TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/18 90/12/0301

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Veröffentlicht am 18.03.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
72/01 Hochschulorganisation;
72/02 Studienrecht allgemein;

Norm

AHStG §38;
AHStG §39;
UOG 1975 §109;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 13. September 1990, Zl. 1518/1272, betreffend Bestrafung nach dem Universitäts-Organisationsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Imst sprach mit Bescheid vom 12. Juli 1990 aus, daß der Beschwerdeführer am 27. Februar 1990 anläßlich einer Banküberweisung über die Sparkasse Innsbruck-Hall an die Tiroler Gebietskrankenkasse den akademischen Grad "Doktor" unberechtigt geführt habe (Unterschrift auf Bankanweisung). Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 109 Abs. 2 des Universitätsorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 258/1975 (UOG), begangen. Gemäß der genannten Bestimmung werde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe 5 Tage) verhängt. Begründend wurde im wesentlichen festgestellt, der Beschwerdeführer habe keine Rechtfertigung abgegeben. Er sei bereits zweimal, nämlich mit Berufungserkenntnis vom 11. Jänner 1990 und mit Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 26. April 1990 rechtskräftig wegen der gleichen Übertretung bestraft worden. Den letztgenannten Bescheid habe der Beschwerdeführer nicht beeinsprucht. Die Behörde könne daher davon ausgehen, daß der Vorwurf des unberechtigten Führens des Doktorgrades zu Recht bestehe. Wenn der Beschwerdeführer über keine Promotionsurkunde verfüge, so könnte er zumindestens die Universität nennen, in der er diesen Grad erworben habe. Hiezu sei er bereits in früheren Strafverfahren erfolglos aufgefordert worden. Der Beschwerdeführer hätte ausreichend Gelegenheit gehabt, Beweise zu seiner Entlastung vorzulegen, habe dies jedoch nicht getan. Bei der Strafbemessung seien zwei einschlägige Vorstrafen erschwerend, mildernd nichts zu berücksichtigen gewesen. Als Schuldform sei Vorsatz anzulasten. Der Beschwerdeführer sei Sozialhilfeempfänger und habe offenbar kein weiteres Einkommen. Trotzdem entspreche das Strafausmaß aus Gründen der Spezialprävention dem Unrechtsgehalt der Übertretung.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er könne die Universität nennen, an der er den "Grad" erworben habe, doch sei er nicht gewillt, dies zu tun. Die diesbezüglichen Dokumente befänden sich in den Vereinigten Staaten von Amerika, weshalb er nicht in der Lage sei, die Promotionsurkunde vorzulegen. Weiters wendete er sich gegen die Höhe der Strafe, die nicht dem Unrechtsgehalt der Tat und seinen Verhältnissen als Sozialhilfeempfänger entspreche.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und stellte in der Begründung des Bescheides im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest: Der Beschwerdeführer sei im Kalenderjahr 1990 zweimal rechtskräftig wegen des unberechtigten Führens des akademischen Grades "Doktor" bestraft worden. Weiters stehe fest, daß er am 27. Jänner 1989, 29. Jänner 1990 und 27. Februar 1990 anläßlich von Banküberweisungen über die Sparkasse Innsbruck-Hall an die Tiroler Gebietskrankenkasse Innsbruck auf den Zahlscheinen in der Spalte "Auftraggeber" bei seiner Unterschrift vor seinem Familiennamen den akademischen Grad "Doktor" in abgekürzter Form beigefügt habe. "Gemäß § 38 UOG" hätten Personen, denen von einer österreichischen Hochschule (Fakultät) ein akademischer Grad verliehen worden sei, das Recht, diesen akademischen Grad im privaten Verkehr, im Verkehr mit Behörden und auf Urkunden ihrem Namen in vollem Wortlaut oder in abgekürzter Form voranzustellen. Gemäß "§ 39 UOG" sei es jedem Träger eines von einer anerkannten ausländischen Hochschule verliehenen akademischen Grades in Österreich gestattet, seinem Namen den erworbenen akademischen Grad, und zwar mit dem im Verleihungsdekret enthaltenen Wortlaut und unter Beisetzung der ausländischen Hochschule, die den akademischen Grad verliehen habe, im Verkehr mit Behörden und im privaten Verkehr beizufügen. Ehrenhalber verliehene ausländische akademische Grade dürften nur mit Bewilligung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung geführt werden. Auf Grund der bisher rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren bestehe für die Behörde der berechtigte Grund anzunehmen, daß der Beschwerdeführer nicht im Sinne der "§§ 38 und 39 UOG" berechtigt sei, den Doktortitel in Österreich zu führen. Der Beschwerdeführer nehme für sich ein Recht in Anspruch, an dessen Bestehen für die Behörde begründete Zweifel bestünden. Es entspreche dem natürlichen Rechtsverständnis, daß jemand, der etwas für sich beanspruche, im Zweifel dieses nachzuweisen habe und nicht umgekehrt. Das Nichtbestehen eines Hochschulabschlusses wäre ohne Mitwirkung des Betroffenen nie nachweisbar. Akademische Grade würden damit der Bedeutungslosigkeit verfallen. Es bestehe eine Mitwirkungspflicht des Beschuldigten, wenn er dieser nicht nachkomme, dann müsse er in Kauf nehmen, daß die Behörde diesen Umstand im Rahmen der freien Beweiswürdigung bewerte. Er wäre verpflichtet gewesen, über Aufforderung der Behörde die Universität zu nennen, von der er den akademischen Grad verliehen bekommen habe. Dies lasse die Schlußfolgerung zu, daß er nicht im Besitz des verwendeten akademischen Grades sei. Im Hinblick auf die Strafbemessungsgründe der ersten Instanz unter Berücksichtigung des hohen Unrechtsgehaltes und des schweren Verschuldens habe auch das Strafausmaß aufrecht erhalten werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 109 Abs. 1 UOG sind unter anderem dem Universitäts- und Hochschulwesen nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes und der besonderen Studiengesetze eigentümliche Titel und Bezeichnungen sowie die akademischen Grade nach Maßgabe der Bestimmungen des Abs. 2 geschützt.

Die Strafbestimmung des § 109 Abs. 2 UOG hat folgenden Wortlaut:

"Wer die im Abs. 1 erwähnten Titel und Bezeichnungen sowie die akademischen Grade allein oder in Zusammensetzung unberechtigt führt, begeht, sofern es sich nicht um eine herkömmliche Bezeichnung handelt oder die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und wird mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- oder mit Arrest bis zu 6 Wochen bestraft ..."

Die Führung inländischer akademischer Grade ist im § 38 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes, BGBl. Nr. 177/1966 (AHStG), geregelt; die Führung ausländischer akademischer Grade im § 39 dieses Gesetzes.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Verwaltungsübertretung des unberechtigten Führens eines akademischen Titels um ein Dauerdelikt (vgl. Erkenntnisse vom 20. August 1987, Zl. 85/12/0105 und 86/12/0282). Handelt es sich bei der vorgeworfenen Tat um ein Dauerdelikt oder ein insoweit nach der hier vorliegenden Begehungsform gleichzuhaltendes fortgesetztes Delikt (vgl. Mannlicher-Quell, Verwaltungsverfahren II8, S. 708 D 9), so wird die bis zur Zustellung des Straferkenntnisses begangene Tatzeit erfaßt und darf die Begehung einer gleichartigen Tathandlung vor diesem Zeitpunkt dem Täter nicht vorgeworfen werden (vgl. auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1985, Zl. 85/07/0032, und vom 13. Mai 1986, Zl. 86/07/0027).

Im Beschwerdefall hat nun die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weil sie die Rechtsnatur des dem Beschwerdeführer vorgeworfenen strafbaren Tatbestandes verkannt hat und von dieser unrichtigen rechtlichen Beurteilung ausgehend, die weitere rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der gleichen Tat vom 26. April 1990 nicht berücksichtigt hat. Liegt doch die im Spruch des angefochtenen Bescheides genannte Tatzeit vor einem von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen Bescheid, mit welchem der Beschwerdeführer wegen desselben Deliktes bestraft worden ist.

Der angefochtene Bescheid mußte schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG der Aufhebung verfallen, wobei von der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden konnte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit den Bestimmungen der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Das Mehrbegehren für Bundesstempel mußte abgewiesen werden, weil Stempelgebühren nur im Ausmaß der entstandenen Gebührenpflicht zu ersetzen sind.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990120301.X00

Im RIS seit

26.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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