TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/20 90/18/0127

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Veröffentlicht am 20.11.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §61 Abs5;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
AVG §74 Abs2;
AVG §75;
VStG §24;
VStG §51;
VStG §64;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 29. März 1990, Zl. 04-25 Ma 2-1989/2, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 16. August 1989 wurde der Beschwerdeführer einer am 23. Mai 1989 begangenen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1983 schuldig erkannt und hiefür mit einer Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) bestraft.

Innerhalb der Berufungsfrist langte bei der Erstbehörde ein von der "N-KG" gezeichneter Schriftsatz mit folgendem wesentlichen Inhalt ein:

"Wir bestätigen den Erhalt des Straferkenntnisses und teilen ihnen dazu mit, daß es möglich ist, daß unser Lkw am 23. Mai 1989 für die Firma XY eingesetzt war.

Dieser Lkw hat ausschließlich ein Material aus unserer Schottergrube transportiert, wozu wir nach unserem Wissen jederzeit berechtigt sind. Sollten sie uns wieder sagen, daß wir Materialien aus unseren eigenen Schottergrube nicht mehr transportieren dürfen, so ersuchen wir um diesbezügliche Mitteilung, und würden wir in diesem Falle unsere Arbeitskräfte zur Verfügung stellen."

Die belangte Behörde wertete diesen Schriftsatz als Berufung des Beschwerdeführers, welcher sie mit dem Bescheid vom 29. März 1990 keine Folge gab und das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 mit einer Maßgabe bestätigte. Gleichzeitig wurden dem Beschwerdeführer Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Nach der zufolge § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden Bestimmung des § 63 Abs. 3 AVG 1950 haben schriftliche Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richten und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Zwar darf diese Bestimmung nicht formalistisch ausgelegt werden, die Berufung muß aber wenigstens erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1981, Slg. N.F. Nr. 10343/A).

Diesem Erfordernis kommt der von der belangten Behörde als Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis gewertete Schriftsatz nicht nach, weil daraus nicht ersichtlich ist, ob damit tatsächlich - wovon die belangte Behörde offensichtlich ausgeht - eine Abänderung des erstbehördlichen Straferkenntnisses im Sinne einer Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens oder bloß eine - worauf die Worte "so ersuchen wir um diesbezügliche Mitteilung" hindeuten - für das zukünftige Verhalten der unterzeichneten Kommanditgesellschaft maßgebliche Rechtsbelehrung erstrebt wird.

Es liegt somit - unabhängig davon, ob dieser Schriftsatz überhaupt dem Beschwerdeführer persönlich zuzurechnen ist - eine zulässige Berufung nicht vor, weshalb die belangte Behörde zu Unrecht eine materielle Berufungsentscheidung erließ. Da mit dieser Berufungsentscheidung dem Beschwerdeführer der Ersatz von Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt wurde, wurden durch diesen Vorgang auch subjektive öffentliche Rechte des Beschwerdeführers verletzt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Verbesserungsauftrag Ausschluß Berufungsverfahren Fehlen des begründeten RechtsmittelantragesBerufungsrecht Begriff des Rechtsmittels bzw der Berufung Wertung von Eingaben als BerufungenMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990180127.X00

Im RIS seit

20.11.1990

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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