TE Vwgh Erkenntnis 1990/11/26 90/12/0226

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Veröffentlicht am 26.11.1990
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Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §10;
DO Wr 1966 §54a Abs1 idF 1979/026;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der N gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 19. Juni 1990, Zl. MA 2/99/89, betreffend Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses gemäß § 54a der Dienstordnung der Stadt Wien, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stand seit 1. Jänner 1985 in einem vertraglichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien und wurde mit Bescheid vom 29. Oktober 1985 mit Wirksamkeit zum 1. Jänner 1986 als Fachbeamtin der gehobenen medizinisch-technischen Dienste der Verwendungsgruppe B der Dienstordnung 1966 unterstellt, womit ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien begründet wurde. Auf Grund ihrer Ausbildung ist sie berechtigt, die Berufsbezeichnung Diplomierte Röntgenassistentin zu führen und den Radiologisch-Technischen Dienst auszuüben.

Mit Bescheid vom 23. August 1989 sprach der Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 2) aus, das Dienstverhältnis zur Stadt Wien werde gemäß § 54a Abs. 1 und 4 der Dienstordnung 1966 (DO 1966) mit Ablauf von zwei Monaten ab Zustellung des Bescheides gekündigt. Der Beschwerdeführerin gebühre eine Abfertigung im Ausmaß von vier Monatsbezügen. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, die Kündigung falle in die Probedienstzeit der Beschwerdeführerin. Sie habe sich 1985 72 Tage, 1986 15 Tage, 1987 48 Tage und 1988 124 Tage im Krankenstand befunden und sei seit 9. Jänner 1989 laufend krank. Auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens der Magistratsabteilung 15 - Amtsärztliche Untersuchungsstelle vom 28. April 1989 sei eine ersprießliche Dienstleistung als Fachbeamtin der gehobenen medizinisch-technischen Dienste bei der Beschwerdeführerin nicht mehr zu erwarten. Mit Schreiben vom 28. Juli 1989 sei der Beschwerdeführerin das Parteiengehör eingeräumt worden, doch habe sie innerhalb der zweiwöchigen Frist keine Stellungnahme abgegeben. Eine ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstpflichten sei von der Beschwerdeführerin nicht mehr zu erwarten, weshalb die Kündigung habe ausgesprochen werden müssen.

In ihrer Berufung gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid rügte die Beschwerdeführerin in erster Linie die Mangelhaftigkeit des Gutachtens und im Zusammenhang damit die unzureichende Gewährung des Parteiengehörs. Die früheren Krankenstände der Beschwerdeführerin und ihre derzeitige Erkrankung seien ausschließlich auf die besondere Belastung durch den Dienst in einer Krebsstation zurückzuführen. Die Beschwerdeführerin sei speziell bei einer möglichen und gebotenen Verwendung in einer für sie psychisch weniger belastenden Abteilung für die weitere Berufsausübung geeignet und befähigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß eine Abfertigung im Ausmaß von fünf Monatsbezügen gebühre. Begründend wird im wesentlichen nach Darstellung des Verfahrensganges ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei eine Ablichtung des Gutachtens der amtsärztlichen Untersuchungsstelle vom 28. April 1989 zur Kenntnisnahme übermittelt worden. Trotz Kenntnis des Gutachtens habe die Beschwerdeführerin kein Vorbringen erstattet, das dessen Schlüssigkeit erschüttert hätte. Die Behörde halte dieses Gutachten für schlüssig. Es enthalte Befund, Diagnose und Gutachten. Auch das Zusatzgutachten des Dr. S lasse die Schlußfolgerungen des Gutachtens erkennen.

Zur Frage, ob die Beschwerdeführerin die Eignung und Befähigung für die weitere Berufsausübung besitze, sei ein weiterer Sachverständigenbeweis erhoben worden. Das Gutachten der Magistratsabteilung 15 - Amtsärztliche Untersuchungsstelle vom 7. Dezember 1989 stelle fest, daß die Beschwerdeführerin für die Verwendung an einer anderen Abteilung nicht geeignet wäre. Dazu habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, dieses Gutachten sei für den Nichtfachmann unverständlich und es fehlten Angaben darüber, "welche (für den Dienst erforderliche) Fähigkeiten als Folge der diagnostizierten Gesundheitsbeeinträchtigungen anzunehmen seien". Dazu wird in der Bescheidbegründung erwidert, daß die Gutachten der Magistratsabteilung 15 als Einheit zu betrachten seien und auch das Gutachten des Dr. S entsprechende Angaben enthalte. Unbestritten stehe fest, daß die Beschwerdeführerin vom 9. Jänner bis 25. April 1990 wegen Dienstunfähigkeit keinen Dienst versehen habe. Eine Dienstantrittsmeldung nach dem 25. April 1990 sei der Berufungsbehörde nicht zugekommen. Im Jahre 1987 habe die Berufungswerberin 59 Tage und im Jahr 1988 insgesamt 114 Tage infolge Krankenstandes gefehlt. Allein diese Krankenstände rechtfertigten für sich allein die Kündigung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Gemäß § 54a Abs. 1 des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien

(Dienstordnung 1966 - DO 1966), LGBl. für Wien Nr. 37/1967 in der Fassung LGBl. Nr. 26/1979 kann die Gemeinde Wien das Dienstverhältnis während der Probedienstzeit durch Kündigung auflösen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu Kündigungen provisorischer öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse erkennt, hat die gesetzliche Einrichtung des provisorischen Dienstverhältnisses den Zweck, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst zu prüfen und nur Beamte in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im allgemeinen wie in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, gestellt werden müssen. Es ist gerade die Zweckbestimmung des der Definitivstellung des öffentlich-rechtlichen Bediensteten vorgeschalteten provisorischen Dienstverhältnisses, den Beamtennachwuchs einmal mehr in der Weise sieben zu können, daß alle sich nicht voll bewährenden Amtsträger noch vor Erlangung einer unkündbaren Stellung von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eignen, ausgeschlossen werden (vgl. etwa Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1975, Zl. 611/75, Slg. N.F. Nr. 8905 A).

Im Beschwerdefall hat die Amtssachverständige schon in ihrem Gutachten vom 28. April 1989 auf Grund eigener Befundaufnahme und eines Befundes der psychiatrischen Universitätsklinik vom 27. August 1988 die Diagnose erstellt, bei der Beschwerdeführerin bestünden ein neurotisch depressives Zustandsbild, labile Hypertonie und Alkoholkonsum. Ihr Gutachten lautete dahin, die Beschwerdeführerin sei derzeit nicht dienstfähig. Eine ersprießliche Dienstleistung als Fachbedienstete des gehobenen medizinisch-technischen Dienstes sei wegen neurotisch depressiver Verstimmung nicht mehr zu erwarten. Dieses Gutachten wurde im Berufungsverfahren durch ein weiteres amtsärztliches Gutachten vom 7. Dezember 1989 ergänzt. Dieses Ergänzungsgutachten erstellt auf Grund erneuerter Befundaufnahme die Diagnose: "Neurot.depressives Zustandsbild, Chron. Alkoholmißbrauch, Organ. Psychosyndrom" und gelangt danach zum Gutachten:

"Auf Grund d. Depressionen und des Alkoholabusus erscheint Frau N. derzeit für eine Verwendung an einer anderen Abteilung nicht geeignet. Eine Besserung d. Zustandsbildes und damit eine Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit ist nur bei entsprechender Kooperation von Frau N. mit stationärer Entzugsbehandlung und konsequenter psych. Betreuung möglich."

In ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten brachte die Beschwerdeführerin vor, das Gutachten sei nicht schlüssig, weil es für einen Nichtmediziner nicht nachvollziehbar sei. Es enthalte keine Angaben darüber, "welche Fähigkeiten als Folge der diagnostizierten Gesundheitsbeeinträchtigungen anzunehmen" seien, sodaß die rechtliche Beurteilung, ob Eignung und Befähigung zu einer entsprechenden Dienstleistung vorhanden seien, nicht beantwortet werden könne. Sie beantragte eine Gutachtensergänzung in diesem Sinn zu veranlassen.

Weiters stellte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zur Gewährung des Parteiengehörs das amtsärztliche Gutachten vom 28. April 1989 samt Ergänzungsgutachten des Dr. S in Ablichtung zu und eröffnete ihr die Möglichkeit, binnen einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben, die die Beschwerdeführerin aber ungenützt verstreichen ließ.

Geht man von diesem Sachverhalt aus, so erweist sich die Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin schon deshalb als unbegründet, weil die Beschwerdeführerin den von der belangten Behörde eingeholten Gutachten der Amtssachverständigen nicht auf gleichem fachlichen Niveau entgegen getreten ist, obwohl sie im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit gehabt hätte, durch Einholung eines allfälligen Gegengutachtens die mangelnde Schlüssigkeit der Gutachten unter Beweis zu stellen. Die Beschwerdeführerin rügt in diesem Zusammenhang, die entscheidende Frage des Einflusses der besonderen Arbeitsbedingungen auf einer Krebsstation werde in den Gutachten nicht erörtert, sie verkennt aber nicht, daß im zweiten Gutachten auch ihre Darstellung, die Krankenstände seien wegen Depressionen auf Grund ihrer Arbeit in einer Krebsstation hervorgerufen worden, wiedergegeben wird. Diese mögliche Ursache der Depressionen der Beschwerdeführerin ist aber für das Ergebnis der Begutachung nicht von Bedeutung. Die von der Beschwerdeführerin beantragte ergänzende Begutachtung dahingehend, "welche für den Dienst erforderliche Fähigkeiten als Folge der diagnostizierten Gesundheitsbeeinträchtigungen anzunehmen seien", erübrigte sich aber schon deshalb, weil nach den übereinstimmenden Gutachten klargestellt ist, daß die Beschwerdeführerin infolge des festgestellten Krankheitszustandes nicht nur vorübergehend dienstunfähig war. Dies ergibt sich auch aus den unbestritten festgestellten lang dauernden Krankenständen der Beschwerdeführerin vor Ausspruch der Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses und in der Folge.

Soweit die Beschwerdeführerin weiters ausführt, sie wäre ihrer Überzeugung nach imstande gewesen - und sei dies weiterhin - sowohl die Depressionen wie auch das Alkoholproblem zu bewältigen und anstandslos eine volle und befriedigende Dienstleistung zu erbringen, wenn ihr der Dienstgeber je zu erkennen gegeben hätte, daß er bereit sei, sie auf eine Weise zu verwenden, bei der wenigstens das Durchschnittsmaß an depressionsverstärkenden Arbeitsbedingungen nicht überschritten werde, so muß ihr entgegen gehalten werden, daß ein Anspruch auf einen anderen Arbeitsplatz im Falle der Krankheit aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden kann (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1988, Zl. 88/12/0120). Da eine solche Verpflichtung des Dienstgebers, wie sie die Beschwerdeführerin behauptet, dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, liegt auch die von ihr diesbezüglich geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Inhaltes nicht vor.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990120226.X00

Im RIS seit

21.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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