TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/15 90/18/0233

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Veröffentlicht am 15.02.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §52 lita Z10a;
StVO 1960 §52 Z10 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Ferdinand N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. September 1990, Zl. I/7-St-T-89110, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. September 1990 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 1. Jänner 1989 gegen 1,20 Uhr mit dem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw im Ortsgebiet von Grainbrunn auf der Landeshauptststraße 76 in Höhe des Hauses Nr. 30 in Richtung Sallingberg "im Ortsgebiet schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren" zu sein und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde daher eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer entsprechend der Anzeige des - außer Dienst befindlichen Gendarmeriebeamten - D. zur Tatzeit am Tatort den mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h gefahrenen Pkw des Aufforderers mit einer Geschwindigkeit von mindestens ca. 80 km/h überholt habe, womit er die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit um mindestens 30 km/h überschritten habe. Mit gleichbleibend hoher Geschwindigkeit sei der Beschwerdeführer sodann schließlich durch das gesamte Ortsgebiet Grainbrunn Richtung Sallingberg gefahren. Eine im wesentlichen übereinstimmende Angabe habe die Gattin des Aufforderers gemacht. Zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers, daß die Meßgenauigkeit des verwendeten Tachometers vermutlich keineswegs ausreiche, um ihm die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nachzuweisen, führte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides aus, daß das Ermittlungsverfahren diesbezüglich ergänzt worden sei. Der Aufforderer habe bezüglich der Geschwindigkeit des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges als Zeuge vernommen glaubwürdig angegeben, daß der Geschwindigkeitsmesser des von ihm gelenkten Pkws am 22. März 1990 im Zuge einer Radarkontrolle im Ortsgebiet von Kammern überprüft worden sei. Die Überprüfung sei mittels eines Radargerätes Multa Nova 6 F "von der VAAST" Krems durch zwei Gendarmeriebeamte erfolgt. Seine Fahrgeschwindigkeit habe zum Zeitpunkt der Messung laut seinem Tachometer genau 50 km/h betragen, und das Radargerät habe genau 49 km/h angezeigt. Weiters habe der Zeuge ausgeführt, daß er im Ortsgebiet zur Tatzeit mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h gefahren sei, wobei ihn der Beschwerdeführer in der Folge mit einer Fahrgeschwindigkeit von mindestens 80 km/h überholt habe, sodaß eine Geschwindigkeitsdifferenz von mindestens 30 km/h gegeben gewesen sei.

Der Beschwerdeführer bekämpft diese Ausführungen der belangten Behörde im wesentlichen mit der Behauptung, durch die erwähnte Radarmessung sei in keiner Weise objektiviert, daß die vom Anzeiger angegebene Geschwindigkeit von 50 km/h tatsächlich eingehalten worden sei. Der Beschwerdeführer habe daher die Beiziehung eines kfz-technischen Sachverständigen gefordert, um die im Messungszeitpunkt gegebenen Abweichungen der Meßdaten des Tachometers im Fahrzeug des Anzeigers von der tatsächlichen Fahrgeschwindigkeit objektivieren zu können. Weiters habe er gefordert, daß ein Gutachten des Sachverständigen auch dahingehend eingeholt werde, ob sich im Laufe der Zeit durch technische Änderungen am Fahrzeug zwischen dem Tattag und dem mehr als ein Jahr späteren Meßzeitpunkt Veränderungen in der Meßgenauigkeit eines Tachometers ergeben haben. Diesen Beweisanträgen habe die belangte Behörde nicht entsprochen.

Der Gerichtshof vermag in der Unterlassung der Durchführung dieser Beweise keinen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wesentlichen, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel zu erblicken, weil nicht zu erkennen ist, inwiefern die belangte Behörde durch die vom Beschwerdeführer geforderte Beiziehung eines kfz-technischen Sachverständigen zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen sollen. Eine dem Beschwerdeführer offenbar vorschwebende Wiederholung der Radarmessung zur Überprüfung des Geschwindigkeitsmessers im Fahrzeug des Anzeigers im Beisein eines Sachverständigen wäre nur dann sinnvoll gewesen, wenn sich sachliche Bedenken gegen die Richtigkeit der am 22. März 1990 durch zwei Gendarmeriebeamte mit Hilfe eines Radargerätes durchgeführten Messungen ergeben hätten. Wenn man davon ausgeht, daß das Fahrzeug des Anzeigers anläßlich dieser Kontrollmessung mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h gefahren worden ist, was auch der Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt hat, dann hätten sich nur dann erhebliche Auswirkungen auf den Beweiswert dieser Messung ergeben können, wenn der Anzeiger in bezug auf die zur Zeit dieser Kontrollmessung eingehaltene Geschwindigkeit eine bewußt unrichtige Angabe über die vom Tachometer abgelesene Geschwindigkeit gemacht hätte. Von einer solchen Annahme geht aber selbst der Beschwerdeführer nicht aus, weshalb der Gerichtshof der belangten Behörde unter dem Gesichtspunkt seiner eingeschränkten Befugnis zur Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht entgegentreten kann, wenn sie sowohl den Angaben der die Messung durchführenden Gendarmeriebeamten, als auch jenen des - als Gendarmeriebeamter ebenfalls in der Wahrnehmung von Vorgängen im Straßenverkehr geschulten - Anzeigers gefolgt ist. Im übrigen hatte die belangte Behörde nach Ansicht des Gerichtshofes keine Veranlassung, der schon erwähnten Forderung des Beschwerdeführers, ein Sachverständigengutachten darüber einzuholen, ob sich im Laufe der Zeit Veränderungen in der Meßgenauigkeit eines Tachometers ergeben, Rechnung zu tragen, weil nicht einzusehen ist und vom Beschwerdeführer auch nicht aufgezeigt werden konnte, warum die Meßgenauigkeit des Tachometers im Fahrzeug des Anzeigers zur Tatzeit geringer gewesen sein soll als anläßlich der etwa 15 Monate später durchgeführten Kontrollmessung, bei welcher sich eine nahezu vollständige Übereinstimmung zwischen der Tachometeranzeige und der gefahrenen Geschwindigkeit ergeben hat.

Schließlich darf bei allen im vorliegenden Fall im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung anzustellenden Erwägungen nicht übersehen werden, daß das Tatbild der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung bei jeder noch so geringen Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit erfüllt ist (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1985, Zl. 85/18/0063), sodaß es für die Rechtmäßigkeit des Schuldspruches der belangten Behörde lediglich darauf ankommt, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort schneller als 50 km/h gefahren ist.

Wenn der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die hg. Judikatur meint, daß bei der Ermittlung von Geschwindigkeitsüberschreitungen durch Tachometer die Geräte entsprechend geeicht sein müßten bzw. durch taugliche Überprüfungen nicht geeichter Geräte deren ordentliches Funktionieren im Meßzeitpunkt zu überprüfen sei, so muß ihm entgegengehalten werden, daß in dem von ihm zitierten hg. Erkenntnis vom 13. April 1984, Zlen. 83/03/0310, 0311, ausgesprochen worden ist, die Geschwindigkeitsermittlung durch Nachfahren mit einem Polizeifahrzeug setze voraus, daß bei der Verwendung der Tachometer entsprechend geeicht ODER durch sonstige taugliche Überprüfungen sichergestellt sei, welche Abweichungen im konkreten Fall tatsächlich vorliegen. Abgesehen davon, daß im Beschwerdefall, wie schon erwähnt, eine derartige Überprüfung mit dem schon aufgezeigten Ergebnis stattgefunden hat, kommt bei einer erheblichen Geschwindigkeitsdifferenz (der Anzeiger hat eine solche von "mindestens 30 km/h" behauptet) dem Umstand keine Bedeutung zu, daß der Tachometer im Fahrzeug des Anzeigers nicht geeicht war (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 9. Jänner 1987, Zl. 86/18/0226).

Auch mit seinem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 13. April 1984, Zl. 83/02/0333, kann der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt nichts gewinnen, weil die belangte Behörde eindeutig festgestellt hat, daß von einer durch eine Tachometerangabe gestützten Schätzung der Geschwindigkeit auszugehen ist.

Der Schuldspruch der belangten Behörde ist daher nicht rechtswidrig, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist und demgemäß zufolge § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Beweismittel Zeugenbeweis Zeugenaussagen von AmtspersonenFeststellen der GeschwindigkeitÜberschreiten der GeschwindigkeitBeweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte Zeugenaussagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990180233.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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