TE Vwgh Erkenntnis 1990/12/18 89/08/0248

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Veröffentlicht am 18.12.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
69/03 Soziale Sicherheit;

Norm

ASVG §17 Abs4;
ASVG §17 Abs6;
AVG §13a;
SozVersAbk Jugoslawien 1966 Art18 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des P gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 24. Juli 1989, Zl. 124.221/2-7/1989, betreffend freiwillige Weiterversicherung (mitbeteiligte Partei:

Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 16. November 1988 lehnte die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des Beschwerdeführers vom 29. April 1988 auf Zuerkennung einer Invaliditätspension ab, da die Wartezeit nicht erfüllt sei.

Nach der Begründung sei der Anspruch auf eine Pensionsleistung an die allgemeine Voraussetzung geknüpft, daß am Stichtag die Wartezeit erfüllt sei. Für die Erfüllung der Wartezeit seien die Versicherungszeiten aus allen Vertragsstaaten zu berücksichtigen. Die Wartezeit wäre erfüllt, wenn der Beschwerdeführer a) im Zeitraum vom 1. Mai 1978 bis 30. April 1988 - dies sei der Zeitraum der letzten

120 Kalendermonate vor dem Stichtag (1. Mai 1988) - mindestens 60 Versicherungsmonate, oder b) bis zum Stichtag insgesamt 204 Versicherungsmonate - davon mindestens 180 Beitragsmonate - erworben hätte. Der Beschwerdeführer habe ab 29. Juli 1953 174 Beitragsmonate und 3 Ersatzmonate, somit insgesamt 177 Versicherungsmonate erworben. Mit diesen Versicherungszeiten habe er die erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er zum Stichtag 1. Mai 1988 anstelle der Mindestanzahl von Versicherungs- bzw. Beitragsmonaten nach

a)

im angeführten Zeitraum keinen Versicherungsmonat bzw. nach

b)

nur 177 Versicherungsmonate (davon nur 174 Beitragsmonate) erworben habe. Sein Antrag sei daher abzulehnen gewesen.

1.2. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 1988 hat der Beschwerdeführer diesen ablehnenden Bescheid zur Kenntnis genommen. Gleichzeitig ersuchte er um Überprüfung der Möglichkeit, ob ihm noch drei zusätzliche Ersatzmonate, die ihm für die Mindestanzahl von 180 Versicherungsmonaten fehlten, zuerkannt werden könnten. Er erklärte sich auch bereit, zusätzlich Beitragszahlungen zu entrichten.

Mit Bescheid vom 19. Jänner 1989 lehnte die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des Beschwerdeführers auf Weiterversicherung gemäß § 17 ASVG in der Pensionsversicherung der Arbeiter ab.

In der Begründung verwies sie auf den Umstand, daß der Beschwerdeführer zuletzt bis 25. Mai 1976 pflichtversichert gewesen sei. Gemäß § 17 Abs. 4 ASVG müsse das Recht auf Weiterversicherung bis zum Ende des sechsten auf das Ausscheiden aus der Pflichtversicherung bzw. auf das Ende des Anspruches auf die laufende Leistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung folgenden Monates geltend gemacht werden. Diese Frist laufe im Fall des Beschwerdeführers (unter Ausschöpfung aller gesetzlichen Möglichkeiten zur Fristverlängerung gemäß § 17 Abs. 5 und § 410 Z. 1 oder 2 ASVG) bis 30. November 1976. Gemäß § 17 Abs. 6 ASVG entfalle das Erfordernis der Erfüllung dieser Voraussetzung, wenn 120 Versicherungsmonate in der gesetzlichen Pensions- (Renten)versicherung nachgewiesen würden. In einem solchen Fall könne das Recht auf Weiterversicherung jederzeit geltend gemacht oder eine beendete Weiterversicherung erneuert werden. Der Beschwerdeführer habe bisher 120 Versicherungsmonate in der österreichischen Pensionsversicherung noch nicht erworben, da jugoslawische Versicherungszeiten hiefür gemäß Art. 18 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit (in der Folge: Abkommen über Soziale Sicherheit) hiefür nicht berücksichtigt werden könnten. Der Antrag des Beschwerdeführers sei daher wegen Verspätung abzulehnen.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Einspruch erhoben.

1.3. Mit Bescheid vom 25. April 1989 wies der Landeshauptmann von Wien den Einspruch des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt.

In der Begründung verwies der Landeshauptmann zunächst auf § 17 Abs. 4 ASVG, wonach der Antrag auf freiwillige Weiterversicherung innerhalb von längstens sechs Monaten nach Ausscheiden aus der Pflichtversicherung gestellt werden könne. Da der Beschwerdeführer am 25. Mai 1976 aus der österreichischen Pflichtversicherung ausgeschieden sei, habe die Frist zur Antragstellung für ihn am 25. November 1976 geendet. § 17 Abs. 6 ASVG ermögliche hingegen eine jederzeitige Antragstellung auf freiwillige Weiterversicherung, wenn mindestens 120 Versicherungsmonate erworben worden seien. Der Beschwerdeführer habe nur insgesamt 31 Versicherungsmonate in der österreichischen Pensionsversicherung aufzuweisen. Seine jugoslawischen Versicherungszeiten seien gemäß Art. 18 Abs. 1 des Abkommens über Soziale Sicherheit zur Erlangung der Berechtigung der Antragstellung auf freiwillige Weiterversicherung nicht anrechenbar. Die Voraussetzungen zur Weiterversicherung seien daher nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben.

1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der Bescheid des Landeshauptmannes bestätigt.

Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer zuletzt am 25. Mai 1976 pflichtversichert gewesen. Gemäß § 17 Abs. 4 ASVG hätte der Antrag auf freiwillige Weiterversicherung längstens bis Ende des sechsten Monates nach dem Ausscheiden der Pflichtversicherung, das wäre im Beschwerdefall bis 30. November 1976, gestellt werden müssen. Der Beschwerdeführer habe einen entsprechenden Antrag jedoch erst am 29. April 1988 gestellt. Eine jederzeitige Antragstellung auf freiwillige Weiterversicherung wäre gemäß § 17 Abs. 6 ASVG möglich gewesen, wenn der Beschwerdeführer mindestens 120 Versicherungsmonate erworben hätte. Da er jedoch nur 31 Versicherungsmonate aufweise, müßte sein Antrag abgewiesen werden.

1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

1.6. Die belangte Behörde, die von der Erstattung der Gegenschrift Abstand nahm, hat die Verwaltungsakten vorgelegt. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt hat hingegen eine Gegenschrift erstattet, in der sie - ohne ein Kostenbegehren zu stellen - die Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. § 17 Abs. 4 ASVG in der Fassung der 35. Novelle BGBl. 1980/585 bestimmt:

"(4) Das Recht auf Weiterversicherung ist bis zum Ende des sechsten auf das Ausscheiden aus der Pflichtversicherung bzw. auf das Ende des Anspruches auf die laufende Leistung folgenden Monates geltend zu machen. In den Fällen, in denen gemäß § 410 Abs. 1 Z. 1 oder 2 ein Bescheid zu erlassen ist, beginnt diese Frist mit dem rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens."

§ 17 Abs. 6 ASVG in der Fassung der genannten Novelle lautet auszugsweise:

"(6) Personen, die in einer oder mehreren der im Abs. 1 lit. a genannten Pensions(Renten)versicherungen, in der Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz oder in der Pensionsversicherung nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz 120 Versicherungsmonate erworben haben, können das Recht auf Weiterversicherung jederzeit geltend machen oder eine bendete Weiterversicherung erneuern..."

Art. 18 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit, BGBl. 1966/289, in der hier anzuwendenden Fassung VOR Inkrafttreten des zweiten Zusatzabkommens, BGBl. 1989/269, hat folgenden Inhalt:

"(1) Galten für einen Versicherten nacheinander oder abwechselnd die Rechtsvorschriften der beiden Vertragsstaaten, so werden für den Erwerb, die Aufrechterhaltung und das Wiederaufleben des Leistungsanspruches die nach den Rechtsvorschriften der beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten zusammengerechnet, soweit sie sich nicht überschneiden. In welchem Ausmaß und in welcher Weise Versicherungszeiten zu berücksichtigen sind, richtet sich nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Versicherung diese Zeiten zurückgelegt worden sind."

2.2. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, seinen Antrag auf Weiterversicherung in der Pensionsversicherung innerhalb der im § 17 Abs. 4 ASVG genannten Frist gestellt zu haben. Auch das Fehlen der gemäß § 17 Abs. 6 ASVG erforderlichen 120 Versicherungsmonate wird von ihm nicht in Abrede gestellt. Gerügt wird lediglich, die belangte Behörde habe tragende Grundsätze des Verwaltungsverfahrens außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre. Für den Beschwerdeführer sei aus den ihm zugestellten Bescheiden nicht ersichtlich gewesen, in welcher Form und zu welchem Zweck der von ihm am 29. April 1988 gestellte Antrag zweigeteilt und warum nicht in einem einzigen Bescheid über beide Anträge gemeinsam entschieden worden sei. Aus dieser Unkenntnis heraus habe der Beschwerdeführer nur gegen den Bescheid der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt vom 19. Jänner 1989 ein Rechtsmittel eingebracht.

Auf dieses Vorbringen ist zu erwidern, daß der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 29. April 1988 bei der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt einen Antrag auf Invaliditätspension gestellt hat. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 16. November 1988 abgelehnt, da die Wartefrist nicht erfüllt sei. In einer ausführlichen Rechtsmittelbelehrung wurde dabei auf das Klagerecht beim Arbeits- und Sozialgericht hingewiesen.Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 1988 hat der Beschwerdeführer den Bescheid vom 16. November 1988 ausdrücklich zur Kenntnis genommen und um Prüfung ersucht, ob er die fehlenden Versicherungsmonate nachträglich erwerben könne. Mit Bescheid vom 15. Jänner 1989 wurde auch dieser Antrag abgelehnt, wobei die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt offenbar davon ausging, bereits der ursprüngliche Antrag des Beschwerdeführers vom 29. April 1988 beinhalte auch einen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung, weshalb sie in ihren Bescheid nur diesen Antrag zitierte. Weshalb aus dieser vom Beschwerdeführer bezeichneten "Zweiteilung" seiner Anträge eine Unkenntnis über etwaige Rechtsmittel resultieren solle, ist schon im Hinblick auf die jeweiligen Rechsmittelbelehrungen nicht ersichtlich.

2.3. Wenn der Beschwerdeführer ferner rügt, er habe entgegen der Bestimmung des § 13 a AVG 1950 keine bzw. eine unvollständige Belehrung darüber erhalten, daß eine Antragstellung auf Weiterversicherung gemäß § 17 Abs. 4 ASVG nur innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Ausscheiden aus der Pflichtversicherung möglich sei, so ist auch dies nicht geeignet, seiner Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Nach dem durch die Novelle BGBl. 1982/199 eingeführten § 13a AVG 1950 hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren. Eine solche Belehrung des Beschwerdeführers, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht in der Sache selbst zu erteilen ist, sondern sich auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten zu beschränken hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom 30. Jänner 1985, 84/03/0394, 0395), kam im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der Pflichtversicherung (25. Mai 1976) schon mangels Bestehen eines entsprechenden Verwaltungsverfahrens gar nicht in Frage. Abgesehen davon war in diesem Zeitpunkt die Notwendigkeit einer etwaigen Weiterversicherung noch gar nicht absehbar.

2.4. Was das weitere Vorbringen anlangt, der Beschwerdeführer habe sich auf Grund seines Antrages auf Invaliditätspension einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen gehabt, obwohl eine Klärung seiner Anspruchsvoraussetzungen auch ohne eine solche möglich gewesen wäre, so mag es zutreffen, daß dadurch ein unnötiger und unzweckmäßiger Aufwand verursacht worden ist. Inwiefern der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist, ist jedoch weder ersichtlich noch vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen.

Wie von den Behörden des Verwaltungsverfahrens zutreffend erkannt - und in der Beschwerde auch nicht mehr bekämpft - wurde, ermöglicht der im Kapitel 2 des Abkommens über Soziale Sicherheit ("Pensionsversicherung") enthaltene Art. 18 eine Zusammenrechnung der österreichischen mit den jugoslawischen Versicherungszeiten ausschließlich für die (leistungsrechtlichen) Fragen des Erwerbes, der Aufrechterhaltung und des Wiederauflebens eines LEISTUNGSANSPRUCHES, nicht aber für die Herstellung der Voraussetzungen der freiwilligen Weiterversicherung in der Pensionsversicherung.

2.5. Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 1989/206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989080248.X00

Im RIS seit

13.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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