TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/19 90/05/0098

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Veröffentlicht am 19.02.1991
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
AVG §8;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauRallg;
ROG OÖ 1972 §16 Abs12;
ROG OÖ 1972 §16 Abs3;
ROG OÖ 1972 §16a Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Leukauf, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde

1) der CH, 2) des MH und 3) der HM gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. März 1990, Zl. BauR-010424/1-1990 Stö/He, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) N-Gesellschaft m. b.H. & Co KG, 2) Marktgemeinde Peuerbach), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 2. November 1988 ersuchte die Erstmitbeteiligte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei der mitbeteiligten Gemeinde um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Supermarktes auf den Grundstücken Nr. n/1 und n/15, inneliegend in EZ nn des Grundbuches der KG Z. Eine für 5. Dezember 1988 anberaumte Bauverhandlung wurde einem Aktenvermerk zufolge auf unbestimmte Zeit vertagt, weil der Zweitbeschwerdeführer von dieser Verhandlung nicht zeitgerecht verständigt worden sei und auch die rechtlichen Voraussetzungen für die Bauverhandlung noch nicht gegeben gewesen seien. In einer Gemeinderatssitzung vom 2. Dezember 1988 sei nämlich beschlossen worden, den Bebauungsplan aus dem Jahre 1957 abzuändern, doch müsse erst das Verfahren eingeleitet werden.

In der Folge beschloß der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde am 24. Mai 1989 eine Abänderung des Bebauungsplanes (Änderung Nr. 5) bezüglich der Grundstücke Nr. n/1 und n/15 zum Zweck der Errichtung eines Geschäftsbaues. Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 13. Juli 1989 wurde diese Änderung des Bebauungsplanes aufsichtsbehördlich genehmigt und der Bebauungsplan sodann in der Zeit vom 22. Juli bis 8. August 1989 kundgemacht.

In einem Gutachten vom 8. August 1989 nahm ein technischer Amtssachverständiger des Bezirksbauamtes Wels zu dem Bauvorhaben der Erstmitbeteiligten Stellung. Der Sachverständige bemängelte die Zu- und Abfahrtsverhältnisse und verwies insbesondere darauf, daß die Gesamtverkaufsfläche eine Summe von 866,43 m2 ergebe, obwohl in der Widmung Wohngebiet eine Gesamtverkaufsfläche von 600 m2 nicht überschritten werden dürfe. Eine Umprojektierung sei daher unabdingbares Erfordernis für die beantragte Bauverhandlung. Auch in brandschutztechnischer Hinsicht stellte der Sachverständige Mängel fest.

Nach einer Überarbeitung der Pläne, verbunden mit einer Verkleinerung der Gesamtverkaufsfläche (Datum 18. August 1989) wurde für 13. September 1989 eine mündliche Bauverhandlung anberaumt. Am 13. September 1989 wurde sodann gleichzeitig mit der Bauverhandlung die gewerbebehördliche Verhandlung betreffend die Genehmigung der Betriebsanlage durchgeführt. Der bautechnische Amtssachverständige erachtete das Bauvorhaben unter Einhaltung einer Reihe von Auflagen als bewilligungsfähig. Der Vertreter der Beschwerdeführer erhob eine Reihe von Einwendungen. Die Verhandlung wurde schließlich auf den 4. Oktober 1989 vertagt. Bei der fortgesetzten Verhandlung wurde zunächst ein schalltechnisches Gutachten eines Zivilingenieurs besprochen, welches zu dem Ergebnis führte, daß eine Anhebung des Grenzwertes der zumutbaren Störung nicht zu erwarten sei. Die Lärmsituation zeige, daß der Umgebungslärm primär durch den Verkehrslärm der Peuerbacher Bezirksstraße geprägt sei. Es wurde auch festgestellt, daß auf Grund der nunmehr hangunterseitig angeordneten Zufahrt bzw. der vom Konsenswerber zugesagten Einschränkung der Lieferzeiten von frühestens 06.30 Uhr morgens bis maximal 20.00 Uhr abends eine wesentliche Verbesserung des Projektes erreicht worden sei. In der Verhandlung wurden sodann vorgenommene Lärmmessungen und auftretende Lärmquellen näher besprochen. Der Vertreter der Beschwerdeführer hielt seine bisherigen Einwendungen aufrecht und nahm im einzelnen zu Ausführungen des immissionstechnischen Sachverständigen Stellung. Der Amtssachverständige für lärmtechnische Angelegenheiten ging auf das Vorbringen der Beschwerdeführer ein und begründete im einzelnen, weshalb er die bisher erstatteten Gutachten als zutreffend erachte. Auf Grund der Einwendungen der Beschwerdeführer erklärte die Bauwerberin, daß sie den Parkplatz auf dem Betriebsareal außerhalb der Geschäftszeiten nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen werde. Um den Verkehr in der L-Straße in Zukunft zu unterbinden, sei ein Fahrverbot in beiden Richtungen, von dem der Anrainerverkehr ausgenommen sei, mit Verordnung vom 27. Juni 1989 festgesetzt worden. Der medizinische Amtssachverständige erklärte unter Bezugnahme auf das schalltechnische Gutachten, daß eine Verschlechterung der bestehenden Lärmsituation nicht zu erwarten sei und daher auch keine gesundheitliche Beeinträchtigung der Nachbarn durch Lärmeinwirkungen zu erwarten wäre. Auch eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch Kraftfahrzeugabgase sei nicht zu besorgen.

Mit Bescheid vom 23. November 1989 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die angestrebte Baubewilligung unter gleichzeitiger Vorschreibung einer Reihe von Auflagen. Auch über die Einwendungen der Nachbarn wurde abgesprochen. In der Begründung wurde auf die vorgenommene Abänderung des Bebauungsplanes verwiesen. Das Projekt der mitbeteiligten Bauwerberin sei hinsichtlich der Anlieferung mit Rücksicht auf die Wohnobjekte in der L-Straße abgeändert und nach hinten verlegt worden. Emissionen, die von der Betriebsanlage ausgehen, seien hinsichtlich des Anrainerschutzes insbesondere von der Gewerbebehörde zu beurteilen. Schädliche Umwelteinwirkungen, Gefahren und Belästigungen gewerblicher Betriebsanlagen seien von der Baubehörde hauptsächlich dann ausführlicher zu beurteilen, wenn sie vom Bauwerk als solchem ausgingen. Die befürchteten Lärm- und Geruchsbelästigungen durch das Zu- und Abfahren von Kundenfahrzeugen und Lastkraftfahrzeugen während der frühen Morgen- und Abendstunden und damit zusammenhängende Verkehrsbeeinträchtigungen im Nahbereich des geplanten Supermarktes seien durch die Verlegung der Anlieferung entschärft und durch die Antragsmodifizierung in der Verhandlung am 4. Oktober 1989 weitgehend vermindert worden. So würden Anlieferungen nur mehr zwischen 06.30 Uhr und 20.00 Uhr erfolgen und es werde der Betriebsparkplatz außerhalb der Geschäftszeiten nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Auf Grund der für die Baubehörde als schlüssig zu erachtenden lärmtechnischen Gutachten sowie auf Grund der den Bewohnern in der L-Straße entgegenkommenden Projektsänderungen sei der Einwand hinsichtlich Lärm- und Geruchsbelästigungen als nicht gerechtfertigt abzuweisen. Solche Belästigungen seien sowohl im schalltechnischen Gutachten des Zivilingenieurs vom 24. Februar 1989 als auch während der am 4. Oktober 1989 durchgeführten Ergänzungen als nicht gegeben festgestellt worden. Die vom lärmtechnischen und sanitätspolizeilichen Amtssachverständigen abgegebenen Gutachten erachtete die Baubehörde als exakt und schlüssig. Der Einwand einer Wertminderung sei schließlich auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen.

Auf Grund der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung änderte die Berufungsbehörde mit Bescheid vom 27. Dezember 1989 den Spruch der erstinstanzlichen Baubewilligung teilweise ab. Diese Abänderung wurde damit begründet, daß dem erstinstanzlichen Bescheid das zugrundegelegte Projekt nicht eindeutig hätte entnommen werden können. Da es sich um einen Geschäftsbau mit einer Verkaufsfläche von weniger als 600 m2 handle, sei das Bauvorhaben im Wohngebiet zulässig. Das Projekt werde auch künftig der Nahversorgung dienen, zumal der Geschäftsbau insbesondere noch im Ortskern der Gemeinde zu liegen komme. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer konkurrenziere dieses Projekt einer alteingesessenen Firma nicht andere Betriebe. Da der Bebauungsplan aus dem Jahre 1957 die Errichtung zweier Mehrfamilienhäuser vorgesehen habe, sei eine Änderung des Bebauungsplanes erforderlich gewesen, die die unbedingt notwendige Nahversorgung gewährleisten soll. Der alte Bebauungsplan hätte auch zwei wesentlich höhere Gebäude vorgesehen. Zur Verbesserung der Wohnqualität sei vom Gemeinderat als Begleitmaßnahme der Verkehrsruhigstellung in der L-Straße auch ein allgemeines Fahrverbot beschlossen worden. Zu den mit der Realisierung des Projektes verbundenen Verkehrsbeeinträchtigungen werde festgestellt, daß dem Nachbarn kein subjektives Recht hinsichtlich der Verkehrssituation auf öffentlichen Straßen zustehe. Außerdem werde durch das eingeholte Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen dokumentiert, daß der bereits jetzt gegebene Verkehrslärm den aus dem projektierten Betrieb zu erwartenden Lärm sowohl in betriebstechnischer als auch in verkehrstechnischer Hinsicht überwiege und auch weiterhin die hauptsächliche Lärmquelle bilde. Die Annahme der Verkehrsfrequenz zu und vom geplanten Kaufhaus könne laut den vorliegenden Unterlagen als durchaus realistisch bezeichnet werden. Durch die projektierte Ein- und Ausfahrt zum und vom Betriebsgelände und durch die von der Marktgemeinde vorgesehene Umgestaltung der derzeit vorhandenen Verkehrsinsel bei der Einbindung der L-Straße in die Peuerbacher Bezirksstraße keine Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs und im besonderen keine Staubildung in der L-Straße zu erwarten. Zum Einwand nicht ausreichender Stellplätze sei zu betonen, daß die projektierten Stellplätze vom bautechnischen Amtssachverständigen auf Grund der Bestimmungen der Oö. Stellplatzverordnung für ausreichend befunden worden seien. Die Errichtung eines Konturgerüstes in der Natur habe sich nicht als erforderlich erwiesen, weil die maximale Höhe des geplanten Gebäudes im Bebauungsplan exakt festgelegt und dem Projekt eindeutig entnommen werden könne. Auch die Berufungsbehörde erachtete die eingeholten Gutachten als vollständig und schlüssig.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung an die Oberösterreichische Landesregierung, der sie ein Gutachten des Institutes für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik anschlossen.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die Oberösterreichische Landesregierung der Vorstellung der Beschwerdeführer keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und hier maßgeblicher Rechtsvorschriften führte die Gemeindeaufsichtsbehörde insbesondere aus, daß eine Flächenwidmung Geschäftsbaugebiet nicht erforderlich gewesen sei, weil die Gesamtverkaufsfläche unter der höchstzulässigen Verkaufsfläche von 600 m2 liege. Daran könne auch die angegebene Bezeichnung "Supermarkt" nichts ändern. Nach dem beabsichtigten Warensortiment diene das Objekt der Nahversorgung. Die eingeholten Gutachten hätten schließlich ergeben, daß der Lebensmittelmarkt einen Betriebstyp darstelle, dessen ordnungsgemäße Benützung im Sinne des § 16 Abs. 3 des Oö. Raumordnungsgesetzes (ROG) keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen für die Bewohner im Wohngebiet mit sich bringe. Insbesondere sei eine Verschlechterung der bestehenden Lärmsituation nicht zu erwarten und es könnte auch keine gesundheitliche Beeinträchtigung der Nachbarn durch Lärmeinwirkungen erwartet werden. Soweit die Beschwerdeführer unter Vorlage eines Gutachtens des Institutes für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik einwenden, daß die Realisierung des Projektes in der vorgesehenen Form sowohl unzumutbare Verkehrsprobleme als auch Lärmbeeinträchtigungen mit sich bringen würde, müsse ihnen entgegengehalten werden, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, daß sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht ändern, nicht zustehe. Das von den Beschwerdeführern vorgelegte Gutachten nehme in seiner Aufgabenstellung eindeutig - wenn schon nicht ausschließlich, so doch zum überwiegenden Teil - auf Straßen mit öffentlichem Verkehr Bezug, sodaß den Aussagen, die sich auf die Verkehrsbelastung beziehen, letztlich und im Hinblick auf den der Baubehörde zustehenden Prüfungsumfang keine Aussagekraft zukomme. Durch dieses Gutachten könnten daher die Beschwerdeführer für ihre Rechtsposition nichts gewinnen. Schließlich sei auch der Vorschrift des § 23 Abs. 2 der Oö. Bauordnung (BO) entsprochen, weil aus den eingeholten Gutachten hervorgehe, daß das Bauvorhaben so beschaffen sei, daß eine Verschlechterung der bestehenden Lärmsituation nicht zu erwarten sei und daher auch keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Nachbarn durch Lärmeinwirkungen erwartet werden könnten. Zur Behauptung der Beschwerdeführer, daß die vorhandenen Parkplätze nicht ausreichten, sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach einem Nachbarn in dieser Hinsicht ein subjektiv-öffentliches Recht nicht zustehe. Hinsichtlich der geltend gemachten Wertminderung seien die Beschwerdeführer mit ihrer Einwendung zu Recht auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerdeführer behaupten zunächst einen Widerspruch zur gegebenen Flächenwidmung Wohngebiet, weil der Supermarkt nach seiner Realisierung zweifelsfrei eine Verkaufsfläche von mehr als 600 m2 ausmachen werde, sodaß die Widmung Geschäftsbaugebiet erforderlich gewesen wäre.

Nach den Bestimmungen des Oö. Raumordnungsgesetzes (vgl. § 16 Abs. 12 und § 16a Abs. 1 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 91/1989) ist für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf, deren Gesamtverkaufsfläche mehr als 600 m2 oder deren Gesamtbetriebsfläche mehr als 1000 m2 beträgt, eine eigene Widmung Geschäftsbaugebiet erforderlich. Das Projekt der Mitbeteiligten hat nun zwar ursprünglich eine Verkaufsfläche von mehr als 600 m2 ausgewiesen, allein nach der vorgenommenen Projektsänderung beträgt die gesamte Verkaufsfläche 598,80 m2, also weniger als 600 m2, wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat. Aus welchen Gründen diese Feststellungen der belangten Behörde unzutreffend sein sollen, haben die Beschwerdeführer nicht dargetan, ja sie haben ihre diesbezügliche Behauptung überhaupt nicht begründet. Aus der bloßen Bezeichnung als Supermarkt kann aber nicht auf die Größe des Bauvorhabens geschlossen werden.

Die Beschwerdeführer behaupten weiters, daß das Bauvorhaben der mitbeteiligten Bauwerberin im Wohngebiet nicht zulässig sei. Nach § 16 Abs. 3 ROG sind als Wohngebiete solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind; andere Bauten und sonstige Anlagen dürfen im Wohngebiet nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder unzumutbare Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt; unter den gleichen Voraussetzungen dürfen in Wohngebieten dem Fremdenverkehr dienende Gebäude und Anlagen errichtet werden.

Die Beschwerdeführer vertreten nun die Ansicht, daß das Bauvorhaben nicht wirtschaftlichen Bedürfnissen diene, weil die Nahversorgung bereits durch die in der Gemeinde bestehenden Lebensmittelgeschäfte hinreichend gesichert sei. Das Projekt schade vielmehr wirtschaftlichen Bedürfnissen, da die kleinen Betriebe zu Tode konkurrenziert würden, was negative Effekte für die Nahversorgung hätte. Dieser Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen, weil ein Lebensmittelmarkt der genannten Art zweifelsfrei wirtschaftlichen Bedürfnissen dient und entgegen der Meinung der Beschwerdeführer im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens kein Platz für eine Bedarfsprüfung gegeben ist. Die Frage aber, ob der Supermarkt ausschließlich oder überwiegend oder im geringeren Ausmaß der Nahversorgung dient, ist nach der hier gegebenen Rechtslage rechtlich unerheblich, weil ja nur für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf ab einer bestimmten Größenordnung eine eigene Widmungskategorie im Gesetz vorgesehen ist. Auf Spekulationen über einen prognostizierten Umsatz war daher im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens nicht einzugehen. Auch in dieser Beziehung konnten die Beschwerdeführer eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dartun.

Die Beschwerdeführer behaupten weiters, daß die Realisierung des Projektes in mehrfacher Hinsicht mit unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Wohnbevölkerung verbunden sei. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf das von ihnen vorgelegte Privatgutachten. Auch hier vermag der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der Beschwerdeführer nicht zu teilen. Zunächst zeigen die im Akt erliegenden Pläne, daß die Liegenschaft der Beschwerdeführer (Grundstück Nr. n/12) von dem zu bebauenden Grundstück durch die L-Straße getrennt ist. Auf der zu bebauenden Liegenschaft ist darüber hinaus ein Vorgarten mit einer entsprechenden Bepflanzung vorgesehen. Die Zufahrt zu dem Supermarkt soll von der M-Straße (Peuerbacher Bezirksstraße) erfolgen, wobei die Liegenschaft der Beschwerdeführer durch das Gebäude des Supermarktes von der Anlieferungsstelle und von der größten Zahl der Stellplätze abgedeckt ist. Unmittelbar gegenüber der Liegenschaft der Beschwerdeführer sind Stellplätze nicht vorgesehen. Die Zufahrt zum Supermarkt ist weiters durch Gebäude auf der benachbarten Liegenschaft (Grundstück Nr. n/5) weitgehend abgedeckt. In diesem Zusammenhang soll angemerkt werden, daß auf Grund der Einwendungen der Beschwerdeführer die Anlieferung auf die von ihnen abseits gelegene Stelle der Liegenschaft der mitbeteiligten Bauwerberin verlegt worden ist. Weiters erliegt in den Verwaltungsakten jene Verordnung, mit der hinsichtlich der L-Straße ein allgemeines Fahrverbot - ausgenommen Anrainer - verfügt worden ist. Wenn bei dieser Situation die Gemeindebehörden und auch die belangte Behörde auf Grund der eingeholten Gutachten zu der Auffassung gelangt sind, daß die ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen für die Beschwerdeführer mit sich bringt, so kann diese Auffassung durch das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht widerlegt werden, zumal im Hinblick auf die eingeschränkten Betriebszeiten Belästigungen zur Nachtzeit und in den späten Abendstunden nicht in Betracht kommen. Waren aber die im Baubewilligungsverfahren vor der Gemeinde eingeholten Gutachten als vollständig und schlüssig zu beurteilen, so hat die belangte Behörde zu Recht das erst der Vorstellung angeschlossene Gutachten der Technischen Universität Wien - Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik nicht näher erörtert. Zutreffend hat darüber hinaus die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, der Privatgutachter gehe davon aus, daß durch die Zunahme des Verkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen eine Beeinträchtigung der Beschwerdeführer in Betracht kommen könnte, einem Nachbarn jedoch im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens bezüglich einer Beeinträchtigung des Verkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen kein subjektiv-öffentliches Recht zusteht (vgl. etwa Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 2. Auflage, S. 209 f. und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Darüber hinaus läßt das genannte Gutachten nicht erkennen, ob die vorgenommenen Projektsänderungen überhaupt berücksichtigt wurden, eine Frage, auf die die belangte Behörde bei der gegebenen Situation zu Recht nicht einging. Im übrigen verkennt der Verwaltungsgerichtshof nicht, daß die Verkehrsverhältnisse bezüglich der Zu- und Abfahrten zum Supermarkt aus verkehrstechnischer Sicht unbefriedigend sind, jedoch besitzt der Nachbar in dieser Beziehung im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens kein Mitspracherecht. Auch mit dem diesbezüglichen Vorbringen vermochten sohin die Beschwerdeführer einen Widerspruch des Bauvorhabens zur Widmung Wohngebiet nicht aufzuzeigen.

Eine Rechtswidrigkeit der erteilten Baubewilligung behaupten die Beschwerdeführer schließlich auch im Hinblick auf § 23 Abs. 2 BO. Nach dieser Gesetzesstelle müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen so geplant und errichtet werden, daß schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden. Schädliche Umwelteinwirkungen sind solche, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im besonderen für die Benützer der Bauten und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung (Änderung der natürlichen Zusammensetzung der freien Luft, z.B. durch Rauch, Ruß, Staub und andere Schwebstoffe, Dämpfe, Gase und Geruchsstoffe), Lärm oder Erschütterungen. Im Beschwerdefall hat nun die mitbeteiligte Bauwerberin zum Teil auf Grund der Einwendungen der Beschwerdeführer, zum Teil aber auch auf Grund des Gutachtens des bautechnischen Amtssachverständigen ihr Projekt im Verfahren vor der Baubehörde erster Instanz geändert, wobei Maßnahmen zur Herabsetzung von Umwelteinwirkungen vorgenommen worden sind, wie sie zum Teil auch in der Sachverhaltsdarstellung aufgezählt worden sind. Im übrigen sind aber sodann die Amtssachverständigen davon ausgegangen, daß Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarn nicht gegeben sind, sodaß die Baubehörde zu Recht die Bewilligungsfähigkeit des Projektes angenommen hat. Daß aber ein Supermarkt der vorliegenden Größe im Wohngebiet zulässig ist, wurde schon näher begründet. Schließlich haben die Beschwerdeführer gar nicht behauptet, daß vom Projekt selbst schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen, vielmehr bekämpfen sie in ihrer Beschwerde auch die mit der Verwirklichung des Projektes verbundenen Veränderungen der gegebenen Verkehrsverhältnisse. Daß aber den Beschwerdeführern diesbezüglich ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht nicht zusteht, wurde schon festgestellt. Sie können daher in dieser Beziehung auch nicht zu Recht eine Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer, daß der Bürgermeister die Berufungserledigung ausgefertigt hat. Durch die bloße Ausfertigung eines Beschlusses des Gemeinderates ist aber ein Mitwirken an der Erlassung des Berufungsbescheides nicht gegeben, sodaß die geltend gemachte Befangenheit nicht vorliegt (vgl. etwa die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 95, wiedergegebene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juni 1981, Zl. 684/80, u.a.); im übrigen haben weder der Bürgermeister noch der Vizebürgermeister bei der Abstimmung im Gemeinderat mitgewirkt.

Die Beschwerdeführer behaupten auch eine Verletzung des Parteiengehörs und rügen die Abweisung eines Vertagungsantrages. Bereits aus der gegebenen Sachverhaltsdarstellung ist zu erkennen, daß den Beschwerdeführern schon im erstinstanzlichen Verfahren ausreichend Gelegenheit geboten worden ist, ihre Parteienrechte geltend zu machen, sodaß für eine neuerliche Vertagung der Verhandlung kein Anlaß bestand. Im übrigen hatten die Beschwerdeführer auch die Möglichkeit, in der Berufung alle ihrer Meinung nach erforderlichen Argumente vorzutragen.

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblicken die Beschwerdeführer schließlich darin, daß ihrem Antrag, die höhenmäßigen Auswirkungen des Bauvorhabens durch die Errichtung eines Gerüstes in der Natur ersichtlich zu machen, nicht entsprochen worden sei. Nach § 47 Abs. 3 BO kann die Baubehörde bei der Anberaumung der Bauverhandlung dem Bauwerber auftragen, daß das Bauvorhaben auch in seiner höhenmäßigen Ausdehnung in geeigneter Weise (wie durch Konturgerüste oder Ballone) noch vor der Bauverhandlung in der Natur ersichtlich gemacht wird, wenn dies für die Beurteilung des Bauvorhabens, insbesondere für die Beurteilung der Auswirkungen des Bauvorhabens auf Nachbargrundstücke, erforderlich ist. Aus welchen Gründen gerade im Beschwerdefall die höhenmäßige Ausdehnung des Bauvorhabens durch ein Konturgerüst ersichtlich gemacht hätte werden sollen, wurde in der Beschwerde nicht näher begründet. Da auf Grund der Baupläne die Höhe des Projektes eindeutig feststand und die Beschwerdeführer diese Höhe auch gar nicht bekämpften, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, weshalb für die Beurteilung des Bauvorhabens die Aufstellung eines Konturgerüstes erforderlich gewesen wäre. Auch diesbezüglich liegt sohin der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vor.

Zu bemerken ist noch, daß der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der von den Beschwerdeführern gegen den angefochtenen Bescheid eingebrachten Beschwerde mit Beschluß vom 26. November 1990, B 629/90-12, abgelehnt hat.

Da auf Grund der dargelegten Erwägungen die Beschwerde in allen Punkten nicht begründet ist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Befangenheit innerhalb der Gemeindeverwaltung BaurechtZurechnung von Bescheiden Intimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990050098.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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