TE Vwgh Beschluss 1991/6/12 91/13/0132

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.06.1991
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs2;
BAO §244;
BAO §245 Abs3;
BAO §273 Abs1 litb;
BAO §93 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Schubert und Dr. Drexler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, in der Beschwerdesache des P gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13., 14. und 23. Bezirk in Wien vom 23. Mai 1991, betreffend Verlängerung der Rechtsmittelfrist, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer begehrte am 11. April 1989, die Frist zur Einbringung einer Berufung gegen die Jahre 1983 bis 1986 betreffende Abgabenbescheide zu verlängern. Das Finanzamt gab diesem Ansuchen bescheidmäßig statt und verlängerte die Rechtsmittelfrist bis 31. Juli 1989.

Mit einem am 1. August 1989 zur Post gegebenen Schriftsatz ersuchte der Beschwerdeführer um eine weitere Verlängerung der Rechtsmittelfrist bis 31. Dezember 1989. Dieses Ansuchen wies das Finanzamt mit Bescheid vom 21. August 1989 als verspätet ab.

Der Beschwerdeführer beantragte hierauf am 23. August 1989 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Diesen Wiedereinsetzungsantrag wiesen sowohl das Finanzamt als auch die belangte Behörde bescheidmäßig ab. Soweit sich die Beschwerde gegen die die Wiedereinsetzung ablehnende Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. April 1991, dem Beschwerdeführer zugestellt am 29. April 1991, richtet, ist sie unter der hg. Zl. 91/13/0129 protokolliert. Hinsichtlich dieses Teiles der Beschwerde wird unter einem gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet.

Mit einem Bescheid vom 23. Mai 1991 wies das Finanzamt zwei weitere Ansuchen des Beschwerdeführers (vom 21. Dezember 1989 und vom 5. Dezember 1990) um Verlängerung der Frist zur Einbringung der genannten Berufung ab. Auch dieser Bescheid ist Gegenstand der vorliegenden Beschwerde. Insoweit erweist sich die Beschwerde aus folgenden Gründen als unzulässig:

Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann nach Art. 131 Abs. 1 B-VG wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges. Eine vor Erschöpfung des Instanzenzuges erhobene Beschwerde ist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen (Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 43).

Der Instanzenzug erscheint im Beschwerdefall unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten nicht erschöpft:

Zwar stellt der die Verlängerung der Rechtsmittelfrist ablehnende angefochtene Bescheid des Finanzamtes an sich eine nur das Verfahren betreffende Verfügung dar, gegen die nach § 244 BAO ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig wäre und die danach erst in einer Berufung gegen den die Angelegenheit abschließenden Bescheid angefochten werden könnte. Der Ausschluß einer gesonderten Anfechtung der das Verfahren betreffenden Verfügung setzt aber voraus, daß ein "die Angelegenheit abschließender Bescheid", der die gemeinsame Anfechtung im Sinne des § 244 BAO zuläßt, überhaupt noch zu erwarten ist (Stoll, BAO-Handbuch, Seite 606 f, Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 490, E 5 zu der vergleichbaren Bestimmung des § 63 Abs. 2 AVG). Dies trifft im Beschwerdefall nicht zu. Auf Grund der die Wiedereinsetzung abweisenden Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion, die auch die weiteren Fristverlängerungsansuchen vom 21. Dezember 1989 und vom 5. Dezember 1990 aussichtslos erscheinen ließe, hat der Beschwerdeführer keinen Anlaß mehr, eine Berufung gegen die Abgabenbescheide zu verfassen und einzubringen. Es ist daher kein die Angelegenheit abschließender Bescheid im Sinne des § 244 BAO mehr zu erwarten und damit auch keine Berufung gegen einen solchen Bescheid mehr möglich, sodaß gegen den angefochtenen Bescheid des Finanzamtes selbst Berufung zu erheben wäre. Unter Bedachtnahme auf eine solche Berufung, die Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens vor der Finanzlandesdirektion zu sein hätte, erscheint der Instanzenzug nicht erschöpft.

Daran kann auch die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides des Finanzamtes nichts ändern, die im Sinne des § 244 BAO ein "abgesondertes Rechtsmittel" für unzulässig erklärt. Erklärt nämlich ein Bescheid zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird gemäß § 93 Abs. 4 BAO die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt. Damit ist auch nach Ablauf der gesetzlichen Rechtsmittelfrist die Einbringung eines Rechtsmittels an die Berufungsbehörde zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof kann jedoch (mangels Erschöpfung des Instanzenzuges) nicht angerufen werden (Stoll, aaO, Seite 223 f).

Der Instanzenzug wäre selbst dann nicht erschöpft, wenn der Beschwerdeführer die ausstehende Berufung gegen die Abgabenbescheide noch einbringen sollte. In diesem Fall hätte nämlich das Finanzamt über die Berufung einen die Angelegenheit abschließenden Bescheid in Form einer Zurückweisung nach § 273 Abs. 1 lit. b BAO zu erlassen. Es wären dann die Einwendungen gegen die mit dem angefochtenen Bescheid des Finanzamtes ausgesprochene Abweisung der Fristverlängerung in einer Berufung gegen diesen abschließenden Bescheid zu erheben, über die (wiederum vorerst) die Finanzlandesdirektion für entscheiden hätte.

Aus der Sicht der hier zu prüfenden Frage, ob der Instanzenzug erschöpft ist, ist für den Beschwerdeführer auch dann nichts zu gewinnen, wenn man im Sinne der Beschwerde in der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion, betreffend die Wiedereinsetzung, eine "Enderledigung" im Sinne des § 244 BAO erblicken wollte. Denn dann könnte nur die ohnehin angefochtene, nach Erschöpfung des Instanzenzuges ergangene Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion, wieder aber nicht der angefochtene Bescheid des Finanzamtes Gegenstand der Beschwerde sein.

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Finanzamtes war also gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete Finanzverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991130132.X00

Im RIS seit

12.06.1991

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten