TE Vwgh Erkenntnis 1991/5/28 90/04/0348

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.05.1991
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

ABGB §6;
GewO 1973 §237 Abs1;
GewO 1973 §237 Abs2;
GewO 1973 §238 Abs1 Z2;
GewO 1973 §239 Abs1;
GewO 1973 §240 Abs1;
GewO 1973 §29;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der B-GmbH gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. Oktober 1990, Zl. MA 63-T 150/90, betreffend Untersagung der Ausübung eines Gewerbes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien - Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk - wurde gemäß § 340 Abs. 7 in Verbindung mit § 339 Abs. 2 GewO 1973 festgestellt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des von der Beschwerdeführerin in Wien angemeldeten Gewerbes "Beratung von Hinterbliebenen im Bezug auf die Organisation von Totenfeierlichkeiten" nicht vorliegen, daß daher die Ausübung dieses Gewerbes untersagt und gleichzeitig festgestellt werde, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bestellung des O zum gewerberechtlichen Geschäftsführer nicht vorlägen.

Einer dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 30. Oktober 1990 keine Folge. Dieser Ausspruch wurde damit begründet, die Beschwerdeführerin habe mit Schreiben vom 24. Jänner 1990 das Gewerbe "Beratung von Hinterbliebenen im Bezug auf die Organisation von Trauerfeierlichkeiten" im Standort Wien als freies Gewerbe angemeldet. Gleichzeitig habe die Beschwerdeführerin die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den bestellten Geschäftsführer O angezeigt. Im erstbehördlichen Bescheid sei die Auffassung vertreten worden, daß unter dem angemeldeten Gewerbe auch Tätigkeiten verstanden werden könnten, die in den Konzessionsvorbehalt des Bestattergewerbes fielen. Die Berufungsbehörde schließe sich dieser Rechtsauffassung an. Gemäß § 237 Abs. 1 GewO 1973 unterliege der Konzessionspflicht die Durchführung von Totenaufbahrungen, -feierlichkeiten und -überführungen sowie von Bestattungen und Exhumierungen. Zur Ausübung einer Konzession zum Betrieb des Bestattergewerbes berechtigte Gewerbetreibende seien auch zu jeder Beratung befugt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den ihnen vorbehaltenen Tätigkeiten entstehe; somit sei die organisatorische Beratung von Trauerfeierlichkeiten ein Teil des konzessionierten Gewerbes und könne insoweit nicht ein selbständiges freies Gewerbe bilden. Da somit die gegenständliche Gewerbeanmeldung den gesetzlichen Erfordernissen nicht Rechnung trage, sei der Berufung ein Erfolg zu versagen und der erstbehördliche Bescheid zu bestätigen gewesen. Da die gesetzlichen Voraussetzungen für das von der Beschwerdeführerin angemeldete Gewerbe nicht vorlägen, seien auch die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Gewerbes durch den bestellten Geschäftsführer Reinhard Moser nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Unterbleiben der in Rede stehenden Feststellung und die darauf gegründete Untersagung des Gewerbes verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor, die Aussage der belangten Behörde, daß die Konzession des Bestattergewerbes auch die Beratung umfasse, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem den Bestattern vorbehaltenen Tätigkeiten stehe, wie z. B. die Beratung hinsichtlich einer Überführung des Toten, Besorgung einer Grabstätte, Exhumierung usw., sei richtig. Nun umfasse aber nahezu jedes Gewerbe zwangsläufig auch die Beratung. Es liege auf der Hand, daß jemand, der von einem Gewerbetreibenden eine Dienstleistung ausführen lasse oder Waren verkaufe, sich vor der Auftragserteilung beraten lasse. Folge man der Argumentation der belangten Behörde, müßte die Beratung immer nur ein Teil eines Gewerbes sein, könnte jedoch nie ein selbständiges Gewerbe darstellen. Nun gebe es den Begriff des Beraters in der Gewerbeordnung mehrfach, z.B. im § 303 Abs. 1 lit. b Z. 2 (Beratung in Versicherungsangelegenheiten). In den Berechtigungsumfang der Berater in Versicherungsangelegenheiten falle die Erteilung von Auskünften über Versicherungsangelegenheiten, das Ausarbeiten versicherungstechnischer Aufgaben, die Prämienberechnung, die Revision bestehender Versicherungspolizzen usw.

Selbstverständlich dürften Berater in Versicherungsangelegenheiten keine Tätigkeiten ausüben, die der Konzessionspflicht unterlägen, wie z.B. die Einziehung fremder Schadenersatzforderung. Aus der Tatsache, daß es konzessionspflichtige Tätigkeiten gebe, die zwangsläufig die Beratung von Versicherungsnehmern miteinschlössen (z.B. Versicherungsmakler), werde niemand den Schluß ziehen, daß der Berater in Versicherungsangelegenheiten kein eigenes Gewerbe sei, da dieses ja in der Gewerbeausübung ausdrücklich geregelt sei. Würde man der Argumentation der belangten Behörde folgen, könnte der Berater in Versicherungsangelegenheiten nicht als eigenes Gewerbe existieren. Die Organisation von Totenfeierlichkeiten werde immer schwieriger. Hiezu komme noch, daß die Verwandten, die in der Regel die Totenfeier zu organisieren hätten, auf Grund des persönlichen Verlustes vielfach überfordert seien. Bestatter würden, da sie interessiert sein müßten, die Bestattung selbst durchzuführen, nicht unbedingt Hinterbliebene in bezug auf die Organisation von Totenfeierlichkeiten objektiv beraten. Somit unterscheide sich die von ihr als freies Gewerbe angemeldete Tätigkeit völlig klar vom Bestattergewerbe, da der Konzessionspflicht nur die Durchführung von Totenaufbahrungen und Totenfeierlichkeiten unterliege, und die damit verbundene Beratung, nicht jedoch die ausschließliche Beratung hinsichtlich aller im Zusammenhang mit einem Todesfall zu veranlassenden Tätigkeiten.

Selbstverständlich stehe es dem Bestatter frei, Hinterbliebene zu beraten, jedoch bedeute dies nicht zwangsläufig, daß die ausschließliche Beratung von Hinterbliebenen vom Bestattergewerbe mitumfaßt sei. Wäre dies der Fall, hätte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen müssen bzw. gebracht, daß die Beratung von Hinterbliebenen den Bestattern obliege und somit unter die Konzessionspflicht falle. Die Gewerbeordnung gehe von dem Grundsatz aus, daß alle Gewerbe, die nicht zu den taxativ aufgezählten Handwerken, gebundenen oder konzessionierten Gewerben gehörten, freie Gewerbe seien. So habe der Gesetzgeber klar zu erkennen gegeben, daß alles, was nicht taxativ aufgezählt sei, als freies Gewerbe ausgeübt werden könne.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Nach § 29 GewO 1973 ist für den Umfang der Gewerbeberechtigung der Wortlaut des Gewerbescheines (§ 340), sofern dieser noch nicht ausgestellt worden ist, der Gewerbeanmeldung (§ 339), oder des Bescheides, mit dem die Konzession erteilt worden ist (§ 343), im Zusammenhalt mit den einschlägigen Rechtsvorschriften maßgebend. Im Zweifelsfalle sind die den einzelnen Gewerben eigentümlichen Arbeitsvorgänge, die verwendeten Roh- und Hilfsstoffe sowie Werkzeuge und Maschinen, die historische Entwicklung und die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen zur Beurteilung des Umfanges der Gewerbeberechtigung heranzuziehen.

Ausgehend davon sind daher zunächst für den vorliegenden Beschwerdefall im Hinblick auf die in Rede stehenden Gewerbeberechtigungen folgende einschlägige Rechtsvorschriften in Betracht zu ziehen:

Nach § 237 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 unterliegen der Konzessionspflicht die Durchführung von Totenaufbahrungen, -feierlichkeiten und -überführungen sowie von Bestattungen und Exhumierungen. Nach Abs. 2 gehören zu den im Abs. 1 Z. 1 genannten Tätigkeiten insbesondere: Das Waschen, Ankleiden und Einsalben des Toten, das Schließen (Verlöten, Verschrauben usw.) des Sarges, die Überführung des Toten (Beförderung des Toten durch den Bestatter oder Übernahme zur Beförderung durch befugte Unternehmer), die Durchführung der künstlerischen Ausgestaltung der Trauerfeier, die Besorgung der Grabstätte und die Verrichtung von unmittelbar mit der Bestattung zusammenhängenden Dienstleistungen, wie Beschaffung der erforderlichen Urkunden, Aufgabe von Zeitungsanzeigen, Besorgung der Parten von befugten Unternehmen.

Nach § 238 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 erfordert die Erteilung der Konzession für das Gewerbe der Bestatter neben der Erfüllung der im § 25 Abs. 1 Z. 1 angeführten Voraussetzungen das Vorliegen eines Bedarfes (§ 25 Abs. 4) nach der beabsichtigten Gewerbeausübung.

Nach § 239 Abs. 1 GewO 1973 hat der Landeshauptmann durch Verordnung Höchsttarife festzulegen.

Nach § 240 Abs. 1 GewO 1973 ist das Aufsuchen von Bestellungen auf Leistungen des Bestattergewerbes (§ 237) nur auf ausdrückliche, an den zur Ausübung der Konzession berechtigten Gewerbetreibenden gerichtete Aufforderung gestattet.

Ein kundgemachtes Gesetz ist grundsätzlich aus sich selbst auszulegen und es sind andere Erkenntnisquellen über die Absicht des Gesetzgebers erst dann heranzuziehen, wenn die Ausdrucksweise zweifelhaft ist.

Im gegebenen Sachzusammenhang wird auch von der Beschwerdeführerin nicht etwa in Abrede gestellt, daß eine Tätigkeit, die dem Inhalt der in Rede stehenden Gewerbeanmeldung entspricht, von den konzessionierten Bestattern vorgenommen werden kann.

Aus dem Inhalt und der Systematik der dargestellten Bestimmungen folgt aber weiters, daß die in Rede stehende gewerbliche Tätigkeit unter den Konzessionsvorbehalt der Bestatter im Sinne des § 237 Abs. 1 Z. 1 und 2 GewO 1973 fällt. Dies ergibt sich vor allem daraus, daß für die Leistungen des Bestattergewerbes die Festlegung von Höchsttarifen im Sinne des § 239 Abs. 1 GewO 1973 vorgesehen ist, und ferner, daß im § 240 Abs. 1 für das Aufsuchen von Bestellungen auf Leistungen des Bestattergewerbes (§ 237), wozu nach den vorstehenden Darlegungen auch die in Rede stehende Beratungstätigkeit zählt, von der allgemeinen Vorschrift des § 54 GewO 1973 abweichende Bestimmungen normiert sind. Derartigen Beschränkungen würde aber eine Tätigkeit im Sinne des hier in Rede stehenden zur Anmeldung gebrachten Gewerbes nicht unterliegen, wobei in diesem Zusammenhang noch ergänzend darauf hinzuweisen ist, daß nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (§ 395 d. Beil. XIII. GP) zu § 240 GewO 1973 durch diese Bestimmung der Kundenwerbung dienende unaufgeforderte Besuche beschränkt werden sollen, die mit Rücksicht auf einen etwa kurz vorher eingetretenen Todesfall aus Gründen der Pietät besonders störend empfunden werden müssen.

Ausgehend von diesen Erwägungen kann aber der belangten Behörde keine rechtswidrige Gesetzesanwendung angelastet werden, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1990040348.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten