TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/14 90/15/0070

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Veröffentlicht am 14.01.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §215 Abs4;
BAO §239;
BAO §241 Abs2;
BAO §241 Abs3;
B-VG Art144 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Schubert und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch über die Beschwerde der X-AB in Schweden gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. November 1989, Zl. GA 11-1363/2/89, betreffend Zurückweisung eines Rückzahlungsanspruches gemäß § 241 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer vom 10. Februar 1989 datierten und am 13. Februar 1989 bei der Erstbehörde eingelangten, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien vom 12. Jänner 1988 erhobenen Berufung (welche Angelegenheit Gegenstand des hg. Verfahrens 90/15/0069 war und mit hg. Erkenntnis vom 26. November 1990 entschieden wurde) stellte die Beschwerdeführerin Anträge auf Rückzahlung einerseits eines behaupteten "Guthabens" von S 130,--, betreffend zuviel entrichtete Stempelgebühr auf einem Notariatsakt vom 7. Juni 1984, und andererseits von S 300,-- (dreimal S 100,--) Stempelgebühr auf einer dem erwähnten Notariatsakt angeschlossenen Vollmacht vom 7. November 1983, die am 14. und 17. November 1983 beglaubigt worden war.

Den ersten ihrer beiden Anträge begründete die Beschwerdeführerin damit, daß seit der Errichtung und Anzeige der Urkunde noch nicht mehr als fünf Jahre, wohl aber mehr als drei Jahre verstrichen seien. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, daß die Behörde berechtigt sei, ihrer Ansicht nach fehlende Gebühren fünf Jahre lang nachzufordern, die Partei hingegen nur drei Jahre lang eine ihrer Ansicht nach zuviel entrichtete Gebühr zurückfordern könne.

Den zweiten Antrag begründete die Beschwerdeführerin damit, daß sich die S 300,-- Bundesstempel auf einer Vollmacht befänden, die einem Notariatsakt angeschlossen gewesen sei und von der solcherart in Österreich kein amtlicher Gebrauch gemacht worden sei.

Mit Bescheid vom 27. Juni 1989 wies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien das Ansuchen um Rückerstattung gemäß § 241 Abs. 3 BAO mit der Begründung als verspätet zurück, die in Rede stehenden Gebühren seien schon in den Jahren 1983 und 1984 entrichtet worden, der Rückerstattungsantrag hingegen stamme vom 10. Februar 1989.

Die dagegen mit der Begründung, es sei gleichheitswidrig, Rückforderungsanträge der Abgabenpflichtigen mit drei Jahren zu begrenzen und andererseits der Finanzverwaltung Nachforderungen fünf Jahre lang zu ermöglichen, erhobene Berufung wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie vertrat darin einerseits die Auffassung, durch die Vorlage der Vollmacht des Beschwerdeführers im Erstattungsverfahren sei jedenfalls die von der Beschwerdeführerin bestrittene Steuerschuld ausgelöst worden, andererseits erachtete die belangte Behörde das in der Berufung ausschließlich vorgebrachte Argument der Gleichheitsverletzung für nicht gegeben, weil als verfahrensrechtlicher Maßstab für die Frist des § 241 Abs. 3 BAO nicht die Verjährungsfristen heranzuziehen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Rückerstattung des vorhandenen Gebührenguthabens verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 241 BAO lautet auszugsweise:

"(2) Wurden Wertzeichen (Stempelmarken) in der Absicht verwendet, eine Abgabe zu entrichten, so ist der entrichtete Betrag, soweit eine Abgabenschuld nicht besteht, von der zur Erhebung der Abgabe zuständigen Abgabenbehörde auf Antrag zurückzuzahlen.

(3) Anträge nach Abs. 1 und 2 können bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres gestellt werden, das auf das Jahr folgt, in dem der Betrag zu Unrecht entrichtet wurde."

Insoweit das Vorbringen der Beschwerdeführerin, ergänzt in der Replik auf die Gegenschrift der belangten Behörde, auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren darauf beharrt, es lägen die schon in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken vor, braucht mit Rücksicht darauf, daß der für die Beurteilung der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen zuständige Verfassungsgerichtshof mit der Angelegenheit ohnehin befaßt war und die Behandlung der Beschwerde abgelehnt hat, auf diese Fragen ungeachtet des Beschwerdestandpunktes nicht mehr eingegangen zu werden.

Im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden Prüfung der behaupteten einfachgesetzlichen Rechtswidrigkeit ist der Beschwerdeführerin zunächst zu entgegnen, daß ihr hinsichtlich des mit dem hg. Erkenntnis vom 26. November 1990, Zl. 90/15/0069, entschiedenen Falles einer Bogengebühr wegen des Fehlens eines Anwendungsfalls des § 213 BAO niemals ein Guthaben im Sinne der §§ 239 Abs. 1 und 215 Abs. 4 BAO zustand (vgl. dazu insbesondere Stoll, BAO-Handbuch Seite 594 sowie die hg. Erkenntnisse vom 18. April 1990, Zl. 89/16/0203, und vom 26. September 1985, Zl. 85/14/0123). Eine Argumentation aus der für Guthaben im Sinne des § 215 Abs. 4 BAO geltenden Regel des § 239 leg. cit. in Fällen des § 241 Abs. 2 BAO, welche Bestimmung eine Sondervorschrift für ohne Bestehen einer Abgabenschuld entrichtete Wertzeichen (Stempelmarken) darstellt, ist daher verfehlt. Die von der Beschwerdeführerin eingeschlagenen Interpretationsversuche sind sämtlich abzulehnen, weil sie dazu führten, der Bestimmung des § 241 Abs. 3 BAO jeglichen Anwendungsbereich zu nehmen.

Entscheidend ist im vorliegenden Fall - wie es die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vollkommen zu Recht betont - allein der Umstand, daß der streitgegenständliche Rückzahlungsantrag verfristet war. Die belangte Behörde hat daher ihren Bescheid nicht mit der von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtswidrigkeit belastet, weil fristgebundene Anträge, die nicht innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist gestellt werden, die mit ihnen verfolgten Rechtswirkungen nicht auszulösen vermögen; bei der Frist gemäß § 241 Abs. 3 BAO handelt es sich nämlich, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. November 1964, Zl. 1147/64 Slg. N.F. 3189/F, dargetan hat, um eine Ausschlußfrist, mit deren ungenütztem Verstreichen der entsprechende Erstattungsanspruch erlischt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990150070.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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