TE Vfgh Erkenntnis 1988/9/27 B108/88, B138/88, B315/88, B419/88, B772/88, B781/88, B931/88, B1028/88

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Veröffentlicht am 27.09.1988
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs6

Leitsatz

Art139 Abs6 B-VG; dem hier genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim VfGH bereits anhängig waren; Aufhebung der angefochtenen Bescheide nach Muster VfSlg. 10600/1985

Spruch

Die bf. Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen V in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr) ist schuldig, den bf. Parteien zuhanden der Beschwerdevertreter die jeweils mit S 11.000,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Landeshauptmann von Steiermark verweigerte den Bf. mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden die beantragte Erteilung einer Konzession zur Ausübung des Taxigewerbes für den Standort Graz.

2. Gegen diese Berufungsbescheide wenden sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden an den VfGH, in denen beantragt wird, die angefochtenen Bescheide kostenpflichtig aufzuheben.

II. Mit Erkenntnis vom 23. Juni 1988, V44-72/88, V101/88 hat der VfGH die V des Landeshauptmannes von Steiermark vom 26. Mai 1987, LGBl. 36/1987, betreffend die Verhältnis- und Höchstzahl der für das mit Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerksgewerbe (Taxi-Gewerbe) im Bereich der Stadtgemeinde Graz, aufgehoben.

III. 1. Gemäß Art139 Abs6 B-VG wirkt die Aufhebung einer V auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde liegenden Tatbestands nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art139 Abs6 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim VfGH bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10616/1985, 10736/1985).

Die mündliche Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren, das zur oben genannten Entscheidung V44-72/88, V101/88 führte, fand am 23. Juni 1988 statt. Die vorliegenden Beschwerden wurden alle vor dem 23. Juni 1988 eingebracht, waren also zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung schon anhängig; die ihnen zugrunde liegenden Fälle sind somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.

Die bel. Beh. wendete bei Erlassung der angefochtenen Bescheide die als gesetzwidrig aufgehobene V an. Es ist nach Lage der Fälle offenkundig, daß dadurch die Rechtssphäre der bf. Parteien nachteilig beeinflußt wurde. Sie wurden somit wegen Anwendung einer gesetzwidrigen V in ihren Rechten verletzt.

Die Bescheide sind daher aufzuheben.

2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von jeweils S 1.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B108.1988

Dokumentnummer

JFT_10119073_88B00108_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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