TE Vwgh Beschluss 1990/10/23 87/07/0183

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Veröffentlicht am 23.10.1990
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Index

L66508 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Vorarlberg;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §8;
FlVfGG §15;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Vlbg 1979 §35;
Satzung AgrG Schnifis §4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde der AL gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Vorarlberger Landesregierung vom 27. März 1987, Zl. LAS-210-200, betreffend Mitgliedschaft in einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft Schnifis), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt 2. ihres Bescheides vom 6. November 1985 wies die Agrarbezirksbehörde Bregenz die Aufsichtsbeschwerde des durch seine Mutter GL vertretenen DL - des inzwischen verstorbenen Ehegatten der Beschwerdeführerin - gegen die Entscheidung der nun vor dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Agrargemeinschaft vom 23. Mai 1981, wonach ihm - einem unehelichen Sohn seiner Mutter GL - die Aufnahme in deren Mitgliederliste versagt worden sei, gemäß § 35 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes - FlVG, LGBl. Nr. 2/1979, in Verbindung mit § 4 der Verwaltungs- und Nutzungssatzung dieser Agrargemeinschaft als unbegründet ab. In der Aufsichtsbeschwerde war geltend gemacht worden, es sei kein sachlicher Grund erkennbar, der es gerechtfertigt erscheinen ließe, daß ein uneheliches Kind, dessen Mutter Mitglied der Agrargemeinschaft sei, gegenüber ehelichen Kindern, die von einem männlichen Mitglied abstammten, schlechter gestellt werde.

Die Berufung des DL gegen den Bescheid der Agrarbezirksbehörde wurde sodann mit Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Vorarlberger Landesregierung vom 27. März 1987 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 zurückgewiesen. Begründend wurde dazu ausgeführt, die Mutter des Berufungswerbers habe in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 19. Februar 1987 vorgebracht, ihr Sohn DL sei am 25. Dezember 1986 verstorben; sie führe nunmehr allein einen Haushalt, da ihre beiden weiteren Kinder nicht mehr in S wohnten. Im Hinblick darauf habe sie ihre Berufung gegen Punkt 1 des erstinstanzlichen Bescheides zurückgezogen. Ihr gehe es nur mehr um die Zuerkennung der Mitgliedschaft für ihren verstorbenen Sohn DL. Nun habe man - so argumentiert der Landesagrarsenat - davon auszugehen, daß das Berufungsrecht nur demjenigen zustehe, der in der betreffenden Angelegenheit als Partei im Sinne des § 8 AVG 1950 anzusehen sei, dem also ein Rechtsanspruch bzw. ein Anspruch auf ein bestimmtes verfahrensrechtliches Verhalten der Behörde zukomme. Hiebei werde das der Partei zukommende Berufungsrecht inhaltlich durch den Gegenstand des Bescheides der Unterinstanz begrenzt. GL habe in Vertretung ihres Sohnes DL die Aufnahme in die Mitgliederliste der Mitbeteiligten beantragt. Die Agrarbezirksbehörde habe die gegen den ablehnenden Vollversammlungsbeschluß gerichtete Aufsichtsbeschwerde in diesem Punkt abgewiesen. GL sei wiederum in Vertretung ihres Sohnes DL berechtigt gewesen, gegen diese Entscheidung Berufung zu erheben. Die Berufung sei damit im Zeitpunkt ihrer Einbringung auch zulässig gewesen. Allerdings sei für die Berufungsbehörde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung maßgebend. Da in der Zwischenzeit der Berufungswerber DL verstorben sei, stelle sich die Frage, ob die Rechtsmittelbehörde überhaupt berechtigt sei, über die vorliegende Berufung in der Sache selbst zu entscheiden. Eine meritorische Entscheidung würde voraussetzen, daß ein Rechtsträger vorhanden sei, der die Rechtspersönlichkeit des verstorbenen Berufungswerbers in Ansehung jener Rechte fortsetze, deren Verletzung in der Berufung geltend gemacht worden sei und in die der bekämpfte erstinstanzliche Bescheid eingreife. Dieser habe im Beschwerdefall in Punkt 2. die Rechtsstellung von DL insofern berührt, als seine Aufsichtsbeschewrde gegen den Vollversammlungsbeschluß, der ihm die Aufnahme in die Mitgliederliste verweigert habe, abgewiesen worden sei. Im Hinblick auf diese Ablehung der Aufnahme in die Mitgliederliste komme aber eine Rechtsnachfolge durch die Mutter des Berufungswerbers, die bereits Mitglied der Agrargemeinschaft S sei, nicht in Betracht. Dies habe wiederum zur Folge, daß die eingebrachte Berufung zurückzuweisen sei.

Dieses Erkenntnis bekämpfte die Beschwerdeführerin zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde jedoch mit Beschluß vom 28. September 1987, B 475/87, ablehnte und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor diesem Gerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend, wobei sie sich nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht darauf verletzt erachtet, daß über die Berufung ihres verstorbenen Ehegatten meritorisch entschieden werde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Zurückweisung der Beschwerde beantragte. Auch die mitbeteiligte Partei gab eine Stellungnahme zur Beschwerde ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 der Verwaltungs- und Nutzungssatzungen der Mitbeteiligten lautet:

1.

Die Mitgliedschaft wird erworben durch die Aufnahme in die Mitgliederliste.

2.

Der Anspruch auf Aufnahme in die Mitgliederliste wird, sofern die Voraussetzungen für die tatsächliche Ausübung von Nutzungsrechten gegeben sind, begründet durch

a)

eheliche Abstammung von einem männlichen Mitglied (§ 3) oder von einer Person, die zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Feststellung der Mitgliederliste die Voraussetzungen für die Aufnahme in diese Liste erfüllt hätte;

b)

Heirat mit einem Mitglied. Witwen aus einer solchen Ehe behalten für die Dauer dieses Witwenstandes die Mitgliedschaft;

c)

Verleihung. Die Mitgliedschaft kann an Personen verliehen werden, die volljährig und eigenberechtigt sind, im vollen Genuß der bürgerlichen Rechte stehen und mindestens 25 Jahre in der Gemeinde wohnhaft sind. Hiebei ist auch die landesmannschaftliche Verbundenheit zu berücksichtigen.

3.

Der Antrag auf Aufnahme in die Mitgliederliste ist schriftlich zu stellen. Entscheidet der Ausschuß nicht binnen acht Wochen nach Einlangen des Ansuchens, kann die Entscheidung der Agrarbezirksbehörde Bregenz angerufen werden.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis, welches nicht an die Beschwerdeführerin gerichtet war und ihr nach Lage der Verwaltungsakten auch nicht zugestellt wurde - die Beschwerdeerhebung beruht, soweit sie den Verwaltungsgerichtshof betrifft, auf § 26 Abs. 2 VwGG -, ist durch Zurückweisung der Berufung des nach deren Erhebung verstorbenen Ehegatten der Beschwerdeführerin eine meritorische Entscheidung in der Frage der Rechtsmäßigkeit der Ablehnung von dessen Aufnahme in die Mitgliederliste der Mitbeteiligten unterblieben. DL hatte, wie sein Vorbringen in der Aufsichtsbeschwerde zeigt, nur auf seine Person bezogene Rechte geltend gemacht, die ihrerseits nicht den Bestand eines eigenen Mitgliedschaftsrechtes, sondern (insofern in Abstimmung auf die geltende Satzung) einen Anspruch auf Aufnahme betrafen. Mit seinem Tod ist dieser höchstpersönlich zu verstehende Anspruch und mit ihm das Recht auf inhaltliche Erledigung seines Anbringens erloschen. Ungeachtet der Tatsache, daß die Beschwerdeführerin Erbin (zu einem Drittel) nach ihrem verstorbenen Ehegatten ist, konnte diese daher durch das angefochtene Erkenntnis unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in ihren Rechten nicht verletzt sein.

Ihre Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S 412, angegebene Rechtsprechung).

Die von der Beschwerdeführerin verlangte Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 1 Z. 1 VwGG verspätet beantragt (siehe dazu die bei Dolp, a.a.O., S 540, angeführte Rechtsprechung); zur Anberaumung einer solchen gemäß § 39 Abs. 1 Z. 2 VwGG sah sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1987070183.X00

Im RIS seit

23.10.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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