TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/2 90/13/0001

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Veröffentlicht am 02.05.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs3;
BAO §115 Abs2;
BAO §299 Abs1 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der W-AG gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. November 1989, Zl. 6/2-208/89, betreffend aufsichtsbehördliche Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Finanzamt erließ entsprechend der von der Beschwerdeführerin abgegebenen Erklärung den Körperschaftsteuerbescheid für 1987.

Diesen Bescheid hob die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes gemäß § 299 BAO auf. Begründend führte sie aus, die Beschwerdeführerin habe in ihrem Jahresabschluß zum 31. Dezember 1987 Nutzungsrechte in der Höhe von

S 57,425.000,-- bzw. S 9,900.000,-- ausgewiesen, welche laut Tz 66 der Erläuterungen die "Mietwagenflotte der W-AG" und die "Einräumung von Flugkapazität von der I Vertriebsgesellschaft mbH." beträfen. Diese sogenannten Nutzungsrechte seien im Jahr 1987 entsprechend der Mindestlaufzeit der diesbezüglichen Vereinbarungen anteilsmäßig abgeschrieben worden. Nach den der Abgabenbehörde vorliegenden Verträgen sei jedoch kein Nutzungsrecht vereinbart worden, es sei vielmehr ganz unabhängig von der Nutzung ein "Bereitstellungsentgelt" in Höhe von rund 60 bzw. 90 Prozent des Wertes der bereitzustellenden Wirtschaftsgüter vereinbart worden. Für den Fall der tatsächlichen Benützung sei ein gesondertes Entgelt vereinbart worden. Die gegenständlich erworbenen "Rechte" seien daher allenfalls als Recht zu bezeichnen, daß der Gesellschaft bei Bedarf ein Nutzungsrecht gegen gesondertes Entgelt eingeräumt werde, oder als Recht, daß für die Beschwerdeführerin bestimmte Wirtschaftsgüter bereit gehalten werden. Wie immer diese "Rechte" bezeichnet würden und unabhängig davon, ob es sich dabei überhaupt um aktivierungsfähige Wirtschaftsgüter handle, sei zu berücksichtigen, daß in keinem Fall im Geschäftsleben ein Entgelt für den Erwerb eines derartigen "Rechtes" in Höhe von rund 90 oder auch 60 Prozent des Wertes des bereitzustellenden Wirtschaftsgutes bezahlt werde. Eine Aktivierung und auf die Nutzungsdauer verteilte Abschreibung dieser Rechte, wie sie der Höhe nach im Rechnungsabschluß bzw. in der Körperschaftsteuererklärung 1987 ihren Niederschlag gefunden habe, müsse jedenfalls als unrichtig angesehen werden, woraus sich ergebe, daß das Einkommen der Gesellschaft in der Körperschaftsteuererklärung 1987 in unrichtiger Höhe ausgewiesen sei. Bei der Ermessensübung seien Zweckmäßigkeitserwägungen, insbesondere im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, im Vordergrund gestanden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in der die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann in Ausübung des Aufsichtsrechtes ein Bescheid von der Oberbehörde aufgehoben werden,

a) wenn er von einer unzuständigen Behörde, von einem hiezu nicht berufenen Organ oder von einem nicht richtig zusammengesetzten Kollegialorgan einer Behörde erlassen wurde, oder

b) wenn der dem Bescheid zugrundeliegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde, oder

c) wenn Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können.

Gemäß § 299 Abs. 2 BAO kann ferner ein Bescheid von der Oberbehörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß die belangte Behörde die Aufhebung des Bescheides des Finanzamtes nicht mit der Auffassung begründet hat, es handle sich bei den durch die Verträge erworbenen Rechten nicht um aktivierungsfähige Wirtschaftsgüter. Sie hat diese Frage vielmehr ausdrücklich dahingestellt, sodaß schon deshalb der von der Beschwerdeführerin gerügte Widerspruch zwischen der Verneinung der Aktivierungspflicht und der Annahme eines unangemessenen Erwerbspreises nicht besteht.

Die belangte Behörde geht davon aus, daß das "Bereitstellungsentgelt" nicht angemessen sei, weil in keinem Fall im Geschäftsleben durch den Erwerber eines derartigen Rechtes 90 Prozent oder auch 60 Prozent des Wertes des bereitzustellenden Wirtschaftsgutes bezahlt werden. Die Frage der Angemessenheit ist dem Bereich der Sachverhaltsfeststellungen und nicht der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen, sodaß die belangte Behörde, die sich im Spruch des angefochtenen Bescheides allgemein auf § 299 BAO berufen hat, die Aufhebung darauf stützt, das Finanzamt habe den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt. Auch wenn aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht hervorgeht, welcher der Aufhebungsgründe des § 299 BAO von der Behörde angenommen wurde, sind die Ausführungen der belangten Behörde ihrem Inhalt nach aus den genannten Erwägungen dem Aufhebungsgrund des § 299 Abs. 1 lit. b BAO zuzuordnen.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß ihr vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides kein Parteiengehör gewährt worden sei, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben sei. Richtig ist, daß im Sinne der von der Beschwerdeführerin zitierten hg. Rechtsprechung dann, wenn ein anderer Sachverhalt angenommen werden soll, dem Abgabepflichtigen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden muß. Richtig ist ferner, daß die belangte Behörde dies unterlassen hat und ihr somit ein Verfahrensmangel unterlaufen ist. Der in der Verletzung des Parteiengehörs gelegene Verfahrensmangel führt allerdings dann nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt hat, diesen Mangel aufzuzeigen, ohne jedoch die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Tatsachenfeststellung zu bekämpfen und darzutun, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 610 Abs. 5 und 6 zitierte hg. Rechtsprechung). Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde nicht dargetan, was sie im Falle der Gewährung des Parteiengehörs vorgebracht und welche Beweisanträge sie gestellt hatte. Sie hat es somit unterlassen, die Relevanz des der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels aufzuzeigen.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Parteiengehör Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990130001.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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