TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/19 90/19/0367

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Veröffentlicht am 19.11.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG;
VStG §9 Abs4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/19/0368 90/19/0369

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissärin Dr. Kral, über die Beschwerden des N. gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 28. Mai 1990, Zl. Ge-42800/6-1990/Pan/Lb, Ge-42809/6-1990/Pan/Lb und Ge-42818/6-1990/Pan/Lb, jeweils betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von je S 10.530,--, insgesamt S 31.590,--, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den drei im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheiden wurde der Beschwerdeführer jeweils für schuldig befunden, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der E.-Ges.m.b.H. zugelassen, daß in Ansehung eines jeweils namentlich genannten Lenkers die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes nicht eingehalten worden seien, wobei eine nähere Umschreibung der Einsatz-, Lenk- bzw. Ruhezeiten erfolgte. Der Beschwerdeführer habe dadurch jeweils Verwaltungsübertretungen nach näher zitierten Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes in Verbindung § 9 Abs. 1 VStG 1950 begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat beschlossen, die Beschwerden wegen des persönlichen, rechtlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, die belangte Behörde gehe davon aus, daß Irmtraud St. trotz der diesbezüglichen Behauptung des Beschwerdeführers nicht als "verantwortliche Beauftragte" für das gegenständliche Unternehmen bestellt worden sei. Die belangte Behörde habe in dieser Frage keine entsprechenden Ermittlungen vorgenommen.

In diesem Zusammenhang ist zunächst klarzustellen, daß die belangte Behörde - wie sich aus dem diesbezüglich eindeutigen, im Instanzenzug jeweils aufrechterhaltenen Spruch des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz ergibt - den Beschwerdeführer nicht etwa in Anwendung des § 9 Abs. 6 VStG 1950 für die in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen zur Verantwortung gezogen hat, was auch im Einklang mit der diesbezüglichen jeweiligen Begründung der angefochtenen Bescheide steht. Die davon abweichenden Ausführungen in den Gegenschriften sind unverständlich.

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen ......., sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Der Beschwerdeführer hatte in der Berufung gegen die jeweiligen Straferkenntnisse vorgebracht, "grundsätzlich" teile er mit, daß für den Bereich Arbeits- und Lenkzeiten Irmtraud St. bzw. Gerlinde K. "zuständig und verantwortlich" seien. Dies sei der Erstbehörde im Jahre 1987 schriftlich über Herrn Dr. H. mitgeteilt worden. Dieses Vorbringen war daher durchaus in die Richtung zu verstehen, daß sich der Beschwerdeführer auf die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten beruft, was nach der zitierten Bestimmung des § 9 Abs. 1 VStG 1950 (sofern nicht die Vorschrift des § 9 Abs. 6 leg. cit. über das vorsätzliche Nicht-Verhindern der Tat anzuwenden war) - die Richtigkeit der Behauptung des Beschwerdeführers vorausgesetzt - eine Bestrafung des Beschwerdeführers ausschloß. Die belangte Behörde hat dazu in der jeweiligen Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, Irmtraud St. sei nur bei der St.-GesmbH als verantwortliche Beauftragte bestellt worden. Für die gegenständliche Ges.m.b.H. sei eine solche Bestellung nicht nachgewiesen worden.

Zu Recht rügt allerdings der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang, daß sich die belangte Behörde für diese Annahme auf keine Ermittlungsergebnisse stützt. Vielmehr wäre es ihr aufgrund des dargestellten Vorbringens des Beschwerdeführers in der Berufung oblegen, an Hand entsprechender Sachverhaltsfeststellungen - zu denen, sollten sie nicht im Sinne des vom Beschwerdeführer Vorgebrachten sein, diesem gemäß § 45 Abs. 3 AVG 1950 Parteiengehör zu gewähren gewesen wäre - zu prüfen, ob diesem Vorbringen Berechtigung zukommt und dies in der (jeweiligen) Bescheidbegründung darzulegen. In diesem Zusammenhang sei allerdings zur Bestimmung des § 9 Abs. 4 VStG 1950 (welche die Voraussetzungen für den "verantwortlichen Beauftragten" regelt) gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG etwa auf das hg. Erkenntnis vom 14. April 1988, Zl. 87/08/0323, verwiesen.

Aufgrund des aufgezeigten Verfahrensmangels, bei dessen Unterbleiben die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, wobei es sich erübrigte, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990190367.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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