TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/18 89/10/0175

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Veröffentlicht am 18.02.1991
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Index

L40010 Anstandsverletzung Lärmerregung;
L40017 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung
Polizeistrafen Tirol;
L40057 Prostitution Sittlichkeitspolizei Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
EGVG Art9 Abs1 Z1;
EGVG Art8/Bundesländer ausser Wien Fall2 Lärmerregung;
LPolG Tir 1976 §4 Abs1;
VStG §25 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):89/10/0176

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden des N gegen

1.) den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 8. Mai 1989, Zl. St 28-5/89, betreffend Verwaltungsübertretungen nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 und 2 EGVG, und 2.) den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. Mai 1989, Zl. 1518/1228, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 des Tiroler Landes-Polizeigesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund und dem Land Tirol jeweils Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 22. Dezember 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 8. September 1988 gegen 03.30 Uhr in alkoholisiertem Zustand auf dem Parkplatz vor dem Dolomitenhotel in Lienz, Dolomitenstraße Nr. 2, 1.) B zu Boden gerissen, am Boden festgehalten und lautstark auf diesen eingeschrien, somit durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet war, die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört, 2.) zur Nachtzeit durch lautstarkes Schreien ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, 3.) trotz vorausgegangener Abmahnung sich gegenüber den Gendarmeriebeamten C und D, die sich in rechtmäßiger Ausübung ihres Dienstes befunden hätten, dadurch ungestüm benommen, daß er auf die Gedarmeriebeamten lautstark eingeschrien und diese beschimpft habe. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach

1.) Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG, 2.) § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Tiroler Landespolizeigesetzes, LGBl. Nr. 60/1976 (im folgenden: Tir LPolG) und 3.) Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG begangen.

2. In der gegen die Punkte 1. und 3. dieses Straferkenntnisses erhobenen Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung, verwies in diesem Zusammenhang unter anderem auf die Widersprüche in den Aussagen der vernommenen Zeugen und wandte sich insbesondere auch gegen den Schluß von der Wahrheitspflicht gemäß den §§ 288 und 289 StGB auf die Richtigkeit von Zeugenangaben.

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde u.a. der Zeuge D im Rechtshilfeweg nochmals von der Bezirkshauptmannschaft Lienz am 23. März 1989 vernommen, wobei seitens der Sicherheitsdirektion im Rechtshilfeansuchen auch die Abmahnung betreffende ausführliche Fragen enthalten waren. Dieser gab an:

"... Als mein Kollege C und ich zum Dolomitenhotel hinkamen, sahen wir den Beschuldigten über den auf dem Boden liegenden B knien, indem N B an den Händen festhielt. B machte überhaupt keine Gegenwehr und war aufgrund des Festhaltens seiner Hände durch N, wobei er noch den Körper des B zw. seinen Beinen festhielt, dazu gar nicht in der Lage. Dabei schrie N auf den am Boden liegenden B lautstark schreiend ein. Welche Worte er dabei gebrauchte, vermag ich heute nicht mehr konkret anzugeben. Es waren dies unartikulierte Worte, die sicherlich auf seine starke Alkoholisierung zurückzuführen sind. N wurde daraufhin von mir aufgefordert, von B abzulassen. Er reagierte überhaupt nicht auf meine Aufforderung und mußte schließlich von B weggezerrt werden. Er reagierte auch nicht auf die Frage, wer er sei, sondern beschimpfte uns sofort lautstark schreiend mit 'Bullen' und nannte in der weiteren Folge meinen Kollegen C einen 'Lustmörder'. Aufgrund der Fortsetzung der ungebührlicherweise störenden Lärmerregung wurde N von mir in der Weise abgemahnt, indem ich zu ihm sagte: 'Ich mahne Sie ab, stellen Sie Ihr lautstarkes und ungestümes Verhalten ein, sonst machen Sie sich strafbar.' Er reagierte auch auf meine ausgesprochene Abmahnung nicht, beschimpfte uns lautstark schreiend weiter mit den genannten Ausdrücken und nannte auch nicht seinen Namen. Nachdem der Besch. uns zu diesem Zeitpunkt weder namentlich noch persönlich bekannt war und er seine Identität trotz Aufforderung uns gegenüber nicht nachwies und er sein lautstarkes und ungestümes Benehmen uns gegenüber fortsetzte, wurde er schließlich festgenommen und zum Gendarmerieposten Lienz gebracht.

Die Abmahnung erfolgte mehrmals, wobei es N vor allem auf meinen Kollegen C abgesehen hatte, den er auch auf der Fahrt zur Dienststelle und auch am GP. Lienz lautstark schreiend beschimpfte, es fielen dabei immer wieder die Worte 'Lustmörder'. Im übrigen verweise ich auf meine bereits gemachten Aussagen."

Mit Bescheid vom 8. Mai 1989 gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (erstbelangte Behörde) der Berufung gegen die Punkte 1. und 3. des Straferkenntnisses keine Folge, modifizierte den Spruch jedoch dahingehend, daß der Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG gemäß Art. IX Abs. 1 leg. cit. mit Geldstrafe von S 1.000,-- Ersatzarreststrafe in der Dauer von einem Tag, bestraft werde, weil er am 8. September 1988 um ca. 03.30 Uhr in alkoholisiertem Zustand auf dem Parkplatz vor dem Dolomitenhotel in Lienz auf B, - während er ihn am Boden festgehalten habe -, und in der Folge auf die einschreitenden Gedarmeriebeamten eingeschrien habe und er durch dieses Geschrei, das geeignet gewesen sei, Ärgernis zu erregen, die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört habe. Punkt 3. des Straferkenntnisses wurde dahingehend geändert, daß der Beschwerdeführer wegen Verwaltungsübertretung nach Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG gemäß Art. IX Abs. 1 leg. cit. mit Geldstrafe von S 1.000,--, Ersatzarreststrafe in der Dauer von einem Tag, bestraft werde, weil er sich am 8. September 1988 um ca. 03.30 Uhr in alkoholisiertem Zustand auf dem Parkplatz vor dem Dolomitenhotel in Lienz gegenüber Gendarmeriebeamten, die sich in rechtmäßiger Ausübung des Dienstes befunden hätten, ungestüm benommen habe, indem er die Beamten vor und nach erfolger Abmahnung angeschrien habe.

In der Begründung ihres Bescheides führte die erstbelangte Behörde zum Vorbringen in der Berufung aus, daß sich die Sachverhaltsannahme bezüglich des Verhaltens des Beschwerdeführers am Parkplatz des Dolomitenhotels in Lienz auf die Aussagen des B und der zwei einschreitenden Gendarmeriebeamten als Zeugen stütze. Die Aussagen der Zeugen über den in Rede stehenden Vorfall, insbesondere über das Verhalten des Beschwerdeführers seien, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, im wesentlichen in sich widerspruchsfrei. Angesichts der Übereinstimmung dieser Zeugenaussagen schenke die Behörde, ungeachtet der den Tatvorwurf bestreitenden Ausführungen des Beschwerdeführers und ungeachtet der in den Zeugenaussagen der Gendarmeriebeamten in unwesentlichen Einzelheiten abweichenden Angaben, dem Kern dieser Aussagen Glauben und nehme darauf gründend die Tatsache als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer B und in der Folge die einschreitenden Gendarmeriebeamten angeschrien und die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nach dem EGVG zu verantworten habe. Zur "erforderlichen Abmahnung im Sinne des Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG" verwies die Sicherheitsdirektion ebenfalls auf die übereinstimmenden Zeugenaussagen der Gendarmeriebeamten C und D. Weiters wurde ausgeführt, daß das Vorbringen des Beschwerdeführers über die Unvollständigkeit der Zeugenaussagen bzw. "Vorfall während er sich zum Auto begab" bzw. Vorfall am Gendarmerieposten Lienz (der Gendarmeriebeamte

C habe den Beschwerdeführer an der Hand erfaßt und ihm den Arm schmerzhaft verdreht) schon deshalb ins Leere gehe, weil das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten (Geschrei) bereits vorher (am Parkplatz des Dolomitenhotels und zwar bevor er sich zum Auto begeben habe) von ihm gesetzt worden sei. Mit seinem Vorbringen über die "zeitliche Unmöglichkeit" übersehe der Beschwerdeführer, daß die Tatzeit "CA. 03.30 Uhr" laute.

3. Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung (zweitbelangte Behörde) vom 19. Mai 1989 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen Punkt 2. des Straferkenntnisses abgewiesen. Die Behörde wertete die Aussagen der Zeugen C, B und D bezüglich des Verhaltens des Beschwerdeführers gegenüber dem Zeugen B nach Verlassen des Lokales als völlig übereinstimmend und widerspruchsfrei und stellte dazu fest, daß der Beschwerdeführer keinen plausiblen Grund dafür haben nennen können, warum sich diese drei Zeugen einheitlich der Gefahr einer strafgerichtlichen Verurteilung ausgesetzt und falsch ausgesagt haben sollten. Der Umstand, daß ein Beschuldigter alles bestreite sei durchaus nicht unüblich, da er sich mit allen zu Gebote stehenden Mitteln verteidigen könne und für unrichtige Angaben keine Sanktionen zu befürchten habe. Diese Argumentation stelle keinen Logikverstoß dar, sondern entspreche der freien Beweiswürdigung. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, daß nähere Ermittlungen über den Grund und den Inhalt des angeblichen Geschreis erforderlich gewesen wären, verwies die Behörde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff des "störenden Lärms" und der "Ungebührlichkeit", wonach es für die Tatbildmäßigkeit der ungebührlichen Lärmerregung keineswegs erforderlich sei, den Wortlaut zu kennen. Auf Grund des Anrufes eines Bewohners eines benachbarten Hauses des Dolomitenhotels beim Gendarmerieposten Lienz, mit der Beschwerde, daß er wegen des gegenständlichen Geschreis aufgewacht sei und nicht mehr einschlafen könne, sei erwiesen, daß die Lautstärke - nach objektiven Gesichtspunkten - für das Empfindungsvermögen anderer Menschen unangenehm in Erscheinung getreten sei und jene Rücksichtnahme vermissen lasse (Nachtzeit), die die Mitmenschen verlangen könnten. Der Strafausschließungsgrund des Notstandes im Sinne des § 16 VStG liege nicht vor.

4. Gegen diese Berufungsbescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, in denen die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. In beiden Beschwerden wendet sich der Beschwerdeführer unter dem Titel der Verletzung von Verfahrensvorschriften gegen die von den belangten Behörden vorgenommenen Beweiswürdigung.

Die belangten Behörden legten die Akten vor und erstatteten Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragten.

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:

Gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an einem öffentlichen Ort stört.

Gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 2 leg. cit begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich ungeachtet vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während sich diese Personen in rechtmäßiger Ausübung des Amtes oder Dienstes befinden, ungestüm benimmt.

§ 4 Abs. 1 Tir LPolG bestimmt, daß eine Verwaltungsübertretung begeht, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt (§ 1).

Der Beschwerdeführer bringt vor, daß er auf Widersprüche zwischen den Zeugenaussagen konkret und detailliert hingewiesen habe, wobei er die ins Auge stechenden Differenzen zwischen der Aussage B und den Angaben C in der Anzeige betont und ferner geltend gemacht habe, daß er sowohl von D als auch von C grundlos körperlich attackiert, also ziemlich feindselig behandelt worden sei. Er habe weiters darauf aufmerksam gemacht, daß D einerseits die Festnahme selbst vorgenommen, andererseits aber bei der anschließenden "Amtsbehandlung des Beschwerdeführers am Gendarmerieposten" nur zu Beginn anwesend gewesen sein wolle, was nicht zusammenpasse. Er habe den Hintergrund der Übergriffe der beiden Gendarmen dargelegt, nämlich, daß er sich gegen das "ethisch anachronistische und daher überständige Nachstellen, Quälen (FallenÜ), Verletzen von hochentwickelten und wie der Mensch leidensfähigen Wesen, also der Jägerei, öffentlich engagiert" habe und beide Gendarmen Jäger seien. Er habe ferner bekundet, daß B stark alkoholisiert gewesen und zu Tätlichkeiten übergegangen sei, selektiven Wahrnehmungs- und/oder Erinnerungsschwund bewiesen habe und seine Aussagen daher nicht für bare Münze genommen werden dürften. Er habe ferner eingewendet, daß die Gendarmen zu früh am "Tatort" aufgekreuzt seien, sodaß sich die telefonische Mitteilung des Unbekannten auf eine andere Person bezogen haben müsse. Es handle sich im angefochtenen Bescheid um eine Scheinbegründung, die nicht nachvollzogen und nachgeprüft werden könne.

Weiters wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung hinsichtlich der Abmahnung (Art. IX Abs. 1 Z. 2 EGVG); die Feststellung der Behörde, daß die Abmahnung im Sinne des Gesetzes regulär erfolgt sei, sei aktenwidrig, was sich aus dem erwähnten "Auftragsschreiben" der belangten Behörde selbst ergebe. Außerdem habe die belangte Behörde hinsichtlich der Gewalttätigkeiten der Gendarmeriebeamten gegenüber dem Beschwerdeführer übersehen, daß es nicht nur "um das Zeitverhältnis, sondern auch um Fakten geht, die die emotionale Einstellung der beiden zum Beschwerdeführer dokumentieren und eine so manifestierte Feindschaft bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit und damit bei der Beweiswürdigung nicht einfach ausgeblendet werden" dürfe.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Würdigung der Beweise, auf Grund deren der Sachverhalt angenommen wurde, insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung schlüssig ist, d.h. mit den Denkgesetzen in Einklang steht, und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Ob der Akt der Beweiswürdigung richtig in dem Sinn ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Vorbringen den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1987, Zl. 87/11/0024).

Der Verwaltungsgerichtshof folgt den belangten Behörden, wenn diese die Aussagen der genannten Zeugen als im wesentlichen übereinstimmend angesehen haben; es besteht nämlich zwischen den Angaben des Zeugen C in der Anzeige und den Angaben des Zeugen B bei seiner Vernehmung als Zeuge am 4. November 1988 kein Widerspruch, da in der Anzeige ausgeführt wurde, daß der Beschwerdeführer B grundlos angepöbelt, tätlich angegriffen und zu Boden gestoßen habe, während der Zeuge B ausführt, daß er von einer Person von hinten zu Boden gerissen worden sei; der Beschwerdeführer habe dann, als er auf dem Boden gelegen sei, auf ihn "lautstark schreiend eingeschrien". Eine Differenz in diesen Aussagen, die die Glaubwürdigkeit der Zeugen beeinträchtigen könnte, sieht der Verwaltungsgerichtshof, ebenso wie die belangten Behörden, darin nicht gelegen, zumal es sich hier keinesfalls um widersprüchliche Aussagen handelt und überdies der Zeuge C den ersten Teil der Auseinandersetzung nicht selbst beobachtet hatte, sondern erst zum Tatort gekommen war, als der Beschwerdeführer bereits auf den auf dem Boden liegenden Zeugen B kniete.

Weshalb es nicht "zusammenpasse", daß der Zeuge D einerseits die Festnahme selbst vorgenommen, andererseits aber bei der anschließenden Amtshandlung auf dem Gendarmerieposten nur zu Beginn anwesend gewesen sein wolle, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.

Auch die vom Beschwerdeführer behaupteten Übergriffe der Gendarmen führen angesichts der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht zu einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide, doch ist die Glaubwürdigkeit der Angaben der die Amtshandlung durchführenden Beamten dann besonders sorgfältig zu prüfen und hat sich die Behörde damit ausreichend auseinanderzusetzen, wenn derartige (behauptete) Vorfälle zur Einleitung von gerichtlichen Strafverfahren und von Disziplinarverfahren führen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1988, Zl. 87/18/0069). Daß im konkreten Fall ein Gerichts- oder Disziplinarverfahren gegen einen der beiden Gendarmeriebeamten eingeleitet worden wäre, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet und hat sich auch sonst aus den vorgelegten Akten nicht ergeben. Weitere objektive Anhaltspunkte für angeblich erfolgte Übergriffe seitens der Gendarmeriebeamten konnte der Beschwerdeführer nicht aufzeigen, weshalb auch der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlaß findet, die von den belangten Behörden angenommene Glaubwürdigkeit der Meldungsleger unter dem Gesichtswinkel der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, daß der zeitliche Zusammenhang zwischen der telefonischen Mitteilung eines Unbekannten und dem Eintreffen der Gendarmeriebeamten am Tatort darauf schließen lasse, daß sich die telefonische Mitteilung auf eine andere Person bezogen haben müsse, so ist darauf hinzuweisen, daß im erstangefochtenen Bescheid dazu bereits ausgeführt wurde, es habe sich bei der Tatzeit nur um eine ungefähre Angabe (CA. 03.30 Uhr) gehandelt habe. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegenzutreten.

Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Aussagen des Zeugen D vom 23. März 1989 bezüglich der Abmahnung ist nicht zielführend. Der Zeuge D hatte bereits bei seiner Vernehmung am 29. November 1988 angegeben, daß der Beschwerdeführer TROTZ ABMAHNUNG lautstark weitergeschrien habe. Eine Aktenwidrigkeit, wie vom Beschwerdeführer behauptet, ist darin jedenfalls nicht zu erkennen.

Es ist für den Verwaltungsgerichtshof durchaus schlüssig, wenn die belangten Behörden den Aussagen der Meldungsleger mehr Glauben als den Angaben des Beschwerdeführers geschenkt haben, weil jene auf Grund ihres Diensteides und ihrer verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliegen und bei deren Verletzung mit straf- und dienstrechlichen Sanktionen rechnen müssen, hingegen dem Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Beschuldigten keine derartigen Pflichten bzw. Sanktionen treffen, und im übrigen nicht einzusehen ist, daß die Meldungsleger eine ihnen unbekannte Person wahrheitswidrig belasten hätten wollen. Ein "Logikverstoß", wie der Beschwerdeführer in der Beschwerde gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vorgebracht hat, ist in dieser Beweiswürdigung nicht zu erblicken (vgl. etwas das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1986, Zl. 85/02/0245), zumal sich die Aussagen des Zeugen B mit jenen der Meldungsleger decken und auch hinsichtlich dieses Zeugen kein Grund dafür ersichtlich ist, daß er den Beschwerdeführer wahrheitswidrig belasten habe wollen. Dafür, daß der Zeuge B, wie der Beschwerdeführer behauptet, alkoholsiert gewesen sei und dadurch "selektiven Wahrnehmungs- und/oder Erinnerungsschwund bewiesen habe", ergaben sich im gesamten Verfahren keine objektiven Anhaltspunkte.

Weiters kommt es mit Rücksicht auf das Tatbild der Erregung ungebührlicherweise störenden Lärms - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht auf die Worte (deren Inhalt), sondern auf die Lautstärke der Äußerungen an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1984, Zl. 84/10/0013). Die Beurteilung, ob einem Verhalten die objektive Eignung zur Ärgerniserregung zukommt, ist nicht nach dem Empfinden der durch das Verhalten besonders betroffenen Personen vorzunehmen, sondern unter der Vorstellung, wie unbefangene Menschen auf ein solches Verhalten reagieren. Von einem Ärgernis wird man dann sprechen können, wenn eine Handlung bei anderen - wie hier durch das von den Behörden in einem mängelfreien Verfahren festgestellten Verhalten des Beschwerdeführers - die lebhafte Empfindung des Unerlaubten und Schändlichen hervorzurufen geeignet ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1984, Zl. 84/10/0074).

Die Beschwerden erweisen sich somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen sind.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Die Kostenentscheidung gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Beweismittel Zeugenbeweis Zeugenaussagen von AmtspersonenBeweiswürdigung Wertung der BeweismittelBeweiswürdigung antizipative vorweggenommeneBeweismittel Amtspersonen Meldungsleger Anzeigen Berichte Zeugenaussagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989100175.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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