TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/28 91/07/0025

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Veröffentlicht am 28.05.1991
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §31 Abs1;
WRG 1959 §31 Abs2;
WRG 1959 §31 Abs3;
WRG 1959 §31 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger, Dr. Kremla und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des RS gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 28. Dezember 1990, Zl. VIb-119/4-1988, betreffend Maßnahmen gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt in der Y-Straße in X einen Altwaren- und Brennstoffhandel.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 28. Dezember 1990 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer in teilweiser Abänderung des in erster Instanz ergangenen Bescheides nachstehenden Auftrag:

"Gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 idgF werden Herrn RS zur Vermeidung von Gewässerverunreinigungen durch Ablagerungen von Autowracks, Öltanks und Ölfässern bzw. sonstigen Industrieabfällen auf dem Betriebsgelände an der Y-Straße nachfolgende Maßnahmen aufgetragen:

1.

Im nordwestlichen Bereich des Betriebsareales ist unmittelbar an der Grundstücksgrenze eine Grundwassersonde mit einem Innendurchmesser von 4,5 Zoll abzuteufen.

2.

Die Grundwassersonde ist bis 2,0 m unter den derzeitigen Grundwasserspiegel niederzubringen, wobei der unterste Meter dicht, das heißt in Form eines Pumpensumpfes auszuführen ist. Erst über diesem Pumpensumpf sind die Rohre gelocht auszuführen.

3.

Die Abteufung dieser Grundwassersonde ist umgehend, spätestens jedoch innerhalb von acht Wochen nach Zustellung dieses Bescheides fachgerecht vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen."

Begründend führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nach einer Darstellung des diesem vorangegangenen Verfahrens aus, der entscheidende Sachverhalt sei durch Einholung von Gutachten von gewässerschutztechnischen und chemisch-technischen Amtssachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren sowie durch Einholung eines weiteren gewässerschutztechnischen Amtssachverständigengutachtens im Berufungsverfahren erhoben worden, wobei dem Beschwerdeführer das Parteiengehör gewährt worden sei. Daraus habe sich ergeben, daß durch die Ablagerung von Altmaterial, Motoren, Getrieben, leeren Faßgebinden und ähnlichen Stoffen eindeutig eine konkrete Gefahr für das Grundwasser gegeben sei. Die Grundwassersonde stelle wohl zunächst eine Beweissicherungsmaßnahme dar, sei jedoch geeignet, indirekt einer künftigen Grundwasserverunreinigung vorzubeugen, da im Falle einer festgestellten Grundwasserkontamination unverzüglich Gegenmaßnahmen, wie z.B. Sperrbrunnen, errichtet und somit eine Ausbreitung der Verschmutzungsfahne hintangehalten werden könne. Die Sonde selbst könne auch als Pumpbrunnen im Sinne eines Sperrbrunnes eingesetzt werden und stelle somit einen Teil der Sanierungsmaßnahmen dar. Für die belangte Behörde bestehe auf Grund der eingeholten Gutachten und der unbestritten festgestellten unzulänglichen Ablagerungen von ölkontaminierten Altmaterialien auf dem Betriebsgelände des Beschwerdeführers kein Zweifel, daß hier eine konkrete Gefahr einer Grundwasserverunreinigung herbeigeführt werde. Vom Beschwerdeführer seien trotz mehrfacher Aufforderung durch die Wasserrechtsbehörde erforderliche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung nicht getroffen worden. Es sei auch zu bedenken, daß zufolge des Fehlens einer Überdachung Regenwasser auf die abgelagerten Gegenstände eindringen und daraus Schadstoffe auswaschen könne. Das hiedurch entstehende kontaminierte Sickerwasser könne, da die Ablagerungsfläche nicht mit einer wasserundurchlässigen Bodenschicht bzw. mit einer entsprechenden, an die Ortskanalisation angeschlossenen Abwasserbeseitigung versehen sei, in den Boden und in der Folge in das darunter liegende Porengrundwasser gelangen, was zwangsläufig eine Beeinträchtigung desselben zur Folge habe. Der Beschwerdeführer habe selbst ausgeführt, daß die Bodendecke durch Abtrag der Humusschichte durchbrochen und lediglich mit einer Schotteraufschüttung befestigt worden sei. Die festgestellte Gewässerverunreinigung sei durch Aufträge im Sinne des § 31 WRG 1959 gemäß den Vorschlägen der Sachverständigen zu vermeiden gewesen. Die Ansicht des Beschwerdeführers, wonach durch eine in unmittelbarer Nähe befindliche ehemalige Mülldeponie das Untersuchungsergebnis verfälscht werden könne, werde von der belangten Behörde nicht geteilt, weil aus den Ausführungen des gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen ersichtlich sei, daß diese Deponie ca. 50 m vom Lagerplatz des Beschwerdeführers grundwasserstromabwärts gelegen und ein Ansaugen von Grundwasser aus diesem Bereich nicht zu erwarten sei. Die Abteufung einer Grundwassersonde diene auch entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers der Vermeidung einer Grundwasserverunreinigung und damit der Sanierung, weil durch die angeordneten Maßnahmen die Voraussetzungen dafür geschaffen würden, eine Grundwasserverunreinigung zumindest teilweise hintanzuhalten. Einerseits könne so eine Kontamination festgestellt werden, andererseits wäre die Sonde auch für unverzügliche Gegenmaßnahmen geeignet, weil sie auch als Sperrbrunnen eingesetzt werden könne. Dem Gutachten entsprechend sei die Sonde im Bereich der Grundgrenze anzuordnen und mit einem größeren Durchmesser als gemäß dem erstinstanzlichen Bescheid anzuordnen gewesen. Soweit der Beschwerdeführer darauf verweise, daß er nur Pächter des Betriebsareales sei, werde festgehalten, daß sich ein gemäß § 31 WRG 1959 Verpflichteter nicht durch den Hinweis auf eine fehlende zivilrechtliche Verfügungsgewalt seiner öffentlichrechtlichen Verpflichtung zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung entziehen könne. Vielmehr seien ihm ohne Rücksicht auf Verfügungsgewalt bzw. Eigentum an der Betriebsliegenschaft die erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben. Wenn der Beschwerdeführer überdies seine Manipulationsflächen wasserdicht ausgestalten wolle, bleibe ihm eine Antragstellung auf eine entsprechende wasserrechtliche Bewilligung unbenommen, dadurch werde aber das vorliegende Verfahren nicht berührt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen "Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie unrichtiger Parteistellung" erhobene Beschwerde. Dem gesamten Inhalt der Beschwerde zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Unterbleiben der Anordnung der im angefochtenen Bescheid vorgesehenen Maßnahmen verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hatte im Beschwerdefall mit Rücksicht auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides nach dem 1. Juli 1990 das WRG 1959 bereits in seiner Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 anzuwenden.

Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

Tritt dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ein, hat gemäß dem ersten Satz des § 31 Abs. 2 WRG 1959 der nach Abs. 1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung der Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr im Verzug den Bürgermeister oder die nächste Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen.

Wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, so hat die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, gemäß dem ersten Satz des § 31 Abs. 3 WRG 1959 die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.

Kann der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht gemäß Abs. 3 beauftragt oder zum Kostenersatz herangezogen werden, dann kann gemäß § 31 Abs. 4 WRG 1959 an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgeht, zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Dies gilt auch für Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers, wenn sie von den Anlagen oder Maßnahmen, von denen die Gefahr ausgeht, Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mußten. Zu Abs. 4 enthält § 31 Abs. 6 WRG 1959 eine - im Beschwerdefall nicht relevante - Übergangsbestimmung für vor dem 1. Juli 1990 entstandene oder gesetzte Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen.

Maßnahmen, die Gegenstand einer behördlichen Anordnung oder eines behördlichen Auftrages gemäß Abs. 3 oder 4 sind, bedürfen gemäß § 31 Abs. 5 WRG 1959 keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Soweit durch solche Maßnahmen Rechte Dritter berührt werden, findet § 72 Anwendung.

Der Beschwerdeführer tritt in seiner Beschwerde den im Verwaltungsverfahren unwiderlegt gebliebenen, auf den eingeholten Gutachten beruhenden Feststellungen nicht entgegen, wonach von den Ablagerungen auf dem Gelände seines Betriebes eine konkrete Gefahr für das Grundwasser ausgehe und wonach die im angefochtenen Bescheid angeordneten Maßnahmen geeignet sind, dieser Gefahr durch rechtzeitige Erkennung und Bekämpfung zu begegnen. Der Beschwerdeführer meint aber, eine Gesetzwidrigkeit in den ihm gegenüber ergangenen Aufträgen gemäß § 31 WRG 1959 darin zu erkennen, daß er nicht Eigentümer des Betriebsgeländes sei und ihn keine Haftung für allfällige Grundwassergefährdungen in der Y-Straße treffe. Eine weitere Gesetzwidrigkeit erblickt die Beschwerde darin, daß der "Tatort" im angefochtenen Bescheid nicht ordnungsgemäß determiniert sei, weil die belangte Behörde im bekämpften Bescheid lediglich anführe, daß "auf dem Betriebsgelände an der Y-Straße irgendwelche Maßnahmen durchzuführen seien"; eine allfällige Vollstreckung des angefochtenen Bescheides sei daher nicht möglich.

Mit seinem ersten Argument verkennt der Beschwerdeführer, daß sich die Anordnung des § 31 Abs. 1 WRG 1959 an "jedermann" richtet, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können. Nun ist aber unbestritten, daß der Beschwerdeführer Inhaber jenes Betriebes in der Y-Straße ist, in welchem die als grundwassergefährdend erkannten Materialablagerungen stattfinden. Unerheblich ist dabei, auf Grund welcher zivilrechtlichen Konstruktion der Beschwerdeführer berechtigt ist, die im Eigentum eines anderen stehenden Betriebsgrundstücke für seine Zwecke zu verwenden. Daß der nach § 31 Abs. 1 WRG 1959 "Verpflichtete" keinesfalls mit dem Grundstückseigentümer identisch sein muß, geht unmißverständlich aus der Regelung des § 31 Abs. 4 WRG 1959 hervor. Die belangte Behörde hat daher das Gesetz nicht dadurch verletzt, daß sie den Beschwerdeführer als Betriebsinhaber und als den "Verpflichteten" im Sinne der Abs. 1 bis 3 des § 31 WRG 1959 zur unmittelbaren Haftung herangezogen hat. Der Grundeigentümer - vorausgesetzt, er ist nicht selbst der Verpflichtete im Sinne des Abs. 1 - kann im Falle einer von seinem Grund ausgehenden Gefahr einer Gewässerverunreinigung nach dem Gesetz hingegen nur subsidiär zur Sanierung bzw. zur Kostentragung verpflichtet werden.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht die Auffassung der Beschwerde zu teilen, wonach der im angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer erteilte Auftrag nach § 31 WRG 1959 einer Vollstreckung nicht zugänglich wäre, weil darin der "Tatort" nicht mit ausreichender Genauigkeit umschrieben wäre. Es kann nämlich keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, daß sich dieser Auftrag nach seinem Wortlaut ausschließlich an den Beschwerdeführer richtet und auf dessen Betriebsgelände in der Y-Straße bezieht. Auch wenn die Y-Straße, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, in X eine Länge von mehr als 3 km aufweist und sich dort mehrere Betriebsgrundstücke befinden, ist doch durch die Bezugnahme auf den Beschwerdeführer und auf die in seinem Betrieb abgelagerten Altmaterialien im Spruch des angefochtenen Bescheides unmißverständlich klargestellt, daß die vorgesehene Grundwassersonde im nordwestlichen Bereich des Betriebsareales des Beschwerdeführers und an dessen Grundstücksgrenze einzurichten ist. Der angefochtene Bescheid ist daher auch nicht etwa dadurch mit Rechtswidrigkeit belastet, daß er für den Beschwerdeführer bei Befolgung des an ihn ergangenen Auftrages oder für den Fall einer allfälligen Ersatzvornahme unklar formuliert und damit unvollstreckbar wäre.

Die Beschwerde war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991070025.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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