TE Vwgh Erkenntnis 1990/10/31 90/02/0123

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Veröffentlicht am 31.10.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §1;
VStG §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. Mai 1990, Zl. VerkR-12.579/4-1990-II/Bi, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 27. Juli 1989 um 02.15 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw vom Parkplatz hinter einem namentlich bezeichneten Gasthaus in St. Georgen/Gusen kommend auf der Zufahrtstraße zwischen näher bezeichneten Häusern in Richtung Bundesstraße gelenkt, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. a StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Strittig ist im Beschwerdefall lediglich, ob die Zufahrtstraße, in der der Beschwerdeführer beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand betreten wurde, als Straße mit öffentlichem Verkehr anzusehen ist, für welche die Straßenverkehrsordnung gemäß ihrem § 1 Abs. 1 erster Satz Geltung hat.

Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Dies ist dann der Fall, wenn die Straße nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist somit ein Widmungsakt nicht erforderlich und es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, das heißt also nicht darauf, ob die Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht. Es kann daher grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß es sich bei einer Straße dann um eine solche mit öffentlichem Verkehr handelt, wenn sie weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet ist, noch auf ihr auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind. Auch kann aus dem einzigen Umstand, daß eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern benutzt werden darf, z.B. nur von Anrainern, nicht geschlossen werden, daß es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1990, Zl. 89/03/0192).

Der Beschwerdeführer behauptet selbst nicht, daß die Zufahrtstraße, in der er angehalten wurde, irgendwelche Abschrankungen, Kennzeichnungen oder Hinweistafeln, die auf eine Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hindeuten könnten, aufgewiesen hätte. Er meint aber, da von der Bundesstraße aus gesehen durch die Zufahrtstraße Garagentore zu erkennen seien, sei die Zufahrtstraße ausschließlich der Zufahrt zu diesen Garagen gewidmet.

Wie der Beschwerdeführer selbst einräumt, dient die Zufahrtstraße jedenfalls (auch) als Zufahrt zu einem Gasthausparkplatz. Unrichtig ist, daß ein Gasthausparkplatz nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet sein kann. Ein derartiger Parkplatz steht - selbst bei Anbringung eines Schildes mit dem Hinweis "Parkplatz nur für Gäste" - der Öffentlichkeit insoweit zur allgemeinen Verfügung, als grundsätzlich jedermann "Gast" des Gasthauses werden und als solcher den Parkplatz benützen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1990, Zlen. 90/02/0094, 0095). Umso mehr muß dies für die mit keinem derartigen Hinweis versehene Zufahrt zum Gasthausparkplatz gelten.

Was die Abgrenzung der Fahrbahn der Zufahrtstraße von der Fahrbahn der Bundesstraße durch einen Gehsteig anlangt, so ist dies kein entscheidendes Kriterium. Im übrigen wurde - wie die vorliegenden Lichtbilder zeigen - der Randstein dieses Gehsteiges im Bereich der Zufahrtstraße abgeflacht, sodaß kein bauliches Hindernis einem Befahren der Zufahrtstraße entgegen steht.

Unmaßgeblich ist die (unrichtige) Rechtsauffassung der Marktgemeinde St. Georgen/Gusen, es handle sich bei der gegenständlichen Zufahrtstraße um keine öffentliche Verkehrsfläche. Die Gemeinde vermag diese Auffassung auch nicht zu begründen. Selbst dieser Stellungnahme ist zu entnehmen, daß es sich um eine Zufahrt zu einem Gasthausparkplatz handelt und daß keine Einschränkungen für die Durchfahrt bestehen.

Hinzuweisen ist auf die Äußerung des Liegenschaftseigentümers, die Straße sei hauptsächlich als Zufahrt zum Gasthausparkplatz gedacht; gegen die in der Realität stattfindende allgemeine Benützung sei in der Vergangenheit nie etwas unternommen worden; es sei auch nicht beabsichtigt, diesen Zustand zu ändern. Der Liegenschaftseigentümer hat weiters niederschriftlich angegeben, die in Rede stehende Fläche könne von jedermann gleich benützt werden.

Im Hinblick auf diese tatsächlichen Verhältnisse war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die gegenständliche Verkehrsfläche als Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO beurteilt hat.

Ohne Bedeutung für den Beschwerdefall ist es, ob die Gendarmerie in der Vergangenheit Interventionen im Fall der Behinderung der Zufahrt zur im Hof befindlichen Garage des Roten Kreuzes abgelehnt hat. Hieraus allein könnte der Beschwerdeführer keinen Entschuldigungsgrund ableiten. Daß ihm etwa ein Gendarmeriebeamter vor der ihm angelasteten Tat eine unrichtige Auskunft über die Qualifikation der Zufahrtstraße als Straße ohne öffentlichen Verkehr erteilt hätte - was für das Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums von Bedeutung sein könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/02/0206) - hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. In der Unterlassung der von ihm vermißten Beweisaufnahmen kann ein wesentlicher Verfahrensmangel daher nicht gelegen sein.

Ebenso entbehrlich waren die Vernehmung des Gasthauspächters und die Durchführung eines Lokalaugenscheins. Es mag sein, daß fallweise Fahrzeuge auf der Zufahrtstraße abgestellt sind. Daß dies immer der Fall wäre, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht. Dagegen sprechen die von der Gendarmerie hergestellten Lichtbilder, die erwähnte Äußerung des Liegenschaftseigentümers und die tatsächliche Benützbarkeit der Zufahrtstraße durch den Beschwerdeführer im Beschwerdefall.

Dem Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb seine Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Straße mit öffentlichem Verkehr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990020123.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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