TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/30 90/04/0143

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Veröffentlicht am 30.10.1990
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §74 Abs1;
GewO 1973 §81;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. März 1990, Zl. 312.599/1-III-3/90, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. März 1990 wurde über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den

2. Aufsichtsbezirk gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. Dezember 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 dahin erkannt, daß der mit Berufung bekämpfte Bescheid sowie der diesem zugrundeliegende Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 11. Bezirk vom 23. Mai 1989 behoben und das am 30. Jänner 1990 bei der Gewerbebehörde erster Instanz eingelangte Genehmigungsansuchen der Beschwerdeführerin im Grunde der §§ 74, 77 und 353 GewO 1973 zurückgewiesen werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, im Jänner 1989 habe die Beschwerdeführerin um die gewerbebehördliche Genehmigung ihres Geschäftslokales, das sich im Einkaufszentrum der A Gesellschaft m.b.H. am Standort Wien 11., X-Straße 6, befinde, angesucht. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien - Magistratisches Bezirksamt für den 11. Bezirk - vom 23. Mai 1989 sei die gewerbebehördliche Genehmigung unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt worden. Gegen diesen Bescheid habe das Arbeitsinspektorat für den

2. Aufsichtsbezirk berufen, auf Grund welcher der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 13. Dezember 1989 die Betriebsbeschreibung geändert und im übrigen der Berufung keine Folge gegeben habe. Dagegen richte sich die neuerliche Berufung des Arbeitsinspektorates für den 2. Aufsichtsbezirk. Aus den Projektsunterlagen gehe hervor, daß das gegenständliche Geschäftslokal ein Teil des Einkaufszentrums der A Gesellschaft m. b.H. in Wien 11., X-Gasse 6, sei. Für das gesamte Einkaufszentrum sei erstmalig mit Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 11. Bezirk vom 23. Juni 1983 die gewerbebehördliche Genehmigung erteilt worden. In der Folge seien jeweils auf Ansuchen des Betreibers des Einkaufszentrums mehrmals Änderungen der Betriebsanlage rechtskräftig genehmigt worden. Mit Bescheid vom 18. Mai 1987 habe das Magistratische Bezirksamt für den 11. Bezirk die rechtskräftige gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung des Einkaufszentrums, die u.a. die Einrichtung einer Ladenstraße (Mall) sowie von Geschäftslokalen mit Grundflächen von 200 bis 1200 m2 an der Front zum parallel der X-Straße gelegenen Parkplatz vorgesehen habe. Vergleiche man den diesem Bescheid zugrundeliegenden Projektsplan vom 23. April 1987, M 1:200, Plan Nr. 408/4, mit dem im gegenständlichen Verfahren vorgelegten und mit der Genehmigungsklausel der Gewerbebehörde erster Instanz versehenen Projektsplan, so werde ersichtlich, daß jener Bereich, in dem das gegenständliche Geschäftslokal etabliert werden solle, bereits vom Genehmigungsumfang des Bescheides vom 18. Mai 1987 erfaßt gewesen sei. Auch die Auflagen des genannten Bescheides bezögen sich auf sämtliche Einrichtungen des Einkaufszentrums, also auch auf sämtliche darin befindliche Geschäftslokale. So werde in Auflage 3 des Bescheides vorgeschrieben:

"Die Fluchtwege vom zehn Meter breiten Hauptverkehrsweg zu den Ausgängen sind im Bereich der Fremdbetriebe durch unverrückbare Kundenführungen abzutrennen."

In der Auflage unter Punkt 18 werde vorgeschrieben:

"In oder in unmittelbarer Nähe neben allen Schiebe- und Rolltoren sind jederzeit benützbare Gehtüren vorzusehen."

Die Auflage unter Punkt 27 lautet wie folgt:

"Die betriebsfremden Geschäftslokale und Geschäftsbereiche sind mechanisch be- und entlüftbar einzurichten."

Auch im Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den

11. Bezirk vom 19. Dezember 1988 würden sämtliche Geschäftslokale als Bestandteil des Einkaufszentrums behandelt. So werde in der in diesem Bescheid aufgenommenen Betriebsbeschreibung u.a. ausgeführt:

"Die im Bereich der Achse D-O'/13-15 neu geschaffenen Einzelläden werden durch eine oberhalb dieses Bereiches aufgestellte Luftkonditionieranlage mit 20.000 m3 pro Stunde gelüftet."

In der Verhandlungsschrift des Magistratischen Bezirksamtes für den 11. Bezirk vom 14. März 1989, betreffend das gegenständliche Verfahren, werde die "Betriebsanlage" der Beschwerdeführerin u.a. wie folgt beschrieben:

    "Die Betriebsanlage befindet sich im Einkaufszentrum der

Firma A Gesellschaft m.b.H. ... Die Betriebsanlage ist an die

Brandmelde-, Sprinkler- und Lüftungsanlage der Firma A

Gesellschaft m.b.H. angeschlossen. .... Die WC-Anlagen und

Sozialräume werden von der Firma A Gesellschaft m.b.H.

beigestellt."

Es bestehe somit kein Zweifel, daß das gegenständliche Geschäftslokal in unmittelbarem sachlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem gesamten Einkaufszentrum stehe und als unselbständiger Bestandteil anzusehen sei. Das gesamte Einkaufszentrum mit den darin befindlichen Einrichtungen sei bereits als einheitliche Betriebsanlage rechtskräftig genehmigt. Neuetablierungen oder Änderungen einzelner Geschäftslokale könnten daher unter den Voraussetzungen des § 81 GewO 1973 nur genehmigungspflichtige Änderungen darstellen. Die Anzeige einer Auflassung der Betriebsanlage oder eines Teiles derselben gemäß § 83 GewO 1973 sei nicht erfolgt. Unter Hinweis auf den Grundsatz der Einheit der gewerblichen Betriebsanlage sei davon auszugehen, daß ein unselbständiger Anlagenteil nicht aus der gesamten einheitlichen Betriebsanlage herausgelöst und als eigene Betriebsanlage angesehen werden dürfe. Ein Antrag auf Genehmigung eines unselbständigen Anlageteiles als eigene Betriebsanlage sei daher unzulässig. Der gegenständliche Genehmigungsantrag der Beschwerdeführerin sei jedoch auch schon insofern unzulässig, als die A Gesellschaft m.b.H. Betreiberin der gesamten Betriebsanlage (Einkaufszentrum) sei. Diese sei auch Adressatin des bereits zitierten, das gesamte Einkaufszentrum inklusive der Geschäftslokale umfassenden Genehmigungsbescheides gemäß § 81 GewO 1973 des Magistratischen Bezirksamtes für den 11. Bezirk vom 18. Mai 1987 sowie sämtlicher nachfolgender Genehmigungsbescheide. Die A Gesellschaft m.b.H. sei zur Ausübung folgender Gewerbe in der gegenständlichen Betriebsanlage berechtigt:

"1)

Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b) Zif. 25 GewO 1973;

2)

Buch- und Musikalienhandel gemäß § 103 Abs. 1 lit. b) Zif. 6 leg. cit.;

3)

Fleischer gemäß § 94 Zif. 16 leg. cit.;

4)

Gastgewerbe in der Betriebsart eines Schnellimbiß mit den Berechtigungen nach § 189 Abs. 1 leg. cit.;

5)

Gastgewerbe in der Betriebsart eines Selbstbedienungsrestaurants mit den Berechtigungen nach § 189 Abs. 1 leg. cit."

Es sei ausschließlich Aufgabe des Betreibers der Betriebsanlage (Einkaufszentrum), bei Vornahme genehmigungspflichtiger Änderungen einen Genehmigungsantrag zu stellen. Aus dem eingereichten Projekt der Beschwerdeführerin und den Verfahrensakten gehe eindeutig hervor, daß die Beschwerdeführerin die Betriebsanlage (Einkaufszentrum) nicht betreibe. Wer eine Betriebsanlage nicht betreibe, sei bei Änderung der Betriebsanlage auch nicht legitimiert, einen diesbezüglichen Genehmigungsantrag zu stellen. Im Hinblick darauf fehle der Beschwerdeführerin die Antragslegitimation.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Entscheidung über ihren Antrag unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund als verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften einleitend vor, sie sei Mieterin des Geschäftslokales Top Nr. 11 im Einkaufszentrum der A Gesellschaft m.b.H. im angeführten Standort. Im Jänner 1989 habe sie einen Antrag auf Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für das bezeichnete Geschäftslokal gestellt. Mit Bescheid vom 23. Mai 1989 habe das Magistratische Bezirksamt für den

11. Bezirk die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung unter Erteilung einer Reihe von Auflagen erteilt. Einer dagegen erhobenen Berufung des Arbeitsinspektorates für den

2. Aufsichtsbezirk habe der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 13. Dezember 1989 keine Folge gegeben und habe lediglich die Betriebsbeschreibung abgeändert. Entgegen der Meinung der belangten Behörde könne von einer Einheit der Betriebsanlage in einem Einkaufszentrum dann nicht mehr gesprochen werden, wenn es sich um eine Anhäufung nebeneinander bestehender eigener Verkaufsobjekte handle (Geschäftsstraße), die vom Eigentümer an verschiedene Gewerbetreibende vermietet würden (Raummiete). In solchen Fällen habe derjenige um Genehmigung anzusuchen, der in den räumlich voneinander getrennten Anlageteilen ein Gewerbe auszuüben beabsichtige, bei dem die Voraussetzungen nach § 74 GewO 1973 vorlägen. Im Einkaufszentrum sei eine Einkaufsstraße (Mall) baulich hergestellt, in welcher sich ca. 40 Geschäftslokale, somit eigene Verkaufsobjekte befänden. Sämtliche Geschäftslokale seien von der Betreiberin des Einkaufszentrums an verschiedene Gewerbetreibende vermietet. Auch die Beschwerdeführerin habe das gegenständliche Geschäftslokal von der A Gesellschaft m. b.H. gemietet und übe kraft eigener Gewerbeberechtigung in diesem eine Gewerbetätigkeit aus. Im Gegenstandsfall sei jedes einzelne Geschäftslokal gewerberechtlich als eigene Betriebsanlage zu betrachten, während dagegen baurechtlich das gesamte Einkaufszentrum als Einheit zu beurteilen sei. Die belangte Behörde vermeine, daß mit den angeführten Bescheiden des Magistratischen Bezirksamtes für den 11. Bezirk das gesamte Einkaufszentrum rechtskräftig genehmigt sei, wobei sich die Genehmigung auch auf sämtliche Geschäftslokale als Bestandteil des Einkaufszentrums erstrecke. Dies sei unrichtig. Die zitierten Genehmigungsbescheide behandelten die einzelnen Geschäftslokale gewerberechtlich nur in einzelnen Teilbereichen, so lediglich im Hinblick auf die Brandmelde-, Sprinkler- und Lüftungsanlage. Keinesfalls würden die einzelnen Geschäftslokale umfassend als Betriebsanlage gewerberechtlich genehmigt. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde seien daher die einzelnen Geschäftslokale im Einkaufszentrum und somit auch das Geschäftslokal der Beschwerdeführerin von den angeführten Genehmigungsbescheiden betreffend die A Gesellschaft m.b.H. nicht gänzlich umfaßt. Es wäre Aufgabe der belangten Behörde gewesen, an Ort und Stelle die örtlichen Gegebenheiten festzustellen. Bei Erfüllung dieser Verpflichtung hätte sie zur Auffassung gelangen müssen, daß es sich bei dem einzelnen Geschäftslokal, somit auch bei dem der Beschwerdeführerin, um eine eigene Betriebsanlage handle, welche von den Genehmigungsbescheiden betreffend die A Gesellschaft m.b.H. nicht umfaßt sei.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1973 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Als gewerbliche Betriebsanlage ist die Gesamtheit jener Einrichtungen anzusehen, die dem Zweck des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind und in örtlichem Zusammenhang stehen (vgl. hiezu die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 13. September 1988, Zl. 87/04/0246, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).

Ausgehend von den in dieser Hinsicht auch seitens der Beschwerdeführerin nicht bekämpften Feststellungen im angefochtenen Bescheid befindet sich das in Rede stehende Mietobjekt der Beschwerdeführerin (Geschäftslokal Top Nr. 11) im "Einkaufszentrum" der A Gesellschaft m.b.H., für das - in seiner Gesamtheit - auf Antrag des Betreibers dieser Betriebsanlage rechtskräftige gewerbebehördliche Genehmigungen erteilt wurden. Dies trifft nach dem Beschwerdevorbringen jedenfalls auch insofern zu, als - ebenso wie hinsichtlich weiterer Geschäftslokale - die gewerberechtliche Genehmigung im Hinblick auf Brandmelde-, Sprinkler- und Lüftungsanlage erteilt wurden. Daraus folgt aber ein untrennbarer örtlicher und einrichtungsbezogener Zusammenhang des hier in Rede stehenden Geschäftslokales mit der Gesamtbetriebsanlage (Einkaufszentrum). Danach kann aber entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin keine rechtswidrige Gesetzesanwendung in der Annahme der belangten Behörde erkannt werden, daß das Begehren der Beschwerdeführerin inhaltlich eine Änderung der Gesamtbetriebsanlage (Einkaufszentrum) betrifft, die aber einer Antragstellung des Betreibers der Betriebsanlage (Einkaufszentrum) vorbehalten wäre.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen des Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher - ohne daß es einer Erörterung des weiteren, hierauf nicht Bezug habenden Beschwerdevorbringens bedurft hätte - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990040143.X00

Im RIS seit

30.10.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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