TE Vwgh Erkenntnis 1991/2/28 90/06/0201

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Veröffentlicht am 28.02.1991
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;

Norm

BauO Tir 1989 §25 litd;
BauRallg;
Bauvorschriften Tir 1981 §16 Abs1;
Bauvorschriften Tir 1981 §17;
Bauvorschriften Tir 1981 §20;
Bauvorschriften Tir 1981 §21;
ROG Tir 1984 §13 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. September 1990, Zl. Ve-551-521/2, betreffend Übertretung der Tiroler Bauordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tiroler Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Ladungsbescheid vom 12. September 1989 wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe im nördlichen Fabriksgebäude der ehemaligen Gardinenfabrik in X im ersten Obergeschoß durch den Einbau von Trennwänden mehrere Gästezimmer geschaffen und in denselben jedenfalls ab Mai 1989 bis 14. August 1989 Arbeiter fremder Firmen gewerbsmäßig beherbergt; er habe dadurch u.a. eine Übertretung der Tiroler Bauordnung (TBO) begangen. In seiner Rechtfertigung als Beschuldigter gab der Beschwerdeführer an, er habe im Jahre 1988 die ehemalige Fabrikshalle umgebaut, wobei äußerlich nichts verändert worden sei. Der Umbau der ehemaligen Fabrikshalle in mehrere Personalzimmer sei seiner Ansicht nach nicht baubehördlich bewilligungspflichtig, weil an der Außenfassade nichts geändert worden sei. Nach § 13 des Tiroler Raumordnungsgesetzes (TROG) könnten im reinen Gewerbe- und Industriegebiet Personalunterkünfte eingerichtet werden. Seiner Ansicht nach sei in diesen nicht nur die Unterbringung des Personals aus dem eigenen Betrieb zulässig, sondern auch die Unterbringung von Arbeitern anderer Betriebe. Dabei müßten diese anderen Betriebe nicht unbedingt im gegenständlichen Gewerbe- und Industriegebiet ansässig sein, sondern könnten auch außerhalb desselben ihren Sitz haben, sofern sie sich nur in der Umgebung befänden.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 28. November 1989 wurde dem Beschwerdeführer unter 1. angelastet, er habe im nördlichen Fabriksgebäude der ehemaligen Gardinenfabrik in X im ersten Obergeschoß durch Einbau von Trennwänden mehrere Gästezimmer mit über 50 Gästebetten geschaffen, diese jedenfalls ab Anfang Mai 1989 bis 14. August 1989 für die Unterbringung von Personen verwendet und damit diesen Gebäudeteil zu einem anderen als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck verwendet, ohne eine baubehördliche Bewilligung erwirkt zu haben. Er habe dadurch § 53 Abs. 1 lit. h der Tiroler Bauordnung verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 53 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzarrest drei Wochen) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der geschilderte Sachverhalt sei einerseits durch die Anzeige, andererseits durch das Tatsachengeständnis des Beschwerdeführers erwiesen und unbestritten. Strittig sei hingegen die rechtliche Beurteilung. Der Beschwerdeführer vertrete den Standpunkt, daß die Errichtung von mehreren Gästezimmern durch Einziehen von Trennwänden in einer Fabrikshalle keiner baubehördlichen Bewilligung bedürfe. Gemäß § 25 lit. d der Tiroler Bauordnung (TBO) sei die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen dann baurechtlich bewilligungspflichtig, sofern diese Änderung auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß haben könne. Das Grundstück, auf welchem sich diese alte Fabrikshalle einer ehemaligen Gardinenfabrik befinde, sei laut gültigem Flächenwidmungsplan als Gewerbe- und Industriegebiet gewidmet. Gemäß § 13 Abs. 1 TROG sei im Gewerbe- und Industriegebiet die Errichtung von Personalunterkünften und von betriebsnotwendigen Wohnungen für Aufsichts- und Wartungspersonal sowie von Bauten und Einrichtungen, die der Versorgung und den sozialen Bedürfnissen der in diesem Gebiet arbeitenden Bevölkerung dienen, zulässig. Unter Personalunterkünften seien in erster Linie Unterkünfte für das eigene Betriebspersonal zu verstehen. In einer erweiterten Auslegung könnte von Personalunterkünften auch dann gesprochen werden, wenn diese der Unterbringung von Personen dienten, die in dem gegenständlichen Gewerbe- und Industriegebiet arbeiteten. Wenn jedoch, wie im gegenständlichen Fall, in erster Linie Arbeitnehmer von Firmen, die in den Gemeinden in der Umgebung ihre Arbeitsstellen hätten, untergebracht würden, könne von Personalunterkünften im Sinne des § 13 TROG nicht mehr gesprochen werden. Daraus ergebe sich, daß auch dann, wenn äußerlich keinerlei Änderungen vorgenommen worden seien, die Einrichtung von Gästezimmern in dieser Fabrikshalle einer baubehördlichen Bewilligung bedurft hätte. Die Änderung des Verwendungszweckes der Fabrikshalle ohne Baubewilligung stelle sohin einen strafbaren Tatbestand dar. Als Verschuldensform sei Vorsatz anzunehmen.

Der dagegen eingebrachten Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24. September 1990 insofern Folge, als die Geldstrafe auf S 7.000,-- (Ersatzarrest 3 Tage) herabgesetzt wurde. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Zitierung der §§ 25 lit. d und 53 Abs. 1 lit. h TBO ausgeführt, der Zusammenhang der Begriffe "betriebsnotwendige Wohnungen" und "Versorgung und soziale Bedürfnisse der in diesem Gebiet arbeitenden Bevölkerung" im § 13 Abs. 3 TROG führe zu dem Schluß, daß auch die im § 13 TROG genannten Personalunterkünfte im Zusammenhang mit den im Gewerbe- und Industriegebiet bestehenden Betriebsanlagen zu sehen seien und nicht das Wohnbedürfnis von Arbeitnehmern aus anderen Gebieten in einem beliebig großen Umkreis abdecken sollten. Darüber hinaus sei die Zulässigkeit der Verwendung eines Fabriksgebäudes als Gebäude für Personalunterkünfte auch deshalb zu verneinen, weil ein Gebäude, das als Personalunterkunft diene, ganz anderen Anforderungen der Bauordnung sowie der technischen Bauvorschriften zu entsprechen habe, als eine Fabrik. Da der Beschwerdeführer nicht bestritten habe, in dem ihm angelasteten Tatzeitraum Arbeiter der genannten Unternehmer in der ehemaligen Fabrikshalle untergebracht zu haben, sei ihm zu Recht die zweckwidrige Verwendung im Sinne des § 53 Abs. 1 lit. h TBO vorgeworfen worden. Als Verschuldensform liege zumindest Fahrlässigkeit vor, da es dem Beschwerdeführer ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, sich über die entsprechenden Bestimmungen der Tiroler Bauordnung sowie des Tiroler Raumordnungsgesetzes zu informieren. Eine falsche Rechtsansicht könne für sich allein keinen Schuldausschließungsgrund bilden. Im Hinblick auf den von der Berufungsbehörde angenommenen minderen Grad des Verschuldens sei die Strafe zu reduzieren gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, sowie des Tiroler Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 4/1984, in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 76/1990, von Bedeutung:

§ 25 lit. d TBO:

"Einer Bewilligung der Behörde bedarf:

d) Die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen, sofern diese Änderung auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß haben kann;"

§ 53 Abs. 1 lit. h TBO:

"Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer

h) eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage vor der Erteilung der Benützungsbewilligung benützt, ein Gebäude oder einen Gebäudeteil zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck, bei Gebäuden, die nach früheren baurechtlichen Vorschriften errichtet wurden, zu einem anderen als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck, ohne Bewilligung nach § 25 lit. d bzw. § 56 Abs. 7 verwendet oder ein bisher anderweitig verwendetes Gebäude als Apartmenthaus oder als Einkaufszentrum ohne Bewilligung nach § 16a Abs. 2 bzw. § 16b Abs. 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 verwendet;"

§ 13 Abs. 1 TROG:

"(1) Gewerbe- und Industriegebiete sind jene Grundflächen, auf denen nur gewerbliche und industrielle Betriebsanlagen errichtet werden dürfen. Darüber hinaus ist die Errichtung von Personalunterkünften und betriebsnotwendigen Wohnungen für Aufsichts- und Wartungspersonal sowie von Bauten und Einrichtungen, die der Versorgung und den sozialen Bedürfnissen der in diesem Gebiet arbeitenden Bevölkerung dienen, zulässig."

Unbestritten ist, daß ein ehemaliges Fabriksgebäude nach Einziehen von Trennwänden zur Unterkunft von - auch - betriebsfremden Personen verwendet wurde. Unbestritten ist weiters, daß das Einziehen von Zwischenwänden im Jahre 1988 und die Verwendung der so geschaffenen Räume als Unterkunft von Personen im Jahre 1989 erfolgte. Unbestritten ist schließlich auch, daß weder eine Baubewilligung für das Einziehen von Trennmauern sowie für die Änderung des Verwendungszweckes erteilt wurde. Daß aus der Baubewilligung für das ehemalige Fabriksgebäude (Gardinenfabrik) als bauliche Zweckbestimmung nicht der Verwendungszweck "Unterkünfte von Personen" hervorging, wurde vom Beschwerdeführer ebenfalls nicht bestritten. Strittig ist jedoch, ob die Änderung des Verwendungszweckes auf die Zulässigkeit des Gebäudes einen Einfluß haben kann.

Im Gewerbe- und Industriegebiet ist außer der Errichtung gewerblicher und industrieller Betriebsanlagen auch die Errichtung von Personalunterkünften und betriebsnotwendigen Wohnungen für Aufsichts- und Wartungspersonal zulässig. Mit der Verknüpfung der Worte "Personalunterkünfte" mit "betriebsnotwendigen Wohnungen für Aufsichts- und Wartungspersonal" hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, daß nur die Zulässigkeit von Unterkünften für betriebseigenes Personal gegeben ist. Dafür spricht auch die Verwendung des Wortes "Personal-" Unterkünfte und nicht Unterkünfte für Personen, da durch die Verwendung des Wortes "Personal" die Zugehörigkeit zum Betrieb hervorgehoben wird.

Im vorliegenden Fall kann es aber dahingestellt bleiben, ob die Änderung des Verwendungszweckes bewilligungsfähig ist oder nicht, da die Bewilligungspflicht nach § 25 lit. d TBO schon daran geknüpft ist, daß die Änderung des Verwendungszweckes auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß HABEN KANN, und nicht daran, daß das Gebäude nach der Änderung des Verwendungszweckes unzulässig sein müßte. Daß die Errichtung von Unterkünften für Personen im Gewerbe- und Industriegebiet jedenfalls auf die Zulässigkeit des Gebäudes einen Einfluß HABEN KANN, ergibt sich schon schon daraus, daß, wie auch der Beschwerdeführer einräumt, die Errichtung von Unterkünften für Personen im Gewerbe- und Industriegebiet nicht in unbeschränktem Ausmaß zulässig ist und, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, Aufenthaltsräume von Personen anderen Anforderungen der TBO sowie der Technischen Bauvorschriften entsprechen müssen, als eine Fabrik (z.B. im Hinblick auf Belichtung, Belüftung, Wärme-, Schallschutz).

Die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor. Da auch der Beschwerdeführer nicht bestritten hat, Trennungswände zur Schaffung von Unterkünften für Personen eingezogen und im Tatzeitraum (betriebsfremde) Personen in der ehemaligen Fabrikshalle untergebracht zu haben, bedurfte es im konkreten Fall auch keiner weiteren Feststellungen über den seinerzeitigen und den nunmehrigen Zustand des Gebäudes.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990060201.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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