TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/18 89/10/0179

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.1991
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

B-VG Art139 Abs1;
LMG 1975 §74 Abs5 Z1;
LMG 1975 §77 Abs1 Z10;
Verkehr mit Mineralwasser §1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 89/10/0180

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Mag. Onder und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Kirchner, über die Beschwerden des N gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Juni 1989, 1) Zl. SanRB-4913/2-Hau/A, und 2) Zl. SanRB-4925-Hau/A, betreffend jeweils eine Übertretung nach dem Lebensmittelgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von insgesamt S 5.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die belangte Behörde hat mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheiden zwei Straferkenntnisse bestätigt, mit denen der Beschwerdeführer jeweils als nach außen vertretungsbefugtes Organ der N GesmbH & Co KG dafür bestraft wurde, daß als "Tafelwasser" bezeichnetes Wasser im Verkaufsgeschäft des Betriebes feilgehalten bzw. als "Bergquellwasser" bezeichnetes Wasser an ein anderes Unternehmen versendet worden sei, wobei das jeweilige Wasser in Kunststofflaschen abgefüllt gewesen sei. Der Beschwerdeführer wurde daher jeweils der Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes 1975, BGBl. Nr. 86, in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Bundesministers für Soziale Verwaltung im Einvernehmen mit den beteiligten Bundesministern über den Verkehr mit Mineralwasser, BGBl. Nr. 526/1935 (kurz: Mineralwasserverordnung) für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe verhängt. Die belangte Behörde führte in der Begründung ihrer Bescheide im wesentlichen aus, es sei nach der letztgenannten Bestimmung "verboten, zum Verkauf als Lebensmittel bestimmte natürliche und künstliche Mineralwässer in anderen Behältnissen als in den zur Abgabe an Verbraucher dienenden verschlossenen Glasflaschen zu versenden".

Die belangte Behörde verwies weiters in der Begründung ihrer Bescheide darauf, daß auch im Kapital B 17 des Österreichischen Lebensmittelbuches für Mineralwasser ebenso wie für Quellwasser die Abfüllung in Glasflaschen vorgeschrieben sei und daß im Einklang mit der Rechtsansicht des Bundeskanzleramtes die Mineralwasserverordnung "auch Tafelquellwasser bzw. Quellwasser regelt bzw. beinhaltet", sowie daß das in der Mineralwasserverordnung verbotene "Versenden" von Mineralwässern in anderen Behältnissen als in Glasflaschen jedes Inverkehrbringen umfasse.

Gegen diese Bescheide der belangten Behörde richten sich die vorliegenden, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (Zl. 88/10/0179) und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes (Zl. 88/10/0180) erhobenen Beschwerden. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wegen des tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhanges die Verbindung der beiden Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung beschlossen und erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer die nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheide der belangten Behörde gleichzeitig auch vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft hat. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem dazu ergangenen Erkenntnis vom 21. Juni 1990, B 851/89-8, B 857/89-9, zu Recht erkannt, daß der Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide weder in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden sei und seine Beschwerden daher abgewiesen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in den Entscheidungsgründen seines Erkenntnisses u.a. ausgeführt:

"§ 77 Abs. 1 Z. 10 Lebensmittelgesetz 1975 ordnet an, daß die 'Verordnung vom 30. September 1935, BGBl. Nr. 526, über den Verkehr mit Mineralwasser' als Bundesgesetz solange weiter in Kraft bleibt, bis ihren Gegenstand regelnde Verordnungen aufgrund dieses Bundesgesetzes in Wirksamkeit getreten sind.

....

Mangels einer neuen, ihren Gegenstand regelnden, aufgrund des Lebensmittelgesetzes 1975 erlassenen Verordnung bildet sohin die Mineralwasserverordnung 1935 eine als Bundesgesetz geltende Verbotsnorm für das Versenden zum Verkauf als Lebensmittel bestimmter natürlicher und künstlicher Mineralwässer in anderen Behältnissen als in den zur Abgabe an Verbraucher dienenden verschlossenen Glasflaschen. Die Übertretung dieses Verbotes ist gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 Lebensmittelgesetz 1975 mit Verwaltungsstrafe bedroht. ....

.... Es ist aber auch keinesfalls denkunmöglich, entsprechend dem Schutzzweck der Mineralwasserverordnung den dort verwendeten Rechtsbegriff der "zum Verkauf als Lebensmittel bestimmte(n) natürliche(n) und künstliche(n) Mineralwässer" so zu verstehen, daß darunter auch Tafelwässer und Quellwässer fallen. ....

Desgleichen meint der Verfassungsgerichtshof, daß es denkmöglich ist, das 'Versenden' gemäß § 1 Mineralwasserverordnung dahin zu verstehen, daß jedes Inverkehrbringen, sohin auch das Feilhalten des Wassers darunterfällt, weil der Normgeber ganz offenkundig den Schutz des Konsumenten beabsichtigte und daher für die Begründung der Verpflichtung zum Abfüllen bestimmter Arten von Trinkwasser in verschlossenen Glasflaschen vor allem auf dessen Widmung 'zum Verkauf als Lebensmittel' und zur 'Abgabe an Verbraucher' abstellen wollte."

Soweit auch in den vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerden weitwendig ausgeführt wird, daß der Beschwerdeführer nicht hätte bestraft werden dürfen, weil die Mineralwasserverordnung nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre, ist lediglich auf das vorgenannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, aus dem sich die Unrichtigkeit dieser Behauptung ergibt. Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers kann daher nicht darin liegen, daß in den in Rede stehenden Verfahren diese Verordnung zur Anwendung gelangte. Im Hinblick auf das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes erübrigt sich auch ein Eingehen auf den in den Beschwerden gestellten Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens und Stellung eines Anfechtungsantrages hinsichtlich der Mineralwasserverordnung an den Verfassungsgerichtshof durch den Verwaltungsgerichtshof, da auch beim Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die anzuwendenden Bestimmungen entstanden sind.

Wenn in den Beschwerden weiters vorgebracht wird, daß die von der belangten Behörde "offenbar willkürlich zugeschriebene Auffassung, daß das 'Versenden .... als Inverkehrbringen zu verstehen' wäre", und wenn dort ferner die Auffassung vertreten wird, daß Tafel- und Quellwässer nicht von der Mineralwasserverordnung erfaßt würden, ist auch insoweit auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des schon mehrfach zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, denen sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Maßgabe anschließt, daß er dieses Auslegungsergebnis nicht nur als denkmöglich, sondern auch als zutreffend erachtet.

Hinsichtlich der Ausführungen in den Beschwerden, daß der Beschwerdeführer nicht hätte wegen eines "Verstosses" gegen das Kapitel 17 des Österreichischen Lebensmittelbuches3 bestraft werden dürfen, ist festzustellen, daß die Berufungen des Beschwerdeführers - wie sich aus dem Spruch der in Beschwerde gezogenen Bescheide der belangten Behörde ergibt - "im Grunde des § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes 1975, BGBl. Nr. 86, i.V.m. § 1 der Verordnung vom 30. September 1935, BGBl. Nr. 526, abgewiesen" und die Straferkenntnisse der ersten Instanz, die dem Beschwerdeführer denselben Tatvorwurf machten, bestätigt wurden, sodaß auch dieses Vorbringen ins Leere geht.

Da sich die Beschwerden somit zur Gänze als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989100179.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten