TE Vwgh Beschluss 1991/4/22 90/12/0297

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Veröffentlicht am 22.04.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, in der Beschwerdesache des A gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde B wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit einer Verwendungsänderung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Stadtgemeinde B hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 6.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Verfügung vom 19. November 1990 über die gegenständliche Säumnisbeschwerde gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet und der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 22. November 1990 zugestellt; die Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides endete somit am 22. Februar 1991.

Am 22. Februar 1991 legte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof eine Ausfertigung des mit 21. Februar 1991 datierten nachgeholten Bescheides vor. Dem Beschwerdeführer wurde dieser Bescheid - nach der von der belangten Behörde vorgelegten Fotokopie des Rückscheines - aber erst am 25. Februar 1991 durch Hinterlegung zugestellt.

Vom Verwaltungsgerichtshof zur Äußerung aufgefordert, erklärte der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe den Bescheid verspätet erlassen und sei daher zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits unzuständig gewesen; die Anträge der Säumnisbeschwerde würden daher vollinhaltlich aufrecht erhalten. Der Verwaltungsgerichtshof möge deshalb erkennen, daß die belangte Behörde den Bescheid infolge der Nichteinhaltung der gesetzten Frist als unzuständige Behörde erlassen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. b VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ist das Verfahren über eine Säumnisbeschwerde nur dann nach der genannten Gesetzesstelle einzustellen, wenn die Erlassung des versäumten Bescheides und dessen Vorlage an den Verwaltungsgerichtshof fristgerecht erfolgten (vgl. unter anderem den Beschluß vom 23. September 1988, Zl. 88/17/0019). Nach der ständigen Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts hat ein Bescheid nicht mit dem Zeitpunkt der Willensbildung der Behörde, sondern erst mit dem Tag als erlassen zu gelten, an dem er der Partei zugestellt oder mündlich verkündet worden ist (vgl. unter anderem den Beschluß vom 11. Dezember 1969, Slg. Nr. 7694/A, mit weiteren Judikaturhinweisen). Daraus folgt im Beschwerdefall, daß der versäumte Bescheid nicht als fristgerecht erlassen anzusehen ist. Dem Beschwerdeführer ist auch darin beizupflichten, daß die belangte Behörde zur Erlassung des Bescheides unzuständig war. Denn mit dem ergebnislosen Verstreichen der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist ging die Zuständigkeit zur Entscheidung von ihr auf den Verwaltungsgerichtshof über (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 27. September 1990, Zl. 90/12/0172). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist aber auch in seinem solchen Fall das Verfahren einzustellen, allerdings nicht gemäß § 36 Abs. 2 letzter Satz, sondern nach § 33 Abs. 1 VwGG (vgl. unter anderem den schon zitierten Beschluß vom 23. September 1988, Zl. 88/17/0019, mit weiteren Judikaturhinweisen). Zu einer Entscheidung über den nachgeholten Bescheid im Sinne einer Aufhebung wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ist der Gerichtshof im Verfahren über die Säumnisbeschwerde nicht berufen (zur Wahrnehmungsmöglichkeit vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. März 1977, Slg. Nr. 9274/A).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 55 Abs. 1 zweiter Satz in Verbindung mit Art. I lit. A Z. 1 zweiter Fall der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Das darüber hinausgehende Begehren auf Schriftsatzaufwand war demgemäß abzuweisen.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der Anfechtung Anfechtungserklärung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990120297.X00

Im RIS seit

22.04.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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