TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/14 91/14/0072

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Veröffentlicht am 14.05.1991
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

ABGB §1220;
ABGB §1225;
ABGB §1231;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs2;
EStG 1972 §34 Abs3;
EStG 1972 §34;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 26. Februar 1991, Zl. 238/6-3/90, betreffend Einkommensteuer 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Der Beschwerdeführer, ein seit 1985 pensionierter Facharzt, zahlte in der Zeit vom 1. März 1988 bis 17. August 1988 an seinen Sohn, der sich am 5. September 1987 in Frankreich verehelicht hatte, unter dem Titel "Heiratsausstattung" Beträge in der Summe von S 470.000,--, die er 1988 als außergewöhnliche Belastung geltend machte. Als Begründung für die Zahlung in dem der Eheschließung folgenden Jahr brachte er vor, er habe anläßlich der Betriebsaufgabe 1985 Steuervorschreibungen von S 2,3 Mio erhalten und diesen Betrag bis Ende 1987 bezahlt, weshalb ihm 1987 keine Geldmittel zur Bezahlung der Ausstattung zur Verfügung gestanden seien. Die verspätete Hingabe sei auch darauf zurückzuführen, daß der Sohn das Geld erst im Jahre 1988 zur Errichtung der neuen Wohnung benötigt habe. Die Verschiebung der Hingabe sei im Einvernehmen mit dem Sohn erfolgt. Auf einen Vorhalt, daß die im Einkommensteuerbescheid 1985 festgesetzte Steuernachforderung von S 1,739.345,-- bis auf einen Betrag von S 100.000,--, der bis 31. Dezember 1987 gestundet worden sei, noch im Mai 1987 beglichen worden sei, S 1,639.345,-- seien durch Auflösung von Sparbüchern, durch Behebung der auf den Girokonten bestehenden Guthaben und aus den im voraus erhaltenen Kaufpreisraten sowie durch Umbuchung von Steuerguthaben aufgebracht worden, weshalb das laufende Einkommen durch die Zahlung dieser Steuerschulden nicht belastet worden sei, dem Beschwerdeführer sei im Jahre 1987 der Erlös aus einem Grundstücksverkauf (Kaufvertrag vom 10. Juli 1987) in Höhe von S 348.000,-- zur Verfügung gestanden, im übrigen betrage die Dotationspflicht unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse im Jahr 1987 lediglich S 119.882,--, wendete der Beschwerdeführer ein, ihm sei nach Begleichung der Steuerschuld nur seine Pension zur Verfügung gestanden, Kaufpreisraten aus dem Verkauf der Ordination habe er erst wieder ab Dezember 1987 erhalten, der Erlös aus dem Grundverkauf (S 348.000,--) sei zur Abdeckung bestehender Verbindlichkeiten sowie notwendiger Anschaffungen und Instandhaltungen am Haus (S 220.000,--) und zur Bezahlung der gestundeten Einkommensteuer (S 100.000,--) und der Vermögensteuer (S 25.000,--) verwendet worden. Die im Dezember 1987 erhaltene Kaufpreisrate habe S 70.000,-- betragen. Die Verwendung des Teilerlöses (S 220.000,--) aus dem Grundstücksverkauf könne im Detail nicht nachgewiesen werden, es seien jedoch Kosten für zwei Fahrten des Beschwerdeführers und seiner Gattin nach Frankreich und im Zusammenhang mit einer Operation der Ehegattin in Wien angefallen. Neben der Pension beziehe der Beschwerdeführer eine Treueprämie von der Gebietskrankenkasse von rund S 5.700,-- monatlich. Der Sohn des Beschwerdeführers könne einen gleich hohen Ausstattungsbetrag wie seine Geschwister verlangen, deren Anspruch sich noch nach einem höheren Aktiveinkommen bemessen habe.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid anerkannte die belangte Behörde die 1988 als Ausstattung an den Sohn bezahlten Beträge nicht als außergewöhnliche Belastung, weil es für die zeitliche Verschiebung der Zahlung vom Jahr der Eheschließung in das Folgejahr an zwingenden Gründen gefehlt habe. Die Ausstattung, auf die der Sohn anläßlich der Eheschließung Anspruch hatte, und die daher als zwangsläufig erwachsen und damit als außergewöhnliche Belastung im Jahre 1987 hätte anerkannt werden können, hätte 25 bis 30 v.H. des Nettoeinkommens betragen. Der Beschwerdeführer habe 1987 zwei Pensionen von monatlich netto S 13.486,-- und S 18.214,-- sowie die monatliche Treueprämie von S 5.700,-- bezogen. Aus diesen Einkommensverhältnissen lasse sich eine Dotationspflicht von S 119.882,-- ableiten. Auf Grund der 1987 verfügbaren Mittel hätte der Beschwerdeführer dieser Pflicht 1987, also im Fälligkeitsjahr nachkommen können. Für den Zeitraum Juni bis Dezember 1987 seien inklusive der Sonderzahlungen Einnahmen von S 330.366,-- angefallen. Dazu seien noch der Erlös aus dem Grundstücksverkauf von S 348.000,-- und die Kaufpreisrate von S 70.000,-- gekommen. An besonderen Aufwendungen seien die gestundete Einkommensteuerrate von S 100.000,-- und die Vermögensteuer von S 25.000,-- zu berücksichtigen gewesen. Für die anderen behaupteten Ausgaben seien keine Nachweise erbracht worden. Dem Beschwerdeführer seien somit - ohne Berücksichtigung der Einkünfte seiner Ehegattin - für den genannten Zeitraum S 623.366,-- zur Lebensführung zur Verfügung gestanden. Der Dotationspflichtige müsse zur Erfüllung seiner Pflicht sogar eine vorübergehende Einschränkung des eigenen Lebensstandards hinnehmen, was hier angesichts der angeführten Beträge jedoch nicht notwendig gewesen wäre. Unmaßgeblich sei, daß der Sohn die Ausstattung erst 1988 zur Einrichtung einer Wohnung benötigt habe.

Der Beschwerdeführer erachtet sich, wie der Gesamtheit seines Beschwerdevorbringens zu entnehmen ist, durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, daß bei Ermittlung der Einkommensteuer 1988 vom Einkommen der Ausstattungsbetrag von S 470.000,-- als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 in Abzug gebracht wird. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Ansicht des Beschwerdeführers, die Anführung des Beschwerdepunktes sei nur eine "demonstrative", der Verwaltungsgerichtshof könne darüber hinaus "Rechtswidrigkeiten" von Amts wegen - also auch außerhalb des vom Beschwerdeführer bezeichneten Beschwerdepunktes - aufgreifen, widerspricht der Rechtslage. Gemäß § 41 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof in seiner Prüfungsbefugnis durch den vom Beschwerdeführer angegebenen Beschwerdepunkt beschränkt. Keine Beschränkung trifft ihn hinsichtlich der Gründe einer behaupteten Rechtswidrigkeit (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S 107 f, mit weiteren Nachweisen).

Auf Grund der Gesamtheit des Beschwerdevorbringens kann nicht zweifelhaft sein, daß sich der Beschwerdeführer - mag ihm auch der Unterschied zwischen Beschwerdepunkt und Beschwerdegründen nicht geläufig sein - in dem bereits oben bezeichneten subjektiven Recht verletzt erachtet.

Bereits der Inhalt der Beschwerde läßt jedoch erkennen, daß eine Rechtswidrigkeit, die den Beschwerdeführer in diesem Recht verletzt, nicht vorliegt:

Die Behauptung, der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 28. September 1976, Zl. 1030/76, VwSlg. 5016 F/1976, eine Dotationspflicht mit 35 v.H. vom Einkommen als angemessen angesehen, ist nicht richtig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1991, 90/14/0281). Der Gerichtshof hat lediglich die von der Behörde bereits anerkannte Dotierung nicht als unangemessen niedrig beanstandet. Im Hinblick auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG und § 41 VwGG darf daraus nicht der Schluß gezogen werden, daß der Verwaltungsgerichtshof eine niedrigere Ausstattung zu beanstanden gehabt hätte. Er durfte den vor ihm angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde des Steuerpflichtigen nämlich nur daraufhin prüfen, ob der Beschwerdeführer durch eine von der belangten Behörde zu niedrig angenommene außergewöhnliche Belastung in seinen Rechten verletzt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in Anlehnung an die Rechtsprechung der Zivilgerichte die Ansicht, daß der auf das Einkommen entfallende Ausstattungsanspruch zwischen 25 und 30 v.H. vom Nettoeinkommen beträgt. Hievon abzugehen bietet auch das Beschwerdevorbringen keinen Anlaß. Welche Ausstattung der Beschwerdeführer an seine anderen Kinder erbracht hatte, war für die Höhe des Ausstattungsanspruches seines Sohnes, der am 5. September 1987 die Ehe schloß, ohne Bedeutung (vgl. auch hiezu das zuletzt zitierte Erkenntnis vom 14. Mai 1991).

Die vom Gesetz für eine außergewöhnliche Belastung im § 34 Abs. 3 EStG 1972 geforderte Zwangsläufigkeit muß nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes auch in zeitlicher Hinsicht gegeben sein (vgl. Wanke, Nachträgliche Leistung einer Heiratsausstattung, ÖJZ 1991, 113 ff, und die dort zitierte Judikatur). Für das Heiratsgut oder die Ausstattung, die mit Eheschließung fällig werden und sich nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Pflichtigen zu diesem Zeitpunkt richten, bedeutet dies, daß eine Verlegung des Leistungszeitpunktes auf einen Zeitpunkt nach Fällgkeit nur aus zwingenden Gründen anzuerkennen ist. Eine willkürliche Verlegung des Zeitpunktes muß wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung ausgeschlossen sein. Es ist daher im Zusammenhang mit § 34 EStG 1972 bedeutungslos, daß der Anspruch auf Ausstattung selbst bei Unterlassung seiner Geltendmachung nicht verjährt.

Die in der Beschwerde behauptete Tatsache, daß der Sohn des Beschwerdeführers erst am 1. März 1988 von Frankreich nach Österreich zurückgekehrt sei, stellte ebensowenig einen zwingenden Grund für die verspätete Leistung dar wie der Umstand, daß dieser Sohn den Geldbetrag erst 1988 zur Anschaffung einer Wohnung benötigte (vgl. Wanke a.a.O.). Der Beschwerdeführer selbst bezeichnet in der Beschwerde die Überweisung ins Ausland nur als "zumindest unzweckmäßig". Von einem Hindernis für die Entrichtung mit Fälligkeit kann daher keine Rede sein. Auch die Anschaffung der Wohnung im Jahre 1988 stellte kein Hindernis für die Begleichung des Ausstattungsanspruches im Fälligkeitszeitpunkt, also bei Eheschließung, dar. Es bedurfte daher auch keiner Vernehmung des Sohnes des Beschwerdeführers über den Zeitpunkt seiner Rückkehr nach Österreich.

Die belangte Behörde setzte sich im angefochtenen Bescheid mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers ausführlich auseinander, das von ihm als Hindernis für die Entrichtung des Heiratsgutes bei Fälligkeit im Hinblick auf seine Liquiditätslage geltend gemacht worden war. Sie widerlegte es durch die angeführten konkreten Feststellungen über Nettoeinkommen und Zufluß von Kaufpreisraten sowie Abfluß von Steuern in nicht rechtswidriger Weise. Wenn den Beschwerdeführer auch keine Aufzeichnungspflichten für die Aufwendungen im Privatbereich hinsichtlich des Teilerlöses von S 220.000,-- trafen, so lag doch bei ihm als demjenigen, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, die Mitwirkungspflicht hinsichtlich des Nachweises seiner mangelnden Liquidität auch hinsichtlich der erwähnten Umstände. Wenn er sich daher zur Aufklärung der Verwendung des genannten Betrages mit pauschalen Hinweisen auf Reise- und Operationskosten sowie Kosten durch Anschaffungen und Instandhaltungen am Haus begnügte, war die belangte Behörde berechtigt, in diesem Vorbringen keinen Nachweis eines Hindernisses für die Entrichtung des Ausstattungsbetrages nach Eheschließung im Jahre 1987 zu erblicken. Die belangte Behörde ging im Hinblick auf die von ihr angestellte Berechnung, die auf Grund des Beschwerdevorbringens nicht als unrichtig zu erkennen ist, davon aus, daß es einer Einschränkung im Lebensstandard des Beschwerdeführers nicht bedurfte, um die Ausstattung noch im Jahre 1987 zu begleichen. Sie zog daher entgegen den Beschwerdebehauptungen eine solche Einschränkungspflicht gar nicht in Betracht. Die betreffende Beanstandung in der Beschwerde geht daher ins Leere.

Da der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides anhand des Gesetzes zu prüfen hat, verfehlt der Beschwerdeführer durch seinen Hinweis auf einen Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 2. September 1987 den Prüfungsmaßstab.

Daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren einen Nachweis der Unaufschiebbarkeit von Anschaffungen und Instandhaltungskosten am Haus - noch dazu betragsmäßig - konkretisiert erbracht habe, behauptet er nicht. Nur ein solcher Nachweis hätte aber die belangte Behörde überhaupt in die Lage versetzt, eine entsprechende Überprüfung vorzunehmen. Ein der belangten Behörde anlastbarer Verfahrensmangel ist daher auch in diesem Punkt nicht zu erkennen.

Die belangte Behörde sah den Zeitpunkt der Eheschließung nicht als Hindernis für die Anerkennung der außergewöhnlichen Belastung an. Eine Auseinandersetzung mit der Änderung der Rechtslage zum 6. August 1987 durch das in der Beschwerde genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ist deshalb entbehrlich.

Auf Grund der geschilderten Sach- und Rechtslage verneinte die belangte Behörde in nicht rechtswidriger Weise eine Interessenabwägung zwischen Ausstattungsberechtigtem und Ausstattungspflichtigem, die dem Beschwerdeführer einen Anspruch auf Stundung der Dotation bis zum Jahre 1988 verliehen hätte. Die hiefür im angefochtenen Bescheid gegebene Begründung ist nicht zu beanstanden.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991140072.X00

Im RIS seit

14.05.1991
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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