TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/22 90/05/0161

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Veröffentlicht am 22.01.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
ZustG §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. Juli 1990, Zl. BauR-010460/2-1990 Ki/Pe, betreffend die Zurückweisung einer Berufung (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 21. November 1989 erteilte der Magistrat Linz dem Beschwerdeführer eine Reihe baupolizeilicher Aufträge. Dieser Bescheid wurde nach einem Zustellversuch am 11. Jänner 1990 am selben Tage beim zuständigen Postamt hinterlegt.

In seiner mit 2. Februar 1990 datierten, beim Magistrat Linz am 5. Februar 1990 dagegen eingebrachten Berufung wendete sich der Beschwerdeführer inhaltlich gegen die erteilten Bauaufträge, ohne zur Frage der Zustellung und der Rechtzeitigkeit der Berufung etwas auszuführen.

Mit Schreiben vom 20. Februar 1990 hielt der Magistrat Linz dem Beschwerdeführer vor, daß der angefochtene Bescheid nach Vornahme eines erfolglosen Zustellversuches am 11. Jänner 1990 beim Postamt hinterlegt und somit ordnungsgemäß im Sinne der §§ 13 ff. des Zustellgesetzes zugestellt worden sei. Gemäß § 63 Abs. 5 AVG 1950 hätte die Berufung spätestens zwei Wochen nach der Zustellung, d.h. mit Ablauf des 25. Jänner 1990, eingebracht werden müssen. Tatsächlich sei die Berufung jedoch erst am 5. Februar 1990 persönlich beim Magistrat Linz abgegeben worden. Es sei daher beabsichtigt, die Berufung als verspätet zurückzuweisen.

Zu diesen Feststellungen äußerte sich der Beschwerdeführer dahingehend, es sei unrichtig, daß er den erstinstanzlichen Bescheid am 11. Jänner 1990 erhalten habe. Richtig sei vielmehr, daß er diesen Bescheid am 29. Jänner 1990 erhalten habe. Die am 2. Februar 1990 verfaßte und am 5. Februar 1990 beim Magistrat Linz abgegebene Berufung sei sohin fristgerecht.

Mit Bescheid vom 27. März 1990 wies der Stadtsenat Linz die Berufung als verspätet zurück. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der hier maßgeblichen Rechtslage begründete die Berufungsbehörde ihre Entscheidung damit, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aus einer Behauptung, die Sendung sei dem Empfänger erst an einem näher bezeichneten Tag zugekommen, nicht hervorgehe, ob und welche Mängel bei der Zustellung unterlaufen seien. Für die Behörde bestehe auf Grund eines solchen Vorbringens keine Veranlassung, weitere Erhebungen über den Zustellvorgang vorzunehmen.

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung gab die OÖ Landesregierung mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 10. Juli 1990 keine Folge. Die Gemeindeaufsichtsbehörde teilte im Ergebnis die Auffassung der Gemeindebehörde zweiter Instanz. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers wurde insbesondere darauf verwiesen, daß im Verwaltungsverfahren zwar der Grundsatz der Amtswegigkeit herrsche, doch befreie dieser Grundsatz die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen, um Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten. Wie bereits von der Berufungsbehörde ausgeführt worden sei, habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. September 1986, Zl. 86/05/0141, ausgesprochen, daß aus der Behauptung, die Sendung sei dem Empfänger erst an einem näher bezeichneten Tag zugekommen, nicht hervorgehe, ob und welche Mängel bei der Zustellung unterlaufen seien. Für die Behörde bestehe auf Grund eines solchen Vorbringens keine Veranlassung, allfällige weitere Erhebungen über den Zustellvorgang vorzunehmen. Nach dieser Rechtsprechung sei die belangte Behörde nicht mehr gehalten, sich weiter mit der Verantwortung des Bescheidadressaten auseinanderzusetzen. Die Behauptung, den Bescheid am 29. Jänner 1990 erhalten zu haben, liefere keine Begründung dafür, ob und welche Mängel bei der Zustellung unterlaufen seien, komme es schließlich doch nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt die behördliche Entscheidung dem Bescheidadressaten im Falle einer Hinterlegung tatsächlich zugekommen ist.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Nach § 17 Abs. 2 leg. cit. ist der Empfänger schriftlich von der Hinterlegung zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Nach § 17 Abs. 3 des Zustellgesetzes ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Im Beschwerdefall wurde, wie in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt, der erstinstanzliche Bescheid am 11. Jänner 1990 nach einem erfolglosen Zustellversuch beim zuständigen Postamt hinterlegt. Dagegen erhob der Beschwerdeführer die mit 2. Februar 1990 datierte Berufung, welche am 5. Februar 1990 bei der Behörde erster Instanz persönlich abgegeben wurde. Obwohl dem Beschwerdeführer in der Folge das Datum der Hinterlegung vorgehalten und ihm die Absicht, die Berufung als verspätet zurückzuweisen, zur Kenntnis gebracht wurde, machte er in seiner hiezu erstatteten Äußerung keinen Zustellmangel geltend. Er behauptete vielmehr lediglich, daß er den Bescheid erst am 29. Jänner 1990 erhalten habe. Näheres führte der Beschwerdeführer erst in seiner Vorstellung an die Gemeindeaufsichtsbehörde aus, in welcher er dann eine Ortsabwesenheit im Zeitpunkt der Zustellung geltend machte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun bereits in seiner Entscheidung vom 15. September 1986, Zl. 86/05/0141, auf welche die Berufungsbehörde und die belangte Behörde zu Recht hinwiesen, dargetan, daß aus der Behauptung, die Sendung sei dem Empfänger erst an einem näher bestimmten Tag zugekommen, nicht hervorgehe, ob und welche Mängel bei der Zustellung unterlaufen sind. Es bestehe daher auf Grund eines solchen Vorbringens für die Behörde keine Veranlassung, weitere Erhebungen über den Zustellvorgang vorzunehmen. Der Verwaltungsgerichtshof hält diese Rechtsauffassung weiterhin für zutreffend, besteht doch, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend dargetan hat, für eine Partei des Verwaltungsverfahrens auch eine Mitwirkungspflicht an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (vgl. hiezu die umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wie sie bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, insbesondere auf den Seiten 223 f., 236 ff., 260 ff. und 302 ff., wiedergegeben wurde). Wenn in der Beschwerde der Versuch unternommen wird, die Äußerung des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren dahin zu deuten, daß er konkret die Unwirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung habe erkennen lassen, so vermag der Verwaltungsgerichtshof diesen Ausführungen aus den schon aufgezeigten Gründen nicht zu folgen. Wenn der Beschwerdeführer erst im Zuge des Vorstellungsverfahrens seine Ortsabwesenheit behauptete und dafür Beweise anbot, erwies sich dies als verspätet, weil die Gemeindeaufsichtsbehörde, was der Beschwerdeführer offensichtlich verkennt, regelmäßig von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen Gemeindebescheides auszugehen hat. Mit seinen gegenteiligen Literaturhinweisen betreffend ein Berufungsverfahren nach dem AVG 1950 verkennt er das Wesen eines gemeindeaufsichtsbehördlichen Verfahrens (vgl. etwa Hauer-Leukauf, a.a.O., Seite 480). Es liegt sohin weder die vom Beschwerdeführer behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, noch sind den Verwaltungsbehörden Verfahrensmängel unterlaufen, die zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen müßten. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990050161.X00

Im RIS seit

22.01.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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