TE Vfgh Erkenntnis 1988/3/14 V36/86, V22/87, V88/87, V22/88

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Veröffentlicht am 14.03.1988
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7010 Betriebszeiten, Ladenschluß

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs5
B-VG Art140 Abs1 / Sachentscheidung Wirkung
Tir LadenschlußV 1965 §2 Abs2
LSchG §3 Abs1 u Abs3

Leitsatz

Aufhebung des §2 Abs2 infolge Aufhebung des ihrer (einzigen) gesetzlichen Grundlage mit Erk. VfSlg. 11558/1987

Spruch

§2 Abs2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. Juni 1965 über die Regelung des Ladenschlusses an Werktagen (Tiroler Ladenschlußverordnung 1965), LGBl. Nr. 19/1965, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. November 1988 in Kraft.

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Beim VwGH sind zwei Verfahren anhängig, in denen der VwGH über die Rechtmäßigkeit von Strafbescheiden zu erkennen hat. Mit diesen Bescheiden wurden die Bf. beim VwGH einer Verwaltungsübertretung nach §2 Abs2 Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 schuldig erkannt; nach §5 dieser V wurden über sie gemäß §368 Z17 GewO 1973 Geld- bzw. Ersatzarreststrafen verhängt, weil sie ihre Verkaufsstellen an Samstagen über die vorgeschriebene Sperrzeit hinaus offengehalten hatten.

Aus Anlaß dieser Verfahren stellte der VwGH zu V36/86 und V22/8 Anträge an den VfGH, §2 Abs2 der Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 als gesetzwidrig aufzuheben.

b) Der Landeshauptmann von Tirol verteidigte die Gesetzmäßigkeit der vom VwGH angefochtenen Bestimmungen der V und stellte den Antrag, diese nicht als gesetzwidrig aufzuheben, in eventu für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistitischen Vorkehrungen zu ermöglichen.

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten erstattete eine Äußerung, enthielt sich jedoch einer Antragsellung.

2.a) Auch beim VfGH ist ein Verfahren zur Prüfung eines Bescheides des Landeshauptmanns von Tirol anhängig, mit dem die Bf. Übertretungen des §2 Abs2 Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 schuldig erkannt wurde und über sie nach §5 dieser V gemäß §368 Z17 GewO 1973 mehrere

Geldstrafen verhängt wurden, weil sie ihre Verkaufsstelle wiederholt an Samstagen über die vorgeschriebene Sperrzeit hinaus offengehalten hatte. Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu B 383/87 protokollierte Beschwerde, in welcher die Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, Unverletzlichkeit des Eigentums und Erwerbsausübungsfreiheit verletzt worden zu sein. Im besonderen rügt sie die Gesetzwidrigkeit des §2 Abs2 der Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 und die Verfassungswidrigkeit des Ladenschlußgesetzes.

Aus Anlaß dieser Beschwerdesache leitete der VfGH gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Abs2 des §2 der Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 ein. Dieses Verfahren it zu V88/87 protokolliert.

b) Der Landeshauptmann von Tirol teilte mit Schriftsatz vom 29. Jänner 1988 mit, daß er in diesem Verfahren von der Erstattung einer Äußerung absieht. Auch der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nahm - im Hinblick auf das Erkenntnis des VfGH vom 1. Dezember 1987, G132/87 - von einer Äußerung Abstand.

3. Mit Beschluß vom 25. Februar 1988 hat der VwGH aus Anlaß eines weitren bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens den (hier zu V22/88 protokollierten) Antrag gestellt, §2 Abs2 Tiroler Ladenschlußverordnung 1965 als gesetzwidrig aufzuheben. Der Landeshauptmann von Tirol und der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten haben erklärt von einer Äußerung Abstand zu nehmen.

II. 1. Die V des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. Juni 1965 über die Regelung des Ladenschlusses an Werktagen (Tiroler Ladenschlußverordnung 1965) erging auf Grund des Ladenschlußgesetzes, BGBl. 156/1958, in der Fassung der Ladenschlußgesetz-Nov., BGBl. 203/1964.

Sie enthält in §2 Bestimmungen über "Allgemeine Ladenschlußzeiten". Nach §2 Abs1 sind Verkaufsstellen an Werktagen außer Samstagen zu bestimmten Zeiten geschlossen zu halten. Sodann bestimmt der in Prüfung stehende §2 Abs2:

"An Samstagen gelten die im Abs1 bestimmten Aufsperrzeiten, jedoch sind alle Verkaufsstellen, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, an Samstagen ab 13.00 Uhr geschlossen zu halten."

2. Aus Anlaß der zu V36/86 und V22/87 protokollierten Anträge des VwGH sowie aus Anlaß der zu B383/87

protokollierten Beschwerdesache leitete der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen das Verfahren G132/87 (und Folgezahlen) zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Absätze 1 und 3 des §3 des Ladenschlußgesetzes, BGBl. 156/1958, ein; er hob diese Gesetzesstellen mit Erkenntnis vom 1. Dezember 1987 als verfassungswidrig auf und bestimmte, daß die Aufhebung mit 30. November 1988 in Kraft tritt (BGBl. 18/1988).

III. 1. Die Verordnungsprüfungsverfahren sind - wie sich aus den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses im Gesetzesprüfungsverfahren ergibt - zulässig.

2. Die in Prüfung stehende Verordnungsstelle findet ihre Grundlage - wie ebenfalls im Erkenntnis im Gesetzesprüfungsverfahren dargelegt wurde - in der als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen des §3 Abs1 und 3 LSchG und kann sich materiell auf keine andere Bestimmung des Ladenschlußgesetzes stützen. Da nach der Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 5373/1966) eine V als ohne gesetzliche Deckung erlassen anzusehen ist, wenn ihre gesetzliche Grundlage in einem Verfahren nach Art140 B-VG aufgehoben worden ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

3. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Verordnungsstelle war im Hinblick darauf erforderlich, daß der VfGH für das Außerkrafttreten der zugrundeliegenden Gesetzesbestimmungen eine Fri

Schlagworte

Gewerberecht, Ladenschluß, VfGH / Aufhebung Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:V36.1986

Dokumentnummer

JFT_10119686_86V00036_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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