TE Vwgh Beschluss 1991/5/14 90/05/0250

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Veröffentlicht am 14.05.1991
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
27/01 Rechtsanwälte;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs2;
RAO 1868 §14;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer und Dr. Würth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über den Antrag des A auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1990, Zl. 90/05/0150, festgesetzten Frist zur Behebung eines Formgebrechens in der Beschwerdesache gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 19. Juni 1990, Zl. MA 64-B 39/90, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1990, Zl. 90/05/0150, stellte der Gerichtshof dem Vertreter des Beschwerdeführers die Beschwerde zum Anschluß von Vollmachten zur Verbesserung zurück. Zur Behebung des Mangels wurde eine Frist von zwei Wochen eingeräumt. Da dem Auftrag nicht entsprochen worden ist, stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 6. November 1990 das Beschwerdeverfahren ein.

In seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 13. Dezember 1990 führt der Beschwerdeführer aus, daß die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1990 in der Kanzlei des Rechtsanwaltes am 26. September 1990 zugestellt worden ist. Die Frist zur Wiedervorlage der verbesserten Beschwerde sei somit am 10. Oktober 1990 abgelaufen. Diese Frist sei auch in den Terminkalender der Kanzlei eingetragen worden. Am 7. Oktober 1990 habe nun der Vertreter des Beschwerdeführers einen Gehirnschlag erlitten, der ihn von diesem Zeitpunkte an außerstande gesetzt habe, die nötigen Anordnungen in seiner Kanzlei zu treffen. Das Ausmaß der Krankheit sei zu Beginn der 41. Woche (8. Oktober bis 14. Oktober 1990) noch nicht abzusehen gewesen. Die Kanzleileiterin habe zwar bereits anfangs der Woche den ständigen Substituten des Vertreters des Beschwerdeführers von der Erkrankung verständigt, es aber unterlassen, ihn über den Ablauf der Verbesserungsfrist zu informieren. Der Substitut habe erst am 30. November 1990 anläßlich der Vorlage des Aktes in einer anderen Sache bemerkt, daß der Verbesserungsauftrag nicht durchgeführt worden sei. Ab diesem Tage beginne die Frist zur Wiedereinsetzung gemäß § 46 VwGG zu laufen. Die plötzliche Erkrankung des Vertreters des Beschwerdeführers stelle ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, wodurch der Beschwerdeführer verhindert gewesen sei, die Frist zur neuerlichen Vorlage der (verbesserten) Beschwerde zu wahren. Der Kanzleileiterin, der Ehefrau des Beschwerdevertreters, sei ein derartiges Versehen einer Fristversäumnis bis dato noch nicht unterlaufen. Angesichts ihrer begreiflichen Sorge um die Gesundheit und das Leben ihres Ehemannes sei es ihr nicht als Verschulden zuzurechnen, daß sie vergessen habe, den Substituten vom Ablauf der Frist zu verständigen.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 23. April 1991 gab der ständige Substitut bekannt, daß er nach Verständigung der Kanzleileiterin von der Erkrankung des Vertreters des Beschwerdeführers als erste Maßnahme sich bei ihr erkundigt habe, ob Fristsachen zu behandeln wären; hiebei habe die Kanzleileiterin, die ihm auch persönlich als äußerst zuverlässig bekannt gewesen sei, diesen Termin anzugeben vergessen.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einer Partei auf Antrag zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung des Antragstellers, daß die plötzlich eingetretene Erkrankung seines Rechtsanwaltes ein unvorhergesehenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG darstellt. Da die Krankheit des Vertreters des Beschwerdeführers jedenfalls im Zeitpunkt der Antragstellung noch andauerte, war mangels einer konkret normierten Rechtspflicht im Sinne des Vorbringens des Antragstellers davon auszugehen, daß der Antrag im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG beim Verwaltungsgerichtshof rechtzeitig gestellt worden ist. Inhaltlich war dem Antrag stattzugeben, weil es im Falle der Erkrankung eines Rechtsanwaltes nicht als Aufgabe des nur im Einzelfall einschreitenden ständigen Substituten angesehen werden kann, selbst den Terminkalender der Kanzlei daraufhin zu überprüfen, ob irgendwelche Termine zu erledigen sind bzw. versäumt wurden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990050250.X00

Im RIS seit

14.05.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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