TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/22 90/19/0341

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Veröffentlicht am 22.10.1990
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §17 Abs1;
AZG §17 Abs2;
AZG §17 Abs3;
AZG §26 Abs1;
FahrtbV §2;
FahrtbV §4 Abs5;
FahrtbV §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des N. gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 21. November 1989, Zl. 14-SV-3302/3/89, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen von Arbeitszeitvorschriften, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Unter dem Datum 2. Juni 1989 erließ die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau - nachdem eine diesbezügliche Strafverfügung derselben Behörde vom 27. Juli 1987 aufgrund eines dagegen erhobenen Einspruches des nunmehrigen Beschwerdeführers außer Kraft getreten und das ordentliche Verfahren eingeleitet worden war - gegenüber dem Beschwerdeführer ein Straferkenntnis, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Sie haben es, wie am 30.06.1987 von einem Organ des Arbeitsinspektorates Klagenfurt in Ihrem Betrieb Fa. C.C. & Co, Transporte, mit dem Standort M., L.-Straße, festgestellt wurde, als verantwortlicher Arbeitgeber und zur Vertretung nach außen hin berufenes Organ der Fa. C.C. & Co unterlassen, für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zu sorgen, daß Sie für die in Ihrem Unternehmen beschäftigten Lenker A.N., D.F., C.M., P.W., P.F., H.P., S.M., P.R., H.F., M.K., M.A. und P.H. keine vorschriftsmäßigen Arbeitszeitaufzeichnungen in Form von persönlichen Fahrtenbüchern oder Durchschriften der Wochenberichtsblätter der persönlichen Fahrtenbücher für die Kalendermonate März - April - Mai 1987, welche Sie mindestens einmal monatlich zur Kontrolle den persönlichen Fahrtenbüchern zu entnehmen gehabt hätten, führen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 26 (1) i.V. § 17 (2) u. (3) Arbeitszeitges. BGBl. Nr. 461/69 i. d.g.F. i.V. § 4 (5) u. § 5 d. Fahrtenbuchverordnung BGBl. Nr. 461/75

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von    falls diese            Strafbestimmung

                  uneinbringlich

Schilling         Ersatzfreiheitsstrafe

                  von

6.000,--          6 Tage                     § 28 (1) leg. cit.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG)

zu zahlen:

600,--      Schilling als Beitrag zu den Kosten des

            Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je

            ein Tag Arrest wird gleich 50,-- S angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten) beträgt daher:

6.600,--    Schilling. Außerdem sind die Kosten des

            Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)".

2. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Kärnten (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 21. November 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis, wobei dessen Spruch dahingehend ergänzt wurde, "daß als gesetzliche Bestimmung § 17 (1) Arbeitszeitgesetz anzuführen ist". Ferner wurde gemäß § 64 Abs. 1 VStG 1950 der vom Beschwerdeführer als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leistende Betrag festgesetzt.

3. Die Behandlung der dagegen vom Beschwerdeführer zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde von diesem mit Beschluß vom 12. Juni 1990, B 228/90, abgelehnt. Die u. e. an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde wurde vor diesem Gerichtshof mit Schriftsatz vom 27. August 1990 ergänzt. Darin macht der Beschwerdeführer der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und im übrigen "im Rahmen einer Gegenschrift auf die ausführliche Begründung des angefochtenen Bescheides, welcher nach ha. Auffassung in rechtlicher Hinsicht nichts mehr hinzugefügt werden kann", hingewiesen - dies mit der Bemerkung, daß sich die Beschwerde zur Gänze als unberechtigt erweise.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 26 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) haben die Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu führen.

Die Abs. 1 bis 3 des § 17 AZG lauten wie folgt:

"(1) Lenker und Beifahrer, die nicht im Kraftlinienverkehr eingesetzt sind, haben während des Dienstes ein persönliches Fahrtenbuch mit sich zu führen, in welches laufend die Angaben über die Dauer der Lenkzeit, sonstiger Arbeitsleistungen, der Arbeitsbereitschaft, der Ruhepausen und der Ruhezeiten, nach Arbeitstagen getrennt, einzutragen sind. Das Fahrtenbuch ist den zur Kontrolle Berechtigten über deren Verlangen vorzuweisen.

(2) Dem Arbeitgeber obliegt die Ausgabe der persönlichen Fahrtenbücher sowie die Führung des Verzeichnisses über die verwendeten persönlichen Fahrtenbücher. Das Verzeichnis muß den Namen und die Empfangsbestätigung des Lenkers (Beifahrers), dem das Buch zugeteilt ist, sowie die Buchnummer, das Ausgabedatum und das Datum des letzten vom Lenker (Beifahrer) vor der endgültigen Rückgabe des Fahrtenbuches an den Arbeitgeber nach Gebrauch ausgefüllten Tageskontrollblattes enthalten. Der Arbeitgeber hat mindestens einmal monatlich zu überprüfen, ob die Angaben gemäß Abs.1 eingetragen wurden. Die persönlichen Fahrtenbücher sind nach deren Abschluß vom Arbeitgeber mindestens ein Jahr lang aufzubewahren; diese sowie das Verzeichnis sind den Kontrollorganen auf Verlangen auszuhändigen.

(3) Nähere Bestimmungen über die Merkmale, die Form, den Inhalt und die Vorschriften über die Führung des persönlichen Fahrtenbuches sowie deren Überprüfung durch den Arbeitgeber gemäß Abs. 2 sind durch Verordnung zu treffen. Ferner können durch Verordnung Ausnahmen und Erleichterungen in der Führung der Fahrtenbücher gestattet werden, wenn die Überwachung der Einhaltung der Arbeitszeitregelungen auf andere Weise hinlänglich sichergestellt ist."

Der Abs. 5 des mit "Pflichten des Arbeitgebers" überschriebenen § 4 der aufgrund des § 17 AZG erlassenen Fahrtenbuchverordnung-FahrtbV, BGBl. Nr. 461/1975, und § 5 dieser Verordnung haben nachstehenden Wortlaut:

"(5) Der Arbeitgeber hat die Durchschriften der abgeschlossenen Wochenberichtsblätter anläßlich der Überprüfung im Sinne des Abs. 4 aus dem persönlichen Fahrtenbuch (persönlichen Wochenberichtsbuch) zu entnehmen. Abgeschlossene persönliche Fahrtenbücher (persönliche Wochenberichtsbücher) hat der Arbeitgeber einzuziehen und die Durchschriften sämtlicher Wochenberichtsblätter dem Lenker oder Beifahrer zu übergeben sowie die Einziehung im Verzeichnis mit Datum zu vermerken. Der Arbeitgeber hat die abgeschlossenen persönlichen Fahrtenbücher (persönlichen Wochenberichtsbücher) mindestens ein Jahr aufzubewahren.

§ 5. Der Arbeitgeber hat den zuständigen Behörden und deren Organen die aufzubewahrenden persönlichen Fahrtenbücher (persönlichen Wochenberichtsbücher), gegebenenfalls die Durchschriften der Wochenberichtsblätter sowie das Verzeichnis auf Verlangen zur Einsicht vorzulegen oder einzusenden."

Zufolge des § 28 Abs. 1 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Bergbau von der Berghauptmannschaft, mit einer Geldstrafe von S 300,-- bis S 6.000,-- oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

2.1. Unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, weder dem § 26 Abs. 1 AZG noch dem § 17 leg. cit. noch dem § 4 FahrtbV sei eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu entnehmen, daß dieser selbst Fahrtenbücher zu führen habe. Da dem Beschwerdeführer spruchmäßig vorgeworfen worden sei, für bestimmte (namentlich angeführte) Lenker keine persönlichen Fahrtenbücher oder Durchschriften der Wochenberichtsblätter der persönlichen Fahrtenbücher geführt zu haben, sei ihm ein Verhalten angelastet worden, das nicht tatbestandsmäßig sei. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht.

2.2.1. Mit dem im Instanzenzug bestätigten Straferkenntnis vom 2. Juni 1989 wurde dem Beschwerdeführer im Schuldspruch zur Last gelegt, er habe es ("Sie haben es") unterlassen, für die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes zu sorgen, (dadurch) daß er ("Sie") für die in seinem ("Ihrem") Unternehmen beschäftigten (insgesamt zwölf, namentlich genannten) Lenker keine vorschriftsmäßigen Arbeitsaufzeichnungen in Form von persönlichen Fahrtenbüchern oder Durchschriften der Wochenberichtsblätter der persönlichen Fahrtenbücher für die Kalendermonate März, April und Mai 1987 geführt habe ("führen").

2.2.2. Die von der belangten Behörde herangezogenen Rechtsvorschriften (oben II.1.) normieren indes keine Verpflichtung des Arbeitgebers, für seine Arbeitnehmer (Lenker) persönliche Fahrtenbücher oder Durchschriften der Wochenberichtsblätter dieser Bücher zu führen. Daß die persönlichen Fahrtenbücher vielmehr von den Lenkern und Beifahrern zu führen sind, ergibt sich zweifelsfrei aus den Abs. 1 und 2 des § 17 AZG, darüber hinaus ebenso deutlich aus den §§ 2 und 4 der FahrtbV. Aus § 4 Abs. 4 und 5 FahrtbV ist zu ersehen, daß auch die Verpflichtung zur Führung von Durchschriften der Wochenberichtsblätter (als Bestandteilen der persönlichen Fahrtenbücher) ausschließlich die Lenker und Beifahrer trifft. Aus diesen Vorschriften in ihrem Zusammenhalt ist auch zu ersehen, daß unter den im § 26 Abs. 1 AZG genannten, nicht näher bezeichneten "Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung", deren Führung dem Arbeitgeber aufgetragen ist, nicht persönliche Fahrtenbücher und Durchschriften von Wochenberichtsblättern dieser Bücher zu verstehen sind.

Der Beschwerdeführer als Arbeitgeber wurde demnach eines Verhaltens (einer Unterlassung) für schuldig erkannt, das gegen keine der von der belangten Behörde herangezogenen, von ihr als verletzt erachteten Verwaltungsvorschriften (§ 44a lit. b VStG 1950) verstößt. Dazu sei der Vollständigkeit halber bemerkt, daß § 17 Abs. 3 AZG als bloße Ermächtigungsnorm und § 5 FahrtbV als eine die Pflicht des Arbeitgebers zur Vorlage der dort genannten Unterlagen an die zuständigen Behörden statuierende Norm angesichts des spruchmäßig angelasteten Verhaltens von vornherein als Vorschriften i.S. des § 44a lit. b VStG 1950 ausscheiden.

3. Da somit der Beschwerdeführer wegen eines nicht tatbestandsmäßigen Verhaltens schuldig erkannt und hiefür bestraft worden ist, erweist sich der angefochtene Bescheid als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Stempelgebühren lediglich in der Höhe von S 540,-- (Eingabengebühr S 360,--, Beilagengebühr S 60,--, Vollmachtgebühr S 120,--) zu entrichten waren.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190341.X00

Im RIS seit

22.10.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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