TE Vfgh Beschluss 1988/9/27 V100/88

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Veröffentlicht am 27.09.1988
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
StVO 1960 §45 Abs2

Leitsatz

Art139 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der V des Gemeinderates Kössen vom 25. Jänner 1988 betreffend Verhängung eines Fahrverbotes; Erwirkung einer Ausnahmebewilligung nach §45 Abs2 StVO 1960 zumutbar; keine Legitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Gemeinderat der Gemeinde Kössen erließ am 25. Jänner 1988 unter Berufung auf §87 iVm §94 d Z13 StVO 1960 folgende V:

"Für den Gemeindeweg Gp. 4460 und 4451/1 von der Bp. 175 (Anwesen Hinhag) bis zur Bp. 198 (Kaltenbachmühle) gilt in der Zeit vom 15. Dez. bis 30. März von 11.00 Uhr vormittags bis 23.00 Uhr abends jeden Jahres ein allgemeines Fahrverbot für alle Fahrzeuge und auf diesem Wegstück ist die Ausübung des Wintersportes als Nutzung zur Rodelbahn in dieser Zeit erlaubt. Gemäß §45 Abs2 der Straßenverkehrsordnung sind überdies in Einzelfällen Ausnahmen aus diesem Fahrverbot auf Ansuchen möglich."

Die V wurde am darauffolgenden Tag an der Amtstafel des Gemeindeamtes Kössen angeschlagen.

2. Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 (letzter Satz) B-VG gestützten Antrag begehrt der Einschreiter, die zitierte

V zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben. Er sei Eigentümer des Grundstückes Nr. ..., KG Kössen, welches nur über den nunmehr als Rodelbahn vorgesehenen Gemeindeweg zu erreichen sei. Auf dem Grundstück befinde sich unter anderem ein Fischteich sowie eine dazugehörige Fischerhütte. Zur Fütterung und Betreuung der Fische sowie zur Entnahme von Speisefischen für seine Fremdenpension sei er insbesondere auch im Winter gezwungen, den angeführten Gemeindeweg zu benützen, wobei jedoch die von der Sperre ausgenommenen Tageszeiten für diese Tätigkeiten unzumutbar wären. Die V des Gemeinderates vom 25.1.1988 sei insoweit gesetzwidrig, als nach der Schaffung einer zusätzlichen Rodelbahn im Gemeindegebiet kein Bedarf bestehe und somit vom Vorliegen von öffentlichem Interesse nicht die Rede sein könne. Vielmehr stünden der Erlassung der angeführten V erhebliche Interessen (des Antragstellers) am unbehinderten Straßenverkehr entgegen, sodaß insgesamt die Voraussetzungen zur Verordnungserlassung gemäß §87 Abs1 StVO 1960 nicht vorliegen würden. Der Antragsteller sieht sich durch die seiner Meinung nach gesetzwidrige V insbesondere im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums als unmittelbar verletzt.

3. Der Antrag ist unzulässig.

Gemäß Art139 Abs1 B-VG erkennt der VfGH über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die V ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Anfechtungsberechtigt ist also nur der Normadressat, in dessen Rechtssphäre in einer nach Art und Ausmaß im Gesetz eindeutig bestimmten Weise nicht bloß potentiell sondern aktuell eingegriffen wird und dem ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Rechtswidrigkeit nicht zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 8009/1977 uva.).

4. Wenn sich der Antragsteller durch die angefochtene

V gehindert sieht, zu ihm genehmen Zeiten während der Wintermonate zu seinem Grundstück - insbesondere zu seinem Fischteich - zuzufahren, so hält der VfGH die Möglichkeit der Antragstellung auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Sinne des §45 Abs2 StVO für einen zumutbaren Weg zur Geltendmachung der rechtlichen Interessen des Antragstellers. Damit steht diesem jedoch ein Mittel zur Verfügung, die Wirkungen der V von sich abzuwenden oder aber - wenn dieser Weg aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen erfolglos bleiben sollte - in einer Beschwerde gegen den die Ausnahme versagenden (letztinstanzlichen) Bescheid die Frage der Gesetzmäßigkeit des Verbotes an den VfGH heranzutragen. Diesen Weg hält der Gerichtshof für zumutbar (vgl. zB VfSlg. 8553/1979, 9277/1981, 10302/1984, VfGH v. 26.2.1988, V147/87).

5. Der Antrag ist daher mangels Legitimation des Antragstellers gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:V100.1988

Dokumentnummer

JFT_10119073_88V00100_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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