TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/8 91/15/0018

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Veröffentlicht am 08.04.1991
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Index

L94403 Krankenanstalt Spital Niederösterreich;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

KAG NÖ 1974 §45;
KAG NÖ 1974 §49 Abs5;
UStG 1972 §2 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Wetzel, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der N gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom 14. Dezember 1990, Zlen. GZ. 6/4-4205/89-07, GZ. 6/4-4073/90-07, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1985 bis 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und aus dem ihr in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid geht der folgende entscheidungswesentliche Sachverhalt hervor:

Die Beschwerdeführerin bezog in den Streitjahren als Primarärztin in einem Krankenhaus für die Behandlung von Patienten der Sonderklasse Gebühren im Sinne des Niederösterreichischen Krankenanstaltengesetzes 1974, LGBl. Nr. 9440-0 (NÖ KAG 1974), welche sie teilweise an ihren Assistenzarzt weitergab.

Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden diese Gebühren für Patienten der Sonderklasse (im folgenden kurz: Klassegelder), weil nach dem NÖ KAG 1974 nur der Abteilungsvorstand berechtigt ist, mit den Patienten der Sonderklasse ein besonderes ärztliches Honorar zu vereinbaren, der Beschwerdeführerin zugerechnet und bei ihr "unter Bedachtnahme auf die Rechtsbeziehungen und die Rechnungslegung im Außenverhältnis" zur Gänze der Umsatzsteuer unterzogen. In der Begründung des im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheides heißt es hiezu sinngemäß im wesentlichen, die von der Beschwerdeführerin als Abteilungsvorstand an den Assistenzarzt weitergegebenen Klassegelder stellten bei ihr "keine Entgeltsminderung, sondern eine Entgeltsverwendung" dar. Ärzte, die auf Grund der im § 2 Abs. 6 UStG 1972 getroffenen Regelung als Unternehmer gelten, seien grundsätzlich auch zum Abzug jener Umsatzsteuerbeträge berechtigt, die ihnen von anderen Unternehmen für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für ihr Unternehmen ausgeführt worden seien, gesondert in Rechnung gestellt würden. Der Vorsteuerabzug auf Grund von Rechnungen durch einen Unternehmer, der seine abziehbaren Vorsteuern gemäß § 14 UStG 1972 nach einem Durchschnittssatz ermittle, sei allerdings nur im eingeschränkten Umfang möglich; nämlich insoweit, als es sich um Vorsteuern handle, die mit der Lieferung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder mit der Einfuhr solcher Wirtschaftsgüter in Zusammenhang stünden. Der Abzug von Vorsteuern für andere Vorleistungen (z. B. im Zusammenhang mit einem an andere Ärzte oder an die Krankenanstalt abgetretenen ärztlichen Honorar) sei aber ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin zwar die Besteuerung nach Durchschnittssätzen für die Streitjahre widerrufen, dieser Widerruf sei jedoch erst am 28. Februar 1989 und daher nach den Vorschriften des § 14 Abs. 4 UStG 1972 verspätet erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 6 UStG 1972 in der für die Streitjahre geltenden Fassung gilt als Unternehmer auch ein in einem Dienstverhältnis zu einer Krankenanstalt stehender Arzt, soweit er in Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit Entgelte vereinnahmt, die gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. b des Einkommensteuergesetzes 1972 zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit zählen.

Gemäß der zitierten einkommensteuerrechtlichen Vorschrift zählen zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit unter anderem auch die Entgelte der Ärzte für die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse (einschließlich ambulatorischer Behandlung), soweit diese Entgelte nicht von einer Krankenanstalt im eigenen Namen vereinnahmt werden.

Das NÖ KAG 1974 bestimmt in § 45 Abs. 2, daß die Anstalt das ärztliche Honorar im Namen und auf Rechnung jener Ärzte einzuheben hat, die gemäß § 49 Abs. 5 berechtigt sind, ein solches zu verlangen. Der verwiesenen Vorschrift zufolge wird das ärztliche Honorar vom verantwortlichen leitenden Arzt der Abteilung (Institutsvorstand) mit den betroffenen Patienten (§ 45 Abs. 1 lit. b) oder mit dem für ihn Zahlungspflichtigen vereinbart. Dasselbe gilt hinsichtlich des ärztlichen Honorars für Laboratoriumsuntersuchungen, für eine konsiliarärztliche Tätigkeit, für Radium-, Röntgen- oder sonstige physikalische Behandlungen und für die Tätigkeit besonderer Fachärzte, wie z. B. für Anästhesiologie.

In den Absätzen 3 und 4 des § 45 NÖ KAG 1974 ist ferner bestimmt, daß den nachgeordneten Ärzten für die Mitwirkung an der Untersuchung und Behandlung stationärer Patienten in der Sonderklasse mindestens 20 v.H. des ärztlichen Honorares gebühren. Die Aufteilung an die nachgeordneten Ärzte hat der Abteilungsleiter unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Ausbildungsstand und die Leistung der einzelnen Ärzte vorzunehmen.

Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, die belangte Behörde habe ihr in der Beschwerde wiederholtes Vorbringen nicht überprüft und dazu Stellung genommen. Dieses Vorbringen geht dahin, die Höhe der Sondergebühren (Klassegelder) selbst zahlender Patienten sei in gewissen Zeitabständen zwischen dem ärztlichen Direktor des Krankenhauses und der Beschwerdeführerin vereinbart worden. Sie habe den Anteil ihres Assistenzarztes über seinen gesetzlichen Anspruch von 20 Prozent der Klassegelder hinaus zeitweilig auf 25 Prozent erhöht. Der Assistenzarzt habe ihr niemals über seinen Anteil an den Klassegeldern Rechnung gelegt.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen; denn damit wird die zutreffende Argumentation der belangten Behörde, im (umsatzsteuerrechtlich entscheidenden) Außenverhältnis gegenüber den Patienten sei der Assistenzarzt nicht in Erscheinung getreten, nicht in Frage gestellt. Daß zwischen dem Assistenzarzt und den Patienten Rechtsbeziehungen bestanden hätten, was Voraussetzung dafür wäre, daß von Umsätzen dieses Arztes an die Patienten und nicht von Umsätzen der Beschwerdeführerin gesprochen werden könnte, wird auch sonst nicht einmal ansatzweise behauptet. Die Beschwerdeführerin rückt vielmehr in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen, ihr Assistenzarzt habe ihr keine Rechnungen über seinen Anteil an den Klassegeldern in den Streitjahren gelegt; dies ist aber für die Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführerin auch diese Entgelte zuzurechnen sind, ohne Bedeutung. Geht man nämlich im Sinne der Lehre (vgl. Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer II, Tz 215d zu § 2) davon aus, daß Assistenzärzte an den Primararzt im Gegenwert der an die ersteren weitergegebenen Klassegelder Subleistungen erbringen, so hat die Rechnungslegung durch einen Assistenzarzt gegenüber dem Primararzt allenfalls für den Vorsteuerabzug des letzteren Bedeutung; daraus ergibt sich aber nicht, daß nicht der Primararzt gegenüber den Patienten als Unternehmer, dessen ärztliche Leistungen mit den Klassegeldern abgegolten worden sind, aufgetreten ist.

Mit der behaupteten fehlenden Rechnungslegung durch den Asisstenzarzt ihr gegenüber hebt die Beschwerdeführerin auch einen Umstand hervor, der jedenfalls zur Versagung des Vorsteuerabzuges für Leistungen des Assistenzarztes führen mußte; denn der Vorsteuerabzug eines Unternehmers ist gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 ausdrücklich an die Voraussetzung geknüpft, daß IN EINER RECHNUNG (§ 11 leg. cit.) eines anderen Unternehmers an ihn Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, ausgewiesen wird.

Für den zugunsten der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid aber angenommenen Fall der Ausstellung solcher Rechnungen durch den Assistenzarzt kommt das von der Beschwerde nicht widerlegte Argument der belangten Behörde zum Tragen, daß die eine gesonderte Berücksichtigung von Leistungen des Assistenzarztes ausschließende Ermittlung des Vorsteuerabzuges nach Durchschnittssätzen im Sinne des § 14 UStG 1972 hinsichtlich des Streitzeitraumes von der Beschwerdeführerin verspätet widerrufen worden ist.

Soweit die Beschwerde schließlich meint, der angefochtene Bescheid sei deswegen rechtswidrig, weil der Assistenzarzt die auf seinen Anteil an den Klassegeldern entfallende Umsatzsteuer bezahlt habe, übersieht sie, daß dieser offenbar seine eigenen Umsatzsteuerschuldigkeiten aus seiner Tätigkeit als Subunternehmer der Beschwerdeführerin und nicht deren Umsatzsteuerschuldigkeiten entrichtet hat.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991150018.X00

Im RIS seit

08.04.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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