TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/22 89/18/0040

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Veröffentlicht am 22.03.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §45 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2;
StVO 1960 §38 Abs1 lita;
VStG §33;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dr. Wolfgang N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 20. Dezember 1988, Zl. MA 70-10/1980/88/Str, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 14. März 1987 erging eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien, Wachzimmer 13, Am Platz, wonach der männliche Lenker eines nach Marke, Farbe und Kennzeichen bestimmten Pkws am 11. März 1987 um 14.13 Uhr in Wien 13, Kennedy-Brücke, 1. und 2. Schutzweg Richtung Schönbrunner Schloßstraße, gefahren sei und dabei das Gelblicht beider Verkehrslichtsignalanlagen nicht beachtet habe, indem er nicht vor den dortigen Haltelinien angehalten habe, obwohl ihm ein sicheres Anhalten leicht möglich gewesen wäre.

Über Anfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG gab der Halter dieses Pkw an, er könne die Auskunft nicht erteilen. Die Auskunftspflicht treffe den Beschwerdeführer. Daraufhin begab sich Bezirksinspektor Erwin W. zur Wohnung des Beschwerdeführers und erhielt von diesem die Auskunft, er sei zum damaligen Zeitpunkt Lenker des Pkw gewesen. Das über diese Befragung ausgefüllte Formular enthält neben Vordrucken für die Angaben zur Individualisierung des Lenkers zwei anzukreuzende Vordrucke mit dem Text "gibt den Sachverhalt zu" und "sonstige Angaben". In dem fraglichen Formular ist die letztere Rubrik angekreuzt mit der Ergänzung "Auskunft am 13. 6. 1987

v. Lenker".

Mit Schreiben vom 16. Juni 1987 stellte der Beschwerdeführer "an das Bezirkskommissariat Wieden" das Begehren, den ihm am 13. Juni 1987 mündlich verkündeten Bescheid nach § 103 Abs. 2 KFG schriftlich auszufertigen. In diesem Antrag führte er aus, er habe die an ihn gerichtete Frage, ob er als Lenker in Frage käme, mangels Unterlagen nicht beantworten können. Dieser Antrag wurde im Devolutionswege mit Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 14. September 1988 abgewiesen.

Gegen die gegen ihn ergangene Strafverfügung vom 17. Juni 1987 erhob der Beschwerdeführer Einspruch. Im Zuge des daraufhin eingeleiteten ordentlichen Ermittlungsverfahrens wurde Bezirksinspektor W. als Zeuge vernommen, welcher aussagte, er habe am 13. Juni 1987 gegen 10.00 Uhr die Wohnung des Beschwerdeführers wegen einer Lenkererhebung aufgesucht. Dies deshalb, da eine telefonische Lenkererhebung nicht möglich gewesen sei, da laut Amtlichem Telefonbuch kein Anschluß bestanden habe. Er habe dem Beschwerdeführer mitgeteilt, der Behörde sei vom Halter des Kraftfahrzeuges mitgeteilt worden, daß er die erforderliche Lenkerauskunft betreffend die Nichtbeachtung von Gelblicht am 11. März 1987 erteilen könne. Der Beschwerdeführer habe daraufhin erklärt, daß er der Lenker gewesen sei. Die Richtigkeit dieser Aussage bestritt der Beschwerdeführer in der Folge mit dem Vorbringen, in Wahrheit habe er bei dieser Befragung erklärt, er könne mangels Unterlagen nicht angeben, ob er am Tatort zur Tatzeit das fragliche Kraftfahrzeug gelenkt habe.

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 25. März 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 11. März 1987 um 14.13 Uhr in Wien 13, Kennedy-Brücke, erster und zweiter Schutzweg Richtung Schönbrunner Schloßstraße, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges das Gelblicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet zu haben, indem er nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten habe, sondern weitergefahren sei, obwohl ihm ein sicheres Anhalten möglich gewesen wäre. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 38 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn nach der zuerst zitierten Gesetzesstelle eine Geldstrafe von S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde.

Auf Grund der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde dieses Straferkenntnis mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 20. Dezember 1988 in der Schuldfrage gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 bestätigt und die Geldstrafe auf S 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) herabgesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft die Annahme der belangten Behörde, er habe das in Rede stehende Kraftfahrzeug zur Tatzeit am Tatort gelenkt. Damit bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde, weshalb daran zu erinnern ist, daß die Beweiswürdigung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur in der Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Ob eine vorgenommene Beweiswürdigung dagegen richtig in dem Sinn ist, daß die Version des Meldungslegers und nicht die des Beschwerdeführers den Tatsachen entspricht, ist hingegen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Einer derartigen Prüfung hält der angefochtene Bescheid allerdings stand.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen vermag der Verwaltungsgerichtshof einen Widerspruch zwischen der Aussage des Zeugen Bezirksinspektor W. und dem von diesem über die Lenkererhebung ausgefertigten Formular nicht zu erblicken, denn die auf diesem Formular vorgesehene Rubrik "gibt den Sachverhalt zu" kann sinnvoller Weise nur dahin verstanden werden, daß diese Rubrik anzukreuzen ist, wenn der Lenker auch den Sachverhalt der der Lenkeranfrage zugrundeliegenden Anzeige (hier: die Mißachtung des Gelblichtes der Verkehrslichtsignalanlage) zugibt. Das Nichtankreuzen dieser Rubrik läßt einen Schluß darauf, daß der Beschwerdeführer damals seine Lenkereigenschaft zum Tatzeitpunkt bestritten habe, nicht zu.

Warum der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte auch dann, wenn sie von seiner Lenkereigenschaft im Tatzeitpunkt ausgehe, nicht seine "Tätereigenschaft" annehmen dürfen, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar.

Zu Unrecht vermißt der Beschwerdeführer auch weitere Ermittlungen der belangten Behörde über die Frage, ob die in der Anzeige dokumentierte Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen wurde. Die belangte Behörde hatte zu derartigen Ermittlungen keinerlei Anlaß, da ihr als Beweismittel die gegenständliche Anzeige vorlag und die Richtigkeit des Inhaltes dieser Anzeige weder vom Beschwerdeführer bestritten wurde, noch sonst im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der darin enthaltenen Sachverhaltsdarstellung hervorgekommen sind.

Als unrichtig erweist sich auch der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde sei in aktenwidriger Weise zur Feststellung gelangt, der Beschwerdeführer habe bezüglich seiner "allseitigen Vermögensverhältnisse" die Auskunft verweigert. Denn der Vertreter des Beschwerdeführers wurde sowohl anläßlich der Vernehmung am 8. September 1987 wie auch jener am 1. März 1988 unter anderem aufgefordert, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers bekannt zu geben. Dennoch unterblieb eine derartige Mitteilung.

Der Verwaltungsgerichtshof kann auch im Hinblick auf die Art der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat nicht finden, die belangte Behörde habe in rechtswidriger Weise angenommen, daß die Tat das Interesse an der Verkehrssicherheit in nicht unerheblichem Maße schädige.

Mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe die Milderungsgründe nicht hinreichend dargelegt und dadurch gegen die in § 19 Abs. 2 VStG normierten Regelungen verstoßen, da sie nicht alle Kriterien in Betracht gezogen habe, vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht darzutun, weil er es unterließ, jene Milderungsgründe und sonstigen "Kriterien" zu nennen, welche die belangte Behörde nach seiner Meinung zu Unrecht nicht beachtet habe. Nach der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage ist eine derartige Unterlassung der belangten Behörde nicht feststellbar.

Schließlich ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde hätte kommen können, hätte sie, einem Antrag des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren folgend, den Zeugen Bezirksinspektor W. ein zweites Mal vernommen, weshalb der in diesem Zusammenhang behauptete Verfahrensverstoß schon mangels Relevanz (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG) nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen könnte.

Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als nicht berechtigt. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Beweismittel Beschuldigtenverantwortung Beweismittel Urkunden Beweiswürdigung Sachverhalt angenommener geklärter freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1989180040.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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