weil diesfalls ja wohl überhaupt keine strafbare Handlung im Hinblick auf den Brandschaden vorläge. Daran vermöge auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei "durch gesetzwidrige Handlungen" von Kriminalbeamten zu einem Geständnis (wohl in Sachen Brandstiftung) gezwungen worden, schon deshalb nichts zu ändern, weil selbst die "Erpressung" eines Geständnisses an sich keine vermögenswerte Schädigung darstelle und es im übrigen in Anbetracht des strafrechtlichen Grundsatzes der materiellen Wahrheitsfindung durchaus möglich gewesen wäre, das Geständnis im Zuge der Gerichtsverhandlung zu widerrufen. Darüber hinaus dürfe nicht außer acht gelassen werden, daß der relevierte Brandschaden nach Angaben des Beschwerdeführers im Jahre 1978 eingetreten sei, der erste der erwähnten Konkursanträge jedoch erst am 5. Dezember 1985 abgewiesen worden sei. Ob schon die belangte Behörde nicht verkenne, daß der behauptete Verlust in Höhe von 3 bis 3,3 Mio Schilling an sich geeignet wäre, die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers nachhaltig zu beeinträchtigen, könnte in Anbetracht des Zeitablaufes von einer Kausalität des Brandschadens für die spätere Insolvenz nicht ausgegangen werden. Im Zuge des nunmehrigen Ermittlungsverfahrens seien zunächst die Beitragsrückstände bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erhoben worden. Diese habe mit Schreiben vom 19. Jänner 1990 einen Beitragsrückstand in Höhe von S 91.738,74 (ohne Verzugszinsen) bekanntgegeben; eine Ratenvereinbarung bestehe nicht und erscheine auch im Hinblick auf bereits mehrmals nicht eingehaltene Zahlungsversprechungen nicht als zielführend. Ferner seien ein Auszug aus den Exekutionsakten des Bezirksgerichtes A (samt Namen der Gläubiger und Höhe der betriebenen Forderungen, insgesamt über 1 Mio Schilling) beigeschafft worden. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 24. April 1990 seien die Ermittlungsergebnisse dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und dieser darüber belehrt worden, daß - sollte ein Interesse der Gläubiger am Fortbestand der Gewerbeberechtigungen gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1973 behauptet werden - bereits im Zuge der Stellungnahme allfällige Zahlungen auf die aus dem Vorhalt ersichtlichen Forderungen urkundlich (durch Zahlscheine, Quittungen usw.) nachzuweisen und diese Belege der Stellungnahme als Beilagen anzuschließen wären, widrigenfalls ein derartiges Vorbringen nicht berücksichtigt werden könnte. Trotz dieser Belehrungen seien mit Schriftsatz vom 20. Mai 1990 keinerlei Zahlungsbelege beigebracht worden. Es seien lediglich eine Reihe von Zahlungen bzw. Ratenvereinbarungen behauptet worden. Von diesem Vorbringen seien Forderungen in Höhe von rund S 300.000,-- erfaßt. Folge man dem Vorbringen des Beschwerdeführers (trotz fehlender Beweismittel), so bedeute dies indes, daß weit mehr als die Hälfte der vorgehaltenen Verbindlichkeiten weiterhin ungeregelt aushafteten. Unberücksichtigt könnten in diesem Zusammenhang die vom Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren bzw. in der nunmehrigen Berufung bekanntgegebenen (überdies bestehenden) Kreditverbindlichkeiten in Höhe von S 500.000,-- bleiben. In Anbetracht dieses (selbst unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers) ungeregelten Schuldenstandes bestehe kein Grund zur Annahme, der Beschwerdeführer werde angesichts seiner wirtschaftlichen Lage den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten in Hinkunft nachkommen können. Es bestehe keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß dieser über die erforderlichen liquiden Mittel verfüge. Es sei daher das Vorliegen eines vorwiegenden Interesses der Gläubiger an einer weiteren Gewerbeausübung zu verneinen. Bei dieser Sach- und Rechtslage sei es nicht möglich gewesen, von der Entziehung der Gewerbeberechtigungen Abstand zu nehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zu hg. Zl. 90/04/0250 protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung hiefür wird ausgeführt, es bedürfe nicht vieler Worte, daß die sofortige Entziehung der Gewerbeberechtigungen "glattwegs" den Existenzverlust des Beschwerdeführers bedeuten würde. Zudem würde die sofortige Gewerbeentziehung den Gläubigern des Beschwerdeführers zum Schaden gereichen. Der Beschwerdeführer könnte in seinem Alter "natürlich nicht so eine unselbständige Arbeit finden", um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 VwGG seien daher eindeutig gegeben. Durch die sofortige Gewerbeentziehung würde ein nicht wiedergutzumachender Schaden eintreten. Öffentliche Rücksichten gebieteten keinesfalls die sofortige Gewerbeentziehung.

Die belangte Behörde brachte in ihrer Äußerung zum Aufschiebungsantrag des Beschwerdeführers unter anderem vor, bei der Schaffung der Bestimmungen über die Entziehung einer Gewerbeberechtigung aus Insolvenzgründen habe der Gesetzgeber offensichtlich im Auge gehabt, der Gewerbebehörde die Möglichkeit zu geben, eine sich zum Schaden anderer Personen und damit der Volkswirtschaft auswirkende Gewerbeausübung zu unterbinden. Sohin stünden nach Ansicht der belangten Behörde zwingende öffentliche Interessen der Gewährung der aufschiebenden Wirkung entgegen, weil auf Grund des vom Beschwerdeführer zugestandenen und bereits der nunmehr angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes nicht nur keine erhebliche Verminderung des gesamten Schuldenstandes angenommen werden könne, sondern vielmehr bei Ausübung des verfahrensgegenständlichen Gewerbes ein weiteres Anwachsen der Verbindlichkeiten zu befürchten sei.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde betreffenden Verfahren die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Auch vermag er die im angefochtenen Bescheid enthaltenen, bei der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde angestellten Erwägungen in diesem Provisorialverfahren nicht etwa von vornherein als unschlüssig zu erkennen. Damit hat aber der Verwaltungsgerichtshof zunächst entsprechend der sachverhaltsbezogenen Annahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid davon auszugehen, daß die Tatbestandsmerkmale des bezogenen Entziehungsgrundes in Ansehung der Gewerbeberechtigungen des Beschwerdeführers gegeben sind. Bei dieser Sach- und Rechtslage hatte daher der Verwaltungsgerichtshof unter weiterer Berücksichtigung der auch nach dem Vorbringen im Aufschiebungsantrag nicht auszuschließenden Gefahr, daß für den Fall einer weiteren Ausübung der in Rede stehenden Gewerbe finanzielle Verbindlichkeiten nicht rechtzeitig erfüllt werden könnten, vom Zutreffen des gemäß § 30 Abs. 2 VwGG rechtserheblichen Tatbestandes zwingender öffentlicher Interessen auszugehen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen (vgl. hiezu u.a. den hg. Beschluß vom 11. September 1989, Zl. AW 89/04/0039). Im Hinblick darauf war nicht zu prüfen, ob mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden ist.

Aus den dargelegten Gründen war dem Antrag nicht stattzugeben.

Schlagworte

Interessenabwägung Unverhältnismäßiger Nachteil Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:AW1990040085.A00

Im RIS seit

18.10.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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