TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/27 90/01/0226

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Veröffentlicht am 27.02.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §66;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/01/0227 90/01/0228 Vorgeschichte: 89/01/0366 E 23. Mai 1990 VwSlg 13205 A/1990; Fortgesetztes Verfahren: 96/05/0225 E 15. Oktober 1996;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerden 1. des MN, 2. der GN und 3. des ON gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 20. August 1990, Zl. MA 64-V 40/89, betreffend Kostenersatz gemäß §§ 4 und 5 des Wiener Gasgesetzes, LGBl. 17/1954, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat den drei Beschwerdeführern Aufwendungen von je S 10.260,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Berufungsbescheid wurde von der belangten Behörde als Ersatzbescheid erlassen, nachdem der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Mai 1990, Zl. 89/01/0366 (auf welches, was den Gegenstand des Verfahrens anlangt, zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird) den Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juli 1989, Zl. MA 64-B/137/88, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hatte.

Damit war es Aufgabe der belangten Behörde, unter Beachtung des § 63 Abs. 1 VwGG neuerlich über die gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 18. Oktober 1988, Zl. MA 25-4/4/87, erhobene Berufung zu entscheiden.

Der erstinstanzliche Bescheid war gegenüber folgenden Parteien ergangen:

"1.) Frau GN Wien, X-Straße 24-26, als verpflichteter Haus- und Grundeigentümer

2.) Verlassenschaft nach WN, vertreten durch Herrn ON Wien, Y-Straße 108

3.) Rechtsanwälte Dr. S und Dr. K" (vgl. Blatt 57 der Verwaltungsakten).

Er hatte folgenden Spruch:

"Gemäß § 4 und 5 des Wiener Gasgesetzes LGB 17/1954 in der Fassung des LGB 23/1980 werden den Inhabern der Gasanlage in Wien, Z-Gasse 1a, die mit S 58.549,26 bestimmten Kosten für die unumgänglich notwendigen Maßnahmen vorgeschrieben, und zwar für die Wiederherstellung der Gasversorgung.

Dieser Betrag ist bei sonstiger Exekution binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides mit beiliegendem Zahlschein oder unter Vorweisung dieses Bescheides beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung V, einzuzahlen. Bei nicht fristgerechter Einzahlung werden vom Zustellungstage an Verwendungszinsen in der Höhe von 4 % p.a. berechnet" (vgl. Blatt 56 der Verwaltungsakten).

Berufung dagegen war von folgenden Parteien erhoben worden:

"Einschreiter:

1.

GN, Geschäftsfrau Wien, X-Straße 24/26,

2.

Verlassenschaft nach WN, zuletzt Wien, X-Straße 24/26,

vertreten durch ON, Angestellter Wien, Y-Straße 108

              3.              Dr. E, Hauseigentümerin Wien, W-Gasse 14," (vgl. Blatt 62 der Verwaltungsakten).

Schon der mit dem oben zitierten hg. Erkenntnis aufgehobene Berufungsbescheid der belangten Behörde war an die drei jetzt beschwerdeführenden Parteien ergangen (vgl. Blatt 94 der Verwaltungsakten) und hatte alle drei ausdrücklich als "Inhaber der Gasanlage" in Anspruch genommen.

Auch der jetzt angefochtene Ersatzbescheid richtet sich ausdrücklich an die drei Beschwerdeführer jeweils als "Inhaber der Gasanlage".

Sein Spruch lautet:

Der Magistrat der Stadt Wien hat am 14.7.1989 zur Zl. MA 64-B 137/88, einen Bescheid mit folgendem Spruch erlassen:

"Gemäß § 4 und § 5 des Wiener Gasgesetzes LGB 17/1954 in der Fassung des LGB 23/1980 werden den Inhaber der Gasanlage in Wien, Z-Gasse 1a, die mit S 58.549,26 bestimmten Kosten für die unumgänglich notwendigen Maßnahmen vorgeschrieben, und zwar für die Wiederherstellung der Gasversorgung.

Dieser Betrag ist bei sonstiger Exekution binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides mit beiliegendem Zahlschein oder unter Vorweisung dieses Bescheides der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Buchhaltsabteilung V, einzuzahlen. Bei nicht fristgerechter Einzahlung werden vom Zustellungstag an Verwendungszinsen in der Höhe von 4 % p.a. berechnet."

Auf Grund der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wird unter Bedachtnahme auf das in der Sache ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 1990, Zl. 89/01/0366-5, gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG 1950) die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der letzte Satz des dritten Absatzes des Spruches ersatzlos zu entfallen hat und der zweite Absatz des Spruches zu lauten hat, "für die Wiederherstellung der Gasversorgung am 22.10.1987".

In der Sache selbst erachtete die belangte Behörde auf Grund der "Technischen Richtlinien für Einrichtung, Änderung, Betrieb und Instandhaltung von Niederdruckgasanlagen LGBl. für Wien Nr. 2/1987 die Hausanschlußleitung als Teil der (Haus) Gasanlage", damit als "integrierenden Bestandteil des Gebäudes" und damit die Beschwerdeführer als deren Inhaber.

Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden, zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerden wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die drei Beschwerdeführer erachten sich in ihren Rechten, "entgegen der Bestimmung des § 4 Abs. 4 des Wiener Gasgesetzes LGBl. 17/1954 in der geltenden Fassung keine Kosten tragen zu müssen", verletzt.

Gemeinsamer wesentlicher Kern der Beschwerdeausführungen ist der Vorwurf, die belangte Behörde habe mit der angefochtenen Berufungsentscheidung über einen von ihr selbst erlassenen Bescheid entschieden, wozu sie nicht zuständig gewesen sei und weiters die Behauptung, die belangte Behörde habe entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes keine Tatsachenfeststellungen über die Frage getroffen, wer Inhaber der im öffentlichen Gut verlegten streitgegenständlichen Hauszuleitung sei.

Der Erstbeschwerdeführer macht zusätzlich geltend, der erstinstanzliche Bescheid sei gegenüber seiner Mutter GN (= die Zweitbeschwerdeführerin) und gegenüber der Verlassenschaft nach seinem verstorbenen Vater WN ergangen, nicht jedoch ihm gegenüber. Er sei zwar erbserklärter Erbe nach seinem Vater, betreffend die in Rede stehende Liegenschaft sei aber OW (= Drittbeschwerdeführer), der Bruder des Erstbeschwerdeführers, alleiniger Rechtsnachfolger des verstorbenen WN.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 67 AVG gelten die Vorschriften des III. Teiles des gegenwärtigen Gesetzes auch für die Bescheide der Berufungsbehörde.

Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Nach ständiger Judikatur ist Sache des Berufungsverfahrens immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat (vgl. dazu insbesondere die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I. unter ENr. 71 und 72 referierte Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).

Gemäß dem auch für Bescheide der Berufungsbehörden geltenden Gebot des § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Berufungsbescheides die von ihm behandelte Angelegenheit IN DEUTLICHER FASSUNG zu erledigen. Dies erfordert einerseits schon wegen der Frage, was von der Rechtskraftwirkung des Bescheides umfaßt ist, andererseits insbesondere aber bei Bescheiden, die einer Vollstreckung zugänglich sind, wegen der Frage, was konkreter Inhalt des Exekutionstitels ist, die deutliche Bezeichnung desjenigen unterinstanzlichen Bescheides, dessen Überprüfung Gegenstand des Berufungsverfahrens war. Die Frage, was Inhalt eines Bescheides als Exekutionstitel ist, muß unter Umständen auch von den ordentlichen Gerichten bei Entscheidung über eine beantragte Exekutionsbewilligung allein auf Grund der vorgelegten Titelurkunde mit der gebotenen Sicherheit beurteilt werden können.

Gemessen an diesen Kriterien haftet dem Spruch des angefochtenen Berufungsbescheides ein gravierender Fehler an, weil er den in Berufung gezogenen Erstbescheid weder zitiert noch inhaltlich wiedergibt, sondern statt dessen als durch die erhobene Berufung angefochten denjenigen Berufungsbescheid heranzieht, den die belangte Behörde am 14. Juli 1989 selbst erlassen hatte und der inzwischen vom Verwaltungsgerichtshof wieder aufgehoben worden war.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß in der zur Spruchinterpretation heranzuziehenden Begründung der angefochtene Bescheid der erstinstanzlichen Verwaltungsbehörde vom 18. Oktober 1988 erwähnt ist. Da auch die Gründe des vorliegenden Berufungsbescheides den Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides nicht exakt wiedergeben, der Spruch des Berufungsbescheides aber in seinem letzten Absatz ausdrücklich zwei Änderungen am Spruch des "angefochtenen Bescheides", also des erstinstanzlichen Bescheides, vornimmt, ist auch unter Zuhilfenahme der Begründung des jetzt angefochtenen Bescheides nicht mit der von § 59 Abs. 1 AVG ausdrücklich geforderten DEUTLICHKEIT zu erkennen, was jetzt konkreter Inhalt des bescheidmäßig geschaffenen Exekutionstitels ist. Anders als es die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift sieht, handelt es sich bei dem ihr unterlaufenen Fehler keineswegs um einen zu vernachlässigenden Schreibfehler und kann auch den Beschwerdeführern der in der Gegenschrift erhobene Vorwurf der Haarspalterei keineswegs gemacht werden, geht es im vorliegenden Fall doch um das Gebot der Bestimmtheit eines Exekutionstitels.

Bereits aus diesem Grund hat die belangte Behörde die zur Entscheidung über die noch offene Berufung gegen den Bescheid der erstinstanzlichen Verwaltungsbehörde vom 18. Oktober 1988 sehr wohl zuständig war, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muß.

Was schließlich die besondere Stellung des Erstbeschwerdeführers anlangt, bleibt der angefochtene Bescheid jegliche Begründung dafür schuldig, warum er ihn, gegen den der erstinstanzliche Bescheid gar nicht gerichtet war und der dagegen auch gar nicht berufen hat, plötzlich unter dem Titel "Inhaber der Gasanlage" zum Kostenersatz heranzieht.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990010226.X00

Im RIS seit

31.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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