TE Vwgh Erkenntnis 1991/4/26 91/18/0070

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Veröffentlicht am 26.04.1991
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §18 Abs1;
VStG §45 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der Dr. Kornelia N gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 28. Jänner 1991, Zl. I/7-St-U-9025, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 28. Jänner 1991 wegen einer Übertretung des § 18 Abs. 1 StVO 1960 bestraft worden ist, weil sie zur angegebenen Tatzeit am angeführten Ort als Fahrzeuglenkerin keinen solchen Abstand vom nächsten vor ihr fahrenden Fahrzeug eingehalten habe, daß ihr jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, indem sie mit einer Geschwindigkeit von ca. 10 km/h auf einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw aufgefahren sei, welcher von Olga F. gelenkt worden sei. Dadurch sei es zu einem Verkehrsunfall mit Personenschaden gekommen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Durchführung des von ihr beantragten Beweismittels, nämlich Beischaffung des Strafaktes des Bezirksgerichtes Stockerau, Zl. 1 U 228/88, ferner "durch die Nichtverwendung des Akteninhaltes des Strafaktes" sowie durch unrichtige Auslegung des § 18 StVO 1960 verletzt und meint in Ausführung dieser Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), nach herrschender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei bei einem Auffahrunfall mitunter sogar vom Alleinverschulden des Lenkers des vorausfahrenden Fahrzeuges auszugehen, wenn er ohne zwingenden Grund das Fahrzeug abbremse und dies für den Lenker des nachfahrenden Fahrzeuges nicht vorhersehbar gewesen sei. Aus dem erwähnten Strafakt ergebe sich, daß das vorausfahrende Fahrzeug ohne erkennbaren Grund und für die Beschwerdeführerin völlig unvermutet abgebremst worden sei, sodaß es zu einem geringfügigen Auffahrunfall gekommen sei. Im übrigen sei das (gerichtliche) Strafverfahren eingestellt worden, weshalb auch das Verwaltungsstrafverfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen gewesen wäre.

Gemäß § 18 Abs. 1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Ein Vorausfahrender darf sich zwar auf die Einhaltung eines entsprechenden Sicherheitsabstandes durch den Nachfahrenden, dieser sich aber nicht auf das Unterlassen eines überraschenden Bremsmanövers durch den Vorausfahrenden verlassen. Der Nachfahrende hat demnach unter Berücksichtigung aller gegebenen Umstände, wie etwa Straßen- und Sichtverhältnisse, Vorliegen von Ortsdurchfahrten sowie der Art des vorne fahrenden Fahrzeuges (z.B. Schulfahrzeug) dafür zu sorgen, daß er auch bei überraschendem Bremsmanöver des vor ihm Fahrenden sein Fahrzeug rechtzeitig zum Anhalten bringen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1976, Zl. 395/76).

Die Beschwerdeführerin kann daher mit ihrem bereits wiedergegebenen Vorbringen, wonach das vor ihr fahrende Fahrzeug ohne erkennbaren Grund für sie völlig unvermutet abgebremst worden sei, für ihren Standpunkt nichts gewinnen, weshalb auch unter dem Gesichtspunkt des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht wesentlich ist, daß sich aus dem erwähnten gerichtlichen Strafakt diesbezügliche Feststellungen ergeben. Im übrigen hat die belangte Behörde offenbar ohnedies in diesen Gerichtsakt Einsicht genommen, weil sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides in Erwiderung auf die von der Beschwerdeführerin in der Berufung geltend gemachte Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens darauf hingewiesen hat, diese Einstellung des Verfahrens sei erfolgt, weil bei der Geschädigten eine Berufsunfähigkeit von mehr als drei Tagen nicht gegeben gewesen sei.

Schließlich ist festzuhalten, daß die Behörde gemäß § 45 Abs. 1 VStG von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung (nur dann) zu verfügen hat, wenn a) die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet; b) der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen; c) Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Anhaltspunkte für das Vorliegen von Umständen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen oder die Verfolgung ausschließen, hat die Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht und sind auch für den Gerichtshof nicht erkennbar. Eine der Beschwerdeführerin vorschwebende Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens "wegen Geringfügigkeit" ist aber im Gesetz nicht vorgesehen. Daß die belangte Behörde die Strafe in gesetzwidriger Weise festgesetzt hätte, wurde von der Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet.

Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991180070.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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