TE Vwgh Erkenntnis 1991/3/22 85/18/0375

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Veröffentlicht am 22.03.1991
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
StVO 1960 §2 Abs1 Z12;
StVO 1960 §2 Abs1 Z17;
StVO 1960 §37;
StVO 1960 §38 Abs1;
StVO 1960 §38 Abs5;
StVO 1960 §38;
StVO 1960 §43;
StVO 1960 §44 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dr. Walter N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 18. September 1985, Zl. MA 70-IX/M 10/85/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 18. September 1985 erkannte die Wiener Landesregierung den Beschwerdeführer schuldig, er habe am 13. Juli 1984 um

12.36 Uhr in Wien 15, Kreuzung Linke Wienzeile - Gaudenzdorfer Gürtel, Richtung Hadikgasse, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt und das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet, indem er nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten habe, sondern in die Kreuzung eingefahren sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzarreststrafe, verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 38 Abs. 5 StVO gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen anzuhalten, und zwar, von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen, an den im Abs. 1 des § 38 bezeichneten Stellen. Für eine Kreuzung kommen somit in Frage nach lit. a die Haltelinie, wenn eine solche fehlt, nach lit. b der Schutzweg, wenn auch dieser fehlt, nach lit. c die Kreuzung selbst. Das sich aus dem roten Licht ergebende Gebot für den Fahrzeuglenker besteht grundsätzlich darin, vor der Kreuzung an bestimmten Stellen anzuhalten; es ist ihm also verboten, in die Kreuzung einzufahren. An welcher Stelle des näheren anzuhalten ist, ergibt sich aus § 38 Abs. 1 lit. a bis c StVO. Der Fahrzeuglenker, der trotz roten Lichtes in die Kreuzung einfährt, mißachtet aber das Gebot des § 38 Abs. 5 StVO, gleichgültig, an welcher der drei in Betracht kommenden Stellen er anzuhalten gehabt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Mai 1987, Slg. NF Nr. 12.466/A).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, nicht vor der Haltelinie angehalten, sondern in die Kreuzung eingefahren zu sein. Im Hinblick auf die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a lit. a VStG im Spruch gehen die Beschwerdeausführungen betreffend der Verordnung der Haltelinie ins Leere. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nämlich auch das Einfahren in die Kreuzung bei Rotlicht zur Last gelegt. In Ansehung dieses Tatvorwurfes war es auch vor dem Inkrafttreten des § 55 Abs. 8 StVO mit 1. Mai 1986 unerheblich, ob die vor der Kreuzung befindliche überfahrene Haltelinie durch eine Verordnung gedeckt war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 1988, Zl. 88/02/0136).

Soweit der Beschwerdeführer Verfolgungsgverjährung im Hinblick auf den angelasteten Tatort behauptet und vorbringt, der Tatort sei nicht ausreichend konkretisiert worden und dazu bemerkt, daß es eine Kreuzung Linke Wienzeile - Gaudenzdorfer Gürtel, Richtung Hadikgasse nicht gebe, so ist dem entgegenzuhalten, daß der Gaudenzdorfer Gürtel von der Linken Wienzeile bis zur Eichenstraße reicht (vgl. auch das Verzeichnis der Bundesstraßen B + S des Amtes der Wiener Landesregierung, MA 28 - Bundesstraßenverwaltung, Stand Dezember 1983). Aus dem Buchplan von Wien 1 : 20.000 von Freytag-Berndt ist ersichtlich, daß der Gaudenzdorfer Gürtel die Linke Wienzeile kreuzt und nach der Kreuzung als Sechshausergürtel weitergeführt wird. Die Tatortumschreibung durch die Angabe der Kreuzung (Linke Wienzeile - Gaudenzdorfer Gürtel) in Verbindung mit der Fahrtrichtung des Beschwerdeführers (Richtung Hadikgasse) entspricht dem Gebot des § 44a lit. a VStG, den Tatort ausreichend zu konkretisieren. Daran änderte auch nichts, daß in der Plankopie der MA 46 der Gaudenzdorfer Gütel nicht ausdrücklich benannt worden ist. Auch auf diesem Plan ist im übrigen die gegenständliche Kreuzung klar zu erkennen. Der Tatort ist auch von mehreren Verfolgungshandlungen innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist erfaßt (vgl. etwa die Strafverfügung vom 12. September 1984).

Der Beschwerdeführer bringt vor, aus dem Schwarzweiß-Foto der Rotlichtüberwachungskamera ergebe sich keineswegs, daß sich das Fahrzeug bei Aufleuchten des Rotlichtes in der Kreuzung befunden habe. Es könne aus dem vorliegenden Foto allenfalls geschlossen werden, daß sich das Fahrzeug zu einem nicht bestimmbaren Zeitpunkt der Lichtphase in der Kreuzung befunden habe. Der Beschwerdeführer meint ferner, die Behörde hätte sich von der Funktionstüchtigkeit der Rotlichtüberwachungskamera von Amts wegen überzeugen müssen, insbesondere dahingehend, ob das Überfahren der Haltelinie nur bei Rotlicht die Fotokamera auslöse oder ob diese möglicherweise auch bei Gelb- oder Grünlicht ausgelöst werde ferner, ob bei Auslösung der Fotokamera durch ein die Haltelinie überfahrendes Fahrzeug nicht möglicherweise die Fotokamera ein anderes, als das die Haltelinie überfahrende, Fahrzeug aufnehme.

Dazu ist zu bemerken, daß gemäß § 39 Abs. 1 StVO die Lichtzeichen, wenn sie untereinander angeordnet sind, in der Reihenfolge oben rot, in der Mitte gelb und unten grün anzuordnen sind. Auf dem Foto der Überwachungskamera sieht man deutlich, daß das oberste Licht der Verkehrslichtsignalanlage aufscheint; dies bedeutet "Rotlicht". Es geht ferner nicht um "denkbare" oder "mögliche" Fehler des Gerätes, sondern um tatsächliche (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 24. April 1986, Zl. 86/02/0004, und vom 16. Dezember 1987, Zl. 87/02/0155). Solche Fehler vermochte der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren nicht aufzuzeigen.

Die Anträge des Beschwerdeführers auf Durchführung einer Stellprobe und Vernehmung eines Sachverständigen wurden mit Recht abgewiesen, da sich aus dem erwähnten Foto bereits eindeutig ergibt, daß der PKW des Beschwerdeführers in der Kreuzung eingefahren ist: Auch der Schutzweg an der Kreuzung gehört bereits zum Kreuzungsbereich, selbst wenn er breiter als der Gehsteig ist, als dessen Fortsetzung er für die Fußgänger dienen soll (Erkenntnis vom 23. Mai 1966, Zl. 104/66, teilweise veröffentlicht in ZVR 1967/26).

Schließlich ist die Befürchtung des Beschwerdeführers, die Fotokamera habe "ein anderes als das die Haltelinie überfahrende Fahrzeug" aufgenommen, auf das Foto zu verweisen, nach welchem der PKW mit dem Kennzeichen W nm.mqn auf dem Schutzweg zu sehen ist.

Da es der Beschwerde sohin nicht gelungen ist, die von ihr behaupteten Rechtswidrigkeiten darzutun, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Beweismittel UrkundenBeweismittel Skizzen Audio-Visuelle MedienAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff TatortVerordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1985180375.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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