TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/26 90/04/0327

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Veröffentlicht am 26.02.1991
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Index

70/02 Schulorganisation;
71 Land- und forstwirtschaftliche Schulen;
95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

IngG 1973 §4;
Land- und forstw BundesschulG 1966 §11 Abs1;
SchOG 1962 §72;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Oktober 1990, Zl. 362.980/02-IX/1/90, betreffend Verweigerung der Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. Oktober 1990 gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten dem Ansuchen des Beschwerdeführers um die Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" vom 10. August 1990 mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 des Ingenieurgesetzes 1973 nicht statt. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Inhaltes der §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 2 lit. d Ingenieurgesetz 1973 aus, der Beschwerdeführer habe die Reifeprüfung nach dem Lehrplan eines realistischen Gymnasiums abgelegt und in der Zeit vom 28. November 1977 bis 10. Oktober 1979 am Ausbildungszentrum für medizinisch-technische und Krankenpflegeberufe des Landeskrankenhauses Klagenfurt die Schule für den radiologisch-technischen Dienst besucht und auf Grund der erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen die Befähigung zur Ausübung des Berufes als diplomierter radiologisch-technischer Assistent erworben. Diese Ausbildung umfasse die näher dargestellten Gegenstände. Vergleiche man diese mit jenem Wissensgut, das an der höheren technischen Lehranstalt für Elektronik, Ausbildungszweig biomedizinische Technik, laut Lehrplan, der im Bundesgesetzblatt BGBl. Nr. 412/1986 kundgemacht worden sei, vermittelt werde, so ergebe sich, daß es am Nachweis höherer fachlicher Kenntnisse auf den Gebieten elektronische Datenverarbeitung, Grundlagen der Elektrotechnik, Elektronik und Digitaltechnik, Nachrichtentecknik, Hochfrequenz- und Impulstechnik, Meß-, Steuerungs- und Regeltechnik sowie Fertigungstechnik und Konstruktionslehre völlig mangle. Es müsse daher die Erfüllung der Voraussetzung gleichwertiger fachlicher Kenntnisse verneint werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde sei ohne nähere Begründung unrichtigerweise davon ausgegangen, die von ihm absolvierte Schule gehöre weder zu den "höheren Lehranstalten" im Sinne des § 1 Abs. 1 Ingenieurgesetz 1973 noch zu den diesen gleichwertigen Schularten. Die Behörde gehe dabei offenbar davon aus, daß die Verleihung der angestrebten Berechtigung nach § 1 Abs. 1 Ingenieurgesetz nur Absolventen einer höheren technischen Lehranstalt zukomme. Sie gehe in ihrer Begründung ausschließlich von dem Vergleich des Lehrplanes der höheren technischen Lehranstalt für Elektronik, Ausbildungszweig biomedizinische Technik, aus, den sie mit den vom Beschwerdeführer absolvierten Fächern vergleiche. Dabei müsse die Behörde zwangsläufig zu einem falschen Ergebnis gelangen. Die höheren Lehranstalten im Sinne des Ingenieurgesetzes seien nicht nur technische, sondern auch landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche und diesen gleichwertige Schularten. Allen diesen Schultypen sei gemein, daß sie ebenso wie die vom Beschwerdeführer absolvierte Schule für den radiologisch-technischen Dienst eine höhere Bildung, sei es nun auf technisch-gewerblichem, land- und forstwirtschaftlichem oder auch medizinisch-technischem Gebiet) vermittelten. Das Ziel der höheren technischen Lehranstalten gemäß § 72 Schulorganisationsgesetz und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten gemäß dem land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetz und der medizinisch-technischen Schulen gemäß § 27 Krankenpflegegesetz sei das gleiche, zusätzlich sei bei medizinisch-technischen Schulen die Ablegung der Reifeprüfung an einer Mittelschule Zulassungserfordernis. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Schule zu den höheren Lehranstalten nach § 1 Abs. 1 Ingenieurgesetz gehöre, könne es keine Rolle spielen, auf welcher gesetzlichen Grundlage die Schule beruhe. Einziges Kriterium könne das in der Schule vermittelte Wissen unter Berücksichtigung der erforderlichen Vorbildung sein. Hiebei sei allerdings nicht bloß der Lehrplan für die höhere technische Lehranstalt für Elektronik, Ausbildungszweig biomedizinische Technik, heranzuziehen, sondern im Vergleich sämtliche Lehrpläne der entsprechenden Schularten. Vergleiche man die Lehrpläne dieser Schularten mit den vom Beschwerdeführer absolvierten Fächern, so sei kein Unterschied erkennbar, der die Annahme rechtfertigen würde, die medizinisch-technischen Schulen zählten nicht zu den höheren Lehranstalten im Sinne des Ingenieurgesetzes. Die unterschiedliche Dauer der Schulen spiele insoferne keine Rolle, als bei den medizinisch-technischen Schulen die Ablegung der Reifeprüfung Zulassungsvoraussetzung sei, was sich auch in der kürzeren Ausbildungsdauer niederschlage. Es finde sich also keine sachlich gerechtfertigte Differenzierung, die medizinisch-technischen Schulen nicht als höhere Schulen gemäß § 4 leg. cit. oder zumindest diesen gleichwertige Schulart gemäß § 1 leg. cit. gelten zu lassen. Ebensowenig wie es den Absolventen einer höheren technischen Lehranstalt, Ausbildungszweig biomedizinische Technik, nicht an der Erlangung des Ingenieurtitels hindere, daß er nicht wie seine Kollegen an einer höheren Lehranstalt für alpenländische Landwirtschaft eine Ausbildung etwa in den Fächern Pflanzenbau, Berglandwirtschaft, Forstwirtschaft, Obstbau, Tierhaltung, Tierzüchtung habe, könne es für den Absolventen einer medizinisch-technischen Schule an der Erlangung des Ingenieurtitels nicht hinderlich sein, wenn er anstatt der Fächer elektronische Datenverarbeitung, Grundlagen der Elektronik, Elektrotechnik und Digitaltechnik etc. eine Ausbildung in den Fächern Strahlenphysik und Radiologische Dosimetrie, Strahlentherapie, Nuklearmedizin, Radiologische Technik, Strahlenbiologie etc. erhalte. Kriterium für die Zuordnung zu den höheren Lehranstalten bzw. den den höheren Lehranstalten gleichgestellten Schularten im Sinne des Ingenieurgesetzes sei, wie der Vergleich der einzelnen Lehrpläne zeige, nicht der Inhalt des Lehrplanes, sondern der Umstand, daß an den Schulen eine höhere Ausbildung vermittelt werde, die im Zusammenhalt mit der Berufspraxis dann letztendlich auch zur Führung des Titels "Ingenieur" berechtige. Auch bei der Prüfung der Frage ob eine Verleihung gemäß § 1 Abs. 4 Ingenieurgesetz in Frage komme, der Beschwerdeführer sohin über gleichwertige fachliche Kenntnisse verfüge, hätte sich die belangte Behörde nicht vom bloßen Vergleich mit dem Lehrplan der höheren technischen Lehranstalt für Elektronik, Ausbildungszweig biomedizinische Technik, begnügen dürfen, sondern vielmehr bei der Beurteilung der Frage sämtliche Lehrpläne heranziehen müssen.

Gemäß § 1 Abs. 1 des im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung zufolge § 13 Ingenieurgesetz 1990 hier anzuwendenden Ingenieurgesetzes 1973 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" (abgekürzt: "Ing.") den Absolventen inländischer höherer technischer, höherer landwirtschaftlicher und höherer forstwirtschaftlicher Lehranstalten sowie den Absolventen inländischer gleichwertiger Schularten zu verleihen, die 1.) die Reifeprüfung bestanden haben und 2.) eine nach Abschluß des Studiums gelegene, mindestens 3-jährige einschlägige Praxis nachweisen, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt.

Zufolge Abs. 4 dieser Gesetzesstelle kann die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" (ferner) Bewerbern verliehen werden, die keine Ausbildung gemäß Abs. 1 oder 2 erfahren haben, aber 1.) die dieser Ausbildung gleichwertigen fachlichen und allgemeinen Kenntnisse und

2.) eine mindestens 10-jährige zu den erworbenen Kenntnissen einschlägige Praxis in Österreich nachweisen, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt.

Nach § 4 leg. cit. sind höhere Lehranstalten im Sinne des § 1 Abs. 1 die in § 72 des Schulorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962, in der Fassung BGBl. Nr. 243/1965, und im § 11 Abs. 1 lit. a bis e des land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes, BGBl. Nr. 175/1966, genannten und die diesen gleichwertigen Schularten.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß die von ihm absolvierte Schule nicht als eine der im § 72 Schulorganisationsgesetz oder im § 11 Abs. 1 lit. a bis e des land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes genannten Schulen anzusehen ist, meint aber, sie sei als "diesen gleichwertige Schule" anzusehen, weil die Gleichwertigkeit auf Grund eines Vergleiches "mit sämtlichen Lehrplänen der entsprechenden Schularten" nach dem (von ihm nicht näher umschriebenen) Ziel der Ausbildung zu beurteilen sei.

Dem vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Grundlage der Gleichwertigkeitsprüfung im Sinne des § 4 Ingenieurgesetz 1973 hat nicht der Vergleich irgendwelcher nur allgemein gefaßter Ausbildungsziele, sondern jener der konkret vermittelten Ausbildungsinhalte zu sein. Die Behörde hat daher in Erfüllung des in Rede stehenden Gesetzesauftrages den maßgeblichen Inhalt des Lehrplanes der in Frage kommenden, in § 72 Schulorganisationsgesetz oder im § 11 Abs. 1 lit. a bis e des land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes genannten Schule jenem der vom Antragsteller absolvierten Schule gegenüberzustellen, wobei unter Umständen nicht bloß die Bezeichnung der einzelnen Unterrichtsgegenstände, sondern auch die jeweiligen Lehrinhalte zu berücksichtigen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/04/0139).

Im Hinblick auf diese Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung der auch vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Feststellungen über die jeweiligen Lehrplaninhalte der vom Beschwerdeführer absolvierten Schule und der von der belangten Behörde als Vergleichsschule herangezogenen höheren technischen Lehranstalt für Elektronik, Ausbildungszweig biomedizinische Technik, die vom Beschwerdeführer behauptete Eigenschaft der von ihm besuchten Schule als "gleichwertige Schulart" im Sinne des § 1 Abs. 1 bzw. § 4 Ingenieurgesetz nicht zu erkennen. Daß ein Vergleich mit einer anderen der in den in § 4 Ingenieurgesetz zitierten Gesetzesstellen genannten Schulen zu einem für ihn besseren Ergebnis geführt hätte, behauptet auch der Beschwerdeführer nicht.

Der Grund, aus dem der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte im Rahmen der Prüfung nach § 1 Abs. 4 Ingenieurgesetz zu einem für ihn günstigeren Ergebnis kommen müssen, hätte sie zum Vergleich mit der von ihm genossenen Ausbildung nicht bloß den Lehrplan der höheren technischen Lehranstalt für Elektronik, Ausbildungszweig biomedizinische Technik, sondern "sämtliche Lehrpläne" herangezogen, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar. Der Verwaltungsgerichtshof vermag vielmehr in der Rechtsansicht der belangten Behörde, da in der vom Beschwerdeführer besuchten Schule zahlreiche Fächer des Lehrplanes der höheren technischen Lehranstalt für Elektronik, Ausbildungszweig biomedizinische Technik, nicht unterrichtet wurden, mangle es dem Beschwerdeführer auch an den gleichwertigen fachlichen und allgemeinen Kenntnissen im Sinne des § 1 Abs. 4 Ingenieurgesetz 1973, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990040327.X00

Im RIS seit

17.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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