TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/19 87/17/0258

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Veröffentlicht am 19.10.1990
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Index

L37053 Anzeigenabgabe Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

AnzeigenabgabeG NÖ §2 Abs3;
B-VG Art119a Abs1;

Beachte

Besprechung in:ÖStZB 1991, 498;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, in der Beschwerdesache der X-Zeitungsverlag KG gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. Jänner 1987, Zl. II/1-BE-201-7/17-86, betreffend Anzeigenabgabe (mitbeteiligte Parteien: 1.) Stadtgemeinde Stockerau, 2.) Stadtgemeinde Korneuburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte mit Schriftsatz vom 24. November 1984 folgenden Antrag:

"Die Niederösterreichische Landesregierung möge gemäß § 2 Abs. 3 letzter Satz NÖ Anzeigenabgabegesetz feststellen, welche der Gemeinden Stockerau und Korneuburg im Zeitraum Jänner bis Oktober 1983 zur Einhebung der Abgabe gemäß den Bestimmungen des NÖ Anzeigenabgabegesetzes berechtigt gewesen ist. Es wird darauf hingewiesen, daß die Stadtgemeinde Korneuburg ihrer Pflicht gemäß § 5 Abs. 4 NÖ Anzeigenabgabegesetz im vorliegenden Fall nicht nachgekommen ist. Weiters wird beantragt, diejenige Gemeinde, die diese Abgabe zu Unrecht eingehoben hat, zu veranlassen, die Anzeigenabgabe rückzuerstatten."

Über diesen Antrag entschied die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wie folgt:

"1. Gemäß § 2 Abs. 3 des NÖ Anzeigenabgabengesetzes 1978, LGBl. 3705-1, wird der Antrag der X-Zeitungsverlag KG, festzustellen, welche der Gemeinden Stockerau und Korneuburg im Zeitraum Jänner bis Oktober 1983 zur Einhebung der Abgabe gemäß den Bestimmungen des NÖ Anzeigenabgabegesetzes 1978 berechtigt gewesen ist, als unzulässig zurückgewiesen.

2. Mangels gesetzlicher Grundlage wird der Antrag, diejenige Gemeinde, die diese Abgabe zu Unrecht eingehoben hat, zu veranlassen, die Anzeigenabgabe zurückzuerstatten, als unzulässig zurückgewiesen."

Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, im Zweifelsfalle entscheide über die Berechtigung zur Einhebung die NÖ Landesregierung. Dabei sei davon auszugehen, daß die NÖ Landesregierung nur über Antrag einer Gemeinde, - da ja nur EINE solche einhebungsberechtigt sein könne - eine Entscheidung treffen könne, wer zur Einhebung berechtigt, also zuständig sei. Die Möglichkeit der Entscheidungsbefugnis der NÖ Landesregierung gemäß § 2 Abs. 3 letzter Satz NÖ Anzeigenabgabegesetz, LGBl. Nr. 3705-0 (in der Folge: NÖ AAG) sei deshalb geschaffen worden, weil es unter den niederösterreichischen Gemeinden keine bruchteilsmäßige Festsetzung gebe. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 und 2 NÖ AAG bei mehreren niederösterreichischen Gemeinden habe auf Antrag einer Gemeinde oder mehrerer Gemeinden die Landesregierung die Berechtigung zur Einhebung zu klären, weil ja gemäß § 2 Abs. 3 erster Satz NÖ AAG selbst bei Zutreffen der Voraussetzungen nach Abs. 1 und 2 auf verschiedene niederösterreichische Gemeinden nur von einer niederösterreichischen Gemeinde die Abgabe eingehoben werden dürfe. Da es sich bei der Antragstellerin um die Abgabepflichtige und nicht um eine Gemeinde handle, sei der Antrag als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 1987, B 229/87-4, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht "auf gesetzmäßige Anwendung der §§ 2 Abs. 3 sowie 5 Abs. 4 des N.Ö. Anzeigenabgabegesetzes, LGBl. 3705-0 verletzt". Dies kann im gegebenen Zusammenhalt mit den Darlegungen zu den Beschwerdegründen im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG nur dahin verstanden werden, daß die Beschwerdeführerin ein Recht auf Unterbleiben der zurückweisenden Absprüche geltend macht.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - gleich wie die zweitmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 Abs. 1 bis 3 NÖ AAG lautet:

"(1) Anzeigen im Sinne dieses Gesetzes sind alle Anzeigen, die in ein in einer niederösterreichischen Gemeinde erscheinendes Druckwerk (§ 2 des Preßgesetzes) gegen Entgelt aufgenommen oder mit einem solchen ausgesendet oder verbreitet werden.

(2) Als Erscheinungsort gilt jene Gemeinde, von welcher aus die Verbreitung erstmalig erfolgt oder in welcher der die Verbreitung besorgende Unternehmer (Verleger) seinen Standort hat oder von der aus die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Druckwerkes besorgenden Unternehmers vorwiegend ausgeübt wird. Ist jedoch im Titel eines Druckwerkes oder sonst als Herausgabeort eine bestimmte Gemeinde besonders angeführt (z.B. Eggenburger Zeitung), so gilt diese Gemeinde als Erscheinungsort.

(3) Die Anzeigenabgabe darf, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 1 und 2 auf verschiedene Gemeinden zutreffen, jedenfalls nur von einer Gemeinde eingehoben werden. Hiebei hat die im Abs. 2, letzter Satz, genannte Gemeinde und nach dieser die Gemeinde den Vorrang, in welcher der Druck und der Versand des Druckwerkes erfolgt. Im Zweifelsfalle entscheidet über die Berechtigung zur Einhebung die NÖ Landesregierung."

Der § 2 Abs. 3 letzter Satz NÖ AAG ermächtigt die NÖ Landesregierung bei Vorliegen eines "Zweifelsfalles", mit normativer Wirkung zu entscheiden, welche der Gemeinden zur Abgabeneinhebung berechtigt ist. Nach ihrem normativen Gehalt ermächtigt diese Regelung jedenfalls jedoch nicht dazu, einen bereits - zumindest implizite - getroffenen rechtskräftigen Abspruch über die Berechtigung zur Einhebung rechtlich zu überprüfen und allenfalls aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof vermag keinen Anhaltspunkt dafür zu finden, daß diese Regelung ein (zusätzliches) Mittel der Rechtsverteidigung gegen dahingehend bereits getroffene Absprüche darstellt.

Im Beschwerdefall hat der Gemeinderat der Stadtgemeinde Korneuburg mit Bescheid vom 4. April 1984 rechtskräftig u.a. abgesprochen, der Erscheinungsort einer näher bezeichneten, von der Beschwerdeführerin herausgegebenen Lokalzeitung sei für die Zeit ab 1. Jänner 1983 "bis auf weiteres die Stadtgemeinde Stockerau; diese sei daher anzeigenabgabehebeberechtigt für alle Anzeigen, die in dieser Zeitung gegen Entgelt aufgenommen oder mit dieser Zeitung ausgesendet oder verbreitet werden".

Der Antrag vom 24. November 1984 zielt damit in Wahrheit (auch) - außerhalb eines gemeindebehördlichen Vorstellungsverfahrens - auf eine rechtliche Prüfung und allenfalls Aufhebung dieses Bescheides des Gemeinderates der Stadtgemeinde Stockerau vom 4. April 1984 durch die NÖ Landesregierung.

Es fehlte somit im Beschwerdefall an der Rechtsgrundlage für eine Entscheidung der NÖ Landesregierung nach § 2 Abs. 3 letzter Satz NÖ AAG. Damit steht aber auch der angefochtene Bescheid im Umfang der Zurückweisung des Feststellungsantrages im Einklang mit der Rechtslage. Bei diesem Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Prüfung kann es ununtersucht bleiben, ob die Auffassung der belangten Behörde einer Überprüfung standhielte, der Antrag der Beschwerdeführerin sei deshalb zurückzuweisen gewesen, weil es sich bei der Antragstellerin um die Abgabepflichtige und nicht um eine Gemeinde handle.

Damit gehen aber auch die Beschwerdeausführungen ins Leere, die in Frage stehende Regelung müsse in verfassungskonformer Interpretation so ausgelegt werden, daß sich der Abgabepflichtige gegen eine (erfolgte) Doppelbezahlung der Anzeigenabgabe wehren könne. Dient doch die Regelung nicht der Aufhebung bereits erfolgter Rechtsverletzungen. In diesem Sinne vermögen auch die Beschwerdeausführungen über die "mangelnde Durchsetzungsfähigkeit einer allfälligen Entscheidung" nach § 2 Abs. 3 letzter Satz NÖ AAG nicht durchzudringen.

In der Beschwerde wird schließlich unter dem Aspekt der "Sanktionslosigkeit" einer Entscheidung nach § 2 Abs. 3 letzter Satz NÖ AAG die Zurückweisung des Antrages auf Veranlassung der Rückzahlung der Anzeigenabgabe durch die nichteinhebungsberechtigte Gemeinde bekämpft. Hiezu genügt es darauf hinzuweisen, daß nach § 15 NÖ AAG, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 3705-1, die Gemeinde ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen hat. Der Gemeinde ist verfassungsgesetzlich das Recht gewährleistet, die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, also jene behördlichen Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden, in eigener Verantwortung FREI VON WEISUNGEN und unter Ausschluß eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen (Art. 118 Abs. 4 B-VG unter Vorbehalt des Art. 119a Abs. 5 B-VG).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1987170258.X00

Im RIS seit

19.10.1990

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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