TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/7 90/01/0073

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Veröffentlicht am 07.11.1990
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Index

DE-20 Privatrecht allgemein Deutschland;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/03 Personenstandsrecht;

Norm

ABGB §93 Abs1;
ABGB §93 Abs2;
BGB-D §1355;
NÄG 1988 §1 Abs1;
NÄG 1988 §2 Abs1 Z7;
NÄG 1988 §3 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerde der AN-C gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Oktober 1989, Zl. Pst (Stb)-560/8-1989/Se, betreffend Änderung des Familiennamens, (mitbeteiligte Partei: BN), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund des Akteninhaltes und des eigenen Vorbringens der Beschwerdeführerin steht folgender Sachverhalt fest:

Die 1937 geborene Beschwerdeführerin hat am 30. August 1966 vor dem Standesamt Salzburg mit dem Mitbeteiligten, einem deutschen Staatsbürger, die Ehe geschlossen und hat auf Grund der damals geltenden namensrechtlichen Gesetzeslage den Familiennamen "N" zu führen. Mit Wirkung vom 6. September 1971 hat die Beschwerdeführerin vor dem Standesamt Wilmersdorf (Berlin) erklärt, dem Familiennamen ihres Mannes ihren Familiennamen "C" hinzuzufügen; ab diesem Zeitpunkt war sie berechtigt, in der Bundesrepublik Deutschland den Familiennamen N-C zu führen. Am 19. April 1985 gab die Beschwerdeführerin vor dem selben Standesamt die Erklärung ab, daß für ihre Namensführung deutsches Recht angewendet werden soll. Nach dieser Erklärung führt die Beschwerdeführerin nun in der Bundesrepublik Deutschland den Familiennamen "C-N". Die Beschwerdeführerin ist seit 2. September 1986 als österreichische Staatsbürgerin in Steyr gemeldet und ist als Journalistin und Dozentin am X-Institut Z tätig.

Mit Eingabe vom 31. März 1989, ergänzt durch eine weitere Eingabe vom 10. Mai 1989, beantragte die Beschwerdeführerin beim Magistrat der Stadt Steyr die Namensänderung auf ihren Geburtsnamen "C". Sie begründete diesen Antrag damit, im österreichischen Paß laute der Name anders als in der Bundesrepublik Deutschland. Durch ihre Auslandstätigkeit am X-Institut seien durch die Namensverschiedenheit (hier "N" dort "C-N") "formale Schwierigkeiten" verbunden. Neben diesen "praktischen Problemen" sei ein weiterer Punkt der "Identitätsverlust", der ständig gegeben sei und der für eine Person, die ihre eigene Identität habe, eine psychische Belastung bedeute. Die Beschwerdeführerin habe beruflich immer unter ihrem Geburtsnamen als Journalistin gearbeitet und ihre Dissertation unter diesem Namen geschrieben; ihr Ehemann arbeite am selben Institut, wobei die Beschwerdeführerin auch bei eigenständiger Tätigkeit nicht im "Namensdunstkreis" ihres Mannes leben und arbeiten wolle. Sie wolle das gleiche Recht in Anspruch nehmen wie Männer, nämlich das persönliche Recht auf Führung ihres (Geburts-)Namens. Im übrigen habe sie im Hinblick auf die "mangelnde Namenswahlmöglichkeit" wegen Fehlens von Übergangsbestimmungen zu § 93 Abs. 1 und 3 ABGB für Altehen den Familiennamen nicht wählen können; dies bedeute eine Verletzung der Gleichberechtigung und Gleichheit vor dem Gesetz. Ansonsten wäre eine Namensänderung nur durch Scheidung möglich, was mit unzumutbaren wirtschaftlichen und sozialen Nachteilen verbunden wäre.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Steyr vom 20. Juni 1989 wurde gemäß § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z. 7 Namensänderungsgesetz 1988, BGBl. Nr. 195, der Antrag der Beschwerdeführerin auf Änderung ihres Familiennamens in ihren Geburtsnamen "C" abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit Schreiben vom 27. Juli 1989 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, Publikationen, die sie am X-Institut oder in Österreich unter dem Namen "N" veröffentlicht habe, vorzulegen. Desgleichen sollten auch wissenschaftliche Arbeiten ihres Ehemannes zur Einsicht zwecks Prüfung vorgelegt werden, ob tatsächlich eine Beeinträchtigung der Identität der Beschwerdeführerin durch den Namen "N" vorliege. Die Beschwerdeführerin teilte der belangten Behörde mit Schreiben vom 12. September 1989 mit, daß die Vorlage derartiger wissenschaftlicher Publikationen unter dem Namen "N" nicht möglich sei, da die gemeinsamen Tätigkeitsbereiche andere seien, der "Namensdunstkreis" des Mannes sei jedoch "allgegenwärtig".

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Oktober 1989 wurde die Berufung abgewiesen. Zur Begründung wurde nach Wiedergabe des § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Z. 7 Namensänderungsgesetz (NÄG) im wesentlichen ausgeführt, das Vorliegen eines unzumutbaren wirtschaftlichen Nachteiles sei von der Beschwerdeführerin nicht ausdrücklich, sondern lediglich im Zusammenhang mit der gedachten Alternative, nur durch eine Scheidung die erwünschte Namensänderung zu erlangen, geltend gemacht worden. Da ausschließlich tatsächliche Sachverhalte dem gesetzlichen Tatbestand zugeordnet werden könnten und wirtschaftliche Nachteile vorerst nicht glaubhaft gemacht worden und daher nicht als gegeben anzusehen seien, könne ein Namensänderungsbegehren nicht auf die vorerwähnte hypothetische Erwägung gestützt werden. Die geltend gemachten unzumutbaren Nachteile in den sozialen Beziehungen, wie der gemutmaßte und abgelehnte Identitätsverlust, erschienen wegen ihrer allzu subjektiven Natur als nicht ausreichend für die beantragte Namensänderung zu sein. Es dürfe nicht übersehen werden, daß den namensrechtlichen Bestimmungen in erster Linie eine Ordnungsfunktion zukomme und daß deren ausnahmsweise Durchbrechung ihre Grenze bei möglichster Berücksichtigung des "subjektiven Anspruchsbereiches" doch in der objektiven Betrachtungsweise der vorliegenden Beurteilungskriterien finde. Es sei daher die Meinung verfehlt, daß das Namensänderungsgesetz ausschließlich jeglichem subjektiven Interesse eines Antragstellers Rechnung zu tragen habe. Im Sinne der gebotenen objektiven Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes und Beweisanbotes habe sich die belangte Behörde veranlaßt gesehen, den beurteilbaren Bereich der sozialen Beziehungen auf die wissenschaftliche Tätigkeit des Ehepaares zu beschränken, in deren Rahmen die unterschiedliche Namensführung zweifellos von Bedeutung sein könne. Daß auch in diesem Bereich unzumutbare Nachteile zu befürchten seien, habe die Beschwerdeführerin allerdings nicht in ausreichendem Maße glaubhaft machen können. Es sei in diesem Zusammenhang zu bemerken, daß die Beschwerdeführerin im deutschen Rechtsbereich berechtigt sei, ihren Geschlechtsnamen "C" vor den gemeinsamen Familiennamen "N" zu setzen, wodurch auch im wissenschaftlichen Bereich ihrer Urheberschaft eindeutig bestimmbar sei. Eine ausreichende Begründung, daß infolge der namensrechtlichen Situation im österreichischen Rechtsbereich gravierende Nachteile bei Veröffentlichung wissenschaftlicher Werke eingetreten seien, sei die Beschwerdeführerin schuldig geblieben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Rechtsanspruch auf Namensänderung verletzt. (Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung einer gegen denselben Bescheid gerichteten und auf Art. 144 B-VG gestützten Beschwerde mit Beschluß vom 27. Februar 1990, B 113/90, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.)

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 NÄG ist eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens auf Antrag zu bewilligen, wenn ein wichtiger Grund im Sinne des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung einen österreichischen Staatsbürger betrifft. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 und 7 liegt ein wichtiger Grund für die Änderung des Familiennamens vor, wenn der Antragsteller den Familiennamen erhalten will, den er bisher in gutem Glauben, dazu berechtigt zu sein, geführt hat, oder der Antragsteller glaubhaft macht, daß die Änderung des Familiennamens notwendig ist, um unzumutbare Nachteile in wirtschaftlicher Hinsicht oder in seinen sozialen Beziehungen zu vermeiden und diese Nachteile auf andere Weise nicht abgewendet werden können.

Gemäß § 93 Abs. 1 ABGB haben die Ehegatten den gleichen Familiennamen zu führen. Dieser ist der Familienname eines der Ehegatten, den die Verlobten vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder in öffentlich beglaubigter Urkunde als gemeinsamen Familiennamen bestimmt haben. Mangels einer solchen Bestimmung wird der Familienname des Mannes gemeinsamer Familienname. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat derjenige Ehegatte, der nach Abs. 1 den Familiennamen des anderen Ehegatten als gemeinsamen Familiennamen zu führen hat, hiebei das höchstpersönliche Recht, seinen bisherigen Familiennamen unter Setzung eines Bindestrichs nachzustellen. Er hat das Recht zu verlangen, daß er in Urkunden aller Art mit diesem Doppelnamen bezeichnet wird. Die Führung der Personenstandsbücher und die Ausstellung von Personenstandsurkunden werden durch diese Anordnung nicht berührt.

Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, im Hinblick auf die durch die deutsche Gesetzgebung eingeräumte Möglichkeit auf Grund des § 1355 BGB sei die Beschwerdeführerin zumindest für den deutschen Bereich in der Lage gewesen, ihren Geburtsnamen vor den Ehenamen zu stellen. Um eine Angleichung an die deutschen Verhältnisse auch in Österreich zu erreichen, habe für sie lediglich die Möglichkeit bestanden, auf Grund des neuen Namensänderungsgesetzes den dem Bescheid zu Grunde liegenden Antrag zu stellen. Sie habe den Namen "C-N" in Österreich gutgläubig verwendet.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin in Österreich den Namen "C-N" gutgläubig verwendet hat, weil die Beschwerdeführerin laut ihrem Antrag eine Namensänderung auf ihren Geburtsnamen "C" allein anstrebt. Daß sie ihren Geburtsnamen allein gutgläubig verwendet habe, hat aber die Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde dargetan. Entgegen den Beschwerdeausführungen kann auch zufolge der Antragstellung kein Interesse der Beschwerdeführerin an einer einheitlichen Namensführung erblickt werden. Der Fall des § 2 Abs. 1 Z. 4 NÄG liegt daher nicht vor. Wie die Beschwerdeführerin richtig erkannt hat, geht das österreichische Familienrecht vom Prinzip der Einheitlichkeit des Ehenamens (§ 93 Abs. 1 ABGB) - abgesehen von den im § 93 Abs. 2 ABGB vorgesehenen Abweichungen - aus. Das Fehlen einer dem deutschen Recht (§ 1355 BGB) nachgebildeten Übergangsregelung (gemeint wohl die nicht vollständige Übereinstimmung der deutschen und österreichischen Rechtslage) ist kein Grund für eine Namensänderung; eine Änderung des Familiennamens aus diesem Grunde würde eine Umgehung von Rechtsvorschriften darstellen, was ein Versagungsgrund der angestrebten Bewilligung wäre (§ 3 Z. 1 NÄG).

Die Beschwerdeführerin behauptet ferner, sie habe durch ihre Hinweise, daß sie einen deutschen Paß mit dem Namen "C-N" besitze und sie und ihr Ehemann am X-Institut wissenschaftlich tätig seien und daher eine Verwechslungsmöglichkeit bestünde, auch wenn sich die Arbeitsgebiete nicht unbedingt immer deckten, glaubhaft gemacht, die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Z. 7 NÄG seien gegeben. Die belangte Behörde verlange zu Unrecht Beweise durch die Vorlage von Publikationen. Auf Grund der Tatsache, daß die Beschwerdeführerin in Deutschland berechtigt sei, unter ihrem Geschlechtsnamen "C" zu publizieren, fühle sie sich in Österreich diskriminiert und habe damit die unzumutbaren Nachteile in wirtschaftlicher bzw. in sozialer Hinsicht glaubhaft gemacht.

Glaubhaftmachung (Bescheinigung) bedeutet die Behörde davon zu überzeugen, daß ein behaupteter Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht oder nicht verwirklicht ist. Die bloße Tatsache, daß der Name der Beschwerdeführerin im deutschen Reisepaß anders lautet als im österreichischen, läßt, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, die Notwendigkeit der Änderung des Familiennamens nicht glaubhaft erscheinen, um unzumutbare Nachteile in wirtschaftlicher Hinsicht oder in den sozialen Beziehungen der Beschwerdeführerin zu vermeiden (§ 2 Abs. 1 Z. 7 NÄG). Zur weiteren Behauptung der Beschwerdeführerin, daß sie und ihr Ehemann wissenschaftlich am selben Institut tätig seien und daher eine Verwechslungsmöglichkeit bestehe und die Beschwerdeführerin berechtigt sei, unter ihrem "Geschlechtsnamen C" in Deutschland zu publizieren, war die belangte Behörde durchaus berechtigt, die Beschwerdeführerin zur Mitwirkung an der Feststellung der Tatsache aufzufordern, ob und unter welchem Namen die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann publiziert haben. Damit hat die belangte Behörde die Beschwerdeführerin keineswegs zur Beweisführung darüber aufgefordert, ob die im § 2 Abs. 1 Z. 7 NÄG normierten Nachteile im Rahmen der beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin eingetreten sind oder nicht. Auch insoweit liegt die dem angefochtenen Bescheid angelastete Rechtswidrigkeit nicht vor.

Was schließlich die behauptete Diskriminierung der Beschwerdeführerin dadurch anlangt, daß sie in Deutschland unter ihrem Geburtsnamen "C" berechtigt ist zu publizieren, in Österreich aber nicht, und unter diesem Namen auch publiziert hat, ist folgendes zu sagen:

Auszugehen ist davon, daß nach der zitierten Gesetzesstelle ein wichtiger Grund zur Änderung des Familiennamens nur dann vorliegt, wenn die Namensänderung NOTWENDIG ist, um die im Gesetz angeführten Nachteile zu vermeiden und diese Nachteile auf andere Weise nicht abgewendet werden können. Zu beachten ist, daß sich die Beschwerdeführerin derzeit ihres Geburtsnamens bedient, was sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich (ausgenommen gegenüber Behörden) durchaus zulässig ist (vgl. Edelbacher, Namensrecht Seite 44 und 130). Rechtlich steht somit einer weiteren Verwendung des Geburtsnamens "C" durch die Beschwerdeführerin insbesondere im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer literarischen Tätigkeit keinerlei Hindernis entgegen. Die von der Beschwerdeführerin befürchteten Nachteile sind somit nicht gegeben. Daß die Beschwerdeführerin ein besonderes oder berechtigtes Interesse an der Führung ihres Geburtsnamens auch im Verkehr mit den Behörden hätte, hat sie selbst nicht behauptet.

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990010073.X00

Im RIS seit

07.11.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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