TE Vwgh Erkenntnis 1991/1/29 90/04/0124

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Veröffentlicht am 29.01.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §366 Abs1 Z3 idF 1988/399;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §31 Abs3;
VStG §44a lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. Februar 1990, Zl. 04-25 He 23-1987/6, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 1. April 1987 wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer als Vorstandsdirektor und somit "strafrechtlich Verantwortlicher" in der Zeit vom 22. Oktober bis 12. November 1986 die Sulfatzellstoffanlage in X ohne erforderliche Genehmigung betrieben und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 begangen habe. Hiefür wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- (Ersatzarreststrafe sechs Wochen) verhängt.

Einer dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 13. April 1988 insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe mit S 20.000,-- (Ersatzarreststrafe vier Wochen) bemessen werde. Gleichzeitig wurde der Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses dahin abgeändert, daß der Beschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Z-AG in der Zeit vom 22. Oktober bis 12. November 1986 die Sulfatzellstoffanlage in X ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben habe. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung wurde dem § 366 Abs. 1 Z. 3 i.V.m. § 370 Abs. 2 GewO 1973 unterstellt. Auf Grund einer seitens des Beschwerdeführers erhobenen Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde ist der vorangeführte Bescheid mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1989, Zl. 88/04/0120, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, im vorliegenden Fall habe die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers dahin wiedergegeben, es sei im gesamten Verfahren gemäß § 81 GewO 1973 davon ausgegangen worden, daß während des Umbaues der Zellstoff-Fabrik auf ein neues Verfahren zur Herstellung einer anderen Art von Zellstoff die Fabrik als solche weiterbetrieben werde. Weiters habe die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung die Bestimmung des § 81 GewO 1973 zitiert. Zufolge dieses Teiles der Begründung des angefochtenen Bescheides wäre einem Schuldspruch die Strafnorm des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 zugrunde zu legen gewesen. Eine etwaige Feststellung dahin, daß entgegen dem solcherart dargestellten Berufungsvorbringen für die gegenständliche Betriebsanlage eine Betriebsanlagengenehmigung bis zum festgestellten Tag der Tat noch nicht erteilt worden sei, also noch kein Ursprungskonsens vorgelegen gewesen sei, sei von der belangten Behörde nicht getroffen worden. Im Hinblick darauf, daß im Spruchteil nach § 44a lit. a VStG 1950 eine Feststellung dahin, ob die gegenständliche Betriebsanlage eine nicht genehmigte oder ob sie eine genehmigte und solcherart nach Änderung betrieben sei, fehle, unter weiterem Hinweis darauf, daß im aufgezeigten Sinn ein Widerspruch zwischen der Begründung des Bescheides und dem auf § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 gegründeten Spruchteil nach § 44a lit. b VStG 1950 bestehe, sei der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Mit dem daraufhin ergangenen Ersatzbescheid vom 12. Februar 1990 erkannte der Landeshauptmann von Steiermark über die Berufung des Beschwerdeführers dahin, es werde ihr insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe gemäß § 51 Abs. 4 VStG 1950 mit S 20.000,-- (vier Wochen Ersatzarreststrafe) bemessen werde. Ferner wurde der Spruch dahin abgeändert, daß der Beschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Z-AG in der Zeit vom 22. Oktober bis 12. November 1986 die Sulfatzellstoffanlage in X ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben habe. Gleichzeitig werde die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung dem § 366 Abs. 1 Z. 3 i.V.m. § 370 Abs. 2 GewO 1973 unterstellt. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 23. März 1983, vom 15. November 1983 und vom 22. November 1983 sei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Sulfatanlage der Z-AG sowie in Ansehung von Teilbereichen erteilt worden. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1985, Zlen. 84/04/0155-13, 84/04/0157-14, 84/04/0161-15 und 84/04/0167-3, seien sämtliche in dieser Angelegenheit ergangenen letztinstanzlichen Bescheide behoben worden, wobei festgehalten worden sei, daß eine nachträgliche Änderung einer Betriebsanlage nur mit einem einzigen Bescheid genehmigt werden könne. Da grundsätzlich nur ein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid die rechtliche Grundlage für die Errichtung und den Betrieb einer gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 genehmigungspflichtigen Betriebsanlage bilden könne und ein solcher im zur Last gelegten Tatzeitpunkt nicht vorgelegen sei, sei der Betrieb daher ohne Ursprungskonsens betrieben worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, da die Begründung des angefochtenen Bescheides in keiner Weise dem Auftrag des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1989, Zl. 88/04/0120, entspreche, obwohl die belangte Behörde an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes gebunden sei, hafte dem angefochtenen Bescheid schon im Hinblick darauf eine inhaltliche Rechtswidrigkeit an. Nach wie vor sei aber auf seinen Einwand, daß der Zeitraum vom 22. Oktober bis 12. November 1986 - wie auch in den vorhergehenden Zeiträumen - durch die Bewilligung eines Probebetriebes gedeckt gewesen sei, mit keinem Wort eingegangen worden.

Der Beschwerde kommt im Hinblick auf folgende Erwägungen Berechtigung zu:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Aus dem Wesen einer Straftat als fortgesetztes Delikt - als welches bei Zutreffen der weiters hiefür maßgebenden Voraussetzungen tatbestandsmäßig auch der genehmigungslose Betrieb einer Betriebsanlage im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 in Betracht kommt - folgt, daß die Bestrafung für einen bestimmten Tatzeitraum auch die in diesem gelegenen, wenn auch allenfalls erst später bekannt gewordenen Einzeltathandlungen erfaßt, wobei sich der Zeitpunkt einer erfolgten Bestrafung aus dem Tag der Zustellung des damit im Zusammenhang stehenden (erstbehördlichen) Straferkenntnisses ergibt (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1981, Zl. 04/3695/80, und die dort zitierte weitere

hg. Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall hatte der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis u.a. vorgebracht, er sei mit Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 1. April 1987 als Vorstandsdirektor und gewerberechtlicher Geschäftsführer der Z-AG wie folgt schuldig erkannt und bestraft worden: a) Mit Verwaltungsstraferkenntnis 15 He 60-86/5, daß er vom 15. März bis 9. Oktober 1986 die Sulfatzellstoffanlage in X ohne Genehmigung betrieben habe; b) mit Verwaltungsstraferkenntnis 15 He 60-86/7, daß er u.a. vom 15. bis 21. Oktober 1986 den gleichen Tatbestand gesetzt habe und c) mit Verwaltungsstraferkenntnis 15 He 60-86/8 - das ist das dem hier angefochtenen Bescheid zugrunde liegende erstbehördliche Straferkenntnis -, daß er vom 22. Oktober bis 12. November 1986 denselben Tatbestand wie zu a) gesetzt habe.

Ausgehend von diesem Sachverhaltsvorbringen in der Berufung hätte daher die belangte Behörde im Rahmen der ihr obliegenden amtswegigen Pflicht zur Feststellung des objektiven Straftatbestandes - unter gleichzeitiger Feststellung und Erörterung der im Hinblick auf das Berufungsvorbringen nach der vordargestellten Rechtslage als relevant in Betracht kommenden Strafverfahrensdaten - zu prüfen gehabt, ob die Voraussetzungen für die Annahme eines fortgesetzten Deliktes in Ansehung des hier inkriminierten Tatvorwurfes in bezug auf andere gegen den Beschwerdeführer ergangene gleichartige Straferkenntnisse anzunehmen gewesen wären, wobei bei Bejahung eines derartigen Umstandes auch die Frage einer allfälligen Erfassungswirkung auf Grund anderer gegen den Beschwerdeführer ergangener Straferkenntnisse zu erörtern bzw. zu beachten gewesen wäre. Hiezu wird insbesondere auch auf die sich im gegebenen Zusammenhang aus einer allenfalls erfolgten Einstellung von Verfahren im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 25. Oktober 1956, Slg. N. F. Nr. 4176/A, ergebenden Rechtswirkungen hingewiesen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid in Hinsicht darauf mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren hierauf nicht bezughabenden Beschwerdevorbringens - insbesondere in Ansehung der gerügten Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides - bedurft hätte.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft im Hinblick auf die gesetzliche Pauschalierung des Aufwandersatzes den für "20 % Ust" angesprochenen Ersatzbetrag sowie nicht erforderlichen Beilagen-Stempelgebührenmehraufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990040124.X00

Im RIS seit

29.01.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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